Joseph Haydn: Messe Nr.7: 'missa sancti ioannis de deo'

  • hallo,


    im rahmen meiner gesamtbeschreibung des haydnschen geistlichen vokalwerkes natürlich auch schon besprochen, möchte ich jedoch auch einzelthreads zu den jeweiligen messen eröffnen bzw. die besprechungen in bereits bestehende threads einfügen, um die bekanntheit zu verstärken. hier also der entsprechende beitrag.


    die missa sancti ionannis de deo wurde mitte bzw. ende der 70er jahre geschaffen. das gut 15minütige werk war für die barmherzigen brüder in eisenstadt gedacht, dessen gründer hl. johannes von gott auch der namenspatron der messe ist.


    die besetzung ist minimal: zwei violinen, orgel, continuo.
    der volkstümliche name kl. orgelsolomesse geht auf die konzertierende orgel im benedictus (das fast die hälfte der gesamten vertonung einnimmt) zurück.


    beim gloria und credo werden wie des öfteren zu dieser zeit verschiedene textzeilen gleichzeitig gesungen, was natürlich zu einem gesungenen kauderwelsch führt (gerade beim durchgepeitschten gloria mit hier nur 47 sek. dauer!!
    zur ehrenrettung der kirche muß jedoch gesagt werden, daß diese praxis offiziell mißbilligt, aber leider wohl toleriert wurde


    wertung: eine ziemlich uninspirierte vertonung, allein das benedictus ist recht hübsch; einige nette stellen im credo und agnus dei. heir auch eine besonderheit der messe: kein tempounterschied zwischen agnus dei und dona nobis. die bitte um frieden versinkt schließlich im pizzicato der streicher...guter einfall, doch leider nur viel zu kurz.


    einspielung: (leider) keine gelungene: marriner, hendricks, staatskapelle dresden; vor allem der rundfunkchor leipzig singt mir zu behäbig, ist für das werk(chen) zu stark besetzt und wirkt überaltert; das problem so vieler chöre, wie ich finde. hendricks singt jedoch das benedictus sehr schön

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Ich finde das Vorhaben richtig gut, die geistlichen Werke Haydns in einzelnen Threads vorzustellen und näher zu bringen.


    Gibt es denn auch richtig geniale Aufnahmen von dem Werk?

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • hallo, masetto,


    ich kenne leider keine. ulli erwähnt im gesamtthread auch die von weil. die ist bestimmt 'fetziger', aber im benedictus, das sowieso der wichtigste part ist, singt ein tölzer knabensolist ... da ist mir hendricks schon wesentlich sympathischer ...


    lg

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo Klingsor


    Die "kleine Orgelsolomesse" hatte man mir vor ein paar Jahren auch mal anvertraut, habe mich mehr schlecht als recht durchgewunden.... :D


    Meine Einspielung ist die von George Guest (Decca, 1977), nicht übermässig spannend aber mir hats genügt. Der "Repertoirewert" dieser Messe ist nun auch wirklich nicht allzu groß.


  • Die Messe haben wir letztes Jahr während einer "Messe", also im Gottesdienst gesungen. Als Protestant fand ich es ziemlich spannend zu erleben, an welche liturgisch korrekte Stelle die 5 "klassischen" Sätze einer Messe im Verlauf des Gottesdienstes überhaupt hingehören.


    Wir haben dabei eine interessante, wohl für die Chorpraxis nachträglich von fremder Hand bearbeitete Fassung gesungen.
    Sämtliche -damals aus Zeitgründen erfolgten- "Textschichtungen" in Gloria und Credo, die eben das Gloria auf unter eine Minute Aufführungsdauer zusammenquetschen (das dürfte wohl absoluter Mess-Vertonungs-Rekord sein!) wurden vom Bearbeiter "entzerrt".


    Er verwendet einfach die Stimmen/ Melodieführungen der "zusammengepferchten" Passagen mehrfach, was zunächst seltsam anmuten mag, in der gesungenen Praxis aber gar nicht so abenteuerlich daherkommt, wie es sich hier liest. Es gibt halt zwischendurch, wenn eine Passage -dann mit anderem Text unterlegt- ein 2. oder 3. Mal gesungen wird, eine Art "Rondo-Effekt". Es spricht für die Qualität von Haydns Musik, dass sie selbst dieses "Experiment" schadlos übersteht und sich das Ganze -zumindest für den Laien- anhört, als wäre es schon immer so gedacht gewesen. Immerhin hat der Bearbeiter darauf verzichtet, eigenes Notenmaterial hinzuzukomponieren - er "verwertet" einfach das vorliegende wirtschaftlich mehrfach...


    Leider kenne ich keine CD-Aufnahme dieser "Director's Cut-Version" :wacky:


    Und das "Benedictus" ist wirklich eine schöne Sopran-Arie (vorausgesetzt, man hat eine schöne Sopranistin :D ) - immerhin wird durch die etwas längeren Versionen von Credo und Gloria in der gerade beschriebenen Fassung das Gleichgewicht der einzelnen Sätze untereinander etwas aneinander angeglichen.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)