Liebe Forianer,
der Titel dieses hoffentlich interessanten Threads stammt nicht von mir sondern von Sagitt, der (mir?) diese Frage im Schubert-Thread stellte.
Ich glaube das könne (muß aber nicht) ein längerer Thtead werden, deshalb hab ich ihn "ausgelagert"
Man könnte darauf die Gegenfrage stellen: Wer versteht das als Wiener ?
Aber Spaß beiseite, jeder der vier Herren (Ich nehme jetzt natürlich Schubert, um den es im Thread ging wieder dazu) hatte Gründe genug, in Wien zu bleiben. Um das Thema spannend zu machen werde ich ein wenig provzieren
Beginnen wir mit Mozart. Mozart war von niemandem gezwungen worden nach Wien zu kommen, er war hier nicht geboren, er fühlte sich zumindest teilweise als Deutscher.
Allein - Die Deutschen mochten ihn nicht: Wo immer er um eine Stelle anklopfte wurde er freundlich abgewiesen, mit Geschenken abgespeist und weitergeschickt. In Paris fand er auch nicht das geeignete Publikum.
So versuchte er in Wien sein Glück, wo er doch eine gewisse Protektion des Adels und des Kaisers genoß. Joseph II, ein bekannter Sparmeister, gab Anweisung Mozart stets soviel Geld zukommen zu lassen, damit er im Lande bliebe, aber auch nicht mehr. Immerhin gab er einige Opern bei Mozart in Auftrag und machte ihm auch gelegentlich Geldgeschenke.
Mozart speist oft mit Adeligen und bei reichen Bürgern, besaß 2 Klaviere und war angesehen. Er konnte seine Frau Constanze nach Baden bei Wien, einem bis heute teuren Pflaster zu Kur schicken sammelte kostbare Spieluhren und besaß Pferd und Wagen. Warum also nicht Wien ?
Beethoven kam aus einer deutschen Kleinstadt in die Metropole der Musik, wo er reiche adelige Gönner fand, die ihm vertraglich eine Jährliche Apanage zusicherten, damit er ohne Belastung seine Kunst ausüben konnte. Beethoven war in jüngeren Jahren besonders als Pianist geschätzt, vor allem seine Improvisationen hatten es dem Publikum angetan. Als die Adeligen, selbst etwas knapper bei Kasse, ihm seine jährliche Zuwendung kürzen wollten verklagte er sie.
Beethoven hatte hier Erfolg, er war anerkannt, seine "Schrullen wurden toleriert, seine Werke aufgeführt, er wechselte zig mal seinen Wohnsitz, ein wahrlich kostspieliges Vergnügen: Warum also nicht Wien ?
Brahms wollte eigentlich nicht in Wien bleiben, jedoch gelang es ihm nicht in seiner Heimat eine ädiquate Stelle zu bekommen. So reiste er 1862 nach Wien wo er gute Erfolge hatte, dennoch reiste er mehrmals wieder zurück um sich endlich 1869 zu entscheiden in Wien zu bleiben.
Er war hier freier Komponist und Interpret, bis er 1875 eien Posten in der Direktion der Gesellschaft der Musikfreunde annahm. Aber auch in seiner Wiener Zeit unternahm Brahms zahlreiche Konzertreisen in Westeuropa als Pianist und Dirigent. Brahms war, ebenso wie Beethoven eher herb im Umgangston, aber die Wiener akzeptierten dies - Warum also nicht Wien ?
Bei Schubert liegt indes die Sache ganz anders. Er war Wiener
Und man konnt mit damals mit gutem Grund annehmen: Wer musikalisch in Wien nicht reüssieren konnte, der konnte es nirgends.
Als Schubert eine Auswahl von Vertonungen des Dichterfürsten Goethe an denselben schickte, kamen die Lieder postwendend ohne Begleitbrief zurück: Eine Demütigung.
Hier in Wien war Schubert mit zahlreichen Künstlern befreundet, etlich davon adelig. In den Salons (man vergleiche die Bilder im Thread zu Schuberts 6.er) war er gern gesehen, und er war sich durchaus seines Wertes bewußt. Daß er depressiv veranlagt war wird vor allem in Deutschland besonders betont, aber hier sah man das nicht so eng, depressiv bin ich auch, das ist hier durchaus normal. Dazu kam eine Krankheit, die schubweise verlief und nicht heilbar war. Dennoch war Schubert, obwohl inmnerlich allein, doch immer in Gesellschaft. Darum Wien.
Ich bin davon überzeugt, mancher sieht das anders. Allerdings ist es auch nicht ganz leicht ein solches Thema einigermaßen korrekt in wenigen Sätzen abzuhandeln.
Beste Grüße aus Wien
Alfred