Die Besten von Mahler

  • Jaja, ich weiss, Mahler ist ein weitläufiges Thema, und man kann Mahler so oder so oder so oder so auslegen. Entsprechend viele Aufnahmen gibt es davon, und jede ist irgendwie anders polarisiert...


    Aber mal angenommen, es gäbe jetzt die Aufgabe, sich auf je eine Aufnahme - natürlich die beste - jeder Sinfonie festzulegen, welche wäre dann Euer Favorit? Sozusagen die Aufnahme, die (bei Euch) keine Wünsche übrig lässt und nicht nach etwas Anderem verlangt. Und ich rede natürlich nicht von kompletten Zyklen - die nicht nur bei Mahler immer etwas bedenklich sind...


    Ich fang dann mal an:


    1.) Bruno Walter, Columbia SO, 1962
    2.) Zubin Mehta, Wiener PO, 1975
    3.) Leonard Bernstein, NY PO, 1989
    4.) [noch keine Präferenz]
    5.) [noch keine Präferenz, aber Solti CSO wäre in engerer Wahl]
    6.) Georg Solti, Chicago SO, 1970
    7.) [noch keine Präferenz]
    8.) Georg Solti, Chicago SO, 1972
    9.) [noch keine Präferenz, die Live-Karajan wäre engere Wahl]
    10.) [noch keine Präferenz. Mir gefällt die Cooke-Erweiterung sowieso nicht so gut...]


    Nicht dass ihr denkt, ich habe es mir mit der 4., 5., 7., 9. und 10. leicht gemacht. Die habe ich in verschiedenen Aufnahmen wahrscheinlich öfter gehört als die anderen. Aber ich habe da noch keine gefunden, die mich - wie eben bei den genannten - richtig berührt haben. Da war immer irgendetwas, wo ich gedacht habe: "Nee, dass isses nich"... Kann natürlich auch sein, dass mir die unpräferierten Symphonien überhaupt nicht zusagen...


    So, jetzt ihr!


    Gruss,


    Hendrik


    N.B.: Solch ein Thread wäre natürlich auch für andere Komponisten (Beethoven!) denkbar. Der andere Thread mit den Beethoven-Zyklen kommt ja schon darauf hinaus, aber ich finde, die Sache mit Einzelaufnahmen zu diskutieren, ist ungleich spannender!

  • Hallo, zu Mahler hab ich erst sehr spät gefunden, eigentlich erst in den letzten 3 Jahren.
    Ungeachtet dessen habe ich jetzt einige Sinfonien 3 bis vierfach, bin also durchaus in der Lage Vergleiche anzustellen.


    Erste und vierte waren schon vor 20 Jahren Grundbestand und von mir geschätzt.Die 2. hat mich sofort bein ersten Hören mitgerissen, kein Wunder bei der Klemperer-Aufnahme.Inzwischen hab ich sie auch noch mit Kubelik und Mehta.


    Die 3. hab ich mir alibihalber gekauft, (Edo de Waart), vielleicht sollte ich wieder mal hineinhören, beim ersten mal lies sie michn kalt.


    Die 5. gefällt mir bei jedem erneuten Hören besser, am liebsten hab ich sie unter Kubelik


    Die 6. ich hab sie unter Szell, was soll ich sagen, ich mochte sie einfach nicht. Gelegentlich wird das anhand einer anderen Einspielung versucht zu korrigieren.


    Die siebte, als sperrig verschrien (ich hörte sie, ohne das zu wissen) erschloß sich mir unter Bernstein (NYP) auf Anhieb.


    Hier ist dann die "offizielle Liste" =)


    1.) Georg Solti, Chicago SO 1984
    2.) Otto Klemperer, Philharmonia O. 1964
    3.) [noch keine Präferenz]
    4.) Lorin Maazel, Wr Philharmoniker 1984
    5.) Rafael Kubelik, SO d. Bayr. RF
    6.) ist mir zu sperrig
    7.) Leonard Bernstein New York Philh. 1966
    8.) Georg Solti, Chicago SO, 1972
    9.) [noch keine Präferenz, ich kenne nur die Barbirollei Aufnahme
    10.) hab ich nicht



    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Oh ja, der Thread gefällt mir, da ich Mahler sehr mag.


    Aber, Hendrik, Dein Anspruch
    Hendrik schrieb:



    [zitat]Aber mal angenommen, es gäbe jetzt die Aufgabe, sich auf je eine Aufnahme - natürlich die beste - jeder Sinfonie festzulegen, welche wäre dann Euer Favorit? Sozusagen die Aufnahme, die (bei Euch) keine Wünsche übrig lässt und nicht nach etwas Anderem verlangt. Und ich rede natürlich nicht von kompletten Zyklen - die nicht nur bei Mahler immer etwas bedenklich sind....[/zitat]
    ist etwas utopisch, was der von Dir verwendete Konjunktiv auch ausdrückt ;)


    Zu den Aufnahmen:
    1. Sir Colin Davis, SO des Bayer. Rdfs., 1988
    2. Otto Klemperer, SO des Bayer. Rdfs., 1965
    3. Lorin Maazel, Wiener Philh., 1986
    4. Otto Klemperer, Philharmonia Orch., 1962
    5. Riccardo Chailly, Concertgebouw Orch., 1998
    6. Sir Georg Solti, Chicago Symph. Orch., 1970
    7. Rafael Kubelik, SO des Bayer. Rdfs., 1976 (also die Live-Aufnahme von Audite)
    8. mag ich nicht!
    9. Herbert von Karajan, Berliner Phih., 1982 (also die Live-Aufnahme)
    10. siehe 8.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Utopisch? In Anbetracht der Tatsache, dass Du (und Alfred) an diesem - wie Du/ihr sicher zugeben würdest/würdet - nicht uninteressanten Spielchen teilgenommen hast/habt, scheint das doch nicht so abwegig zu sein.


    Bei mir hat sich der "Trend" zu Mehrfachinterpretationen erst relativ spät breit gemacht, ursprünglich dachte ich, eine sehr gute Aufnahme von jedem Werk genügt. Es fing bei meinem Lieblingskomponisten an, den ich jetzt sozusagen mehr als 100 % komplett habe - z.B. allein von seiner Oper "Fanciulla del West" vier Gesamtaufnahmen.


    Und bei Mahler macht der Interpretationsvergleich beinahe noch mehr Spass! Trotzdem kristallisiert sich bei mir hin und wieder mal eine Lieblingsaufnahme heraus, bei der man dann das Gefühl hat: Ja, die isses! (Blöd: Das kann im Laufe der Zeit wechseln...)


    Ja, und genau darum geht es hier! Was sind Eure Lieblinge bei Mahler?!


    Viel Spass noch! Ich freue mich schon auf die nächsten Beiträge!


    Gruss,


    Hendrik

  • 1. Boulez Chicago SO (1998 )
    2. Klemperer Byr.RSO Harper, Baker (1965)
    3. Chailly Concertgebouw Lang (2004)
    4. Tennstedt London PO Popp (1982)
    5. Boulez Wien PO (1995)
    6. Jansons London SO (2002)
    7. Abbado Chicago SO (1982)
    8. Solti Chicago SO (1971)
    9. Klemperer New PO (1967)
    10.Barshai J D Philharmonie (2002)


    die Auswahl viel schwer, weil u.a. Kubelik, Abbado,
    Walter,Gielen "aussortiert" wurden.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

    Einmal editiert, zuletzt von BigBerlinBear ()

  • BigBerlinBear schrieb


    [Zitat]die Auswahl viel schwer, weil u.a. Kubelik, Abbado,
    Walter,Gielen "aussortiert" wurden.[/Zitat]


    Das glaube ich Dir! Was mir auffiel: Im Ggs. zu Alfred, Norbert und mir hast Du für jede Symphonie eine Aufnahme genannt. - Ich (und A. und N. wahrscheinlich auch) hätte auch für unsere "nicht genannten" Syms je eine Aufnahme nennen können. Speziell ich habs aber nicht getan, weil ich unentschlossen bin, welche der vielen Aufnahmen mir besser (oder überhaupt) gefällt.


    Daher meine Frage: Stehst Du hinter jeder einzelnen Deiner genannten Aufnahmen? Oder ist da vielleicht doch die eine oder andere, die (in Deinen Augen) noch Wünsche offen lässt? (Das war eigentlich eine der von mir aufgelegten Spielregeln: Nur Aufnahmen nennen, die einem hundertprozentig zusagen.)


    Im übrigen: Danke fürs Mitmachen!


    Gruss,


    Hendrik

  • Also ich habs mir echt schwer gemacht und mich für DIESE Aufnahmen entschieden. Sie kamen meiner eigenen, platonischen Idee, die ich von den Werken habe, am nächsten. Die Sinfonie Nr. 8 ist allerdings lediglich der Vollständigkeit halber dabei. Ich schätze sie weniger als die anderen und höre sie selten. Bei Nr. 1 ist mir die kammermusikalische Durchhörbarkeit besonders wichtig gewesen: Niemand hat das besser verstanden als Boulez. Nr. 2 ist wg.
    Klemperer, der in "Hochform" ist und der wunderbaren Janet Baker Referenz, VOR Kaplan, der die Partitur wohl am besten verinnerlicht hat. Nr. 3 in Chaillys brandneuer Aufnahme (SACD) besticht durch hervorragenen Klang und eine superbe Orchesterkultur. Nr. 4 hat im langsamen Satz seine überzeugendste Lesart unter Tennstedt gefunden; schöner kann man das gewiss nicht machen, nur anders. Bei der 5. schwankte ich zwischen Boulez und
    Kubelik und entschied mich dann zugunsten der überzeugenderen Aufnahmetechnik. Die 6. unter Jansons war eine echte Offenbarung für mich, nichts mehr von dem, was ich an diesem Werk früher als "sperrig" empfunden hatte, blieb übrig. Die 7.in der Abbado-Aufnahme mit den Chicagoern würde ich mit dem Etikett "Die Perfekte" auszeichnen, sie kann nicht mit der Berliner Einspielung konkurrieren. Wenn schon die 8., dann eben Solti wegen der Live-Atmosphäre. Bei der 9. musste ich eine Auswahl treffen: Ancerl, Kubelik, Karajan,Abbado,Gielen,Boulez:
    alle diese haben ihre Meriten, aber ich hab Otto genommen. Übrigens wird sich jede Zeit, jede Epoche ihren Mahler "neu" erfinden, sowohl vom geistigen wie auch vom interpretatorischen Ansatz her.
    Eine Aufnahme, in der, bzw. mit der "alles gesagt" ist, kann es nicht geben. Vielleicht sieht in 2 Jahren meine Liste "ganz anders" aus.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hendrik schrieb:


    [Zitat]
    Utopisch? In Anbetracht der Tatsache, dass Du (und Alfred) an diesem - wie Du/ihr sicher zugeben würdest/würdet - nicht uninteressanten Spielchen teilgenommen hast/habt, scheint das doch nicht so abwegig zu sein.[/zitat]


    Abwegig nicht, aber fast ;) .
    Abgesehen von der 6., bei der Solti absolut hervorragt und -mit Abstrichen- der 5., bei der Chailly durch seine Ausgewogenheit, gepaart mit Klangschönheit glänzt, hätte ich bei all den anderen Sinfonien auch eine andere Aufnahme nennen können, die ebenso als "Referenz" geeignet gewesen wäre.


    Wie Du schon schriebst, bei Mahler gibt es verschiedene Interpretationsanätze. Erfaßt man primär das Emotionale der Musik, läßt man diese außer Acht, läßt man die Musik "fließen" oder hebt man die Details besonders hervor? Oder geht man einen Mittelweg, egal, wie der auch aussehen mag?


    Ich bin gespannt, ob sich bei einzelnen Sinfonien eine bestimmte Aufnahme mehrheitlich durchsetzen wird...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Abwegig nicht, aber fast .
    Abgesehen von der 6., bei der Solti absolut hervorragt und -mit Abstrichen- der 5., bei der Chailly durch seine Ausgewogenheit, gepaart mit Klangschönheit glänzt, hätte ich bei all den anderen Sinfonien auch eine andere Aufnahme nennen können, die ebenso als "Referenz" geeignet gewesen wäre.


    Wie Du schon schriebst, bei Mahler gibt es verschiedene Interpretationsanätze. Erfaßt man primär das Emotionale der Musik, läßt man diese außer Acht, läßt man die Musik "fließen" oder hebt man die Details besonders hervor? Oder geht man einen Mittelweg, egal, wie der auch aussehen mag?


    Nee, nee, irgendwie habe ich mich noch nicht verständlich ausgedrückt. Hier wird nicht nach der allgemein und für immer gültigen Referenzaufnahme gesucht, sondern nach der Aufnahme, die Euch ganz persönlich und subjektiv am meisten beeindruckt hat. Ganz gleich aus welchem Grunde!


    Beispiel: Meine Präferenz für die D-Dur-Sinfonie ist nunmal Bruno Walter. Diese Aufnahme habe ich - in Kenntnis von Solti LSO und anderen "Referenzaufnahmen" der Ersten - beim ersten Hören ins Herz geschlossen, trotz gelegentlich aufführungstechnischer Mängel. Es bleibt vorerst mein Lieblings-Titan. (Habe z.B. auch Colin Davis gehört. Mit der konnte ich gar nichts anfangen... Aber wir reden gerade von meiner subjektiven Wahrnehmung.)


    Zitat

    Ich bin gespannt, ob sich bei einzelnen Sinfonien eine bestimmte Aufnahme mehrheitlich durchsetzen wird...


    Hmm... das würde mich überraschen, gerade weil nach subjektiver Wahrnehmung gefragt ist...


    Danke übrigens fürs Mitmachen!


    Gruss,


    Hendrik

  • Hallo


    1.) Solti, Chicago SO
    2.) Chailly, CG Amsterdam
    3.) Abbado, Wiener Ph.
    4.) Bernstein, CG Amsterdam
    5.) Chailly, CG Amsterdam
    6.) Solti, Chicago SO
    7.) Abbado, Chicago SO
    8.) ?
    9.) Bernstein, Berliner Ph.
    10.)ist mir noch zu fremd


    Grüße TW

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hendrik schrieb:


    [zitat]
    Nee, nee, irgendwie habe ich mich noch nicht verständlich ausgedrückt. Hier wird nicht nach der allgemein und für immer gültigen Referenzaufnahme gesucht, sondern nach der Aufnahme, die Euch ganz persönlich und subjektiv am meisten beeindruckt hat. Ganz gleich aus welchem Grunde![/zitat]


    Okay, Hendrik, ich hatte Dich schon durchaus so verstanden, aber selbst das ist sehr schwierig für mich, mit den Ausnahmen der 5. und 6. Sinfonie.


    Aber sei's drum, letztendlich habe ich mich doch zu einer Aussage durchringen können.


    Ähnlich schwierig, wenn nicht sogar noch schwieriger könnte es werden, wenn man das gleiche Spielchen mit Betthoven und Bruckner veranstaltet...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Jo... das gleiche Spiel mit Beethoven habe ich schon angedacht. Wird wohl der nächste Thread werden, den ich eröffne. Bei Bruckner müsste sich jemand anders erbarmen - da mag ich wirklich nur die Siebte und die Neunte (und könnte somit nicht mal mitspielen...)


    Gruss,


    Hendrik

  • Nach längerer Abwesenheit nun wieder Beiträge von mir... zu erst Kommentare zu euren Präferenzen, dann meine Liste.


    BerlinerBär schrieb:


    [zitat]
    Nr. 4 hat im langsamen Satz seine überzeugendste Lesart unter Tennstedt gefunden; schöner kann man das gewiss nicht machen, nur anders.[/zitat]


    Jaja, der langsame Satz ist ja wirklich schön, auch wenn ich die Pauken nach dem Höhepunkt nur lächerlich finde.. aber wie kannst du Lucia Popp aushalten?


    Hendrik schrieb:


    [zitat]
    ...noch keine Präferenz. Mir gefällt die Cooke-Erweiterung sowieso nicht so gut...[/zitat]


    Cooke hat nicht viel erweitert, sondern nur eine "performing version" vorgelegt, d.h. mit minimalen Eingriffen Mahlers Skizzen aufführbar gemacht. Vielleicht solltest du mal die echten "Kompositionen" hören, ob's nun Wheeler, Mazetti oder Barshai ist.


    Jan

  • 1. ---
    2. Seiji Ozawa/Saito Kinen Orchestra
    3. ---
    4. Michael Tilson Thomas/San Francisco Symphony
    5. Benjamin Zander
    6. Klaus Tennstedt/London Philharmonic Orch.
    7. Claudio Abbado/Chicago SO
    8. Riccardo Chailly/Concertgebouw Orkest
    9. ---
    10. ---


    Bei den freigelassenen Symphonien habe ich keine Meinung, ich kenne sie zu wenig.


    Jan

  • DorcyDuck schrieb


    [Zitat]Jaja, der langsame Satz ist ja wirklich schön, auch wenn ich die Pauken nach dem Höhepunkt nur lächerlich finde.. aber wie kannst du Lucia Popp aushalten?[/zitat]



    Dorcy, du hast recht :rolleyes:
    ich halte Lucia Popp NICHT aus, sondern verkneif mir den Finalsatz...
    Allerdings kenne ich auch keine andere Aufnahme davon, die ihn mich ertragen liesse, weil mir von der tendenz her schon DIESE Art Volkston, gekoppelt
    mit thumber katholischer Volxx-Frömmigkeit derart auf den Keks geht, daß selbst die singene Menge der Himmlischen Heerscharen mich nicht milder gesinnt machten....:beatnik:

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hmm, da entsteht schon eine Diskussion, wie ich sehe. :)


    Zu den oben stehenden Meinungen bezüglich des dritten und vierten Satzes der Vierten Symphonie möchte ich eine nicht so ganz bescheidene Frage stellen. Seid ihr überhaupt sicher, daß ihr diese Symphonie versteht? :)


    Bei Mengelberg (1939) oder Bernstein (1984) dürfte es zum Beispiel kein Problem sein, die Symphonie zu verstehen. Die Aufnahme mit Tennstedt kenne ich allerdings nicht.

  • Ich höre grundsätzlich nur Musik, die ich nicht "verstehe" , alles andre wäre reine Zeitverschwendung. Was sich mir als fertige "Konserve" nach dem Motto, "Friss Vogel, oder stirb" präsentiert, hat für mich keinerlei Stellenwert. Ich kenne sowohl Mengelbergs wie auch Bernsteins Einspielung, zumindest die aus dem 1.Mahler-Zyklus der 60ger; beide haben miteinander eher wenig zu tun, da die Ansätze grundverschieden sind, wobei im Falle Bernsteins noch der übertriebene Wille, die Selbstdarstellung VOR die Musik zu setzen
    kommt, die den 1. Zyklus z.T. schon problematisch macht und mir den 2. völlig vergällt.
    Ich bin weder naiv noch volksfromm im Stile der Oberammergauer Passionsspiele, glaube an keinen Zuckerbrot-Himmel mit Putten und Amouretten und deshalb misfallen mir Text, Geste und Ausdruck des Finalsatzes, was wiederum nichts über seinen künstlerischen Wert sondern lediglich etwas über meine Befindlichkeit aussagt.Es soll auch Leute geben, die VOR dem Finale von Beethovens 9. den Konzertsaal verlassen, was deren gutes Recht ist, solange sie sie dadurch niemand stören und mit ihrer Meinung als der Weisheit letztem Schluss keinem auf den Keks gehen.
    Schönen Sonntach noch 8)

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • peet schrieb:
      Seid ihr überhaupt sicher, daß ihr diese Symphonie versteht?



    Hallo peet, Ich glaube niemand kann sich sicher sein, daß er diese Sinfonie "versteht", wurden doch schon etliche Deutungen angeboten. Ich nehme an deine Frage zielt darauf hin, daß eine Betrachtung darauf hinzielt, Mahler habe die oft als kitsch apostrophierten Teile als Parodie gemeint. (?)

    Gruß aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • BigBerlinBear schrieb:



    [zitat]Dorcy, du hast recht
    ich halte Lucia Popp NICHT aus, sondern verkneif mir den Finalsatz...[/zitat]


    Na denn! :)


    BigBerlinBear schrieb:


    [zitat]
    Allerdings kenne ich auch keine andere Aufnahme davon, die ihn mich ertragen liesse, weil mir von der tendenz her schon DIESE Art Volkston [/zitat]


    Natürlich chacun a son goût, aber ich finde es (für mich) inakzeptabel ein Werk nur in Teilen zu hören oder zu mögen. Entweder ich mag und akzeptiere die Mahler vierte mit Finale oder ich lass es bleiben. Ich muss aber zugeben dass ich auch Probleme mit dem Finale hatte, auch wenn's nicht der "Volkston" war, sondern die Kürze. Mir hat Benjamin Zanders "Discussion Disc" enorm geholfen, den Satz kennen und lieben zu lernen. Ich möchte ihn jetzt nicht mehr missen, für mich ist es die "logische" Folge aus dem Adagio.


    Jan


    [Dieser Beitrag wurde am 17.07.2004 - 21:33 von DorcyDuck aktualisiert]

  • @ BBB


    Deine Antwort gefällt mir. Es ist eine spannende Aufgabe, nach der eigenen Lösung der ewigen Fragen zu suchen. Manch eine Aufnahme hilft dabei, in einigen Fällen ist die Biografie des Autors dazuzuziehen, weil es ohne das Wissen um die Hintergründe nicht weiter geht.


    So auch in der Vierten Symphonie. Ohne an sich bekannten, aber doch üblicherweise oberflächlich gelesenen Äusserungen Mahlers über Dostojewski, über die Welt eines vom Hunger sterbenden Kindes ist diese Symphonie nicht zu verstehen. Die wenigsten Interpreten geben sich Mühe, im Einklang mit dem Autor diese Symphonie darzubieten. Es darf in so einem Fall keinesfalls reine autonome Musik werden. Ihr Inhalt soll das Herz zerreissen. Die oben angesprochene Stelle (der Höhepunkt am Ende des Dritten Satzes) ist der Tod aus der Sicht des Kindes. Der vierte Satz ist das Paradies, wie es ein Kind sieht, welches vom Hunger gestorben ist. Den weiteren Weg zum Verständnis kann jeder - beim Wunsch - sich selbst weiter basteln. Das hier Angesprochene wäre aber die unvermeidliche Grundlage. Ich habe mehrere Konzerte gehört, wo dies gar nicht vorhanden war, elend. Es gibt aber auch Ausnahmen, schön, daß es sie gibt. :)


    Dein Beispiel mit der Neunten Beethovens passt hier gut. Eine aktuelle Lesart des Finalsatzes kann heute kaum einer anbieten. Etwas in der Art von der Aufnahme Furtwängler 1942 wäre wünschenswert, es kommt aber nur Rattle 2002, tja.


    NB. Ich empfehle die spätere Bernstein-Aufnahme (1984), mit dem Knabensolo, sie ist aus meiner Sicht ausgeglichener, reifer als die aus dem Jahre 1960.


    @ Alfred


    Nichts ist an der Vierten kitschig oder parodistisch. Sie ist absolut vollkommen, genial und epochal in ihrer Bedeutung. Ich bin gerne bereit, über dieses Werk ausführlicher zu diskutieren, wenn du es möchtest :)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • peet schrieb:


    Zitat


    Ohne an sich bekannten, aber doch üblicherweise oberflächlich gelesenen Äusserungen Mahlers über Dostojewski [...] Ich habe mehrere Konzerte gehört, wo dies gar nicht vorhanden war, elend ..


    Jetzt bin ich aber gespannt: woran erkennt man im Konzert dass der Dirigent (Solist, Orchester) über die Dostojewsky-Anlehnung informiert ist?


    peet schrieb:


    [zitat]
    Die wenigsten Interpreten geben sich Mühe, im Einklang mit dem Autor diese Symphonie darzubieten.[/zitat]


    Ich finde du bist hier etwas kurzsichtig: ist es wirklich erstrebenswert dass alle die selbe Sichtweise haben? Offensichtlich wollte auch Mahler das nicht, sonst hätte er Bemerkungen in der Partitur hinterlassen.


    peet schrieb:


    [zitat]
    Etwas in der Art von der Aufnahme Furtwängler 1942 wäre wünschenswert, es kommt aber nur Rattle 2002, tja.[/zitat]


    Das zeigt doch sehr deutlich wie's um unsere Zeit steht. Ich finde es allerdings nicht besonders schlimme dass wir in einer Zeit leben, in der Beethovens 9 nicht so viel zu sagen hat.


    Jan

  • peet schrieb:
      Nichts ist an der Vierten kitschig oder parodistisch. Sie ist absolut vollkommen, genial und epochal in ihrer Bedeutung. Ich bin gerne bereit, über dieses Werk ausführlicher zu diskutieren, wenn du es möchtest :)

    Hallo Peet,

    an meiner vorsichtigen Formulierung hast Du sicher erkannt, daß ich mich mit jener Aussage nicht identifiziere, sie wird jedoch gelegentich gemacht. :)

    Was Frage 2 anlangt: Ja es ware schön, wenn Du einen solche Thread, betreffend die 4. Mahler eröffnen würdest, aus Deiner Sicht nämlich...

    Grüße aus Wien

    Alfred


    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • @ Jan


    Es geht nicht darum, ob im Laufe des Konzertes der Name Dostojewski geflüstert wird. :) Die Art der Kontraste, der Entwicklung, der Gewichtung, der Tempogestaltung entscheidet. Wie man mit dem rubato im ersten Satz umgeht, mit den Pausen, mit der Kantilene, mit den Akzenten usw. Wie die Intonation der Sologeige im zweiten Satz gepflegt wird, wie sich das Tempo im dritten Satz gestaltet, mit welcher Klangfarbe die Sängerin im vierten Satz auftritt etc. An alldem erkenne ich die Intention des Dirigenten, ob er mir etwas erzählen will oder nicht.


    Es geht auch nicht darum, ob alle das Selbe machen sollten. Es genügt, wenn sie sich mit dem Aussermusikalischen der Symphonie ernsthaft genug beschäftigen. Wie sie das deuten und verwirklichen, steht jedem frei. Die von mir genannten Aufnahmen sind sehr unterschiedlich und zeigen Möglichkeiten.



    Die Neunte Beethovens sagt immer noch viel, eigentlich nicht weniger als früher. Es ist nicht ihre Schuld, wenn nicht alle bereit (oder gar fähig) sind, ihre Botschaft mitaufzunehmen. Ich würde nicht die Partitur beschuldigen, sondern die Interpreten bzw. das Publikum, die einander bedingen.


    @ Alfred


    Im Moment beschäftige ich mich mit der Sechsten Tschaikowskis, für Mahlers Vierte plane ich die Zeit im nächsten Frühling. :)

  • Ich hoffe nur, daß wir jetzt nicht noch einen Thread bekommen, welcher Diigent z.b. den Stalinschen Schnauzbart in der 10. von Schostakowitsch am gekonntesten auf Volumen bürstet...
    Mit derartigem Zeuchs im Kopp, verginge es mir doch glatt, Musik zu hören...
    Ich z. b.mag, ich kann schon sagen, liebe Friedrich Nietzsche, aber im Leben nicht käm ich auf die Idee, mit dem "Zarathustra" in der Hand den Klängen von Mahlers 3. zu lauschen...
    Mir sind Entstehungs und Werkgeschichte der 4. durchaus geläufig. Eine Aufnahme, die mich nicht animiert, den Finalsatz zu canclen ist jene Michael Gielens. Dank Christine Whittelsey, die das so unprätentiös singt, wie nur irgend möglich...

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Meine Hitliste lautet :


    M1 : Solti, Chicago, Decca
    M2 : Bernstein, Wiener, DGG
    M3 : Boulez, Wiener DGG
    M4 : Bernstein, New York Phil, Sony
    M5 : Bernstein, Wiener Phil., DGG
    M6 : Solti, Chicago, Decca
    M7 : Abbado, Berliner, DGG
    M8 : Solti, Chicago, Decca
    M9 : Bernstein, Berliner / Abbado, Berliner, DGG
    Lied v.d.Erde : Wunderlich, Ludwig, Klemperer
    Phil. Orchestra., EMI



    Gruss
    Holger

  • @ BBB


    Wenn du schon nörgeln möchtest, kann ich mir Folgendes nicht verkneifen: Zu der Dritten Symphonie würde ich "Fröhliche Wissenschaft" empfehlen, Zarathustra hat da nicht viel verloren. :)


    Es geht nicht um entweder oder, sondern um sowohl als auch - Mahlers Musik ist inhaltsbezogen. Ohne ihre Hintergründe zu spüren, kommt man nicht weiter.

  • Leute, hier wird nicht genörgelt! Zumindest nicht an der Auswahl der bevorzugten Mahler-Aufnahmen mancher Leute!


    Hier machen wir lediglich ein Spielchen, das da heisst: Was sind Eure Lieblingsaufnahmen!? Hier wird nicht nach dem Grund gefragt, warum es Lieblingsaufnahmen sind, und schon gar nicht werden die Lieblingsaufnahmen anderer Leute madig gemacht!


    Wenn ihr Euch kloppen wollt, macht gefälligst Euren eigenen Thread auf! (Und mit Euch spiele ich nicht mehr!)


    Gruss,


    Hendrik

  • Hallo,


    Ich glaube ja nicht, daß das soooo ernst gemeint war, persönlich hatte ich eher den Eindruck, daß alle Beteiligten das Geplänkel genossen haben,
    aber prinzipiell vertrete ich auch die Auffassung, dies sei nur ein (interessantes) Spiel...


    also piano... =)


    Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,
    dies sind meine TOP 10:
    M1: Solti, Decca, LSO (die neuere mit CSO kenne
    ich noch nicht)
    M2: Klemperer, EMI, Philharm.Orch.
    M3: Salonen, Sony, LAPO (hier bin ich noch auf
    der Suche nach Alternativen)
    M4: Klemperer, Schwarzkopf, EMI, Philharm. Orch.
    M5: Bernstein, DG, WPO
    M6: Szell, Sony, Cleveland Orch.
    M7: Abbado, DG, CSO
    M8: Tennstedt, EMI, LPO
    M9: Karajan, DG, BPO
    M10: Rattle, EMI, BPO
    Lied v.d.Erde: Klemperer, Ludwig, Wunderlich,
    DG,Philharm. Orch.
    Gruß
    Achim

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Nachtrag: Das Lied der Erde habe ich noch nicht genannt (auch wenn's streng genommen nicht zu den Sinfonien zählt): Kubelik, Janet Baker, Waldemar Kmennt, SO des Bayer. Rdfs. erschienen bei Audite

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Tamino Beethoven_Moedling Banner