Alte Musik, neue Jacke !?

  • Peter war so freundlich dies zu korrigieren. Die Bilder suchen kostet mehr Zeit, als ich erwartete. Die werden also später eingefügt.
    Hier ist jedenfalls meine These.



    Bewusst habe ich hier aus keinen Quellen gesucht. Denn m.E. kann ich meine Meinung besser widergeben, wenn ich nur das, zugegeben unzuverlässige, Gedächtnis befrage.


    Mich wundert immer die Trennung zwischen MUSIK und musik. Wenn es Musik eines (am Liebsten bereits 100 Jahre) toten Meisters ist, soll man ehrfürchtig hören. Und man darf nichts sagen. Man versucht sich dezent zu kleiden.
    Wenn’s dagegen einen noch lebenden Komponisten betrifft, nicht die Absicht habend (obwohl er mit Gin, Weib und Drugs es trotzdem versucht) in Kürze zu sterben, wird geschrieen, raucht man "Stickies", ist man manchmal besoffen und es gleicht hier und da einer Nudistenparade.


    Im Grunde geht es ja um Musik. Wieso und warum dann diese Unterschiede? Wird keine schöne Musik mehr gemacht? Und wenn ich von schöner Musik rede, meine ich melodisch und harmonisch klingende Musik, die das Ohr angenehm berührt.


    Längere Zeit spiele ich bereits mit diesem Gedanken. Komponist A nahm von Komponist B (oder sich selbst) ein Werk und bearbeitete es. Beispiele?
    Bach von Vivaldi;
    Bach von Bach; Händel von Händel; die Barockperiode ist vielleicht die größte legale Raubkopierperiode, die es je gegeben hat.
    Mozart von Bach; Mozart von Mozart; Wendt (Vent), Triebensee usw., die Harmoniemusikbearbeitungen von Mozartopern machten.


    Beethoven mit seinen Cello/Klaviervariationen über Werke von Händel und Mozart. Beethoven von Beethoven. Danzi, Von Schacht.


    Ein Spezialfall ist, was Haydn und Beethoven taten: das "Orchestrieren" (sehr kleine Besetzung) von bestehenden Liedern. Auch während der Wiener Klassikperiode verachtete man nicht gerade das (Raub-)kopieren.
    Wieder etwas später Chopins Opus 2 (La ci darem la mano);


    Hummels Fantasie für Bratsche + Orchester;


    Paganini mit seinen vielen Variationen über Themen anderer Komponisten. Und die Krone wird vermutlich getragen von Liszt.


    Aber auch Tausig, Kocsis, Moszkowski usw wussten sich zu wehren.


    Das wurde und wird heute allgemein akzeptiert als "klassische Musik" im allgemeinen Sinne.


    Bottesini (19. Jhdt), Kontrabassist, arbeitete Werke für sein Instrument um. Prächtig.


    Aber als zum Beispiel Maurice André Oboenkonzerte auf seiner Trompete spielt, reisen bereits die Brauen. Und wenn er Opernarien auf seiner Trompete spielt (tat Paganini auch nicht so etwas, sei es auf Violine?) ist das vulgär.


    Sind wir nicht hypokrit?


    Ich wage eine These: Wirklich schöne Musik kann nicht vergewaltigt werden.


    Die Ekseptions namen Beethovens Fünfte und es wurde einen Welthit.
    Jacques Loussier hat mit seiner Combo Bach unter den Jazzliebhabern populär gemacht.



    Raymond Guyot trug da auch das nötige bei (z.B. Handel with care).
    Louis van Dijk, ein ferventer Bachliebhaber aber zugleich auch Jazzpianist,


    spielt fast immer im Stil von Bach. Er hat aber auch von Mozart
    und Schubert


    Bearbeitungen gemacht, die so schön sind, dass sie während des Fahrens im Wagen zu meiner bevorzugten Musik gehören.


    Und muss ich Euch an die viele berühmt gewordenen klassischen Fragmente dank "moderne" Dirigenten/Orchester/Bands erinnern. Waldo de los Rios... James Last... usw.


    Ich glaube, man sollte ein offenes Auge haben für alte Musik, die vielleicht eine neue Jacke bekommt, aber im Grunde noch immer die schöne Melodie beherbergt.


    LG, Paul

  • Salut,


    natürlich gibt es großartige Bearbeitungen - von Genies über Genies. Aber nicht jede Bearbeitung ist ein Meisterwerk, nur weil das Vorbild auch eines ist. Vieles ist sehr viel schlechter, am Sinn vorbei... in diesem Sinne Schwachsinn.


    Mozarts Händelbearbeitungen sind [aus mozartischem Blickwinkel] für mich großartig! Nicht besser als das Original, aber gleichwertig. Für Händelpuristen könnte das sicherlich Abfall sein.


    Variationen über beliebte Themen waren im 18. JH "in". Heute kennt man nurmehr die Variationen, nicht - oder selten - aber die Originale. Umso reizvoller aber ist es, sich mit den Originalen einmal zu beschäftigen, z.B. mit der wundervollen Arie "Unser dummer Pöbel meint" aus Glucks grandioser "Türkenoper", oder mit dem "Salve tu domine" aus Paisiellos "Gli Astronomi"... was für wunderbare Originalmusik - erst jetzt kann ich die Mozartvariationen wirklich verstehen und finde sie noch reizvoller.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Lieber Ulli,


    Ich wiederhole "Wirklich schöne Musik kann nicht vergewaltigt werden". Man kan viel daran abbrechen, aber um es wirklich zu "verelenden" braucht es mehr.


    Und statt froh zu sein, daß jetzt ein Anzahl richtig schöne Melodien beim breiteren Publikum bekannt werden, sagst Du rücksichtlos NEIN.
    Viel klassische Musik war früher "Unterhaltungsmusik". Ist es falsch ihr ihres ursprünglichen Zweck zurückzugeben?


    Ich gebe hier einige Namen (Im Voraus sage ich "Excuse me"): Pavarotti/Domingo/Carreras (ich persönlich finde es :kotz: ).
    Oder André Rieu. Aber die Menschen walzen bei ihm in der Straße. Ist das nicht erst recht Unterhaltung?


    Im Moment hat Tom Parker sehr viel Erfolg mit seiner Bearbeitungen von klassischen Komponisten: The young St Matthews; The young Messiah; The young Mozart; The young Beethoven; The young Schubert; The young Verdi; The young Puccini, usw.
    Er hat sich viel Mühe gegeben. Und obwohl die Nummer gekürzt sind und Drum usw hinzugefügt, klingt es gut. Denn die Melodie hat er aufrecht gehalten und geachtet. Da wird auf original instrumentale Musik jetzt gesungen. Vergleiche das bekannte Ave Maria. Als Bach es schrieb, war da kein Gesang.



    Freilich, natürlich gibt es auch viel Mist. Ein schreckliches Beispiel wäre diese CD:


    Da hat offenbar Polydor gedacht "Ha, das können wir auch". NEIN, das konnten sie nicht. :motz: :motz:


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von musicophil


    Ich wiederhole "Wirklich schöne Musik kann nicht vergewaltigt werden".


    Wenn Du meinst. Ich bleibe bei DOCH.


    Zitat


    Und statt froh zu sein, daß jetzt ein Anzahl richtig schöne Melodien beim breiteren Publikum bekannt werden, sagst Du rücksichtlos NEIN.
    Viel klassische Musik war früher "Unterhaltungsmusik". Ist es falsch ihr ihres ursprünglichen Zweck zurückzugeben?


    MIR ist es egal, was ein Publikum empfindet. Ich bin in dieser Hinsicht mehr als egoistisch: Es muß MIR gefallen. Ich freue mich doch nicht, wenn ein Publikum etwas toll findet, sondern wenn ICH es toll finde.


    Viele Klassische Musik ist auch heute noch in der Urform Unterhaltungsmusik. Was muß man ihr da "zurückgeben"?


    Zitat


    Ich gebe hier einige Namen (Im Voraus sage "Excuse me"): Pavarotti/Domingo/Carreras (ich persünlich finde es :kotz: ).
    Oder André Rieu. Aber die Menschen walzen bei ihm in der Straße. Ist das nicht erst recht Unterhaltung?


    Natürlich ist das Unterhaltung - allerdings auf einem Niveau, mit dem ich mich nicht im entferntesten gleichstelle. Jedem das seine, mir das beste - meine Devise. Rieu hat sich eine interessante Marktlücke zu Nutzen gemacht, was ihm freisteht und wofür er auch die Verantwortung trägt. Ich gönne es ihm, dass er dem dämlichen Publikum die Moneten aus der Tasche zieht. Eigentlich ist das ja genau die richtige Methode - privat hört er dann vielleicht doch lieber Haydn-Quartette. Allerdings würde ich mir diese Blösse niemals geben... auch nicht mit der Aussicht auf eine Hauptrolle im "Traumschiff".


    Zitat


    Im Moment hat Tom Parker sehr viel Erfolg mit seine Bearbeitungen von klassische Komponisten: The young St Matthews; The young Messiah; The young Mozart; The young Beethoven; The young Schubert; The young Verdi; The young Puccini, usw.
    Er hat sich viel Mühe gegeben. Und obwohl die Nummer gekurzt sind und Drum usw hinzugefügt, klingt es gut. Denn die Melodie hat er aufrecht gehalten und geachtet. Da wird auf original instrumentale Musik jetzt gesungen. Vergleiche das bekannte Ave Maria. Als Bach es schrieb, war da kein Gesang.


    Das Gounodsche Ave Maria ist so überflüssig, wie nur was. Natürlich gefallen mir einige "moderne" Bearbeitungen recht gut - Rondo Veneziano zum Beispiel. Das finde ich recht fetzig. man braucht sich nicht anstrengen, um das geniessen zu können. Aber es geht mir nach einer kurzen Weile ziemlich auf die Nerven. Vor allem stört mich mittlerweile doch das Schlagzeug - es ist nämlich absolut überflüssig und nervt und hat überhaupt keine Funktion, außer einen "modernen" Klang zu suggerieren.


    In erster Linie müssen für mich solche "Bearbeitungen" ein völlig neues und gutes Werk ergeben. Zitate und/oder Vorlagen sind mir da völlig gleichgültig. Am besten, man erkennt von dem Original nichts mehr... denn: Was braucht alte Musik ein neues Gewand?


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Liebestraum fand unter den Weihnachtsbaum eine Ausführung des Messias'.



    Klingt dies so schlecht? Jedenfalls besser als viele Popmusik. :yes:


    LG, Paul

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  • Hallo Ulli!


    Ich habe mit Rondo Veneziano eine ähnliche Erfahrung gemacht. Ich habe von dieser Gruppe ein Stück im Radio gehört und "musste" mir dann eine CD von dieser Gruppe kaufen. Leider nutzt sich diese Musik sehr schnell ab.



    lg,
    Franz

    Sagt nicht:"Ich habe die Wahrheit gefunden", sondern:"Ich habe eine Wahrheit gefunden." (Khalil Gibran; Der Prophet, dtv, 2002)

    Einmal editiert, zuletzt von Franz Laier ()

  • Hallo Franz!


    Ich empfehle Rondo Venziano - und zwar das Werk "Rondo Veneziano" des italienischen Komponisten Ildebrando Pizzetti. :yes:
    Voila:



    Grüße,
    Wulf

  • Lieber Paul,
    diese CD wird dir gewiss auch gefallen :hello:



    Opernarien sehr intim und filigran interpretiert von der unvergleichlichen Sabine Meyer :jubel: :jubel: :jubel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried
    Lieber Paul,
    diese CD wird dir gewiss auch gefallen :hello:



    Lieber Siegfried,


    Danke. Die steht sofort auf meiner Liste. :yes: :yes:


    LG, Paul