Haben "Alte" einen anderen Klassikgeschmack als "Junge"?

  • Salut,


    vielleicht geht es mir ja wirklich so, dass ich nach Überschreiten der ***50*** meinen Geschmack ändere? In der Form, dass ich das herkömmliche "Gedudel" nicht mehr ertragen kann und nach solchen Produktionen wie den "Salzburger Figaro" förmlich schreie?


    Allerdings glaube ich nicht, dass ich andere Gründe als Übersättigung und persönlichen Geschmack vorbringen kann.


    Wie ist das? Gibt es interpretatorische Geschmacksunterschiede zwischen "jungen" und "alten" Klassikhörern? Was ist mit Hörern, die erst im reifen Alter zur Klassik greifen? Entspricht deren Geschmack eher dem Trend oder schließen sie sich - genetisch bedingt? - den Altersgenossen an?


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo liebes Tamino-Klassikforum!


    Ich möchte dieses Thema zunächst geschwind nutzen, um mich kurz vorzustellen: Mein Name ist Marius, ich bin 19 Jahre alt, komme aus München und leiste gerade meinen Zivildienst ab.


    Dies ist mein erster Beitrag in diesem Forum, allerdings bin ich schon lange stummer Leser und habe schon viel gelernt und meinen Horizont erweitert. Vielen Dank hierfür an das Forum!


    So, jetzt aber On-Topic :-)


    Ich denke schon, dass es durchaus vom Alter abhängt, welche klassische Musik man bevorzugt. Wenn ich meine persönliche "Geschichte" ansehe, meine ich, einen Trend zur schwerer begreifbaren, komplexeren, außergewöhnlichen Musik ausmachen zu können.
    Ich habe mit etwa 12 Jahren angefangen, bewusst klassische Musik zu hören. Ich fings damals mit den "üblichen Verdächtigen" an, das heißt u.A. folgende Werke:
    Mozart: Nachtmusik
    Beethoven: Symphonie 5, 6
    Tschaikowsky: Nussknacker-Suite


    Ohne den Werken unrecht tun zu wollen, aber ich meine, dass diese eine Gemeinsamkeit haben: Sie weisen durchaus einprägsame, eingängige Melodien auf und sind somit leicht wieder zu erkennen. Jedenfalls ging es mir damals so, dass ich diese Werke aus dem Grund der schönen Melodien und ihrer Geradlinigkeit mochte und gehört habe.


    Mittlerweile ist viel Zeit vergangen und ich muss sagen, dass sich mein Geschmack ziemlich verschoben hat. Ich bin bei Mahler und Bruckner angekommen und finde, dass diese Musik doch sehr viel komplexer als Mozarts Nachmusik ist :-) Genau das gefällt mir aber sehr gut; vor einigen Jahren hätte ich aber niemals Mahler gehört, das wäre mir einfach zu anstrengend gewesen, ich war einfach noch nicht reif dafür. Die oben genannten Werke höre ich aber nach wie vor gerne, Beethoven ist sogar nach wie vor mein Lieblingskomponist, aber eine Entwicklung ist meinem Empfinden nach nicht von der Hand zu weisen.


    Das ist also der Stand der Dinge bei mir. Wenn ich nun diese Entwicklung weiterführe, gelange ich vielleicht irgendwann einmal zur Zwölftonmusik und zur seriellen Musik... heute kann ich diesen Richtungen gar nichts abgewinnen, aber in ein paar Jahrzehnten vielleicht doch...


    So, nun wisst ihr, wie es bei einem "Jungen" in Sachen Klassikgeschmack aussieht :-)
    Bin gespannt, wie es bei den "Alten" ausschaut :-)


    Liebe Grüße,
    Marius

  • Ich bin ja nicht jung (64).
    Ich hab angefangen mit Mozart, Bach, Schubert und alles dazwischen. Und eigentlich ist das im Grunde bis jetzt noch immer so. Nur enorm erweitert, in dem Sinne, daß ich sehr viel Musik kenne und einschätze von ihren Zeitgenossen.


    LG, Paul

  • Hallo Marius,


    erstmal herzlich Willkommen und vielen Dank für Deinen ersten Beitrag! Das klingt gleich nach "mehr davon, bitte".


    Paul,


    wie sieht es da bei Deinem Geschmack mit den Interpretationen aus? Soweit ich weiß, bevorzugst Du die Darbietung auf alten Instrumenten, was eher in den letzten 20 Jahren sich so richtig durchgesetzt hat. Du magst also nicht [mehr] nur die glatte - fast oberflächliche - Abspulung? ;)


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Marius, ich denke diese Entwicklung ist normal für jeden Klassikneueinsteiger und hat nichts mit dem Alter zu tun. Ein Dreißigjähriger wird genauso mit einfachen Stücken anfangen und sich langsam an Bruckner und Mahler hinantasten (Ausnahmen bestätigen die Regel). Was ich vorstellen kann ist, dass junge Leute tendenziell eher zu schnellerer Musik tendieren als ältere.
    Dieselbe Frage finde ich übrigens bezüglich Geschlechtsunterschiede interessant. Ich meine festgestellt zu haben, dass Frauen eher zu Chopin greifen als Männer.


    Gruß

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

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  • Zitat

    Original von rappy
    Ein Dreißigjähriger wird genauso mit einfachen Stücken anfangen und sich langsam an Bruckner und Mahler hinantasten (Ausnahmen bestätigen die Regel).


    Das halte ich für nicht haltbar.


    :beatnik:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Paul,


    wie sieht es da bei Deinem Geschmack mit den Interpretationen aus? Soweit ich weiß, bevorzugst Du die Darbietung auf alten Instrumenten, was eher in den letzten 20 Jahren sich so richtig durchgesetzt hat. Du magst also nicht [mehr] nur die glatte - fast oberflächliche - Abspulung?


    Lieber Ulli,


    Da stellst Du eine fast unmöglich zu beantworten Frage. Eigentlich bin ich zu Musik gekommen via Singen. Und das hat bei mir eine sehr wichtige Prägung hinterlassen. Ich komme etwas später darauf zurück.


    Im großen und ganzen hast Du recht. Ich mag lieber die was dünner besetzte Orchesterklang, die weniger schrill klingt (Darmsaiten). Und dann bewegt man sich Richtung HIP. Aber richtig HIP bin ich absolut nicht.
    Ein schweres Steinwayklavier hat nicht so meine Sympathie. Ich höre lieber eine etwas mildere Klang. Oder ein gutes Hammerklavier (aber da gibt es auch viel Bodensatz).
    Ich habe einmal hier im Forum gelesen, daß wenn die Komponisten damals die Instrumenten von heute hätten gehabt, sie andere Musik hätten komponiert. Eben darum geht es m.E.
    Sie hatten ja nicht jene Instrumente. Um so gut möglich ihre Musik wiederzugeben, soll man deshalb Instrumenten benützen, die damals üblich waren. Und ihre Musik wurde nicht geschrieben für Orchester von 100 Personen. Auch darauf soll man bedacht sein.


    Dann gibt es noch den Punkt freie Interpretation. Im 18. Jhdt wurden große Teile der Musik dürftig ausgeschrieben. Da wurde viel an den Ausführenden überlassen. Oft wird heute vergessen, daß diese Ausführenden Zeitgenossen waren und deshalb mehr oder weniger im selben Stil spielten.


    Hierauf wird Musik von mir ohnehin beurteilt.


    Aber daneben gibt es den Sang. Ich betrachte Sangmusik immer von Texte her. Wie lautet dieser, was wird damit bedeutet und wie würde so einen Satz normalerweise gesagt werden.
    Die altmodische, fast romantische Ausführungen der MP z.B. kann ich nicht mehr vertragen. Aber ein kleines, aber o so wichtiges Stück davon, möchte ich auch in den mehr HIP-Versionen wiedersehen.
    Das "Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen", sollte länger angehalten werden als jetzt üblich ist. Ich kann mich vorstellen, daß die Soldaten damals sehr erstaunt waren und mit Ehrfurcht diese Worte sagten. Dann wird das nicht schnell gesagt, ja fast heruntergeleiert.
    Darum auch werde ich nie die Interpretationen von Ferrier leugnen, obwohl die Tempi vielleicht altmodisch sind. Denn ihre Musik ist so beseelt.
    Oder Clara Haskil, um noch so eine damalige Person zu nennen. Nur ganz wenige Personen besitzen die Affinität, die sie zu Mozart hatte. Es mag sein, daß ihre Partituren viele Fehler enthielten. Und trotzdem klingt ihr Mozart soviel schöner als viel Klavierspieler heutzutage es vermögen zu bringen.


    Ich bin deshalb froh, gute, schöne Musik aus der pro-HIPzeit kennengelernt zu haben. Denn die gab es damals auch.


    LG, Paul

  • Hallo,



    ich höre zwar erst seit kurzer Zeit klassische Musik, dennoch
    habe ich nicht mit "leichter Kost" angefangen.
    Stattdessen kamen bei mir von Anfang an Werke wie zum Beispiel
    Orgelsinfonien á la Louis Vierne oder Brucknersche Orchesterwerke in den CD-Spieler.
    Jetzt bin ich sogar schon auf dem Weg mich mit neuer Musik zu beschäftigen...
    Sicher, man hört natürlich auch Stücke, wie die Overtüre 1812 oder
    die "kleine" Nachtmusik.
    Man kann das Thema eben nicht pauschalisieren, ob Neueinsteiger mit vermeintlich leichten Werken oder mit vermeintlich anspruchsvollen Werken in die klassische Musik einsteigen.



    Gruß Marvin

  • Also ich gehöre wohl eher den jüngeren Klassikhörern an, ich bin 14.
    Ich hab das Glück, einen Musikwissenschaftler als Vater zu haben, und bin dadurch vermutlich geprägt. Die Aufnahmen, die ich besitze, habe ich großteils von ihm, und er ist für HIP, deshalb höre ich auch kaum andere Interpretationen.


    Nun, warum sollte man auch nicht nach historischer Aufführungspraxis spielen? Man kann alte und neue Musik ja nicht gleich interpretieren. Aber wie auch immer, mit meinem 'Wissen' kann ich mit euch nicht mithalten :no: Und jeder hat zudem seinen Geschmack. Also; ich bin für hist. Aufführungspraxis.


    Was war denn mit dem Salzburger Figaro? Irgendeine moderne Inszenierung, glaub ich, bin mir nicht ganz sicher. Falls das stimmen sollte, muss ich zugeben, dass ich sowas nicht unbedingt brauche.
    Das ist vielleicht etwas für Leute, die diese Oper in ihrer eigentlichen Version schon etliche Male gesehen haben, aber wenn man sie kaum oder gar nicht kennt, ist es eher uninteressant, meiner Meinung nach.


    Deine Fragen, Ulli, kann ich dir nicht beantworten, ich kann bloß schreiben, wie ich dazu als junger Klassikhörer stehe. :stumm:


    lG

    Disco, oida ;)

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  • Zitat

    Original von
    Also ich gehöre wohl eher den jüngeren Klassikhörern an, ich bin 14.
    Ich hab das Glück, einen Musikwissenschaftler als Vater zu haben, und bin dadurch vermutlich geprägt. Die Aufnahmen, die ich besitze, habe ich großteils von ihm, und er ist für HIP, deshalb höre ich auch kaum andere Interpretationen.


    Hallo SASISPGMDGSMB,

    ich denke damit hast Du schon einmal einen wesentlichen Punkt genannt: Was man hört, hängt- zumindest am Anfang- von der musikalischen Prägung ab, die man von seinem Umfeld bekommt. Diese Prägung ist gewissermaßen die Basis für die weitere Entwicklung der Hörgewohnheiten. Ein Beispiel: Wenn ichl von meinen eigenen Erfahrungen ausgehe: Mein Vater hat ausgesprochen viel Mozart gehört. Also hörte ich eben zu Beginn oft Mozart, in Opposition dazu, fing ich an, meine Fühler in andere Richtungen auszustrecken.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Wulf
    Soll es in diesem thread nicht eigentlich um Interpretationen gehen? ?(


    Im Prinzip ja. Der "Grund" bzw. Auslöser ist der überaus geschätzte User Theophilus [wegen des Salzburger Figaro].


    Aber das "andere" ist mir auch recht [interessant].


    ;)


    @SASISPGMDGSMB


    Ich habe tagelang versucht, Dein "Rätsel" zu lösen - ich schaffe es nicht. Bitte löse auf.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Haben "Alte" einen anderen Klassikgeschmack als "Junge"?


    Wo wird da nach Interpretationen gefragt? Dann hättest Du die Frage anders formulieren müßen.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von Ulli
    @SASISPGMDGSMB


    Ich habe tagelang versucht, Dein "Rätsel" zu lösen - ich schaffe es nicht. Bitte löse auf.


    Meinst du das Namensrätsel? Das wurde schon gelöst. ;)


    Klick hier.

  • Hallo Paul,


    voila: Kapitel 1, Absatz 3, Zeile 1:


    Zitat


    Gibt es interpretatorische Geschmacksunterschiede zwischen "jungen" und "alten" Klassikhörern?


    Habe mir erlaubt, das Wort fett hervorzuheben ;)


    LG
    Wulf.

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  • Zitat

    Original von petemonova


    Meinst du das Namensrätsel? Das wurde schon gelöst. ;)


    Klick hier.


    Salut!


    :motz:


    Für diesen Link benötige ich ein Passwort und darf jetzt wieder meinen Modus auf "Tamino blue" umstellen!


    :motz:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Lieber Wulf,


    Wenn man zitiert, soll man richtig zitieren.


    Zitat

    Gibt es interpretatorische Geschmacksunterschiede zwischen "jungen" und "alten" Klassikhörern? Was ist mit Hörern, die erst im reifen Alter zur Klassik greifen? Entspricht deren Geschmack eher dem Trend oder schließen sie sich - genetisch bedingt? - den Altersgenossen an?


    Nochmals, die Frage war:

    Zitat

    Haben "Alte" einen anderen Klassikgeschmack als "Junge"?


    Interpretation ist nur Nebensache. :yes:
    Und das, obwohl ich jadoch über Interpretation schrieb und nicht über meinen Geschmack, als Ulli es mir explizit fragte. :baeh01:


    LG, Paul

  • Nee, Paul, die interpretierst das falsch... bist Du etwa mit Harnoncourt verwandt?


    :baeh01:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo


    Ich glaube nicht daß es im eigentlichen Sinn eine Altersfrage ist, sondern eine der Generation. Das ist NICHT das Gleiche.


    Interpretationen unterliegen Moden - man wird durch eine dieser Moden geprägt - jene mit der man groß wurde (so sie einem nicht generell zuwider war)


    Ich selbst bevorzugte und bevorzuge noch immer die Mode der siebziger Jahre (man kann auch sagen der Nachkriegszeit, den seit Mitte der fünfziger hatte sich nur wenig geändert)


    Was war das Besondere - und wie unterscheidet sich der damalige Stil von heute ?


    Ich hätte das vor eingen Wochen noch gar nicht erklören können, fand aber dann eine einleuchtende Beschreibung in eine Fachzeitschrift.
    Es war die zeit der "natürlichen" Interpretationen.
    Hier war der von mir so geschätzte Karl Böhm federführend, aber natürlich entsprach es dem Zeitgeist so und nicht anders zu dirigieren.


    Man hatte damals immer den Eindruck: So und nicht anders müssen die Tempi sein - und das ziemlich unabhängig vom tatsächlichen Tempo.


    Der Dynamikumfang war groß - aber nie verstörend. Schroffe Brüche - ja man sah sie auch - wurden als Unzulänglichkeiten der Komposition, als handwerkliche Fehler des Komponisten gesehen - und nach bestem Wissen und Gewissen von den Ausführenden "gekittet" alles - auch das Dramatische - sollte klassisch ausgewogen sein, wohlproportioniert und edel. Triumphierende Stellen konnten unheimlich laut und strahlend werden. Was es jedoch nicht gab wahr schrilles unangenehmes.


    Irgendwann in den frühen achziger Jahren schaffte eine "neue" Interpretationsrichtung den Durchbruch, jene mit Originalinstrumenten.
    Weil die Pioniere sie noch nicht richtig spielen konnten klangen diese Instrumente oft abenteuerlich bis grausig, vereinzelt gab es jedoch Ausnahmen...


    Irgendwann wurde dann behauptet, die Musik zu Mozarts und Vivaldis Zeiten habe aggressiv geklungen - wie wunderbar sich das traf: Zufällig klang nämlich die Popmusik und andere "Musik"-Richtungen AUCH aggressiv. Der Unterschied war gar nicht mehr so groß.


    Irgendwann gingen dann sogar Herrn Harnoncourt die schwierig zu bedienenden "Originalinstrumente" auf die Nerven. Und so erfand er die
    HISORISCH INFORMIERTE INTERPRETATIONSPRAXIS kurz HIP genannt.
    Sie zeichnet sich dadurch aus, daß mit MODERNEM Instrumentarium versucht wird, wie man ANGEBLICH einst mit historischen Instrumenten gespielt hat !!! Da es hierüber keine Kontrolle gibt, war es leicht jenen Stil den man wollte als HIP durchzusetzen.


    Später vermischte man dann die Begriffe einfach, und heute wird alles was nach altem Instrumentarium ODER angeblich originalgetreuer historischer Interpretation nur entfernt riecht, als HIP bezeichnet.


    Ich schätze die Wiedergabe auf Originalinstrumenten teilweise sehr, insbesonder im Barock- und Frühklassikbereich - jedoch NICHT von so IMO aggressiven Formationen wie beispielsweise dem Concerto Köln.
    (die Opernaufnahmen unter Rene Jacobs bilden hier eine Ausnahme)


    Mein Lieblingsorchester in Sachen "Originalklang" ist die Akademie für Alte Musik, Berlin.


    Was ich verabscheue sind Interpretationen, die hässliche Stellen im Werk aufstöbern unsd betonen - und wo nicht vorhanden solche durch die Interpretation erst entstehen.


    Mich erinnert das an jene Politiker der 60iger Jahre, die Wien vom Ruf der Sängerknaben und der Lipizzaner befreit haben wollten - und deshalb Touristenausflüge zur (damals hochmodernen) Müllverbrennungsanlage am Flötzersteig organisierten um das "moderne" Wien zu zeigen (IGITT)


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Ich glaube nicht daß es im eigentlichen Sin eine Altersfrage ist, sondern eine der Generation. Das ist NICHT das Gleiche.


    Interpretationen unterliegen Moden - man wird durch eine dieser Moden geprägt - jene mit der man groß wurde (so sie einem nicht generell zuwider war)


    Danke, Alfred für diesen Hinweis!


    Inspiriert zu diesem Thread hat mich tatsächlich der Theophilus mit seiner [beinah einzigen] positiven Meinung über den Salzburger Figaro. Das hat mich einiges an Nachdenken gekostet. Ich war der Ansicht, dass er - nach vielleicht [?] 30-40 Jahren Standard-Figaro diese Abwechslung nötig hatte, unabhängig von einem "Falsch" oder "Richtig". Das akzeptiere ich gerne.


    Zitat


    Irgendwann gingen dann sogar Herrn Harnoncourt die schwierig zu bedienenden "Originalinstrumente" auf die Nerven. Und so erfand er die
    HISORISCH INFORMIERTE INTERPRETATIONSPRAXIS kurz HIP genannt.
    Sie zeichnet sich dadurch aus, daß mit MODERNEM Instrumentarium versucht wird, wie man ANGEBLICH einst mit historischen Instrumenten gespielt hat !!! Da es hierüber keine Kontrolle gibt, war es leicht jenen Stil den man wollte als HIP durchzusetzen.


    Meine Meinung von "richtigem HIP" ist nach wie vor: Man bediene sich nachgebauter Originalinstrumente, um dem wahren Klang möglichst nahe zu kommen. Die Instrumente waren damals auch reltaiv neu.


    Zitat


    Ich schätze die Wiedergabe auf Originalinstrumenten teilweise sehr, insbesonder im Barock- und Frühklassikbereich - jedoch NICHT von so IMO aggressiven Formationen wie beispielsweise dem Concerto Köln.
    (die Opernaufnahmen unter Rene Jacobs bilden hier eine Ausnahme)


    Das sehe ich anders: Sie ist keine Ausnahme, sondern eine - meiner Meinung nach - Verbesserung, zu der sich Concerto Köln durchgerungen hat. Vergleiche mit Aufnahmen von vor 10 Jahren und mehr [aggressiv] und heute sind da durchaus lohnenswert! Concerto Köln hat sich derweil sehr gut etabliert und am Markt festgesetzt, nun können sie wirklich Musik machen! Die Einspielungen der Gossec-Sinfonien [2003] z.B. sind bereits ganz hervorragend - klangschön, nicht aggressiv.


    Zitat


    Mein Lieblingsorchester in Sachen "Originalklang" ist die Akademie für Alte Musik, Berlin.


    Sicher ein sehr gutes Ensemble [Vivica Genaux: Aria for Farinelli] - nicht besser oder schlechter als Boston Baroque.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Zitat

    Original von Ulli
    @SASISPGMDGSMB


    Ich habe tagelang versucht, Dein "Rätsel" zu lösen - ich schaffe es nicht. Bitte löse auf.


    Hallo Ulli,
    welch Ehre :D Na ja, wie petemonova ja schon geschrieben hat, wurde es bereits aufgeklärt, aber hier ists nochmal:
    "S.A.S.I.S.P.G.M.D.G.S.M.B." ist die Widmung von Vivaldis RV 574, die allerdings bis jetzt nicht entschlüsselt wurde. Vermutlich ist sie nur ein Scherz.



    liebe Grüße.

    Disco, oida ;)

  • Es gibt Altersmilde oder -gelassenheit und Altersstarrsinn, es gibt jugendliche Offenheit und jugendliche Gewißheit, die alleinige Wahrheit gepachtet zu haben. Ich weiß nicht genau, was jeweils häufiger ist. Daher glaube ich nicht, dass man hier irgendwas verallgemeinern kann.


    Ich betrachte mich im Rahmen diese Forums mal als weder alt noch jung. Ich denke, dass ich etwas offener geworden bin, obwohl ich an meinen Präferenzen schon ziemlich lange festhalte, kann ich alternative Sichtweisen eher akzeptieren. Das hängt aber auch mit der altersunabhängigen Erkenntnis zusammen, dass "das ewige Werk" eine Chimäre ist. Das gibt es einfach nicht als etwas eindeutig festgelegtes. Daher ist, wie jedes Kunstwerk letzlich nach seinen eigenen Regeln spielt, auch eine Interpretation hauptsächlich an "internen" Maßstäben zu beurteilen. Man sollte es besser "Realisierung" nennen, denn es gibt ja nichts vorher unabhängig Bestehendes, was "interpretiert" wird. Eine weitere Erkenntnis ist, dass Kunstwerke "unerschöpflich" sind und es schon daher keine einzige, allein richtige Realisierung geben kann. Man kann z.B. in Schuberts D 960 nicht gleichzeitig bleierne Depression (wie etwa Richter) und wienerische Melancholie umsetzen, aber wie entsprechende Interpretationen zeigen, steckt beides irgendwie da drin...


    viele Grüße


    JR


    ("Natürlich" ist von Philosophen bis zu Shampoo-Herstellern immer das, was man gerade für gut hält oder anderweitig anpreisen will. ; ))

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    ("Natürlich" ist von Philosophen bis zu Shampoo-Herstellern immer das, was man gerade für gut hält oder anderweitig anpreisen will. ; ))


    Ich glaube im Zusammenhung wie er gemeint war - sollte man "natürlich" anders definieren:


    Vielleicht wäre "selbstverständlich " das besser Wort - aber auch hier könnte man Haare spalten.


    Ich würde es so definieren:


    Man empfand beim erstenmal Hören eine gewisse Vertrautheit, die gar keine Zweifel an der Richtigkeit der Interpretation aufkommen ließ.
    Da war nichts woran man sich "erst gewöhnen" mußte oder was in Zweifel gezogen wurde. Verstörende Stellen bei Mozart ? Nie gehört.
    Jeder Dirigent wusste was das Publikum erwartete, - und das bekam es (in der Regel) auch.
    Mozart war die personifizierte klassische Ausgewogenheit, Beethoven war titanenhaft erhaben, Schubert klassisch und "wienerisch biedermeierhaft" zugleich, Bruckner weihevoll.....


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,


    also,ich hatte in meiner Jugend den selben Geschmack wie jetzt.


    Ich interessierte mich vorwiegend für die Oper.Dann sind die


    anderen Musikarten im Lauf der Jahre dazu gekommen.Das ist


    aber keine Frage des Alters,sondern des dazulernens.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von SASISPGMDGSMB


    Hallo Ulli,
    welch Ehre :D Na ja, wie petemonova ja schon geschrieben hat, wurde es bereits aufgeklärt, aber hier ists nochmal:
    "S.A.S.I.S.P.G.M.D.G.S.M.B." ist die Widmung von Vivaldis RV 574, die allerdings bis jetzt nicht entschlüsselt wurde. Vermutlich ist sie nur ein Scherz.


    liebe Grüße.


    :motz: :motz: :motz:


    Mein Gott 8o Was habe ich erfinderisch herumkomponiert... aber warte nur: Es wird mir gelingen! Auf ein paar hundert Jahre kommts jetzt ja auch nicht mehr an...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
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