Musik in Wort und Schrift

  • Geschätztes Forum!


    Ich liebe das Tamino-Klassikforum und habe fast nichts auszusetzen. Die vielen CD-Empfehlungen schützen zwar nicht gänzlich vor Fehlinvestitionen, doch helfen sie sehr, sich im Dickicht dieses riesigen Angebotes auf dem Klassikmarkt zurechtzufinden.


    Nun nennen wir uns aber Klassikforum und nicht Klassik-CD-Forum. Natürlich, wir sprechen hier nicht nur über Aufnahmen und ich habe darüber hinaus auch schon unendlich viel über unendlich viele Themen rund um die klassische Musik gelernt. Was mir allerdings bei vielen Werken ein bisschen zu kurz kommt ist das Werk selbst. Im Thread Bruckner für Einsteiger wird an der einen oder anderen Stelle darauf hingewiesen, man solle sich für die Symphonien eine gute Beschreibung besorgen. „Gut, aber wo?“


    Klar, es gibt Bücher, es gibt auch andere Klassikseiten im Netz. Man kann sich das mühsam zusammensuchen. Man kann sich aber auch bei anderen Klassikspinnern erkundigen. Tja und was liegt da näher, als unser wunderbares Tamino-Klassikforum. Ich würde nun gerne mal damit beginnen, speziell für den Fall Bruckner, solche Beschreibungen einzuholen bzw. die Brucknergemeinde anzuflehen mir an dieser Stelle weiterzuhelfen. Hierbei könnten Links hilfreich sein, auch Literaturempfehlungen würde ich nicht verschmähen. Das schönste und wertvollste für mich wären natürlich die Ausführungen von erfahrenen Taministen.


    Die Frage, die ich mir allerdings stelle, und hier sollte sich vielleicht die Moderation ein wenig einmischen: Wo könnte/sollte so etwas stattfinden. Sollen wir diesen Thread dazu nutzen. Oder einen eigenen schaffen (z.B. Bruckner in Wort und Schrift…), oder für jede Sinfonie einen eigenen. Oder den Thread der jeweiligen Symphonie?


    Darüber hinaus hätte ich diesen Thread dafür vorgesehen, über die verbale Beschreibungen von Musik an sich zu diskutieren.


    Sollte man ein Musikstück überhaupt verbal zerlegen?
    Ist die Musik überhaupt etwas Wert, wenn man sie erklären muss?
    Wer von Euch verzichtet grundsätzlich und bewusst auf solche Erklärungen und warum?
    Wem erschließt sich die Musik erst so richtig nach eingehendem Studium der Hintergründe und Erklärungen durch Komponist und/oder Musikwissenschaft?
    Welche Stücke sind hier neben den Quattro Stagioni, der Pastorale und der Symphonie Fantastique prädestiniert?


    Auf eine angeregte Diskussion und viele, viele neue Threads freut sich
    Euer GalloNero
    :hello:

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Hallo Gallo,



    Wollen sollen muß man es nicht tun, wer aber Sollen will, sollte sich nicht am Wollen hindern lassen...


    Ich mache das ab und zu mal ganz gerne - einfach mal subjektive Eindrücke durch die Gegend werfen. Dazu eignen sich alle Werke, die persönlich genug für einen selbst sind.


    Die trockene Theorie kann auch mal sehr spannend sein. Auch da bin ich gelegentlich gerne dabei, aber es ist sehr anstrengend, allgemein verständliche Formulierungen zu finden, wenn man nicht ausschliesslich mit Fachbegriffen um sich werfen will. Für mich selbst wird ein Werk dann gleich viel spannender, das muß aber keineswegs für alle gelten - ich jedenfalls kann solche Analysen kaum mehr wirklich abschalten, sie laufen im Hintergrund stets mit.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ich würde hier auf jeden Fall zwischen "verbalem Zerlegen" und "einigen Anmerkungen, die dem Hörer das Erschließen eines Stückes erleichtern sollten" unterscheiden. Das erste geht m.E nur mit musikwissenschaftlicher Ausbildung und ist in diesem Rahmen absolut unnötig. Das zweite kann man aber als erfahrener Hörer, u.U. mit Hilfe der Noten mit etwas Mühe für den Neuling leisten. Dabei kann man z.B. von einer konkreten Einspielung min:sec. angeben, zur Orientierung in den Abschnitten.


    Ich selbst halte es für sinnvoll (sehr viel mehr als den Neuling mit einer nach oben offenen Anzahl von CD-Empfehlungen zu verwirren, so etwas in einem Forum wie diesen bei ausgewählten Werken exemplarisch zu machen und habe das, wenn auch nicht ganz so minutiös z.B. in einzelnen Beiträgen im Kammermusikforum auch schon gemacht. Es wird halt schnell recht umfangreich bzw, aufwendig für denjenigen, der es macht. Was allerdings oft auch durch ein intensiveres Kennenlernen von Stücken, die man seit Jahren so eingermaßen "kennt" belohnt wird.


    Ich könnte und würde das bei Bedarf z.B. für jede beliebige Beethoven- oder Brahms-Sinfonie machen, sofern gewünscht und ich die Muße finde, aber nicht für Bruckner; die Stücke kenne ich nicht gut genug und ich habe keine Partituren, da könnte ich nur sehr grobe Anhaltspunkte geben und selbst das könnten andere hier wesentlich besser und schneller.


    Oder wer wirklich gute ausführliche und verständliche Beschreibungen in Konzertführern o.ä. kennt, kann diese zitieren oder auf sie verweisen.


    viele Grüße


    JR


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Was mir allerdings bei vielen Werken ein bisschen zu kurz kommt ist das Werk selbst


    Das empfinde ich auch so.


    Zitat

    Sollte man ein Musikstück überhaupt verbal zerlegen?

    Zitat

    Ist die Musik überhaupt etwas Wert, wenn man sie erklären muss?


    Eine kurze Analyse eines Werkes kann natürlich interessierte Leser informieren, und das ist auch schön so. Sie kann aber auch eine Grundlage schaffen, über die Komposition zu sprechen, und zwar nicht mit dem Ziel der Zergliederung zum Selbstzweck sondern, um auszutauschen, wie bestimmte Inhalte, Techniken u.s.w. auf mich als Hörer wirken.


    Bei der Frage, wie und möglicherweise warum etwas musikalisch wirkt, wird es für mich eigentlich erst interessant, denn nur darum geht es mir. Und die Beschreibung der Empfindung anderer bei bestimmten Werken ist genau das, was mich weiterbringt, was mich vielleicht auf andere Aspekte und Einstellungen zu diesem Werk führt.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Mir haben sogenannte "Zeitfahrpläne" bei dem Erarbeiten einer Symphonie immer gut geholfen. Mit Stefan Schaubs CDs kann man schon einiges erreichen.


    Für die 7te Bruckner-Symphonie gibt es einen ganz guten Fahrplan bei aeiou "http://www.aeiou.at/bk-sym7.htm".


    Wer Interesse an einer (nicht wissenschaftlichen!) Aufarbeitung der Neunten (ohne Finalsatz) hat, der schicke mir bitte eine PN.


    Es gibt auch einige Labels, die einen Symphoniesatz noch einmal Trackmässig unterteilen, ich kenne das bei einigen Mahler- und Bruckner-Symphonien.


    Mit einem mir sehr lieben "Taminoisten" habe ich mal einen "Fernworkshop" zum Thema Wagner-Zitate in der Dritten und zur D-Moll Symphonie (Nullte) gemacht, das hat mir selber eine Menge gebracht.


    Die Krönung einer solchen Erarbeitung sollte natürlich am Ende immer sein, die AUgen zu schliessen, und dann das Werk nur noch zu "hören". :yes:

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hallo GalloNero,


    am Freitag bin ich in der Buchhandlung meines Vertrauens an folgendem Buch vorbeigeschlendert, habe mich aber noch nicht zu einem Kauf entscheiden können...



    Vielleicht wäre das ja eine Empfehlung für Dich - andere Bände aus dieser Reihe von Bärenreiter (ich habe u. a. welche zum Mozart Requiem und zu Strauss' Orchesterwerken) kenne ich schon und finde sie gut gemacht: Gerade für interessierte Laien gut lesbar - so ausführlich wie nötig, aber sich nicht zu sehr in unübersichtlichen Details verlierend, inkl. interessanter Zusatzdokumente wie Briefe oder Artikel der damaligen Zeit.


    Evtl. kennt diesen Band ja einer unserer Bruckner-Experten und kann was dazu sagen?


    Ansonsten stimme ich Dir und Johannes zu:
    Am schönsten sind natürlich im Forum verfasste Eindrücke und Erläuterungen zu einzelnen Lieblingswerken von Taminos!
    Jede(r) von uns hat doch sicher ein paar Lieblingswerke, zu denen er/ sie besonders viel zu sagen/ schreiben hat und sich eben auch ein bissel Hintergrundwissen zusammengetragen hat...?!


    Das ein oder andere Mal habe ich mich auch schon daran versucht (z. B. zu Dvoraks Requiem), aber es stimmt schon: Das macht natürlich schon etwas Arbeit - aber auch Spaß :yes::yes:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zu dem Ulm-Buch:
    Ich finde es zu sehr wissenschaftlich, zumindest für den Einsteiger, es wimmelt nur so von Fachbegriffen, mit denen ich z.B. gar nichts anzufangen weiss.
    Da verscheidene Autoren zu den jeweiligen Symphonien etwas schreiben, fehlt auch irgendwie der "Rote Faden" in dem Buch.


    Als Nachschlagewerk ist es evtl. zu gebrauchen, aber nicht als "Lektüre".


    Das ist meine Meinung zu diesem Buch.


    Auf der anderen Seite kenne ich leider auch kein Besseres Buch, das sich mit allen Symphonien beschäftigt. ?(

  • Zitat

    Original von Holger_Grintz
    Für die 7te Bruckner-Symphonie gibt es einen ganz guten Fahrplan bei aeiou "http://www.aeiou.at/bk-sym7.htm".


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Super!
    Davon hätte ich gerne mehr!!!


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    ...Ich könnte und würde das bei Bedarf z.B. für jede beliebige Beethoven- oder Brahms-Sinfonie machen, sofern gewünscht und ich die Muße finde...


    Hallo Johannes,
    sollte Dich mal die Muße küssen, dann würde ich mich sehr über Deine Ausführungen zu Beethoven 6, 7 oder 9 oder aber auch über beethoven 10 äh brahms 1 freuen.


    Aber nur wenn Dich die Muße küsst!


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Ich fände das auch gut wenn mehr über die Stücke an sich gesprochen würde.
    Ich meine es ist ja gut, wenn man viele Eindrücke hat welche CD denn nun am besten wär, aber wenn ich z.B. sehe "oh ein Thraed zur Kunst der Fuge. Super" und dann kommen da nur CD Tipps, nichts wo ich mit jemandem über KompositorischeFinessen reden kann und solche Sachen, dann ist das schon manchmal eine arge Enttäuschung.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von GalloNero


    sollte Dich mal die Muße küssen, dann würde ich mich sehr über Deine Ausführungen zu Beethoven 6, 7 oder 9 oder aber auch über beethoven 10 äh brahms 1 freuen.


    Hast Du denn schon einen Konzertführer (z.B. Reclam) mit Besprechungen der Werke? Falls ja, inwiefern sind sie für dich unzureichend? Zu wenig ausführlich oder unverständlich oder was anderes?


    (Auch wenn es im Forum schon einen Opernführer gibt, meine ich persönlich nicht, dass man hier "verdoppeln" muß, was es gedruckt schon sehr gut und leicht zugänglich gibt)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,


    Du schreibst:

    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Hast Du denn schon einen Konzertführer (z.B. Reclam) mit Besprechungen der Werke?


    Nein, hatte ich nicht. Jetzt hab ich einen :D. Habe mir erst mal einen geliehen, bin aber jetzt schon begeistert. Das geht schon mal sehr stark in die Richtung, die ich mir vorgestellt habe. Und genau wegen solcher Tips habe ich dieses Thema hier (mit)angeschnitten. Ich bin beispielsweise erst seit zwei Jahren dabei. Für mich ist es (noch) keine Selbstverständlichkeit, auf solche Schriften zurückzugreifen.


    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Falls ja, inwiefern sind sie für dich unzureichend? Zu wenig ausführlich oder unverständlich oder was anderes?


    Nunja, ich habe jetzt erst 3-4 Beschreibungen durch und kann mir daher natürlich noch kein abschließendes Urteil bilden. Nur eines wird schnell klar. So eine Beschreibung ist ein wunderbarer Einstieg, kann aber nie allumfassend sein. Reclam legt die Schwerpunkte vielleicht anders als Harenberg und dieser wieder anders als andere. So bekommt man immer nur eine Teil oder eine Sicht der Dinge mit. Und hier dürften wir uns als Forum deutlich von der Standardliteratur abheben.


    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    (Auch wenn es im Forum schon einen Opernführer gibt, meine ich persönlich nicht, dass man hier "verdoppeln" muß, was es gedruckt schon sehr gut und leicht zugänglich gibt)


    Das alleinige kopieren solcher Informationen macht sicherlich wenig Sinn. Wir sind ja hier keine Online Enzyklopädie. Aber wir könnten über solche Inhalte diskutieren (hierfür ist ja so ein Forum da). Jeder bezieht seine Informationen woanders her. Der eine hat 10 Einspielungen und somit auch 10 Booklets vorliegen, der andere findet sich hervorragend im Internet zurecht, ein dritter verschlingt eine Biographie nach der anderen. Diese Informationen können auch sehr widersprüchlich sein. Da sind dann Diskussionen vorprogrammiert.


    Eine Beschreibung im Reclam Konzertführer ist sicherlich ein schöner Einstieg. Begreifen werde ich ein Werk aber umso besser, wenn ich mich mit anderen darüber austausche. Und darauf freue ich mich.


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Ich habe das Buch über die Sinfonien Bruckners auch gelesen. Ich finde es nicht besonders berauschend. Hier werden die Sinfonien kühl und knapp abgehandelt. Es sind ein paar Bilder Bruckners drinn, die ich noch nicht kannte, aber zu den Sinfonien habe ich im Internet/im Forum schon besseres gelesen.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Hast Du denn schon einen Konzertführer (z.B. Reclam) mit Besprechungen der Werke? Falls ja, inwiefern sind sie für dich unzureichend? Zu wenig ausführlich oder unverständlich oder was anderes?


    Hallo Johannes, hallo Forum,
    ich habe gerade ein bisschen in meinem Reclam Konzertführer geschmökert und meine eine erste Antwort auf die obige Fragestellung gefunden zu haben.



    Die Beschreibungen finde ich sehr gut. Sie sind aber auch sehr objektiv. Dies entspricht sicher dem Anspruch eines Konzertführers. Mir ist das aber nicht genug. Konkret - wenn ich ein Werk kenne und die Beschreibung im Konzertführer dazu lese, kann ich vieles davon nachvollziehen. Lese ich allerdings eine Beschreibung eines mir unbekannten Werkes kann ich mir nicht wirklich ein Bild machen. Es fehlt mir hierzu an thereoretischem Hintergrundwissen, Erfahrung, Vorstellungskraft. Und es fehlt mir der subjektiver Enthusiasmus, den ich hier aus dem Forum kenne. Klar, hat nichts in so einem Führer zu suchen. Hier im Forum wünsch ich mir noch mehr davon. Auch über die Wirkung der Musik auf den Hörer finde ich nichts im Konzertführer.


    Wie gesagt, den Führer find ich gut. An dem muss auch nicht unbedingt etwas geändert werden. Das was er vermissen läßt wünsche ich mir von Tamino.


    Werde nun in mich gehen, noch etwas weiterschmökern und hoffe, in einiger Zeit etwas konkreter werden zu können.


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)