....in einem Sinfonie- oder Opernorchester scheint bei den meisten Taminoianern auf ziemlich wenig Beachtung zu stoßen. Jedenfalls konnte ich bislang zu diesem Thema so gut wie nix lesen.
Daß hier intensiver über das Timbre bestimmter Sänger als über den Sound einer 1. Klarinette diskutiert wird, ist klar. Ebenso klar dürfte auch sein, daß ich als unmittelbar "Geschädigter" bezüglich des Gebläses eine übertrieben selektive Wahrnehmung habe. Aber trotzdem wundere ich mich etwas darüber, daß diese Thematik beim Austausch der Meinungen zu verschiedenen Aufnahmen überhaupt nicht interessiert.
So wurden hier Einspielungen von Dvoraks 9. empfohlen, bei denen mir die Behandlung des Englischhorns ím langsamen Satz kaltes Grausen verursacht. Die sonstigen Vorzüge einer Interpretation müssen schon groß sein, wenn ich sie mir trotzdem kaufen soll.
Der Bläser im Orchester ist eigentlich auch eine Art Sänger - mit seiner Tongebung hat er unter Umständen einen recht großen Einfluß auf die Atmosphäre des Ganzen.
In der letzten Zeit nivellieren sich die früher bedeutenden Unterschiede der nationalen Bläserschulen - leider? - immer mehr. Aber wenn man sich vierzig Jahre alte Aufnahmen mit z.b. den Berlinern und einem englischen Spitzenorchester anhört, liegen klangfarbliche Welten zwischen den Bläsern - einzeln und natürlich auch im Satz.
Es muß ja niemand so weit wie ich (manchmal) gehen und den Bläserklang zur Grundlage einer Kaufentscheidung machen. Aber vielleicht ist es für den einen oder anderen ganz interessant, mal etwas bewußter auf die Differenzen zu achten.....
Irgendwo war hier auch die Auffassung zu lesen, das Orchester sei lediglich ein Instrument, welches die interpretatorische Auffassung des Dirigenten so willenlos wie möglich zu realisieren habe. Diese Sichtweise kommt mir sehr merkwürdig vor. Gerade der Bläsersolist kann und muß - im Rahmen des vom Dirigenten Vorgegeben natürlich - sehr viel Individuelles beisteuern. Das betrifft den Klang, aber auch feinste Nuancen im Tempo, in der Dynamik, in den Betonungen. Und wenn man gewöhnt ist, darauf zu achten, hört man recht deutlich, wie viel oder wie wenig der jeweilige Musiker zu sagen hat.
Viele Grüße
Bernd