Weihnachtskantaten und Oratorien mal nicht von Bach

  • Liebe Forianer,


    Auch unser Forum sollte sich nicht der Tatsache verschließen, daß Weihnachten vor der Tür steht, teilweise haben wir dem mit unserm Thread über Bachs Weihnachsoratorium dem schon Rechnung getragen, aber natürlich muß ein Forum wie unseres auch Alternativen anbieten. Eigentlich sollten wir nun alle Crossover-CDs rezensieren, die Opernsänger, und solche die es gerne wären dieses Jahr zum Thema Weihnacht anbieten, aber eine innere Stimme hält mich davon ab....... ;).


    Als Alternative hab ich mir gedacht, es wäre nicht schlecht, wenn Insider (und ich weiß da gibt es einige im Forum) Alternativen zu den gängigen Werken empfehlen würden, also Weihnachtsmusik (muß nicht unbedingt vokal sein, obwohl Vokalforum) die von anderen Komponisten als Bach, geschrieben wurde. Voraussetzung: Die Musik sollte aus den Bereichen Renaissance, Barock oder Vorklassik kommen, und der Empfehlende sollte die Aufnahme persönlich besitzen (oder zuminderst sehr gut kennen)


    Es sollte nämlich nicht lediglich eine Ausgrabung eines unbekannte Werkes sein, sie sollte auch hörenswert sein, eine Weihnachtliche Entdeckung gewissermaßen.


    In diesem Sinne


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    also ganz spontan fällt mir da natürlich Berlioz mit 'l'enfance du Christ' ein. Eine sehr schöne und wirkliche Alternative zum WO, in meiner Ausgabe gespeilt von Gardiner und dem Orchestre de l'Opéra de Lyon. Es singen u.a. Anne Sophie von Otter, Jose van Dam, A.Rolfe-Johnson, J.Bastin. Alternativaufnahmen kenne ich von dem Werk allerdings nicht, aber diese reicht mir eigentlich.
    (Dass mit der Vorklassik habe ich jetzt mal geflissentlich überlesen... )



    Als rein musikalisches Angebot hätte ich noch die Concerti Grossi Op.6 von Corelli - bei mir spielen I Musici: das achte Konzert gilt als sogenanntes Weihnachtskonzert und erfreut als solches sich allgemeiner Beliebtheit.




    Adventliche Grüße aus Hamburg
    Uwe

  • Alfreds Anregung greife ich gerne auf, um hier eines der schönsten Werke des "späten Frühbarock" (man verzeihe mir diese Klassifizierung ! , vorzustellen ! Derselben Zeit und Kulturlandschaft wie Schütz' Weihnachtshistorie entstammt der "Actus Musicus auf Weyh-Nachten" des Leipziger Thomaskantors Johann Schelle (1648-1701), einer der bedeutenden Vorgänger J.S. Bachs in diesem Amt. Auch dieser "Actus" - ein in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gebräuchlicher Terminus im Sinne von "Musikalischer Handlung" - gehört zur Gattung der "Historie". Im Gegensatz zum Schütz-Werk spiegelt er nicht fürstliche, sondern städtisch bürgerliche Musikpflege wider. Das macht sich vor allem in der reichen Verwendung volksläufigen weihnachtlichen Liedgutes bemerkbar. Bei Schütz fehlt dieses Moment vollkommen. Martin Luthers "Vom Himmel hoch, da komm ich her" zieht sich als roter Faden durch den ganzen Actus.
    Das 1683 komponierte Werk des aus dem osterzgebirgischen Geising stammenden Johann Schelle markiert in seiner kantatenhaft-oratorischen Anlage mit Rezitativen (ohne und mit obligaten Instrumenten), Aria-Bildungen, Choralbearbeitungen, geistlichen Konzerten und reiner Instrumentalmusik einen deutlichen Entwicklungsschritt über Schütz hinaus.


    Das farbige Renaissance-Instrumentarium, das in Deutschland noch bis ins ausgehende 17. Jahrhundert verwandt wurde, übt auch in Schelles "Actus Musicus auf Weyh-Nachten" einen für unsere Ohren großen und ungewohnten Reiz aus mit Gamben, Violinen, Dulzian, Zinken, Trompeten, Posaunen, Pommern ("Schryari" als Doppelrohrblatt-Instrumente mit Windkapsel), dazu Lauten und Orgel. Mit solchen historischen Instrumenten, auf dem relativ hohen Stimmton a' = 440 Hz und in mitteltöniger Stimmungsart, mit wenigen Singstimmen musiziert ("Chor" im Sinne einer großbesetzten Sängerschar, wie wir sie seit dem 19. Jahrhundert kennen, gab es ohnehin nicht!).Erstaunlicherweise ist das schöne Werk, für die Musik dieser Epoche eher selten, gleich in mehreren Aufnahmen erschienen, die alle für sich Referenzcharakter besitzen. Gleichzeitiug möchte ich meinen Beitrag als eine Hommage an eine der großartigsten Musiklandsachaften Deutschands, das sächsisch-böhmische Erzgebirge verstanden wissen, dem innerhalb kurrzer Zeit so bdeutende Meister wie Johann Hermann Schein, Johann Rosenmüller, Johann Kaspar Kerll, Andreas Hammerschmidt, Gottfried Heinrich Stöltzel und Christoph Graupner entstammten.



    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo Alfred,


    hier noch eine Ergänzung: Jakub Jan Ryba - Böhmische Weihnachtsmesse: Ein von der Grundstimmung her sehr munter-fröhliches Stückchen Musik.



    Grüße aus Hamburg
    Uwe


    BTW:

    Zitat

    ...der Empfehlende sollte die Aufnahme persönlich besitzen (oder zuminderst sehr gut kennen)


    ....ich dachte, das wäre selbstverständlich (und nicht nur hier)


    Gruß
    Uwe

  • Hallo Alfred,


    habe in einem Thread: Bachs-Zeitgenossen, Johann Chriostph Graupner (1683-1760) bereits vorgestellt.


    @ BigBerlinBaer brachte folgendes zum Ausdruck:
    Gleichzeitiug möchte ich meinen Beitrag als eine Hommage an eine der großartigsten Musiklandsachaften Deutschands, das sächsisch-böhmische Erzgebirge verstanden wissen, dem innerhalb kurrzer Zeit so bdeutende Meister wie Johann Hermann Schein, Johann Rosenmüller, Johann Kaspar Kerll, Andreas Hammerschmidt, Gottfried Heinrich Stöltzel und Christoph Graupner entstammten.


    Hier kann ich umunwunden nur zustimmen. Es ist geradezu ein Glücksfall, welch hervoragende
    Komponisten aus diesem Gebiet stammen und der Musikwelt eine an unerschöpflichen Reichtum
    grenzende Musik hinterlassen haben....


    Nun zu meiner eigentlichen Aussage zu Graupner, der sein Komponisten-Leben am Hofe des Landgrafen
    in Darmstadt verbracht hat.
    Die nachstehend angeführte CD besticht durch eine barocke Instrumentierung in einer warmen Klangfülle.
    Die Gesangssolististin kann als gut bewertet werden mit entsprechenden Abstrichen in der stimmlichen
    Brisanz....
    Hervorheben möchte ich die
    Ouvertüre F-Dur für Flöte & Streicher
    herrliche Flötensolos in Verbindung mit den Violinen... ausgesprochen auf Kammermusik hinauslaufende Kompositon von Grauper.... wunderschön anzuhören..... ein exelenter Hörgenuss......
    Ich habe es nicht bereut, sie mir zugelegt zu haben, zumal Graupner für mich die persönlcihe
    Entdeckung als Komponist des Jahres 2004 darstellt......


    Sehr zu empfehlende CD für Freunde weihnachtlicher Musik ohne voluminösen
    Chor.... und Orchester aber wunderschöner Klangfülle... etwas ruhiges und besinnliches für gestresste Ohren.....


    Weihnachten in Darmstadt;
    Graupner: Lass dein Ohr auf Weisheit acht haben;
    Machet die Tore weit; Ouvertüre F-Dur für Flöte & Streicher;
    Gedenket an den; Nun freut euch lieben Christen gmein
    Les Idees Heureuses, Soly





    Adventliche Grüße aus Spenge
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Liebe Forumesen oder wie das heisst :D


    Für Forenbenutzer, die, was Weihnachten angeht, eigentlich schon alles haben, hier noch einige Vorschläge, entweder für das Selberanschaffen oder auch für Geschenke. Ich habe besonderen Wert darauf gelegt, daß alles hier aufgelistete nichts mit der herkömmlichen Weihnachtscommerz-Seligkeit zu tun hat; es handelt sich also durchweg um Aufnahmen mit einem "besonderen" Kick!


    Beginnen wir nun von alt nach neu: Die hier erwähnten Werke weihnachtlichen Charakters stammen aus der Feder Johann Rosenmüllers, und zwar durchweg aus seiner Leipziger Zeit, entstanden in den Jahren 1645-1655. Obwohl der Komponist damals noch nicht die Alpen überquert hatte, sind die hier durch Cantus Cölln und das Concerto Palatino vorgestellten Kompositionen voller Italianità!
    Ein nicht unerheblicher Teil der Arbeiten stammen aus dem Notenfundus der Berliner Singakademie, die aus ukrainischer Kriegsbeute kürzlich nach Deutschland zurückgegeben wurden und dadurch zum ersten Mal eingespielt werden konnten. Stimmführung und Instrumentation zeichnen sich durch verschwenderische Farbigkeit aus; die CD ist ein Muss für alle Anhänger frühbarocker Klangopulenz!

    Aus dem Bereich de Frühklassik stammt das kleine, aber schöne Weihnachtsoratorium des Magdeburger Kapellmeisters Johann Heinrich Rolle (1716-1785), das Ludger Remy mit dem Kammerchor Miachelstein im Jahr 1997 für cpo eingespielt hatte. Eine kleine Kostbarkeit für alle jene, die "Jauchzet, frohlocket" aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr hören können oder wollen:

    Eine CD mit bekannten Weihnachtsliedern und Motetten: bloß das nicht, werden sicher einige sagen, denn davon ist der Katalog rappelvoll:
    Trotzdem empfehle ich wärmstens die CD Weihnachten des kleinen Labels raumklang mit dem Dresdner Kammerchor (ganz sicher einer der klangschönsten Chöre in Deutschland) unter seinem Leiter Hans-Christoph Rademann. Eröffnet wird die die CD mit Heinrich Schütz "Tröstet, tröstet mein Volk" aus der "Geistlichen Chormusik" derart sprechend und klangsinnlich vorgetragen, daß man nur hoffen kann, es entschliesst sich wer, den kompletten Zyklus mit den obengenannten Protagonisten einzuspielen.

    [tIMG]http://www.jpc.de/image/cover/front/0/3492363.jpg;l[/tIMG]Last not least noch eine CD, bei der sowohl Repertoire wie auch Interpretation für mich zu den veröffentlichen highlites des sich endenden Jahres zählen. Wieder vom verdienstvollen CPO-Label die Scheibe "A cappella Christmas" mit traditionellen Weihnachtsliedern aus Süd-Österreich. Die Interpreten sind das Männerqueratett "schnittpunktvokal" und weil 3 der der vier singenden Herren Brüder sind, klingen die Stimmen wie der schön gestimmte Principal-Chor einer barocken Orgel. Die Lieder selber sind eher schlicht, aber niemals banal.
    Diese CD war für jemanden wie mich, der meint, gerade im chor-vokalen Bereich sehr viel zu kennen, eine echte Überraschung. Hier also 5*****
    Sterne für Werke, Aufnahmetechnik und Interpretation eines ausserhalb Oesterreichs sicher kaum bekannten Werkbestandes.

    Vielleicht konnte ich dem einen oder andern noch eine kleine Anregung für die bevorstehenden Tage geben.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Bin am Wochenende fündig geworden mit einer wunderschönen Einspielung des WDR von 2001 und
    der Rheinischen Kantorei....


    Christmas Oratorio von Carl Heinrich Graun:
    *1703/04 in Wahrenbück † 08.08.1759 in Berlin



    Graun beeindruckte Friedrich dem Großen so sehr, dass er Graun 1726 eine Stelle als Komponist, Dirigent und Sänger seiner Rheinsberger Kapelle anbot und von ihm angenommen wurde.


    1742, wurde er königlicher Leiter des neueröffneten Opernhauses "Unter den Linden".
    Er korrespondierte und verstand sich mit dem in Hamburg tätigen Georg Philipp Telemann (1681-1767)
    ausgezeichnet.
    Anlässlich des 250. Jahrestages ihrer Einweihung wurde in der Staatsoper Unter den Linden mit großem Erfolg erneut Grauns Cleopatra und Caesar aufgeführt.
    Seither erfreuen sich die Werke des einst von Friedrich dem Großen hochgeschätzten Meisters wieder einer zunehmenden Beliebtheit.
    --------------------------------------------------------------------------------------------


    Das Christmas Oratorio wurde in historischer Aufführungspraxis von der evangel. Kirchengemeinde Dormagen aufgenommen.
    Das Oratorium besticht durch eine geschickte Dramaturgie und Satzfolge........


    Ein exelentes barockes Spiel auf historischen Instrumenten, mit warmgetönten Holzflöten und schalmeienartigen Oboen....
    eine hohe Professionalität der Gesangs-Mitglieder erlaubt es, Solopartien aus dem Chor heraus zu besetzen. Zugleich verschmelzen die Stimmen zu einem Gesamtklang von großer Homogenität.
    Strahlender Klang der Stimmen, absolute Intonationsgenauigkeit, Transparenz, Leichtigkeit und Beweglichkeit verleihen ihm eine unverwechselbare Charakteristik.


    Ein grandioses Dirigat von Hermann Max.... ein Geheimtipp der neuen jungdeutschen Barockinterpreten
    der Neuzeit...... für Aufführungen auf historischen Instrumenten....


    Ein wunderschöner Tenorpart durch Klaus Mertens....

    Für Klassikliebhaber des Spätbarock eine wärmstens zu empfehlende und gelungene Aufnahme des Christmas Oratorio; einer Wiederentdeckung des Komponisten "Carl Heinrich Graun."

    Grüße aus Spenge
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Kam heute ins Haus per Post.....
    Weihnachtsmusik von Arcangelo Corelli (1653 bis 1713) "Concerto grosso op.6, Nr 8 in g-Moll"



    Nathalie Houtman, La Pastorella Ensemble


    Gelungene Aufnahme im barocken Festglanz. Die richtige Barockmusik zur Einstimmung auf Weihnachten...
    Empfehlenswerter Hörgenuss.....
    Das Ensemble zeichnet eine mitreißende, virtuose improvisatorisch Musizierlust seiner Mitglieder aus ...... eine sinnliche Klangpracht,


    Herzliche Grüße
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • da fällt mir spontan das weihnachtsoratorium von c.saint-saens ein. habe ich schon zweimal im chor mitgesungen. schönes werk.

  • bitte entschuldige die persönliche frage - aber in welchem chor (hast du) singst du?
    oder hast du vielleicht mal unter nicole matt gesungen?

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo allerseits,


    ein sehr interessantes Thema (das ich wegen des rasant näher rückenden Festes nun wieder hervorhole). Denn ich empfinde es als durchaus befremdlich, mit welcher Hartnäckigkeit Konzertveranstalter und Radioprogramme 'alle Jahre wieder' seit Jahrzehnten in der Advents- und Weihnachtszeit die immer gleichen bekannten Werke aufführen, insbesondere das Weihnachtsoratorium von J. S. Bach, als ob die ganze restliche Komponistenzunft durch die Jahrhunderte auf diesem Terrain nichts zu bieten hätte.


    Ich möchte mich in diesem Beitrag auf einen meiner absoluten Lieblinge beschränken:


    Ralph Vaughan Williams (1872-1958)



    der zwei wunderschöne Werke zum Thema Weihnachten beigesteuert hat:


    I. Fantasia on Christmas Carols für Bariton, gemischten Chor, Orgel und Orchester 1912 - 12:00
    Texte aus Vier traditionellen englischen Weihnachtsliedern


    II. Hodie (This Day) - Eine Weihnachtskantate für Sopran, Tenor, Bariton, Knabenchor, gemischten Chor, Orgel und Orchester 1953/54 - 1:01:00
    Texte: Heilige Schrift; John Milton; Miles Coverdale; Thomas Hardy; George Herbert; W. Ballet; William Drummond; Ursula Vaughan Williams
    1. Prologue: Nowell! Nowell! 4:00
    2. Narration: Now the Birth of Jesus Christ 5:00
    3. Song: It Was the Winter Wild 5:00
    4. Narration: And It Came to Pass in Those Days 2:00
    5. Choral: The Blessed Son of God 3:00
    6. Narration: And There Were in the Same Country 7:00
    7. Song (The Oxen): Christmas Eve and Twelve of the Clock 3:00
    8. Narration: And the Shepherds Returned 1:00
    9. Pastoral: The Shepherds Sing 3:00
    10. Narration: But Mary Kept All These Things 1:00
    11. Lullaby: Sweet Was the Song the Virgin Sang 3:00
    12. Hymn: Bright Portals of the Sky 4:00
    13. Narration: Now When Jesus Was Born 3:00
    14. The March of the Three Kings: From Kingdoms of Wisdom 8:00
    15. Choral: No Sad Thought His Soul Affright 3:00
    16. Epilogue: In the Beginning Was the Word 6:00


    Diese noch ganz im spätromantischen Stil komponierte Kantate 'Hodie' ist ein stimmungs- und ausdrucksmäßig sehr vielseitiges Werk, das vom andächtig-schlichten a capella-Choral 'The Blessed Son of God' bis zu visionären und klanggewaltigen Höhepunkten (im zweiten und letzten Satz) zu diesem weihnachtsfestlichen Anlaß wirklich alles zu bieten hat.


    Es gibt für beide Werke jeweils zwei Einspielungen, die ich empfehlen kann:


    Die Aufnahme von Richard Hickox mit dem London Symphony Chorus & Orchestra vereinigt die 'Fantasia' und 'Hodie' auf einer CD: EMI 754 128-2 (Aufnahme: London, 04/1990).




    Von den anderen, älteren Einspielungen, die ich - insbesondere der hervorragenden Solisten wegen - vorziehen würde, gibt es die 'Fantasia' mit John Barrow, Bariton; Choir of Guildford Cathedral, String Orchestra unter Leitung von Barry Rose (Aufnahme: 1966) und 'Hodie' mit Janet Baker, Richard Lewis, John Shirley-Quirk, Bach Choir, Choristers of Westminster Abbey und dem London Symphony Orchestra unter Sir David Willcocks (Aufnahme: 1965) gleichfalls auf einer CD vereint: EMI 7243 5 67427 2 7




    Auf jeden Fall lohnt sich die Entdeckung der beiden Stücke (sowie der vielen anderen Vokalwerke) des speziell im deutschen Konzertleben so sträflich vernachlässigten Komponisten.


    Schöne Grüße
    Johannes

  • Ich frage mich, ob man den thread vielleicht "öffnen" kann (oder einen neuen machen sollte?) für allgemeinere Weihnachtsmusik, vielleicht auch nicht mehr so ganz klassisches...
    Konkret frage ich mich, ob jemand diese grenzwertigen "Nostalgie-Crossover"-Alben gehört hat:



    Ein faszinierendes Stück finde ich die "Weihnachtsabend" (Christmas Eve, keine Ahnung wie auf russisch) Suite von Rimsky-Korsakoff, offenbar aus einer gleichnamigen Oper (in der u.a der Teufel auftaucht ?(), u.a. enthalten auf der Brilliant-Box mit Werken Rimskys. Vorletzter Satz ist eine extrem fetzige Polonaise, dei sicher mit der aus Onegin mithalten kann...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo,


    ich habe eben ganz spontan den Gedanken gehabt, mir jedes Jahr ein Weihnachtsoratorium zu kaufen.
    Seit einigen Wochen steht mein erstes auch schon fest, welches ich mir Ende dieser Woche bestellen werde:



    Georg Gebel d.J.



    Ich freue mich schon auf die Aufnahme! Ein paar kurze Hörproben, die ich mir lückenhaft bei jpc angehört habe, lassen auf etwas wunderbar herrliches hoffen :yes:


    Kennt dieses Oratorium vielleicht jemand und kann meinen Mund noch wässriger machen, als er so schon ist :D


    Wenn nicht, werde ich zu gegebener Zeit mein Urteil fällen!


    Gruß, Maik :hello:

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Das Weihnachtsoratorium von Gebel kenne ich nicht, wohl aber seine Johannespassion, die auch bei cpo erschienen ist. Der Herr Gebel war offenbar in mehrfacher Hinsicht begabt. Er war im thüringischen Rudolstadt Kapellmeister, Musiker und Maler. Er wurde, ähnlich wie Mozart, von seinem Vater überall als Wunderkind herumgereicht und vorgeführt. Allerdings scheint Gebel sich besser vom Vater gelöst zu haben. Und noch eine Parallele, Gebel starb im noch relativ jungen Alter von 43.


    Die Musik ist einfach wunderbar. Sehr farbig instrumentiert, sehr ausdrucksstark. Also zugreifen!



    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Da ich grade damit zu tun habe, fällt mir auf, dass die Weihnachtshistoria von Heinich Schütz hier nur beläufig erwähnt wurde. Schändlich, schändlich, steht es doch dem von BBB genannten Stück von Schelle in nichts nach. Diese Musik ist derart plastisch, dass man die Hirten auf dem Felde sehen kann, den Geruch der Tiere in der Nase hat und mit den Hirten erschrickt, wenn der Engel zu ihnen tritt. Und man bekommt eine richtige Abneigung gegen Herodes, wenn er den Drei Königen Interesse vorheuchelt. Und wo hat man schonmal ein Quartett von Bässen, wie im Intermedium V, wenn die Hohepriester dem Herodes von der Prophezeiung der Geburt eines Königs berichten?


    Mein Tipp:



    das französische Ensemble Akademia, Leitung Francoise Lasserre



    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zitat von Salisburgensis

    Die Musik ist einfach wunderbar. Sehr farbig instrumentiert, sehr ausdrucksstark. Also zugreifen!


    Das trifft auf die Passion voll zu! Das "Weihnachtsoratorium" hält diese Höhe leider nicht; man mag gar nicht glauben, daß beide Werke von ein und demselben Komponisten sein sollen!!

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hi BigBerlinBear,


    na dann wart mal ab, bis du die Akademia-Aufnahme hast. :D :D



    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo, ich meinte die Gebelsche Weihnachtsmusik, nicht jene von Heinrich Schützen! :D Übrigens war Knüpfer einer der wenigen, die Schütz für würdig befand, dieses Werk quasi in seinem Auftrage zu vertreiben!
    Bei Gebel vermute ich eher, daß es sich bei seiner Passion um ein bearbeitetes Werk seines Vaters, G. Gebel d.Ä. handelt, der u.a. auch von Mattheson als "tiefsinniger Contrapunktiste" charakterisiert wird. Leider ist es mir noch nicht gelungen, ein Werk des älteren Gebel zum musikalischen Abgleich zu finden. Die Passion jedoch spricht die Formen- und Klangsprache des 17. Jh. und nicht jene der aufkommenden "Empfindsamkeit" die im Weihnachtswerk des Juniors bereits hörbar wird, während die Passion doch sehr nach Kuhnau und dem frühen Bach klingt.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hier im Thread bisher nur mit einem Satz erwähnt - viiiel zu wenig für so ein schönes Werk, wie ich finde!


    Camille Saint-Saens (1835-1921) ist sowieso ein Komponist, der -zumindest hierzulande- viel zu wenig gespielt wird!
    Dabei hat er ein außergewöhnlich vielfältiges Gesamtwerk in seinem langen Leben hinterlassen - da gibt es viel Schönes zu entdecken (bin seit Jahren damit beschäftigt).


    Sein Oratorio de Noel, op. 12 aus dem Jahr 1858 ist ein Frühwerk (was nicht negativ gemeint ist) - der 23-Jährige war in dem Jahr Organist an der Pariser Kirche Ste. Madeleine geworden.


    Es beginnt mit einem Prélude für Orgel und Orchester, das im Stil von J. S. Bach gehalten worden sein soll, jedenfalls bezeichnet der Komponist es so. Als Organist hatte er Bach natürlich als großes Vorbild...
    Ich habe gelesen, dass Zeitgenossen dieses Prélude tatsächlich für ein altes Stück (aus dem Barock?) hielten, weil Saint-Saens den alten Stil (es ist im typisch wiegenden Rhythmus alter Pastoral-Musiken des 18. Jahrhunderts gehalten) so gut und treffend nachahmt.
    Diese Einschätzung wundert mich ehrlich gesagt ein bisschen, denn ich empfinde dieses wunderbare Stück absolut nicht als barock - mehrere harmonische Wendungen sind beispielsweise eindeutig dem 19. Jahrhundert zuzuordnen. Es ist allenfalls eine von barocker Pastoralmusik inspirierte Hommage an Bach und Co. - was dem Stück ja keinen Abbruch tut.


    Es folgt ein Rezitativ (auf lateinisch, schließlich handelt es sich bei diesem Oratorium um katholische Kirchenmusik!), in dem die Stelle aus der Weihnachtsgeschichte erzählt wird, wo die Engel den Hirten auf dem Felde die Botschaft der Geburt Christi überbringen.


    Dann folgen mehrere Solostücke und Chorsätze, wobei ich persönlich besonders das herrliche "Benedictus" liebe, ein geradezu überirdisch klingendes Duett zwischen Solosopran und -tenor, das lediglich von einer Harfe begleitet wird und dadurch einen ganz besonderen Charakter bekommt.


    Der prägnant-kurze Schlusschorsatz "Tollite hostias" mit seiner fröhlich-jubilierenden Stimmung ist auch recht bekannt.


    Das Oratorio de Noel hat gerade hierzulande lange ein Schattendasein geführt, scheint aber in den letzten Jahren zunehmend mehr auch bei uns entdeckt, aufgeführt und geliebt zu werden!
    Eine schöne, mit ca. 30 Minuten auch wesentlich kürzere Alternative zum "großen" Weihnachtsoratorium von Bach - zumal aus dem 19. Jahrhundert (aus der Zeit gibt es ja bei weitem nicht so viel Weihnachtsoratorien und -kantaten wie aus dem 18. Jhdt.)


    Meine Lieblingsaufnahme dieses Werks ist seit Jahren die CAPRICCIO-Aufnahme aus dem Jahr 1987 mit dem Dresdner Kreuzchor unter der Leitung von Martin Flämig:



    Besonders die von mir erwähnten Sätze empfinde ich in dieser Aufnahme als sehr stimmungsvoll und gelungen!


    Schön auch die Ergänzung mit Mendelssohns Kantate "Vom Himmel hoch" - ein ebenfalls schönes Weihnachtschorwerk aus dem 19. Jahhrundert!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Marc!


    Ich finde es sehr schön, dass du hier Saint-Saens erwähnst!
    Denn ich hab mir für dieses Jahr vorgenommen sein Oratorium zur Weihnachtszeit kennen zu lernen.
    Bisher hab ich es noch nicht gehört - wird an einem der Adventssonntage erstmals geschehen, aber ich freue mich, dass du hier schon Einblicke gewährst, da ich auch durch andere Quellen erfahren habe, dass es ein sehr schönes Werk sein soll.


    Auch ich habe die Aufnahme unter Martin Fläming mit dem Dresdner Kreuzchor.
    Allerdings scheint es hier verschiedene Kopplungen zu geben:



    Meine ist 13 Euro billiger und gekoppelt mit dem sehr schönen Werk Wachet auf, ruft uns die Stimme von Johann Christoph Friedrich Bach.


    Mir scheint, dass Capriccio einige solcher verschiedenen Kopplungen vorgenommen hat, denn diese Motette ist in selbiger Besetzung auch auf der CD mit J.C.F.Bachs Oratorium Die Kindheit Jesu unter Hermann Max vorhanden.


    Ich werde meine Eindrücke dann kund tun, wenn ich das Weihnachtsoratorium gehört habe.


    Bis dahin!
    Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Was, fehlt Eyblers Weihnachtsoratorium?



    Eybler (1756-1846): zu seinen Förderern gehörten Joseph Haydn, der ihm in einem Zeugnis vorzügliches Talent bescheinigte, sowie Wolfgang Amadeus Mozart, zu dessen Kreis er gehörte (Landesmuseum Niederösterreich).
    Das Werk wäre perfekt, wenn die Sopran nicht Koloraturen sänge.


    LG, Paul

  • Zitat

    Maik schrieb:
    Ich werde meine Eindrücke dann kund tun, wenn ich das Weihnachtsoratorium gehört habe.


    Hallo Maik,


    tu das - ich bin gespannt, wie Deine Eindrücke zu diesem schönen Stück echt romantischer Weihnachtsmusik sind :yes:


    By the way: Wie sind denn Deine letztjährigen Eindrücke zum WO von Herrn Gebel d. J. so gewesen?


    Das Oratorium wollte ich mir nämlich wiederum heuer zulegen und mich damit ein bissel in den kommenden Wochen beschäftigen. Daher tät mich das schon interessieren. :]
    Zumal BBB das Oratorium ja nicht so überzeugend fand. Evtl. hat es bei Dir ja mehr "gezündet"....?

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo Marc!


    Also da müsste ich noch mal auffrischend hineinhören - denn letztmaliges Hören war im vergangenen Jahr...halt zur Weihnachtszeit. Aber da habe ich es sehr gerne gehört!
    An Details kann ich mich nicht erinnern und berücksichtigen solltest du auch, dass dies mein erstes Weihnachtsoratorium war - nicht einmal Bach kenne ich, allerdings ist hier Abhilfe schon auf dem Postweg. Vergleichend mit BBB hab ich also weitaus weniger an Vergleichen und Kenntnissen zu bieten...


    Von der Erinnerung her war es ein sehr ruhiges und einstimmendes Werk zu dieser Zeit.
    Ich werde in den nächsten Tagen aber versuchen noch einmal reinzuhören, um dir Aktuelleres zu berichten! Wenn nicht Anfang nächster Woche müsste es spätestens klappen!


    Lieben Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Hallo Maik,


    nimm es mir nicht übel, dass ich hier und jetzt Gebel-mäßig schon mal ein wenig "vorpresche", aber ich hab das Stück jetzt an den vergangenen 2 Abenden gehört und war davon wirklich sehr angetan.


    Daher will ich meine Eindrücke dazu kurz schildern (eventuell hast Du ja ganz andere beim Hören gehabt?):


    Georg Gebel d. J. (1709-53) komponierte sein Weihnachtsoratoirum zusammen mit seinem Neujahrsoratorium für die entsprechenden Gottesdienste im Dezember des Jahres 1748. Zu dieser Zeit (seit 1746) war er in Rudolstadt beim aufgeklärten, kunstliebenden Fürsten Johann Friedrich von Schwarzburg als Konzertmeister verantwortlich für die Hofmusik. Ab 1750 bis zu seinem Tode war er dann an diesem lutherisch geprägten Hof auch noch Hofkapelldirektor.
    Er war ein sehr produktiver Komponist und allein in Rudolstadt verfasste er zwei komplette Kantatenjahrgänge, mehrere Passionskantaten und weitere Vokal- wie Instrumentalmusik, die sich -zumindest vor Ort- großer Beliebtheit erfreute.


    Das erwähnte Weihnachtsoratorium ist in Rudolstadt beispielsweise noch bis ca. 1820 alljährlich im Weihnachtsgottesdienst aufgeführt worden (und war dabei nach wie vor ein mit viel Beifall bedachter "Publikumsliebling"), wie Quellen zu berichten wissen.


    Der Verfasser des Oratorien-Textes, der in zeittypisch "empfindsam"-lyrisch-betrachtendem Charakter gehalten ist, ist offenbar nicht bekannt, jedenfalls habe ich keine Informationen hierzu finden können.


    Allerdings enthält er manch üppig-barocke Formulierung, die uns Heutige unfreiwillig etwas schmunzeln lässt - ich liiiebe solche Texte :lips:


    Meine liebste Stelle ist definitiv:


    "Ach aber, dass die Zahl der Sünder/ Sich oft mit falscher Freude täuscht,/ Die an den morschen Weihnachtsgaben/ Mehr Lust als an dem Himmel haben!"


    "Morsche Weihnachtsgaben" - eine Formulierung, die man sich in Zeiten hemmungslosen Konsumterrors unbedingt merken sollte :D


    Zur Musik der gut 30-minütigen "Musikalischen Andacht am Heligen Christ-Abende", an der 4 Solistenstimmen, Chor und Orchester beteiligt sind:


    Das Stück besteht aus 18 Einzelsätzen, die sich wiederum in 4 kleinere Abschnitte aufteilen.


    Mit einem -fast schon obligatorischen- festlich-feierlichen, trompeten- und paukengeschmückten Eingangschor geht es vielversprechend los: "Jauchzet, Ihr Himmel! Erfreue dich Erde!", worauf sich ein weiterer, kürzerer Chor anschließt, der mit den Worten "Ehre sei Gott in der Höhe" auch das erste von zwei Zitaten aus der Weihnachtsgeschichte des Lukas bringt.


    In bester protestantischer Tradition verwendet Gebel natürlich auch liturgisch passende Choralsätze, die er jeweils am Ende eines Abschnittes platziert.
    Ansonsten gibt es ein paar hübsche Solo-Arien, wobei mir persönlich die virtuose Bass-Arie "Nur im Lichte lebt das Leben" am besten gefallen hat, eventuell auch deshalb, weil sie sich von den vielen lyrisch-beschaulichen Stücken des Werks durch ihren dramatischen Gestus wirkungsvoll abhebt.


    Weihnachtlicher Höhepunkt für mich persönlich ist die als Accompagnato-Rezitativ gestaltete Szene, in der Tenor und Sopran aus dem Lukas-Evangelium die Stelle rezitieren, in der der Verkündigungs-Engel den Hirten auf dem Felde erscheint:
    "Und es waren Hirten in derselben Gegend" beginnt mit Bordunbass-artigen, liegenden Basstönen in der Begleitung - eindeutig inspiriert also von "echter" Hirtenmusik (Schalmei, Dudelsack). Die Worte des Engels "Fürchtet euch nicht!" übernimmt dann wirkungsvoll der Solosopran, der an dieser Stelle zum ersten Mal im Werk zum Einsatz kommt.
    Alles in allem eine effektvolle kleine Szene.


    Die übrigen (frei gedichteten) Rezitative und Arien reflektieren in dieser wundervoll bildhaften Sprache des 18. Jahrunderts auf fromme Weise das biblische Geschehen und dessen Bedeutung für den Christen der Jetzt-Zeit (des 18. Jahrunderts).


    Der Schlusschor "Heil und Stärke, Preis und Ehre" bringt dann erneut wieder festliche Pauken- und Trompetenklänge.


    Die derzeit wohl einzig erhältliche (äußerst preisgünstige und gut gelungene) Aufnahme dieses schönen Werks aus dem Jahr 2003 ist beim Label cpo in Koproduktion mit dem MDR erschienen.
    Unter der Leitung von Bernhard Klapprott spielen und singen Cantus und Capella Thuringia, sowie Monika Mauch (Sopran), Kai Wessel (Altus), Nico van der Meel (Tenor) und Peter Kooij (Bass)



    Als passende "Zugabe" auf der CD gibt es das "Schwesterwerk" des Weihnachtsoratoriums von Herrn Gebel, die "Musikalische Andacht am Neuen Jahres-Abende" aus demselben Entstehungsjahr 1748, die in selber Manier (und mit derselben herrlich-ausdrucksvollen Sprache!) wie das WO über christliche Werte, verbunden mit frommen Wünschen für das neue Jahr, reflektiert.


    Fazit: Für mich persönlich eine schöne Ergänzung des weihnachtlichen Musik-Repertoires! :yes::angel:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo Marc!


    Scherzt du? Warum sollte ich dir diesen Beitrag übel nehmen?
    Hab Dank :jubel: Ich hätte das nie im Leben so wiedergeben können.


    Ich habe am vergangenen Wochenende auch zwei- oder war es gar dreimal dieses schöne Werk gehört.
    Konnte aber bisher nichts schreiben, da 1. die Zeit fehlte und 2. gar keine Internetverbindung zur Verfügung stand.



    Ich stimme eigentlich mit vielen deiner Eindrücken vollkommen überein, nur ist eben meine absolute herzallerliebste Stelle die des Engels "Fürchtet Euch nicht" - wie kann man das nur so unglaublich sanft und eindringlich zugleich vortragen!? Das geht unter Haut, aber in einer warmen und wohlfühligen Art und Weise!
    Auch die Einleitung oder die 'Vorszene' durch den Tenor gehört für mich unabtrennbar dazu, da sie mich erst so richtig dort hinleitet und beides zusammen erst so richtig diese Wirkung auf mich entfalten kann.



    Der Anfangschoral ist einfach himmlisch.
    Obwohl ich mir manchmal denke, man könnte fast noch ne Schippe Gewaltigkeit oben drauf packen und das ganze noch majestätischer klingen lassen, da es doch teils sehr zurückhaltend und brav wirkt.


    Mich spricht musikalisch aber ganz besonders die Arie "Nichts, als reine Himmelsfreude" an.
    Schön lebendige und freudigstimmende Musik - manchmal mag die Begleitung zwar etwas einseitig werden, aber mir gefällt dieser Melodiebogen immer wieder und die Altusstimme (sagt man das so?) dazu fügt sich meiner Meinung nach ganz wunderbar dort hinein.


    Während des ganzen Weihnachtsoratoriums kommen immer wieder anrührende Passagen, die alle aufzuzählen mag jetzt aber nicht der Sinn sein.
    Man kann sie ja mal kennen lernen...


    Der Schlusschoral "Heil und Stärke, Preis und Ehre" verkörpert mir dann schon eher diese Unbändigkeit, wie ich sie mir auch noch einen Tick zum Anfang gewünscht hätte. Die Pauken verleihen dem natürlich perfekten Nachdruck.
    Was dieses Empfinden bestärkt ist das flotte Tempo - ein wahrer Lobpreis ohne lähmende Tempi!
    Für mich das Manko am Finale ist dieses selbst - einfach verpufft. Finde ich sehr schade, weil dadurch viel dieses kräftigen Lobes schwindet, da es einfach viel zu artig und zurückhaltend ist.....


    Aber rundum wahrlich schöne Musik :yes:


    Lieben Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Hallo Maik,


    jetzt muss ich mich doch mal erkundigen, wie es Dir mit Saint-Saens Oratorio de Noel so ergangen ist - hat es Anklang gefunden?


    Ich habe es gestern abend zuletzt gehört und war wieder ganz angetan von der wundervollen Klangmalerei des Komponisten! Der Mann hatte echt ein ganz besonderes Händchen für effektvolle Instrumentationen! :jubel:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Das Weihnachtsoratorium


    von Friedrich Nietzsche (1844-1900)


    mit dem Ars Cantica Choir unter Marco Berrini
    ist bei Sarx records Sxo29-2 erschienen
    und sicher jeder Beachtung wert.


    Das Weihnachtsoratorium (1837-1905)
    von H.F. Müller Op.5
    Musikverlag Butz
    Heilig Geist Ensemble Günzburg unter Bernhard Löffler
    Heinen Mobiele Studios Best. Nr. 97500
    Weihnachtsstimmung stellt sich schnell bein hören ein!


    Von Otto Kaufmann : Die Botschaft aus Bethlehem
    ein "Modernes" Oratorium mit Sprechstimmen ist
    bei abphion records 20947 erschienen und
    sehr angenehm zu hören.


    Der Dialogus von der Geburt Christ
    von Reinhard Keiser ist bei der Kantorei
    St. Mauritius Hardegsen zu bekommen.
    ein schönes Stück Musik!


    Brunckhorst hat mit seiner : OPERA OMNIA
    (Weihnacht und Oster - Historie)
    ein bleibendes Werk geschaffen !
    div. CD Aufnahmen


    Pendleton : Das Wunder der Weihnacht
    ist auch sehr hörenswert ebeso wie Distlers :
    Weihnachtsgeschichte. div. Cd Aufnahmen


    Interesse dürfte sicher auch von Frank Martin :
    Le Mystere de la Nativite auslösen
    erschienen auf cascavelle CD


    Auf deutsch gesungen zu hören wäre sicher ein Erlebnis:
    Pablo Casals El Pessebre (die Krippe) tolle Handlung,
    schön in Musik gesetzt .


    bei 0BC Auvidis Nr. V4866 erschienen.



    Ein kleines Modernes Oratorium ist für mich auch


    E Nomine : Das Testament / Die Weihnachtsgeschichte
    (Wenn die CD nh den biblischen Zeitablauf gespielt wird,
    ergeben sich neue Einsichten)




    nun ist aber für Heute genug
    bis bald:
    d.g. :]

    Glaube - Hoffnung - Liebe
    Miteinander - Füreinander

  • Ich möchte an dieser Stelle einmal nach dem Weihnachstoratorium von Richard Wetz (1875 - 1935) fragen.


    Wikipedia: " So entstanden das Requiem h-Moll op. 50 und das Weihnachtsoratorium auf alt-deutsche Gedichte op. 53, seine wohl bedeutendsten Kompositionen."


    1929 vollendete Wetz sein letztes chorsinfonisches Werk: "Ein Weihnachtsoratorium auf alt-deutsche Gedichte" op. 53. In drei Teilen erzählt es in Chören und Solostücken von "Erwartung und Verkündigung", der "Geburt Christi" und den "Heiligen drei Königen".


    Kennt zufällig jemand das Werk? Eine Einspielung hierzu habe ich nicht gefunden.


    Eine Aufführung soll in der Neuen Oper Erfurt zu Weihnachten stattfinden:
    Di, 25. Dezember 2007, 18.00 Uhr, Großes Haus
    Dirigent: Andreas Ketelhut
    Solisten: Marisca Mulder, Sopran Máté Sólyom-Nagy, Bariton Philharmonischer Chor Erfurt, Dombergchor

  • Ok - der Threadtitel heißt Weihnachtskantaten und -oratorien mal nicht von Bach, aber das bezieht sich ja eigentlich auf das allbekannte "WO" von Johann Sebastian und nicht auf andere Weihnachtsmusik von ihm (hoffe ich :untertauch: )


    Jedenfalls wollte ich dieses Posting hier nicht an unseren "regulären" Weihnachtsoratoriums-Thread anhängen, da mir das Thema da irgendwie fehlplatziert erscheint.


    Es geht hier um eine interessante Konzertidee, von der ich vor einiger Zeit schon erfahren habe und die ich jetzt endlich hier im Forum mal vorstellen sollte. Leider war ich bei besagtem Kozert nicht dabei, so dass ich weder ein Programmheft ergattern konnte, noch weiß, welche Ausführenden daran beteiligt waren :(


    Seinerzeit hatte man die pfiffige Idee der Aufführung eines "alternativen Weihnachtsoratoriums" von J. S. Bach (meines Wissens trug das Konzert sogar diesen etwas irreführenden Titel). Man wollte wohl etwas Abwechslung zum alljährlich allerorten aufgeführten "normalen" Weihnachtsoratorium bieten.
    Die Idee für dieses Konzert war, genau wie beim "richtigen" WO, das ja eigentlich auch "nur" eine Sammlung (allerdings thematisch zusammenhängender) Kantaten ist, die erstmals an den einzelnen Feiertagen der Weihnachtszeit 1734/35 aufgeführt wurden, quasi nach diesem Prinzip ein zweites Weihnachtsoratorium zusammenzustellen.

    Dabei verfiel man nun auf die für Bach besondere Weihnachts-Saison 1723/24. Das Weihnachtsfest des Jahres 1723 war das erste, das Bach als Leipziger Thomaskantor musikalisch zu gestalten hatte und dies tat er (wohl aus diesem Grund?) ganz besonders aufwendig, prachtvoll und abwechslungsreich (natürlich größtenteils mit frisch komponiertem Material)! :angel:
    Gerade aus dieser Zeit sind uns jedenfalls ganz besonders zahlreiche Kompositionen überliefert (mehr als aus jeder anderen Weihnachtszeit, die Bach kompositiorisch begleitete - vom klassischen Weihnachtsoratorium jetzt mal abgesehen): Neben den Kantaten für die einzelnen Festtage sind dies auch noch das Sanctus BWV 238 und die "Ur-Form" des Magnificat Es-Dur BWV 243 a - beide Werke erklangen wohl erstmals in weihnachtlichen Vespergottesdiensten 1723.


    Das "alternative Weihnachtsoratorium" setzte sich in jenem Konzert nun aus folgenden Kantaten zusammen:


    BWV 63
    Kantate zum ersten Weihnachtstag


    BWV 40
    Kantate zum zweiten Weihnachtstag


    BWV 64
    Kantate zum dritten Weihnachtstag


    BWV 190
    Kantate zum Neujahrstag / Fest der Beschneidung Christi


    BWV 153
    Kantate zum Sonntag nach Neujahr


    BWV 65
    Kantate zu Epiphanias (Dreikönigstag)



    Diese 6 Kantaten entsprechen mit ihren Entstehungsanlässen also genau denen der 6 Kantaten des "richtigen" Weihnachtsoratoriums und sind - genau wie diese - für eine Weihnachts-"Saison" entstanden, nur eben 11 Jahre früher.
    Da ja gerade auch beim eigentlichen WO (auch hier im Forum) immer wieder diskutiert wird, ob eine zyklische oder eine "Aufführung am Stück" der sechs Einzelkantaten vorzuziehen sei, ist die Idee, sich quasi ein 2. bachsches WO aus ähnlichen Komponenten "zu basteln", gar nicht mal unclever - und eine Aufführung an einem Konzertabend sicherlich auch nicht. ;)


    Der Vorteil dieses Zyklus' ist, dass Hörer, die zu Beginn das festliche "Jauchzet, frohlocket" vermissen könnten, mit dem nicht minder prächtigen "Christen, ätzet diesen Tag"-Eingangschor mehr als entschädigt werden :jubel:

    Und am Ende steht die wunderbar als Ausklang geeignete Kantate "Sie werden aus Saba alle kommen" - zwar ohne Pauken und Trompeten, aber trotzdem nicht minder prachtvoll! :yes:


    Dazwischen bietet Bach musikalisch jede Menge Abwechslung, gerade auch in den Kantaten, die er - wohl um seine an den Weihnachtstagen arg beanspruchten Thomaner etwas zu entlasten - eher kammermusikalisch gehalten hat.


    Zwar fehlt diesen sechs Kantaten der eindeutig zyklisch Charakter der sechs WO-Kantaten (die durchgehende biblische Handlung vor allem!), aber interessant finde ich die Idee trotzdem!


    Wer sich das Ganze auf CD anhören möchte, muss (leider) auf diverse CD-Zusammenstellungen zurückgreifen, da mir eine gezielte Kompilation dieser sechs Kantaten, die unter dem Aspekt "entstanden zu Weihnachten 1723/24" gekoppelt wurde, nicht bekannt ist - erstaunlich eigentlich ?(;)


    Von Ton Koopman kenne ich eine CD-Box (wohl mit Einspielungen aus seiner Bachkantaten-Gesamtaufnahme), die meines Wissens unter anderem aber alle oben erwähnte Einzelkantaten enthalten müsste (plus einiger anderer Bach-Weihnachtskantaten aus anderen Entstehungsjahren)




    In diesem Sinne: Euch allen schöne Weihnachtstage mit viel (selbst gemachter wie "nur" gehörter) Musik! :hello::angel::hello:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose