KV 35 Die Schuldigkeit des Ersten Gebots

  • Liebe Freunde, Musikexperten und Wissenschaftler aller Länder.
    Padre hat wieder eine Frage.Ich las in unserer Zeitung einen Artikel, über die Festspiele in Salzburg, bei denen alle 22 szenischen Werke, von Apollo et Hyacinth, KV 38, bis La clemenza di Tito, KV 621 des großen Meiters aufgeführt werden.
    Nun wollte ich fragen, ob nicht auch, KV 35 "Die Schuldigkeit des Ersten Gebots", dazu gehört und es sich eigentlich um 23 szenische Werke handeln müsste,da diesem Werk auch ein Libretto, von Ignaz Anton Weiser zugrunde liegt.KV 35 wurde Anfang März in Salzburg vollendet und am 12. März 1767 uraufgeführt.Handeln es sich nun um 22 Opern, b.z.w um Fragmente oder doch um 23?
    Wenn ich auf die zahlreichen Antworten, die mich sogleich erreichen werden,erst in zirka 14 Tagen ausführlich antworten kann, dann ist das keine Missachtung der verehrten Expertenschaft, sondern liegt daran, dass ich mich, ab Montag den 18.9. auf einen Krankenhausaufenthalt einstellen muss.
    Viele Grüße Padre

  • Hallo Padre,


    na - dann wünsche ich Dir zunächst einen möglichst kurzen und unproblematischen Krankenhausaufenthalt :hello:


    Was die "Schuldigkeit des Ersten Gebots" angeht:


    Meines Wissens ist das Stück mehr Oratorium als Oper (der Titel deutet dies ja an) - eine richtige Bühnenhandlung findet (soweit ich mich da erinnern kann) gar nicht statt. Sowas war bei geistlichen Stoffen damals ja eh nicht statthaft.


    Viel entscheidender dürfte allerdings sein, dass der junge Mozart für dieses 3 (?) - teilige Werk lediglich den ersten Teil vertonte, weil es sich hierbei um eine Gemeinschaftsarbeit mehrerer junger Musiker/ Komponisten handelte.
    Und soweit ich weiß, sind die Noten der beiden anderen Teile (wer sie vertonte, ist mir spontan nicht so geläufig, evtl. weiß Ulli da mehr drüber) verschollen...


    Du musst zugeben: Alles Umstände, die eine szenische Aufführung im Rahmen der "richtigen" Mozart-Opern nicht gerade begünstigen...


    @Moderatoren-Team: Evtl. könnte dieser Thread in den Vokalmusik-Bereich verschoben werden?

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo Padre,


    Wie Marc mit Recht aufmerkte, ist "Die Schuldigkeit" Teil eines Oratoriums (Christ, Christgeist, usw). Da wurde ja doch auch nicht Betulia Liberata KV 118 aufgeführt? Und das ist ganz sicher ein Oratorium (apocrifes Buch Judith).
    Ich entnehme das Internet


    Zitat

    Holofernes, der Feldherr der Assyrer, hat in seinem Feldzug alle Stämme bis auf die Israeliten unterworfen, die sich in Bethulien eingeschlossen haben. Achior, der Fürst der Ammoniter, der Holofernes von der Geschichte und Religion der Juden unterrichtet hat, rät dem Assyrer, zu prüfen, ob der Gott der Juden so allmächtig sei, wie diese behaupten. Holofernes belagert die Stadt, und schon nach fünf Tagen sind die Eingeschlossenen bereit, sich zu ergeben. Judith bittet, mit der Kapitulation noch zu warten und geht, nur von einer Magd begleitet, in das Lager des assyrischen Feldherrn. Sie wird dort von Holofernes freundlich aufgenommen und mit einem Gastmahl geehrt. Judith tötet den schlafenden Feldherrn und bringt als Beweis ihrer Tat seinen Kopf nach Bethulien. Die Juden fassen neuen Mut, greifen die Assyrer an, die völlig geschlagen werden und die Flucht ergreifen. Judith wird von ihren Landsleuten als Heldin gefeiert.


    LG, Paul

  • Salut,


    ich wundere mich auch immer, wie Mozart Bühnenwerke "berechnet" werden... in diversen online-Rätseln kann man da nur raten, was der schlaue Ausdenker an Bühnenwerken Mozarts wohl kennt. :rolleyes:


    Hier ein Beispiel:



    Das Rätsel ist nicht lösbar, denn bei Frage 13.) fehlt Antwort d.) keines.


    Bei solchen Rätseln findet man immer wieder auch die Frage


    Wieviele Bühnenwerke komponierte Mozart?


    Mögliche Antworten:
    a.) 8
    b.) 626
    c.) 22


    Richtig ist Anwort b.), denn im Konzert werden ja alle Werke auf der Bühne vorgetragen. :wacky:


    Da stellt sich gleich die Frage, was alles als Bühnenwerk überhaupt zählt? Zählen die Fragmente mit? Zählt die Zwischenaktmusik zu Thamos, König von Ägypten? Zählt die Ballettmusik zu Idomeneo als separates Werk [immerhin hat's eine eigene Köchel-Nummer: 367]? Und so weiter.


    Hier eine vollständige* Liste aller "Bühnenwerke":


    I Opern und Singspiele


    01 Apollo et Hyacinthus
    02 La finta semplice,
    03 Bastien et Bastienne
    04 Mithridate
    05 Ascanio in Alba
    06 Il sogno di Scipione
    07 Lucio Silla
    08 La finta Giarginiera [Die Gärtnerin aus Liebe]
    09 Il Rè Pastore
    10 Zaide [Fragment]
    11 Idomeneo, Rè di Creta
    12 Die Entführung aus dem Serail
    13 L'oca del Cairo [Fragment]
    14 Lo Sposo deluso [Fragment]
    15 Der Schauspieldirektor
    16 Le Nozze di Figao
    17 Don Giovanni
    18 Cosí fan tutte
    19 Die Zauberflöte
    20 La CLemenza di Tito



    II Musik zu Schauspielen, Pantomimen und Balletten


    21 Le gelosie del Seraglio [Fragment]
    22 Les petits riens
    23 Ballett-Intermezzo [Skizze]
    24 La Chasse [Skizze]
    25 Gavotte
    26 Thamos, König von Ägypten, Zwischenaktmusik
    27 Idomeneo, Ballettmusik
    28 Musik zu einer Pantomine [Fragment]


    IV Sonstige Bühnenwerke


    29 Die Schuldigkeit des ersten Gebots
    30 La Betulia liberata


    *Ich hoffe, ich habe nichts vergessen. Doch!


    31 Der Salzburger Lump in Wien, Schauspiel von W. A. Mozart [Fragment]


    :yes: Die Schuldigkeit... ist ein sogenanntes Geistliches Singspiel, La Betulia eine Azione sacra, somit wurden sie szenisch aufgeführt bzw. konnten szenisch dargeboten werden.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Salut,


    ich muß zu meiner Schande gestehen, daß mir kein Zeitzeugenbericht bekannt ist, der definiert, dass KV 35 szenisch aufgeführt wurde. Allerdings muß man vielleicht das Wort Singspiel deuten [vgl. "Entführung"]. Dittersdorf berichtet z.B. in seiner Autobiographie [seinem Sohne in die Feder diktiert :D ], dass eines seiner Oratorien [ich weiß auswendig nicht, welches: Esther, Giob oder Davide?] von einer äußerst prächtigen "Dekoration", was zumindest auf eine Inszenierung schließen lässt.


    Franz Giegling schreibt in der NMA zu KV 35:


    Zitat


    Die als Jahresabschlußspiel gegebenen theatralischen Hauptversammlungen der Universität wurden jedesmal mit beträchtlichem Aufwand durchgeführt. Oft spielte mehr als ein Viertel der gesamten
    Studentenschaft mit, und der szenische Apparat war bunt und abwechslungsreich.


    Man muß dabei sehen, dass die "Opera proibita" nichts anderes ist, als eine Oper mit geistlichem Hintergund. Nur diese durfte zu bestimmten Daten und Zwecken aufgeführt werden, nichts "Weltliches".



    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)