Gesprächskonzerte/Konzertgespräche

  • Musik erklären, nicht rein theoretisch, sondern mit musikalischen Beispielen, die von dem Ensemble musiziert werden. Auszüge aus der Partitur können als Beispiele erklingen, die in dieser Form sonst nie zu hören sind und das Gesagte verdeutlichen. Abschließend wird dann das Werk in seiner Gesamtheit aufgeführt.


    Was haltet Ihr davon? Ist das eine sinnvolle Variante, sich mit Musik auseinanderzusetzen oder geht dabei der "Charme" der Musik, wie ich kürzlich lesen mußte, verloren? Wollt Ihr Euch in einem Konzert der Musik ausschließlich emotional oder auch über den Verstand nähern?

  • Das Emotionale würde dabei in meinen Augen keinesfalls zu kurz kommen. Ich würde so etwas absolut befürworten. Es wäre doch klasse, wenn uns ein Gardiner vor dem Konzert die H-Moll Messe und seinen Weg der Umsetzung erklärt! Das wäre grandios!

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Während der Zeit von Ingo Metzmacher als GMD hier in Hamburg (1997-2005) hat er bei jedem seiner eigenen Konzerte (sonst machte das der Dramaturg) immer eine Einführungsveranstaltung ca. 1 Stunde vor Konzertbeginn gegeben. Das war eigentlich immer recht gut gemacht, Metzmacher spielte vor allem Ausschnitte aus den modernen Programmteilen, weil es da beim Publikum am meisten Aufklärungsbedarf herrscht. Und teilweise war es ganz amüsant zu sehen, wie sich der GMD redlich und manchmal auch mehr schlecht als recht am Flügel abmühte (was er selbst auch zugab). Anfangs war die kleine Musikhalle nur ca. zur Hälfte gefüllt, am Schluß seiner Hamburger Zeit konnte man teilweise keinen Sitzplatz mehr bekommen.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Solche Konzerte gibt es ja in unterschiedlicher Ausprägung. Im Rahmen eines "normalen" Konzertes kenne ich das von Stenz und Metzmacher. Stenz macht das grundsätzlich z.B. vor dem "3.Akt" wenn er die Symphoniekonzerte dirigiert. Metzmacher erlebte ich im Konzertsaal mal beim Beethovenfest mit von Webern. Er eilte auf die Bühne, das Stück wurde gespielt, dann hielt er einen Vortrag "und weil es so schön ist und sie jetzt Bescheid wissen spielen wir das nochmal".


    Reine Gesprächskonzerte machen doch z.B. Stefan Litwin, Stefan Mikisch und Ende Juli Robert Levin beim Klavierfestival mit 2 Abenden "Mozart-Lessions".

  • Guten Abend,


    beim Thema Gesprächskonzert darf natürlich Helmuth Rilling nicht fehlen. Im Rahmen der Europäischen Musikfeste und den Stuttgarter Bachwochen bzw. früher den Stuttgarter Bach-Wochenenden finden regelmäßig Gesprächskonzerte statt.


    Der Ablauf ist üblicherweise so, dass Helmuth Rilling das auf dem Programm stehende Werk, z.B. einen Teil der h-Moll-Messe, des Weihnachtsoratoriums oder eine Bach-Kantate anhand von live gespielten Beispielen erklärt und auf Besonderheiten in der Komposition hinweist. Anschließend wird das Werk dann vollständig gespielt.


    Wenn ich mich richtig erinnere, ist anläßlich des 250. Todestags von J.S. Bach das Weihnachtsoratorium über Weihnachten 1999 und den Jahreswechsel 1999/2000 in der Stuttgarter Liederhalle im Rahmen von Gesprächskonzerten aufgeführt worden.


    Zu erwähnen wäre auch noch, dass vor den Abonnementskonzerten der Bachakademie in der Stuttgarter Liederhalle ein Einführungsvortrag stattfindet, in dem ebenfalls in das auf dem Programm stehende Werk eingeführt wird. Diese Einführungsveranstaltung läuft aber nicht unter der Rubrik "Gesprächskonzert".


    Ich habe schon mehrfach Rillingsche Gesprächskonzerte besucht und ich kann sagen, dass man die Kantate mit anderen Ohren hört, wenn man vorher erfahren konnte, an welchen Stellen sich der Komponist etwas Besonderes gedacht hat.


    Wenn ich richtig informiert bin, finden im Rahmen des diesjährigen Europäischen Musikfestes Gesprächskonzerte über die von Robert Levin ergänzte große Messe in c-Moll von Mozart statt.


    Viele Grüße :hello:


    Andreas

    Johann Sebastian Bach ist Anfang und Ende aller Musik (Max Reger)

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  • Zitat

    Original von AndreasH


    Wenn ich richtig informiert bin, finden im Rahmen des diesjährigen Europäischen Musikfestes Gesprächskonzerte über die von Robert Levin ergänzte große Messe in c-Moll von Mozart statt.


    Salut,


    würde mich wundern... was gibt es dazu zu sagen?


    Von Rilling/Bach gab es zeitweise TV-Austrahlungen - ich fand sie auch recht interessant, nicht aber hilfreich. Er hat eine gute Phanstasie! Er hat anhand des Notenbildes die Schwärze der Hölle sehen wollen... was für ein Quatsch! Kein Wunder also, dass sie ihn aus Spanien oder sonstwo verjagten.


    Die Aufführungen [ohne Gespräch] haben mir allerdings zumeist recht gut gefallen - es wurde mit gewisser Regelmässigkeit [Sonntags Vormittags?] gesendet.


    Viele Opernhäuser oder Konzertveranstalter bieten mittlerweile fast obligatorisch Einführungsveranstaltungen an - das sind aber keine Gesprächskonzerte in dem Sinne.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Die Einführungsvorträge vor Konzerten sind, soweit ich diesen bisher beigewohnt habe, eher etwas für Zuhörer, die ein Werk noch gar nicht kennen. Es geht doch meistens über die Vorstellung der Themen und der Struktur und ein paar Angaben zum Komponisten nicht hinaus.
    Die Tonbeispiele kommen dann meistens vom Band.
    Das hat Volkshochschulniveau, ist aber denke ich für den Laien (wie mich) sehr gut geeignet.


    Gesprächskonzerte oder Werkstattkonzerte kenne ich bisher nur vom Tonträger (Harnoncourts 9te Bruckner, Kayser Parsifal, und Leonhard Bernstein 1953 Decca Recordings, dort gibt es auf 5 CDs am Ende immer Analysen, es gibt auch einen Mahler Dirigenten, dessen Name mir entfallen ist, der Gesprächskonzerte auf CD herausgebracht hat, war es Zander?)


    Wenn solche CDs zu haben sind, dann kaufe ich sie mir, weil es mir sehr hilft, ein Werk zu erschliessen. Die wichtigen und entscheidenen Stellen und Passagen sind einem dann beim "reinen Hören" des Werkes irgendwie präsenter.