Ende Oktober 1705 reiste Johann Sebastian Bach nach Lübeck, um „den dasigen berühmten Organisten an der Marienkirche, Dietrich Buxtehuden, zu behorchen". Zwei Jahre später, am 9. Mai 1707, verstarb Dietrich Buxtehude bereits in Lübeck, hatte es aber über die Landesgrenze Lübecks hinaus zu solch
großem Ruhm auf der Orgel gebracht, daß der junge Johann Sebastian Bach die Strapazen eines Fußmarsches auf sich nahm (von Arnstadt nach Lübeck sind es immerhin 450 km), um sich Buxtehudes Kunstgriffe im Orgelspiel anzueignen.
Lange Zeit war Buxtehude ausschließlich für sein Orgelspiel berühmt. Erst in heutiger Zeit erkennt man, daß die 124 überlieferten Vokalkompositionen, mit Ausnahme des „Magnificat", bei dem die Au torschaft Buxtehudes nicht gewährleistet werden kann, einen weiteren Schwerpunkt im Oevre des Komponisten bilden.
Der Lebensweg Dietrich Buxtehudes ist nur sehr lückenhaft überliefert. Geboren wurde Buxtehude, dessen Name wohl ursprünglich von dem gleichnamigen Ort an der Nie derelbe stammt, wahrscheinlich in Oldesloe (Holstein) im Jahre 1637. Auch über seine musikalische Ausbildung sowie seine Jugend ist so gut wie nichts bekannt. Es ist anzunehmen,daß er durch seinen Vater, der ab 1639 oder frühestens Ende 1638 das Amt des Organisten in Helsingör (Seeland, Dänemark) inne hatte, erstmalig im Orgelspiel unterrichtet wurde. Die einzigen belegbaren Stationen seiner frühen Lebensjahre sind das Organistenamt an St. Marien in Helsingborg (in Schweden, damals unter dänischer Herrschaft), welches er mit etwa 20 Jahren erhielt, sowie das an der „Deutschen Kirche" in Helsingör von 1660-1662. Nach dem Tod des Lübecker Marienorganisten Franz Tunder (1667) bewarb sich Buxtehude um dessen Nachfolge. Ob er bereits früher Kontakte nach Lübeck hatte ist nicht bekannt, auch ist nicht eindeutig zu sagen, ob das Amt Buxtehude nur zugesprochen wurde, weil er am 3. August 1668 Tunders jüngere Tochter Anna Margareta heiratete. In gleicher Weise suchte Buxtehude die Verehelichung einer seiner Töchter mit seinem möglichen Nachfolger sicherzustellen. Auch hier taucht wieder der Name Johann Sebastian Bach auf, der Inter esse an der Nachfolge des Postens hatte, nicht aber an Buxtehudes Tochter, die er bei Über nahme des Amtes hätte heiraten müssen! Mit dem Organistenamt an St. Marien in Lübeck erhielt Buxtehude auch die Stelle des Werkmeisters, des leitenden kirchlichen Rechnungs und Verwaltungsbeamten, die seit 1647 mit dem Amt des Organisten verbunden war. Seine musikbezogene Arbeit bestand im Rahmen der täglichen Gottesdienste hauptsächlich aus praeludierendem und postulierendem Spiel (Choralbegleitung war in Lübeck noch nicht üblich) und Improvisationen über Choräle zu kirchengebundenen Festen. Bis zu seinem Tod war Dietrich Buxtehude ohne zwischenzeitliche Reisen oder auswärtige Orgelkonzerte in diesen Ämtern tätig.
Es ist einer engen Bekanntschaft zwischen Dietrich Buxtehude und Gustaf Düben zu verdanken, daß ein großer Teil der Kantaten Buxtehudes für die Nachwelt erhalten geblieben ist (die Verbindung ist durch die persönliche Widmung für Gustaf Düben der Kantatenserie Buxtehudes „Membra Jesu nostri" belegt). Gustaf Düben (1624-1690), Or ganist an der „Deutschen Kirche" sowie Kapellmeister am Hof in Stockholm, unternahm in den 166ger Jahren vermehrt Reisen nach Deutschland, bei denen er zahlreiche Werke namhafter Komponisten kopierte. Diese sogenannte Düben- Sammlung befindet sich heu te in der Nationalbibliothek Uppsala und bildet die Grundlage des 1974 veröffentlichten Buxtehude Werkverzeichnisses, in dem die Gattung Kantate mit 112 Kompositionen den größten Teil der Vokalwerke Buxtehudes bildet.
Dem Orgelschaffen des Meisters widme ich dieser Tage einen eigenen Thread. Bemerkenswert in aufführungstechnischer wie auch interpretatorischer Hinsicht sind folgende Einspielungen der Vokalwerke Buxtehudes, von denen jede für sich Referenzcharkter hat:
Was wiederu Bach bei Buxtehude gelernt hat, ist eindrucksvoll dieser
CD mit Cantus Cölln zu entnehmen, die in schöner Zusmamenstellung gleich einige meiner liebsten Bach-Kantaten enthält: