Liebe Forianer,
Wie immer, wenn ein Komponist kaum in den Tonträgerverzeichnissen auftaucht, stelle ich mir die Frage, warum das so ist. ?
Handelt es sich um "Musik 2. Wahl" - um Musik, die dem heutigen Zeitgeschmack zuwiderläuft ?
Ich habe mir in der Tat all diese Fragen gestellt und mich selbst neugierig gemacht, bevor ich die CD das erste Mal in den Player legte.
Was erwartete mich von diesem Schubert-Zeitgenossen ?
Liebliche Töne ? Heroische Attitüde ? Belangloses ?
Die ersten Töne waren in der Tat eine Überraschung. Drohende Fanfaren, die mich einerseits an das jüngste Gericht gemahnten, andrerseits an Beethovens 5., leiten den ersten Satz ein - um überraschenderweise einem melancholisch verhaltenem Thema Platz zu machen, daß dann jäh wieder unterbrochen wird. Generell ändert sich die Grundstimmung im Werk andauernd, - zwischen Extase, drohender Gebärde, fliessender Melodie und melancholisch cantablen Stellen.
Die Anklänge an Beethoven sind geringfügigst, manchmal eher bei Berlioz - aber an sich ist es eine eigenständige Tonsprache - an die ich mich erst gewöhnen muß.
Mit Pauken geht Kalliwoda recht großzügig um - jene Stellen, die entfernt an Beethoven erinnern sind (IMO) stürmischer, fast möche ich sagen rabiater oder negativ ausgedrückt: lärmend.
Kalliwoda beweist in zahlreichen Details Einfallsreichtum, der gezupfte Beginn des 3. Satzes muß einst sehr gewagt auf die Zuhörer gewirkt haben.
Der 4. Satz (allegro assai) ist wieder stürmisch bewegt - mit den schon im ersten Satzt bemerkten lyrischen Einsprengseln.
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Die Beschreibung der 7. Sinfonie überlasse ich einem anderen Mitglied, generell kann jedoch gesagt werden, daß auch hier die musikalisch Handschrift Kalliwodas erkennbar ist:
Starker Einsatz von Pauken (oft verhalten im Hintergrund), Polternde stellen, sehr affektbetont, im dauernden wechsel mit lyrischem Material.
Gelegentlich pathetisch auftrumpfend, IMO interessant instrumentiert.
Auch wenn Musiklexika von heute sich nur knapp über Kalliwoda äussern - zu Lebzeiten waren seine Sinfonien oft gespielt und geschätzt.
Ist das jetzt eine Empfehlung ?
Bedingt. - Denn ich erinnere mich jetzt- kurt nachdem ich die 5. 2 mal hintereinander gehört habe an kein einziges Thema - das mag aber durchaus auch an mir liegen. Was ich persönlich "beanstande " ist, daß ich kein "geschlossenes Ganzes" erkennen kann - eher ein Puzzlespiel - wo ein Satz gegen den anderen beliebig austauschbar wäre. Aber es mag sein, daß ich nach mehrmaligem Hören zu einem anderen Urteil komme.
Kennen sollte man die Werke IMO auf alle Fälle - zeigen sie doch, daß es jenseits von allzu Bekanntem auch sehr eigenständige - heute fast vergessene - Werke aus der Zeit kurz nach Beethoven und Schubert gab - und glücklicherweise noch gibt...
mfg
aus Wien
Alfred
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