RAFFiniert instrumentiert - Joachim Raff

  • Lieber Taminoianer,


    Ehrlicherweise muß ich zugeben, daß das hübsche Wortspiel mit dem Namen Raff nicht von mir stammt, sondern von seinen Zeitgenossen.
    Fürwahr war er (nicht nur) ein Meister der Instrumentation. Allerdings habe ich feststellen müssen, daß nicht alle Aufnahmen diesen Bonus ausnützen, manche setzen mehr, wie heute üblich, auf Dramatik, dies jedoch immer auf Kosten der Klangschönheit.


    Dies wird ein längerer Thread (so hoffe ich zumindest ) weil er entgegen meinem Credo alle Sinfonien behandeln soll. Die Ursache ist hierin zu suchen, daß man um mitreden (schreiben) zu können die Werke alle kennen müsste. Das ist aber bei Raff kaum anzunehmen und noch weniger zu verlangen.


    Bei der von mir in diesem Fall gewählten Vorgangsweise, kommen mehr Leute zum Zug (so sie denn auch wollen)


    Vielleicht sollte ich erwähnen, daß meine erste Begegnung mit Raff s Werken nicht unbedingt ein AHA-Erlebnis war. Wie so oft, wenn man mir einer fremden Tonsprache konfrontiert wird, wirkt diese entweder aggressiv und unangenehm, oder aber schablonenhaft und langweilig.
    Im Fall Raffs emfand ich zu Beginn das Letztere.


    Irgendwann, jedoch, einge Jahre später hörte ich alles mit ganz anderen Ohren, ich mochte die Themen Raffs, die oft sehr volkstümlich sind, und ich begann die Instrumentierung zu bewundern.


    Heute kann man mich wohl zu Raffs Bewunderern rechnen.


    Er wurde 1822 in Lachen bei Zürich geboren und starb 1882 in Frankfurt am Main.
    Raff, der Autodidakt war wurde u. a von Mendelssohn gefördert, nach dessen frühem Tod, von Franz Liszt. Raff fungiert einige Zeit als dessen "Privatsekretär" und orchestrierte auch einge von dessen Stücken. irgendwann fühlte sich Raff ausgenützt un in die 2. Reihe gedrängt, und so verließ er Liszt um sich senien eigenen Kompositionen zu widmen. Das wollen wir hier auch tun, jedoch, wie schon gesagt, lediglich den Sinfonien und Ochestersuiten etc....


    Raff hat 12 Sinfonien geschrieben, die meisten wurden mit einem Namen versehen , sie sind üblicherweise sehr heimatverbunden und zitieren gerne volkstümliche Themen. Heute beihnahe vergessen, fühlte er sich schon zu Lebzeiten unterschätzt, obwohl er einer der meistgespielten Komponisten seines Jahrhunderts war.


    Im ersten Beitrag widme ich mich ein wenig seiner ersten Sinfonie "An das Vaterland". Manche finden, sie sei nicht gerade Raffs stärkstes Werk, aber ich meine wiederum, daß sie ideal ist, sich mit Klangsprache und Klangästethik dieses Komponisten vertraut zu machen.


    Wir hören vereinzelt Anklänge an Mendelssohn (scherzo) werden gelegentlich an Webers Freischütz erinnert und meinen Wagner (Leitmotive) und gelegentlich sogar Bruckner (Bläserfanfaren) durchschimmern zu hören. Das ist natürlich nicht so, es ist ganz anders verarbeitet und ureignster Raff.(Aber irgendwie muß man es ja erklären, man stelle sich die Aufgabe jemandem die Musik Mozarts zu schildern, der alle Komponisten kenn- nur nicht Mozart :stumm: )
    Raff liebt Plakatives das er geschickt gegen lyrische Stellen setzt, jedoch wird sein Klangbild niemals dick und undurchsichtig, selbst im Fortissimo nicht. Und damit sind wir bei der "Bewertung" . Mag man sagen was man will, die Sinfonie Nr 1 (übrigens fünfsätzig) ist äusserst wirkungsvoll und (für Raffs Zeitgenossen) publikumswirksam.


    Sie war, ähnlich wie bei Bruckner und Mahler mit programmatischen Erklärungen versehen. Fertiggestellt wurde sie 1861, 1863 wurde sie bei einem Kompositionswettbewerb, den die "Gesellschaft der Musikfreunde In Wien " ausgeschrieben hatte, mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Es traten insgesamt 32 Sinfonien zum Wettstreit an, als Preis war lediglich die öffentliche Aufführung der Sinfonie vorgesehen (Keines der eingereichten Werk durft je vorher veröffentlicht oder aufgeführt worden sein.)


    Es gibt nicht allzuviele Einspielungen der Sinfonien, von der ersten zumindest zwei.




    Die oberen beiden Abbildungen sind verschiedene Cover für die selbe Aufnahme, zuerst die Vollpreis-Aufnahme von Marco Polo (schluchz, die hab ich), dann der Transfer auf Naxos.



    Hier die Tudor-Aufnahme (fast Vollpreis, in Österreich Voll-Vollpreis)



    Über die Interpretationsunterschiede werde ich gerne berichten, wenn sich zeigen sollte, daß wider Erwarten ein gewisses Interesse an diesem Thema besteht.


    Auf jeden Fall sollte man Raff gehört haben - Er ist nämlich zu schade fürs Archv.


    Freundliche Grüße


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    meine erste Begegnung mit Raff war diese hier... (3. +10. Sinfonie)



    ...und ich muß sagen: was ich zu hören bekomme, begeistert mich nicht sonderlich. Seine Tonsprache wirkt dabei nicht einmal fremd oder unbekannt, sondern einfach nur etwas frei von Ideen, spannungsarm und (für mich) nicht wirklich interessant. Aber vielleicht erschliesst sich diese Musik - wie so oft - erst nach mehrmaligen Hören...


    Grüße aus Hamburg
    Uwe

  • Hallo Uwe,



    Wenn ich sowas lese, bin ich im ersten Moment "geschockt", weil ich das nicht begreifen kann.


    Aber dann Dein letzter Satz. Man muß Raff öfter hören. Genau das ist es. Man vergisst solche Sachen schnell. Dabei war meine erste Begegnung mit Raff die Sinfonie Nr 5 "Leonore, die angeblich zu seinen besten zählt. Dennoch lag sie jahrelang ungeliebt im Schrank, bis es plötzlich "funkte"
    Wie Du richtig schreibst, ist die Klangsprache eher vertraut als ungewohnt, ich erinnere mich, daß mein erster Eindruck "belanglos" war. Erst die (als schwach verschriene) Sinfonie Nr 1 brachte mich wieder zu Raff. Sie hat (in meinen Ohren ein Vorteil) einige sehr markante Themen, die sich schnell einprägen (zumindest mir) Ohrwürmer sozusagen, etwas worauf ich persönlich großen Wert lege.
    Nach und nach fand ich dann auch an weiteren Sinfonien Gefallen, wobei ich der Meinung bin, man sollte sie mit Kopfhörer geniessen, weil nur die die Klangfarben von Raffs instrumentierung richtig hervorbringen.


    Zum Thema spannungsarm:


    Ich besitze u.a. wie schon berichtet die Sinfonie Nr 1 in 2 Versionen:
    Jene unter Friedmann (heute Naxos) und die Tudor-Aufnahme unter Stadlmair.


    Ich war die Friedmann-Aufnahme gewohnt und ich liebte sie sehr (und das tu ich noch immer).Sehr ausgewogen und melodiös kommt das rüber, mir gefällts.
    Irgendwo wurde dann behauptet, die Stadlmair-Aufnahme wäre um vieles besser.
    Wie mans nimmt: Das was ich an der Naxos-Einspielung so liebte, den leicht betörenden Orchesterklang, das war alles weitgehend weg (zumindest nicht so signifikant). Dafür gibt es zahlreiche Temporückungen, mehr Dynamik, mehr Temperament. Die Unterschiede sind im einzelnen nicht gravierend, aber in Summe ergibt sich ein anderes Bild: Etwas spröder und unruhiger (vielleicht würden manche sagen "spannender") kommt das Werk rüber. Ich werde aber in den nächsten Tagen auch in die 3. und 10. reinhören und meinen Senf dazugeben. Vielleicht könntest Du dann kontern. Im Augenblick bin ich allerdings ein wenig im Verzug mit meinem "Hörpensum", das hat es bei mir noch nie gegeben :D. Aber das Forum hält mich ganz schön auf Trab......


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Alfred schrieb:


    Zitat

    Wenn ich sowas lese, bin ich im ersten Moment "geschockt", weil ich das nicht begreifen kann.


    Hallo Alfred, ich kann nur bestätigen, was Uwe schrieb. Bei Raff ist alles irgenwie bekannt, vertraut aber gleichzeitig spannungsarm, als hätte er nie etwas davon gehört, wie Beethoven eine sinfonische Entwicklung vorran und, was noch wichtiger ist "auf den Punkt" bringt...
    Musik, die nicht mehr kann (oder will) als unterhaltsam oder auch "schön" zu sein, geht mir tierisch schnell auf die Nerven...
    Nun hat Raff auch noch jede Menge anderer Werke, z.b. Kammermusik, komponiert, in die ich durchaus einmal hineonhorchen werde, vielleicht ändert sich ja mein Urteil doch noch, wie das z.b. im Falle von Louis Spohr der Fall war, den ich für einen der langweiligsten Sinfoniker vor dem Herrn halte, aber dessen Violinkonzerte und Konzertante Sinfonien,
    Oratorien und auch Kammermusik gewiss zum schönsten und inspiriertesten zählen, was aus dieser Zeit überliefert wurde.
    Bei Raff dagegen blieb bei mir bis jetzt das große "Aha-Erlebnis" einfach aus...

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo,


    Sicher ist es eine Frage der Erwartungshaltung, wie man ein Werk beurteilt. Persönlich war ich nie auf "AHA"-Erlebnisse erpicht. Auch bin ich kein Verfechter der "Evolutions- und Revolutionstheorien" bei Klassischer Musik, würden die doch letztlich besagen, daß Schönberg, Webern, Stockhausen, Henze, Cage und was weiß ich wer noch aller, gegenüber Mozart einen "Fortschritt" darstellen.
    Als Anhänger von allem mir vetrauten finde ich in Raff einen "Ersatzmendelssohn" mit eigener Note, denn die ist bei Raff durchaus vorhanden, notabene ein teilweise überdurchschnittlicher Wiedererkennunggswert, zudem sind die Sinfonien nicht "sperrig", wobei man natürlich nicht pauschalisieren sollte, meine Aussagen bezogen sich zunächst auf die Erste.
    Da ich der festen Überzeugung bin, daß es etliche Klassikfreunde gibt, die ähnlich empinden wie ich (sich aber oft nichum den totalen Mainstream steuern wohl alle elegant herum trauen dies zuzugeben :D) werde ich vorsichtig aber doch, den Raff-Thread weiterführen.
    Ich liebe schöne Musik, sie kann auch ohne weiteres temperamentvoll sein. Weniger liegt mir Musik, die man öfter hören muß´um sie überhaupt ertragen zu können, mit der Option. daß sie sich eines Tage vielleicht erschließen möge.
    Raff war zu Lebzeiten ein gern gehörter Komponist, während Mahler beispielsweise verpönt war. Heute scheint es genau umgekehrt zu sein.
    Aber ich kümmmere mich eigentlich wenig um Tendenzen.
    Bedauerlicherweise werden wir nie erfahren wie Raff unter Karl Böhm oder Herbert von Karajan geklungen hätte, weil beide Herren eher auf Nummer sicher gingen, was die Auswahl ihrer Stücke anging.


    Zu Spohr. Mein erster Eindruck war: "Eher langweilig" Ich kenne jedoch nur 2 Sinfonien, eingespielt mit eine dritte-Klasse Orchester, daher ist mein Urteil nicht endgültig. Auch die Violinkonzerte haben mich nicht allzusehr beeindruckt, das mag aber daran gelegen haben, daß ich sie zu rasch hinereinander gekauft und gehört habe, ein gewisser Übersättigungseffekt gewissermaßen. Ein diesbezühlicher Thread ist zwar geplant, abe inzwischen muß ich in einige Aufnahme hineinhören.
    Ich fürchte aber, daß (ähnlich wie bei Raff) relativ wenige Mitglieder die Einspielungen kennen.


    Beste Grüße nach Berlin (oder noch Kapstadt ?)


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mit dem "Aha"-Erlebnis meine ich grundsätzlich etwas, was mich zwingt, wirklich hinzuhören. Musik, die ich quasi im "vorbeilaufen", im Fahrstuhl oder im Einkaufscenter hören kann, ohne daß sie mich von meiner eigentlichen Beschäftigung, in dem Falle dem Einkaufen, ablenkt- die halt ich nun mal für entbehrlich... Dein Einwurf mit dem "Ersatz-Mendelssohn" hat natürlich was aber ich bin nun mal ein Verfechter der Aussage, daß das Beste immer der Feind des Guten (oder gutgemeinten) ist und weshalb sollte ich dann Raff hören, wenn ich Mendelssohn haben kann?
    Das sollte natürlich jetzt kein Vorwand dafür sein, nicht auch anderes unvoreingenommen aufnehmen zu wollen. Aber denk doch mal darüber nach, woran es eventuell liegen könnte, daß z.b. Brahms das "große" Rennen gemacht hat und nicht Gernsheim ? Mendelssohn z.b. geniesst im Vereinigten Königreich von GB und den Staaten des Commonwealth eine Verehrung, (zu Recht sage ich) von der man sich in Deutschland un d Österreich keine Vorstellung macht... Können, Originalität und Genialität haben sich eben in Beethoven kompensiert und nicht in den Sinfonien von Adalbert Gyrowetz, die gewiss ordentlich gearbeitet und schön anzuhören sind. Will sagen, in der Kunst gibt es Stufen und Ränge, gibt es Sterne 1. und 2. Größe. Das alles mag sehr "undemokratisch" klingen und ist es wohl auch.
    Drei kreischende Tenöre in der Arena zu Verona und dazu ein Publikum,
    für das Andre Rieu der Inbegriff aller Geigenkultur ist, haben wahrlich nichts elitäres ! Die 50 Leute, die an einem Orgelkonzert, das Ton Koopman auf der Reichel-Orgel der Hallenser Marktkirche (1667), dem Instrument, auf dem der junge Händel bei seinem Lehrer Zachow die Grundlagen des Orgelspiels erlernte, haben mehr vom Wesen der Musik verstanden.
    Nach eoineim kurztägigem Intermezzo um Weihnachten in Berlin bin ich dann wieder in Kapstadt. Schöne Grüße nach Wien

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo Big Berlin Bear,


    zunächst nur ganz kurz, soweit es Raff betrifft. meine Antwort hier, der allgemeinere Teil folgt binne 24 Stunden im Thread "Das Geächtete 19. Jahrhundert." :D


    (Zu diesem Thread hast übrigens Du mich inspiriert, als Du Tschaikowskys 6. so "abgewertet" hast...... :D )


    Ich beanspruche nicht Raff auf eine Stufe mit Mendelssohn zu stellen.(obwohl ich das im soeben erwähnten Thread zu Sprache bringen werde), lediglich, daß hier hörenswerte (konservative) Musik vorliegt, die ich gerne "konsumiere" und von der ich mit großer Wahrscheinlichkeit annehme, daß sie ihr Publikum finden wird, wenn man nur von ihrerer Existenz weiß.


    Aber selbstverständlich wird es immer verschiedene Ansichten geben, und das ist auch gut so...


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    eigentlich gehört das ja von Thema mehr in den Kammermusik-Thread, andererseits aber auch hierher: gestern gab es im DLF im Rahmen der Sendung 'Die neue Platte' eine Vorstellung von Raffs Streichquartetten, genauer gesagt von den Quartetten 6 und 7, gespielt vom Mannheimer Streichquartett, - und was soll ich sagen: diese Musik hat mir ungemein gut gefallen. Da muss ich dem guten Herrn Raff wohl etwas Abbitte leisten (so er es denn nötig hat), und mich wohl doch noch mehr in sein restliches Werk einhören.



    Gruß
    Uwe

  • Hallo,


    Da der Raff-Thred hier schon lange herumdümpelt, meldet sich jetzt mal der RAFFael
    zu wort... :D


    Ich sammle sehr gerne Werke der etwas vernachlässigten Komponisten (vor allem 19.Jhdt) und zu denen muss wohl auch Raff gezählt werden...


    Von seinem Werk habe ich jetzt schon einen ganzen Teil: Die beiden Cellokonzerte, die eiden Violinkonzerte, 3 Violinsonaten, Das Klavierkonzert, einige kleinere Gelegenheitswerke, Ouvertüren und Die Symphonien 1, 7, 8, 9, 10 und 11.
    Ich habe auf jeden Fall vor, mir die restlichen Symphonien auch noch zuzulegen.


    In das Meiste habe ich bisher nur reingehört - alles macht zunächst mal einen sehr soliden Eindruck. Schon öfter, intensiver und das sehr gerne höre ich das 1.Cellokonzert, das Klavierkonzert, die Ouvertüre zu "Dame Kobold" sowie die netten, seichteren "3 Duos über Themen aus Wagneropern, Op.63".


    Die erste (und bisher einzige Symphonie) die ich (letzte Woche) intensiver hörte ist die 8. "Frühling".
    Sie gefiel mir auf anhieb sehr gut, und auf meiner heutigen Autofahrt nach Paderborn hörte ich sie noch zwei mal. Wie Alfred schon sagte, weiß Raff Themen zu erfinden und durchaus gekonnt zu instrumentieren - allerdings scheinen mir die Durführung und damit die Behandlung des thematischen Materials prinzipiell etwas dunn zu sein. Alles ist etwas ideenlos und gespickt mit "Standart-Lückenfüllern".


    Dieses rein Formelle hält mich davon jedoch nicht ab, diese Symphonie mitlerweile sehr zu mögen! Besonders der zweite Satz enthält ein ganz wundervolles, sehr originelles Thema! :jubel: Aber auch die anderen Sätze wissen auf Anhieb zu gefallen...


    In jedem Fall werde ich mit dem Kennenlernen der Symphonien fortfahren - ich werde nun erst einmal die "Jahreszeiten" (Symphonien 8-11) zuendehören und dann vielleicht mit der 1., 2., usw. forfahren.


    LG
    Raphael

  • Falls sich auch jemand für die Partituren interessiert: Die meisten Sinfonien Raffs sind als günstige TP-Reprints von Musikproduktion Hoeflich wieder zugänglich gemacht worden (musikmph.de)

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  • Ich höre die Musik von Joachim Raff gerne und er gehört zu meinen Lieblingskomponisten. Die oben aufgeführte Bezeichnung 'spannungsarm' mag stimmen, aber viele seiner Melodien sind so eingängig, dass man sie sofort noch einmal anhören möchte.
    Das erste, was ich von Raff gehört habe, war die Sinfonie Nr. 8 'Frühlingsklänge'. Vor allem der zweite Satz begeistert mich, weil ich beim Hören tatsächlich die Bilder des Programms 'In der Walpurgisnacht' vor Augen habe. Es erinnert mich sehr an die Filmmusik zu 'Harry Potter und der Stein der Weisen', ist aber bei Raff interessanter und vielfältiger erzeugt.
    Ähnlich gute und lebhafte Umsetzungen der Programme sind zum Beispiel auch der dritte Satz der 5. Sinfonie (Leonore), 'Trennung' und (wirklich ein Ohrwurm) der vierte Satz der 7. Sinfonie (In den Alpen) 'Beim Schwingfest'.

  • Hallo!


    Ich besitze von Raff folgende CD:


    Sinfonie Nr.7 "In den Alpen"
    Jubelouvtüre op. 103


    Philharmonia Hungarica, Werner Andreas Albert


    Ich bin eher zwiegespalten: Mit der Jubelouvertüre mit ihrem Pomp und Prunk wurde ich sofort warm und ich höre sie gerne, aber die Sinfonie Nr. 7 ist mir zu träge und zu langsam, aber vielleicht hat Uwe mit seinem Schlussatz Recht...


    LG joschi

  • Mir gefallen Joachim Raffs Kompositionen auch recht gut. Das, was ich bislang von ihm gehört habe ist sehr ansprechend. Besonders das Violinkonzert Nr. 1 op. 161



    sowie die Violinsonaten Vol. 4



    Gewiss gibt es anspruchsvollere Kompositionen, doch warum soll ich mir nicht auch hin und wieder Musik gönnen, die mich erfreut. :yes:


    Mit lieben Grüßen,
    Diotima. :hello:

  • Demnächst erscheinen die Symphonien Raffs auch als Box:


    ab 25.09.2009



    Es sind die TUDOR - CDs mit den Bamberger Symphonikern unter Hans Stadlmair.


    Nr. 1 "An das Vaterland" op. 96
    Nr. 2 op. 140
    Nr. 3 "Im Walde" op. 153
    Nr. 4 op. 167
    Nr. 5 "Leonore" op. 167
    Nr. 6 op. 189
    Nr. 7 "In den Alpen" op. 201
    Nr. 8 "Frühlingsklänge" op. 205
    Nr. 9 "Im Sommer" op. 208
    Nr. 10 "Zur Herbstzeit" op. 213
    Nr. 11 "Winter" op. 214
    Orchestersuite "Aus Thüringen";
    Italienische Suite für Orchester;
    Benedetto Marcello-Ouvertüre;
    Dame Kobold-Ouvertüre;
    Konzertouvertüre op. 123;
    Die Parole-Ouvertüre;
    Orchestersuite Nr. 1 op. 101 & Nr. 2 op. 194 "In ungarischer Weise"
    Rhapsodie für für Orchester op. 136b "Abends"
    +Bach / Raff: Chaconne BWV 1004 (Orchester-Transkription)



    Vielleicht ein Anlass, die Werke wieder einmal bzw. erstmals zu hören und darüber zu berichten!

  • Nachdem ich Raffs Sinfonie Nr 1 bereits kurz vorgestellt habe, lasse ich die 2 folgen. Eigentlich würde ich ja gerne jeder Sinfonie einen eigenen Thread verpassen - aber ich fürchte, daß dafür das allgemeine Interesse nicht ausreicht.
    Die Nr 2 ist eine jener wenigen Sinfonien Raffs, die titellos geblieben ist.
    Schon zu Beginn des ersten Satzes hört man dezente Fanfarentönen, die aber immer kräftiger, fröhlicher und eindringlicher erschallen, ein Ohrwurm erster Güte. Man hat Raff immer wieder gerne als Epigone abgestempelt, aber ich sehen nicht klar, wessen Klangsprache er hier benutzt. Allenfalls Mendelssohn - aber dennoch ist der Unterschied doch recht groß.
    Was jedoch gut hörbar ist, ist warum man Raff stets als Meister der Instrumentation rühmte, alles ist wirkungsvoll und klangschön intrumentiert - besser geht es einfach nicht. Franz Liszt hat hat ja diese Fähigkeit Raffs wohl als einer der ersten erkannt und seinen Nutzen daraus gezogen...


    Das Andante con moto beginnt recht harmlos und lyrisch, wenngleich mich die Blöser immer wieder aufs neue begeistern, im letzen Drittel jedoch erleben wir wieder jenen fanfarenartigen Ton, der meiner Meinung nach für Raff so typisch ist, aber schließlich klingt der Satz - nach einer letzten Fanfare -genauso ruhig aus wie er begonnen hat, beinahe wie ein Trauermarsch, leise von Pauken begleitet.


    Drängend bewegt zunächst leise beginnt der dritte Satz ein Allegor vivace, dann immer mehr anschwellend, und wieder leiser werdend, mit hohem Tempo wunderbar fein ausgearbeitet die Nebenstimmen - hier wird in der Tat Mendelssohns Musik zum Sommernachtstraum als eventuelles Vorbild hörbar - was meiner Meinung nach jedoch kein Nachteil ist.


    Der Schlussatz, ein andante Majestoso macht seiner Satzbezeichnung alle Ehre. Wiederung Blöser und Pauken, dennoch niemals überzogen, vol von melodischen Einfällen und überraschenden Wendungen und Temporückungen



    Daß diesem Komponisten nicht mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, das wundert mich. Bei dieser Gelegenheit ein persönlicher Tip:
    Sollte Euch das Werk beim ersten Mal nicht besonders beeindrucken. so hört es noch einmal. Raff Sinfonien sind so gestaltet, daß sie einem (zumindest mir) bei jedem mal Hören besser gefallen. Warum das so ist weiß ich ehrlich gesagt auch nicht....


    Es gibt - wie zumeist - von der zweiten Sinfonie 2 verschiedene Einspielungen, jene für Tudor unter Hans Stadlmayr und jene für Marco Polo /Naxos, wobei ich die MP Aufnahmen für die klangschöneren halte, mit einem lediglich hauchdünnen Vorsprung.


    Nein ich nehme es zurück- ich habe so7176038
    eben die 2 in der Stadlmir aufnahme gehört und musste mich an sein Gegenstück genauso gewöhnen wie umgekehr. Fazit -glücklich ist der zu preisen, der BEID Auifnahmen sein Eigen nennen darf....



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Durch Empfehlung des Tamino-Mitgliedes Frank, der das Ur-Klassik-Forum moderiert, habe ich jetzt auch die Raff-Sinfonien-GA mit Hans Stadlmair / Bamberger Sinfoniker (TUDOR, 1999-2004, DDD) vorliegen.
    Das sind nun viele Jahre nach dem ersten Beitrag von Alfred hier - aber es gab in der Zwischenzeit soooo vieles Andere zu entdecken !


    Ich habe zunächst nur mal in die GA reingehört und mich dann für die Sinfonie Nr.8 -Frühlingsklänge- als passender Einstieg zur Jahreszeit entschieden; aber auch deshalb, weil ich gelesen habe, dass sie zu den kraftvollsten Sinfonien zählt:


    Zitat

    Auch bei seiner 8. Symphonie "Frühlingsklänge " hat sich Raff besonders viel Mühe gegeben . Die schnellen Streicherpassagen hier sind wohl einem frischen Frühlingswind gleich , im Sinne einer Tondichtung geschrieben worden. Und diese Vorstellung hat Raff wunderbar umgesetzt. Es ist seine kraftvollste Symphonie mit virtuosen Streicherpassagen und einer Melodik, die man auf Anhieb erfassen kann und einem unmittelbar gefällt !
    Es ist nicht leicht das ganze in Worte zu fassen, deswegen fasse ich mich lieber kurz ! Diese Symphonie gehört sichherlich zu den aller Besten Symphonien von Joseph Joachim Raff , und kann sich mit heute noch ungleich berühmteren Symphonien von Zeitgenossen , wie Brahms und Bruckner messen lassen. Ich persöhnlich höre Sie jedenfalls sogar lieber als diese !


    Soweit empfand ich das Werk als einen schönen Einstieg in die sinfonische Welt Raffs. Das Werk, die Instrumentationskünste haben mir gut gefallen. Ich lese immer wieder die Vergleiche zu Brucker. Gut und schön, aber aus heutiger Sicht denke ich, dass Raff an die Größe von Bruckners Werk nicht heranreicht.
    An Frank möchte ich sagen, dass ein wenig mehr Einfluss von Richard Strauss (den Frank weinger schätzt) den Werken eigendlich ganz gut getan hätte.



    Mir kommt jetzt schon wieder der Gedanke, den ich mir immer bei allen weniger bekannten mit weniger Einspielungen belegten Komponisten stelle:
    Warum ist Raff so unbekant geblieben ? Warum Bruckner dagegen so beliebt ? Ist es nicht doch letztendlich eine Qualitätsfrage ?


    In Kürze mehr zu meinen Höreindrücken mit Raff.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • An Frank möchte ich sagen, dass ein wenig mehr Einfluss von Richard Strauss (den Frank weinger schätzt) den Werken eigendlich ganz gut getan hätte.


    Raff ist 1882 gestorben. Die 8. ist von 1876. Richard Strauss ist 1864 geboren.

  • Ja, da hast Du aus deiner Sicht Recht.
    Ich meine das ja auch nicht speziell auf die Sinfonie Nr.8 bezogen, sondern allgemein, dass ein wenig mehr Farbigkeit a´la R-Strauss (den ich für meinen Teil eben sehr schätze) den Werken aus dem späten 19.Jahrhundert allgemein gut zu Gesicht stehen würde. Auch unabhängig davon, ob diese Komponisten R.Strauss nun kennen und damit seinen Einfluss übernehmen konnten oder nicht.


    Ich habe auch die Raff-Sinfonien Nr.10 op.213 auf der CD gehört.


    Mit liegen offenbar, mit Ausnahme der Großen wie Brahms, Bruckner, Schumann doch die Nachfolger, wie Respighi (der ganz auf meiner Geschmackslinie liegt) doch erheblich mehr !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Brahms verfolgt meines Erachtens einen wesentlich akademischeren Ansatz als Raff, seine Symphonien sind Meisterwerke der 'absoluten Musik' (sehr zur Freude von Hanslick...) - Beinahmen wie 'Frühling' etc. kann ich mir bei Brahms nur schwer vorstellen.


    Respighi und Strauss laufen hier für mich ausser Konkurrenz, weil sie mindestens eine Generation jünger sind. Wenn zwischen Strauss und Raff Einflüsse auszumachen sind, dann wird Raff Strauss beeinflusst haben. Angesichts der Tatsache, dass Raff seinerzeit zu den meistgespielten Komponisten in Deutschland zählte, wie ich neulich las, wird Strauss sich sicher mit seinen Partituren auseinandergesetzt haben. Wobei Strauss ja nie im strengen Sinne studiert hat, aber dirigiert hat er eine Menge. In seiner Biographie habe ich nichts über eine Beziehung Raff/Strauss gelesen, ist also reine Spekulation.


    Bruckner instrumentiert blockhafter, seine ganze Arbeit ist monolithischer. Ich persönlich kann nicht sagen, was ich für 'besser' halte; Bruckners Orchesterbehandlung ist stark von der Orgel beeinflusst, dem Denken in 'Registern'. Raff arbeitet nach meinem Empfinden filigraner, feiner. Man kann nicht sagen, dass Raff gigantische Symphonien zur Ehre Gottes schreibt, Bruckners Ansatz ist ein gewaltiger, die Produkte sind gewaltig.


    Schumann... der wiederum ist eine Generation älter, Raff ist eher eine Art 'Erbe Schumanns'. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es verschiedene Wege, die ein Symphoniker einschlagen konnte: die Richtung, die zur Symphonischen Dichtung, zur Programmmusik und zum Musikdrama Wagnerscher Prägung führt, und den Weg, der von Schumann zu Brahms führt. Und wenn man den Weg von Schumann zu Brahms weiterverfolgt, begegnet man meiner Meinung nach zweifellos Raff.


    Ich glaube, dass es bei diesem Komponisten noch viel Interessantes zu entdecken gibt!

  • Zitat

    Ich lese bei der Lektüre über Raff immer wieder über die Vergleiche zu Bruckner. Gut und schön, aber aus heutiger Sicht denke ich, dass Raff an die Größe von Bruckners Werk nicht heranreicht. Von daher wohl auch die Tatsache, das er sich daher bis heute nicht den "großen Durchbruch" geschafft hat.


    So würde ich das nicht sehen.
    Abgesehen davon, daß es mir nie einfallen würde Raff mit Bruckner zu vergleichen, würde ich auch ablehnen sie qualitativ gegeneinander oder übereinander zu stellen.
    Ich habe zu Beginn des Threads Raff als eine art "Ersatzmendelssohn" bezeichnet - aber auch das trifft es anatürlich nicht ganz, Raff ist eben Raff. Und wir haben es hier mit einem Komponisten zu tun, der einerseits eine gewisse Ohrwurmtechnik nicht verleugnen kann und will, der andrerseits aber auch Natureindrücke schildern kann und will , wobei an manchen Stellen ein gewisser volkstümlicher Grundton durchschimmert. Wenn ich schon mit Bruckners Sinfonien vergelichen müsste, dann nach am ehesten mit dem Beginn der vierten - aber auch hier ist die Ähnlichkeit eher zweifelhaft...


    Und während ich hier schreibe fällt mir soeben noch Carl Maria von Weber ein, dessen Sinfonien auch stellenweise eine gewisse oberflächliche Ähnlichkeit aufweisen. Auch mit ihnen hat Weber nicht den "großen Durchbruch" geschafft.
    Das dürfte jedoch weniger an der Qualität liegen, sondern daran, daß diese Werke einfach ein wenig aus der Mode gekommen sind, bevor sie richtig in Mode waren.....


    Raffs Sinfonien haben ja nicht nur Titel fürs werk, nein in der Regel ist jeder einzelne Satz mit einem Titel versehen....


    Beispiel: Sinfonie Nr 3 in F-dur op 153 "Im Walde"



    1 --- Eindrücke und Empfindungen: Allegro (1. Abteilung: Am Tage) (14:24)
    2 --- Träumerei: Largo (2. Abteilung: In der Dämmerung) (8:41)
    3 ----Tanz der Dryaden: Allegro assai (4:50)
    4 --- Stilles Weben der Nacht im Walde. Wilde Jagd mit Frau Holle


    Zitat

    Ich halte das Sinfonische Werk Raffs aber für so interessant, dass ich in der nächsten Zeit mit Interesse die weiteren Raff - Sinfonien weiter intensivieren werde.


    Zitat

    weshalb sollte ich dann Raff hören, wenn ich Mendelssohn haben kann?


    Vielleicht, weil es zuwenig Sinfonien von Mendelssohn gibt....... ???



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino Beethoven_Moedling Banner

  • Mein Einstieg in die Werke Raffs sind die Jahreszeiten Sinfonien 8 - 11,davon gefallen mir Frühlingsklänge und Herbstzeit besser als Sommer und Winter,insgesamt sind alle 4 Sinfonien für mich sehr interessant.
    Für mich ist das gute Unterhaltungsmusik,Musik,die mich langweilt,mag ich nicht.
    Kein Wunder,daß Raff zu Lebzeiten einer der meistgespielten Komponisten war.
    Seine Musik kam offenbar beim Publikum an.Zwischenzeitlich geriet sie in Vergessenheit.
    Daß gute Musik in Vergessenheit geraten kann,kennt man auch von J.S. Bach,den Mendelssohn musikalisch ausgegraben hat.
    Ich bedauere es auch,daß man Raffs Sinfonien nicht mit Klemperer,Karajan oderBernstein hören kann.Leider auch nicht mit Gardiner,Jacobs oder Herreweghe.

    mfG
    Michael

  • Brahms verfolgt meines Erachtens einen wesentlich akademischeren Ansatz als Raff, seine Symphonien sind Meisterwerke der 'absoluten Musik' (sehr zur Freude von Hanslick...) - Beinahmen wie 'Frühling' etc. kann ich mir bei Brahms nur schwer vorstellen.

    s.u.



    Zitat

    Bruckner instrumentiert blockhafter, seine ganze Arbeit ist monolithischer. Ich persönlich kann nicht sagen, was ich für 'besser' halte; Bruckners Orchesterbehandlung ist stark von der Orgel beeinflusst, dem Denken in 'Registern'. Raff arbeitet nach meinem Empfinden filigraner, feiner. Man kann nicht sagen, dass Raff gigantische Symphonien zur Ehre Gottes schreibt, Bruckners Ansatz ist ein gewaltiger, die Produkte sind gewaltig.


    Überdies hat sich Bruckner ja erst gegen Ende von Raffs Lebenszeit einigermaßen durchgesetzt. Raff war vermutlich längst etabliert, bevor er überhaupt etwas von Bruckner gehört hatte. Da dürfte es keinen großen Einfluss gegeben haben.



    Zitat

    Schumann... der wiederum ist eine Generation älter, Raff ist eher eine Art 'Erbe Schumanns'. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es verschiedene Wege, die ein Symphoniker einschlagen konnte: die Richtung, die zur Symphonischen Dichtung, zur Programmmusik und zum Musikdrama Wagnerscher Prägung führt, und den Weg, der von Schumann zu Brahms führt. Und wenn man den Weg von Schumann zu Brahms weiterverfolgt, begegnet man meiner Meinung nach zweifellos Raff.


    Nur dass Raff eben, auch wenn er sich später von Liszt trennte, der "neudeutschen" Schule viel näher stand, während Brahms ja als deren "Gegner" (und offizieller Erbe Schumanns) gehandelt wurde. Da Schumann und Mendelssohn, obwohl sie vor der eigentlichen Auseinandersetzung schon verstorben waren, auch eher der "traditionellen" Richtung zugeordnet wurden. Insofern stand Raff im Grunde zwischen den Fronten (lt. Beiheft von cpo zu Trios 2+3 hat er als Direktor des Frankfurter Konservatoriuns versucht, zu vermitteln, indem er Lehrende aus beiden Fraktionen berief, was aber nicht lange gut ging.)


    In der Kammermusik liegt er sicher (wie auch Volkmann) nahe an der Linie Mendelssohn/Schumann - Brahms. Aber bei den Sinfonien (von denen ich bisher noch keine gehört habe) ist das Betiteln wohl eine Art Mittelweg zwischen den sinf. Dichtungen Liszts und der absoluten Musik Brahms' (wie Du ganz oben ja selbst andeutest). Freilich kursierten auch im Brahms-Umkreis "poetische Ideen", die mit einigen Sinfoniesätzen assoziert wurden. (Oder die Auffassung von dessen 1. als "Beethovens 10." und dann entsprechend der 2. als "Pastorale" und der 3. als "Eroica").


    Lt. Booklet geriet Raffs Musik nach dessen Tod recht schnell in den Hintergrund. Das ist angesichts der Tatsache, dass er eben "zwischen den Fronten" stand, durchaus nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass Brahms nach wie vor der "Leuchtturm" der "Konservativen" war, Bruckners Sinfonien sich durchzusetzen begannen und ab 1890 Strauss mit seinen Tondichtungen dieses Genre noch einmal zur Blüte brachte.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Heute vor 190 Jahren geboren:


    Joseph Joachim Raff (* 27. Mai 1822 in Lachen bei Zürich, Schweiz; † 24. Juni 1882 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Komponist und Musikpädagoge schweizerischer Herkunft. Er war 1849-53 Assistent Liszts in Weimar. Den Umfang seiner Mitarbeit an der Instrumentation von Liszts symphonischen Dichtungen ist unbestritten.



    Seine besten Kompositionen zeichnen sich durch eine reiche künstlerische Anlage und Ausdruckskraft aus. Mit Geschmack hat er es verstanden, Formen des damals verpönten Barocks und der Klassik mit dem Gedankengut seiner Zeit zu verbinden.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Mit grosser Freude nehme ich zur Kenntnis, dass bei Chandos ein neuer Raff-Zyklus mit Neeme Järvi im Entstehen ist. Ich habe zwar schon die Stadlmair-Aufnahmen und diverse Einzeleinspielungen, aber für einen kompletten zweiten Zyklus wäre in meiner Sammlung durchaus noch Platz. Und die Kritik der bisher erschienen 2. Symphonie lässt Gutes erwarten. Ich hoffe, die bestellte CD geht noch heute in die Post. Als nächstes soll die Lenore erscheinen und hier bin ich besonders gespannt, denn nach wie vor ist da meine Lieblingseinspielung die schon recht betagte unter Bernard Herrmann, die erste Raff-Symphonie, die ich überhaupt kennengelernt habe.



    ch bedauere es auch,daß man Raffs Sinfonien nicht mit Klemperer,Karajan oderBernstein hören kann.

    Vor allem Leonard Bernstein wäre m.E. hier super prädestiniert gewesen, das war genau die Musik, die er unnachahmlich dirigieren konnte.



  • Der neue Raff-Zyklus mit Neeme Järvi schreitet langsam voran.
    2013 erschien die 2. Sinfonie, jetzt ist die 5. Sinfonie für Februar/März 2014 angekündigt.
    Technisch sind die Einspielungen als SACDs umgesetzt und in Stereo oder Multichannel abspielbar.

    mfG
    Michael

  • Inzwischen bin ich ja dazu übergegangen die Sinfonien doch mit einzelnen Threads zu versehen. In Kürze folgt die Nr 4.
    Ist nun dieser Thread hier "überholt" ? Ich würde das dezidiert verneinen. Er hat sich zu einem Allgemeinen Raff-Thread entwickelt, der den Titel "Die Sinfonien" einfach nicht mehr verdient, es wurde auch kurz Kammermusik vorgestellt (Auch dies wird in Hinkunft in Extrathreads behandelt - Ansätze sind schon da) - und eigentlich alles querbeet. Das ist einem allgemeinen Thread über den Komponisten durchaus angemessen - und so soll der Thread auch weitergeführt werden.


    Weiter oben wurden zwei eng miteinander verwobene Fragen gestellt, die sich mit der Berühmtheit Raffs befassen.
    "Warum ist Raff heute so unbekannt ?" - hat das mit der Qualität seiner Musik seiner zu tun ?


    Ich habe mit dazu eine Meinung gebildet, will meine "Theorie" erst hier niederschreiben, bis andere User die Gelegenheit ganutzt haben hier ihre Vermutung kundzutun. Oder aber diese Sendepause meinerseits wird nicht genutzt - dann werde ich eben mit diesem Unterhema beginnen...


    Auf Raff hat mich ja das neulich wooanders im Forum erörterte Thema "Mainstream-Komponist" gebracht - und natürlich die Tatsache daß eine neue Serie (von CHANDOS) mit seinen Sinfonien im Anrollen ist - wobei das Tempo eher moderat ist........


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auf Raff hat mich ja das neulich wooanders im Forum erörterte Thema "Mainstream-Komponist" gebracht


    Raff ist natürlich so ganz und gar kein Mainstream-Komponist.


    Er gehört bei mir zu den Komponisten, an die ich mich ziemlich langsam herantaste. Ich finde aber deine Raff-Beiträge so interessant und zum Hören auffordernd, dass ich in Kürze dem nachkommen werde. Ich habe seit vielen Jahren die TUDOR- GA und immer noch nicht alle Sinfonien gehört ........... es hatte immer was Anderes den Vorrang.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Ich finde aber deine Raff-Beiträge so interessant und zum Hören auffordernd...


    Das freut mich sehr - denn ich werde mich in nächster Zeit etwas mehr mit Raff befassen.


    Beginnen wir mal mit der Frage, warum Raff heute so verhältnismäßig unbekannt ist - und auch der Nebenfrage ob er zu Lebzeiten ein "berühmter " oder "verkannter" Komponist war.
    Back to the Roots - also befassen wir uns mit Raff zu Lebzeiten.
    Unbestritten ist, daß Liszt dessen Talent erkannte, was sogar so weit ging, daß er sich vin Raff bei der Orchestrierung seiner Werke helfen liess. Die Ansichten der Musikhistoriker gehen in diesem Punkt auseinander- wie weit die "Hilfe" ging. Während einge meinen Raff habe hier den Löwenanteil geleistet, wird das von anderen verneint beziehungseise seine Leistung bagatellisiert.Spätestens nach Hören der ersten Sinfonie von Raff "An das Vaterland" muß wohl den Zeitgenossen klar gewesen sein, daß es sich bei Raff um einen ausgezeichneten Komponisten und einen überragenden Orchestrator handelte.
    Diese Sinfonie erhielt sogar den ersten Preis eines Wettbewerbs der "Gesellschaft der Musikfreunde in Wien" und wurde am 22. Februar 1862 zur Aufführung gebracht. Der Beifall war außerordentlich groß, wie aus einem Glückwunsschreiben der Direktion der Gesellschaft an Raff hervorgeht.
    Wenn wir uns die Kritik der dritten Sinfonie Raffs ("im Walde) - verfasst von Eduard Hansllick (siehe im Thread Joseph Joachim RAFF - Sinfonie Nr 3 op. 153 "Im Walde" ) genauer ansehen, so ist sie auf infame und subversive Weise vernichtend. Während Hanslick eigenlich die gesamte Sinfonie gekonnt zerpflückt, fügt er immer wieder positive Bemerkungen über die Fähigkeiten ein, die dieser Komponist eigentlich HÄTTE, allerdings so, daß das negative Element noch stärker betont wird. Das wäre an sich nicht weiter auffällig, es entsprach Hanslicks Wesen....
    Auffällig ist die ebenfalls negative Kritik in der "Neuen Allgemeinen Musikalischen Zeitung"
    (siehe Thread Joachim Raff : Sinfonie Nr 4 op 167 )
    Da wurde die neue 4 Sinfonie weit hinter die vorangegangene 3. ("Im Walde) gestellt - die inzwischen schon sehr erfolgreich war - sodass sie kaum mehr angegriffen werden konnte. Sie zählt bis heute zu einer der 2 beliebtesten Sinfonien Raffs, wobei die andere die nun folgende 5.("Leonore")ist. - Sie wird demnächst einen eigenen Thread erhalten.
    Kehren wir zurück zur zeitgenössischen abwertenden Kritik der Allgemeinen Musikalischen Zeitung. Das sehr gute Booklet, welches der entsprechenden CD des Labels TUDOR beigefügt ist, bringt Licht ins Dunkel. Die ursprünglich positive Kritik des Rezensenten wurde abgeändert und - ins negative verkehrt gedruckt. Der Rezensent protestierte dagegen und setzte eine Berichtigung in einer der nächsten Ausgaben durch. Wer hat die wohl gelesen ??
    Und wer stand wohl hinter der - fast bin ich geneigt zu sagen - "Kampagne" gegen Raff ? - Wir werden es vermutlich nie wirklich wissen - sind also auf Spekulationen angewiesen. Demnächst jedoch mehr zu diesem Thema...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wir heutigen Klassikliebhaber sind halt auch zu verwöhnt - ständig haben wir geniale Kompositionen in exemplarischen Interpretationen griffbereit in Form der Tonkonserve; alle die Raff hören, sagen hinterher, dass er gar nicht so schlecht sei und auch ganz nett klinge, dass er gute 2. Garde sei usw. - aber im harten Alltagsgeschäft des modernen Klassikliebhabers, der ja in der Regel einem Beruf nachgeht, Familie hat, auch noch andere Hobbys ausübt, bleibt oft wenig Zeit zum Musikhören und da möchte manch einer, wenn er denn mal Zeit hat - wohl doch lieber Genialeres hören - Zugriff hat er ja, wie schon gesagt, auf alles. So hat es einer wie halt Raff unverschuldet schwer.


    Grüße
    Garaguly

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