Ragna Schirmer - es muss nicht immer Stadtfeld sein

  • Ragna Schirmer- es muss nicht immer Stadtfeld sein


    Ragna Schirmer und Martin Stadtfeld. Was haben die beiden Pianisten gemeinsam möchte man fragen? Nun, da wäre zum Beispiel ihr Plattendebut: Beide Künstler betraten die Bühne mit Aufnahmen der Goldbergvariationen, wobei der Theaterdonner der Martin Stadtfeld´s Auftritt begleitete weitaus lauter war, als bei Ragna Schirmer. Mit den Goldberg Variationen enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Ragna Schirmer fällt neben einer erstaunlichen Vielseitigkeit (die Spanne reicht von Bach bis Schnittke und darüberhinaus) mit einem Sinn für stets überraschende Programmzusammenstellungen auf, die dabei keineswegs ausgesprochen gesucht wirken.


    Ragna Schirmer. Da stolpert man, zumindest ging es mir so, über den Namen, der seine Ursprünge im Skandinavischen hat (Ragnarök lässt grüßen- auch wenn hier von Götterdämmerung noch nicht die Rede sein kann) Die Pianistin wurde 1972 in Hildesheim geboren und studierte in Hannover und Paris, 1999 schloß sie ihre Ausbildung mit dem Konzertexamen ab. Seit 2001 hat Ragna Schirmer eine Professur für Musik und darstellende Kunst in Mannheim inne. Ein ausführlicher Lebenslauf findet sich auf der (wie ich finde) sehr ansrpechenden Zwischennetzseite der Musikerin.


    Zurück zur Pianistin Ragna Schirmer: Nach ihrem Debut folgten Einspielungen von Alfred Schnittke, Chopin und Corigliano, Beethoven und jüngst Schumann. Man sollte den Vergleich mit Martin Stadtfeld nicht über Gebühr strapazieren- denn irgendwelche Pferdefüße haben solche Vergleiche ja meistens- aber bei Ragna Schirmer lässt sich eine kontinuierliche Entwicklung beobachten, die weniger von den Zwängen der PR diktiert scheint, als vielmehr Ausdruck einer individuellen Prägung ist:






    Welche Aufnahmen kennt- und schätzt Ihr (oder auch nicht) besonders?


    Herzliche Grüße, :hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Nach ihrem Debut folgten Einspielungen von Alfred Schnittke, Chopin und Coriolagno, Beethoven


    Das nenne ich eine Freud'sche Fehlleistung! Ich meine Coriolagno <-> Beethoven. :D
    Der (übrigens recht interessante postmoderne US-Komponist) heißt John Corigliano - und wird von Ragna Schirmer fabelhaft gespielt!
    :hello:

    ...

  • Tja, manchmal sollte man sich eben nicht auf das bisweilen lückenhafte Gedächtnis verlassen. :D Du hast natürlich recht Edwin. Ich verbessere den Fehler gleich.


    Herzliche Grüße, :hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo,


    ich habe mich an anderer Stelle schon über Ragna Schirmers Goldbergvariationen
    ausgelassen. Um es kurz zu machen: ich finde sie todlangweilig und dröge.
    Ok, ich bin ein Gouldfan und gehöre somit in eine bestimmte Richtung.
    Aber ich mag auch andere Einspielungen: Murahia, Stadtfeld, Koroliov,
    Leonhard (Cembalo!) usw. Also dulde ich andere neben Gould.
    Aber mit Schirmer kann ich mich einfach nicht anfreunden. Man kann
    zwar nicht sagen, dass sie technisch schlecht ist, aber die Art und Weise
    der drögen Tempogestaltung, welche kaum einmal unterbrochen wird,
    und die an eine fade Doktorarbeit erinnert, ist kaum auszuhalten.
    Sie hat sich bemüht ist noch das beste Urteil, das man bezüglich der
    vorgelegten Leistung IMO sagen kann. Andere Aufnahmen kenn ich nicht,
    und eigentlich will ich sie auch nicht kennen,
    aber vielleicht werde ich ihr noch einmal eine Chance geben, wenn ich alt bin.
    :D. Sorry liebe Ragna-Fans, aber ich bemühe mich, immer ehrlich zu sein.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Lieber SMOB,


    es sei Dir verziehen, dass Dir die Goldbergvariationen von Ragna Schirmer nicht gefallen :D; destotrotz: Es lohnt sich trotzdem auch mal in eine ihrer anderen CD´s reinzuhören (ich denke da an die Chopin-Platte) Und dabei bleibe ich: Im Vergleich mit Martin Stadtfeld ist ihre künstlerische Entwicklung für mein Empfinden weitaus beeindruckender.


    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Sagitt meint


    Goldbergvariationen vorzustellen, die einen vom Hocker reissen, ist angesicht der Konkurrenz fast undenkbar.
    Aber die Haydn-Sonaten von Schirmen gefallen ausserordentlich. Die Konkurrenz ist viel kleiner. Gould hat welche gespielt, aber ziemlich trocken, sehr gut Steier- alle von Buchbinder, aber interessant ? Einige von Brendel. Ragna Schirmer kann da sehr gut mithalten. Wenn man Haydn nicht sehr gut spielt,kommt der einem verdammt harmlos vor. Schirmer versteht es sehr gut, den Stücken " Charakter" zu geben.

  • Wann wird ein Pianist/ eine Pianistin interessant ?


    Meiner Meinung nach - wenn die Aussagen/Kritiken so diametral auseinanderlaufen wie in diesem Thread !! :D


    Ragna Schirma wandert somit auf die wunschlist von Pianisten, die ich noch nicht in meiner Sammlung habe - aber gerne kennenlernen nöchte....(leider wird diese Liste immer länger - vieles ist schwer erhältlich)


    Empfehlungen werden gerne gelesen ...


    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe mir Ragna Schirmers Einspielung der "Symphonischen Etüden" letzte Woche bestellt, werde dann - sobald die Platte eingetroffen ist- einige Zeilen dazu schreiben. Man darf gespannt sein: die Konkurrenz ist ja wirklich groß: Richter, Pletnev, Pogorelich etc. Folgt man aber der Einschätzung der Kritik scheint die Aufnahme wirklich gelungen zu sein.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo Christian,


    hat du denn schon ihre Aufnahme der Sinf. Etüden reinhören können? Lohnt sich die Anschaffung?


    Viele Grüße,
    Christian

  • Zitat

    Original von Christian B.
    Hallo Christian,


    hat du denn schon ihre Aufnahme der Sinf. Etüden reinhören können? Lohnt sich die Anschaffung?


    Viele Grüße,
    Christian


    Lieber Christian,


    (Himmel komme ich mir komisch vor, wenn ich mir selbst schreibe ....:D :D ), mir gefällt die Aufnahme sehr gut, sie hält den Vergleich mit Richter, Pogorelich und Co. mehr als stand. Meine Empfehlung: Kaufen! Hier habe ich einige Zeilen dazu geschrieben.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Christian,


    besten Dank für die Empfehlung der Schirmer-CD, das dürfte wohl eine der besten Schumann-Einspielungen der letzten Jahre sein! Nicht nur, dass hier die selten eingespielten Variationen WoO31 (über das Beethoven Thema aus der 7. Sinf, mir bekannt ist nur eine Aufnahme von Katsaris) in einer atemberaubenden Interpretation zu hören sind, auch die Aufnahme der Sinfonischen Etüden op. 13 gehört zu den besten, die ich kenne (Pollini, Brendel, Pletnev, Richter, Arrau, Anda, Pogorelich, Schiff, Gilels live): Spannungsgeladen, klug strukturiert, die lyrischen Passagen funkeln voller Poesie und sind nicht nur leise Inseln, die schnellen Etüden haben Zug und bauen sich auf, der Klavierton leuchtet auf einem sonoren, dunkeln Fundament - famos! Der Klavierton erinnert in seiner 'Größe' fast ein wenig an die späte Gilels-Aufnahme (seine letzte Live-Aufnahme), ist insgesamt aber etwas 'wärmer'. Und unglaublicherweie ist hier ja auch noch eine bislang unbekannte Variation enthalten, die meines Wissens noch nie eingespielt wurde. Schirmer hat diese "Variation aus dem Nachlass" zwischen der 10 und 11 Etüde eingefügt. Allein diese kleine Perle lohnt die Anschaffung! Des weiteren gibt es auf der CD einen Programierhinweis, so dass man sich die (vier) verschiedenen Fassungen von op.13 selbst zusammenstellen kann.


    Im Vgl. zu der auch erst kürzlich erschienen, eher verspielten Pletnev-Einspielung von op. 13 legt Schirmer hier eine Aufnahme vor, für die mir nur ein Wort einfällt: großes Klavierspiel. Man darf sich auf ihre nächsten Einspielungen freuen.


    Viele Grüße,
    Christian

  • Liebe Schirmer-Freunde im Rhein-Neckar-Raum,


    es ist zwar noch eine ganze Weile hin, aber am 19. Januar gibt Ragna Schirmer ein Konzert in Heppenheim, auf dem Programm steht folgendes:




    Freitag, 19. Januar 2007
    • 20 Uhr


    Kurfürstensaal / Kurmainzer Amtshof, Amtsgasse 5


    Ragna Schirmer - Klavier


    Clara Schumann Romance variée
    Robert Schumann impromptus op. 5
    Clara Schumann Variationen fi s-Moll op. 20
    Robert Schumann Novelette op. 21, Nr. 2 D-Dur
    Robert Schumann sinfonische etüden C-Dur, op. 13


    Also ich werde mir sofort eine Karte reservieren. Vielleicht hat ja noch jemand Lust? :D Karten gibt es über forum-kultur-heppenheim. Das Konzert ist ein Gesprächskonzert.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Ich bin gerade im Nachtdienst und höre in Radio Stephansdom die Symphonischen Etüden - leider nur auf einem kleinen Kofferradio, aber was ich da höre ...


    :jubel:


    Diese CD werde ich mir demnächst kaufen!


    Sagt mal, wieviele von den Stücken im Anhang gibt es denn? Ich glaube, sie spielt hier mehr als 5, oder täusche ich mich. Mir gefällt auch sehr gut, wie sie diese zwischen den anderen Stücken platziert hat.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.


  • Du solltest Dir die CD wirklich bald kaufen :D


    Zu Deiner Frage: Wenn ich den Text im Beiheft richtig lese spielt Ragna Schirmer die fünf Variationen aus dem Nachlass und eine bisher unveröffentlichte Variation (?)


    Bei der Anordnung der Variationen hat sich die Pianistin von folgenden Überlegungen leiten lassen:


    "[...] Ragna Schirmer gestaltet in der hier vorliegenden Aufnahme einen Gesamtzyklus aus allen Variationen der uns bekannten Fassungen. Bei der zweifelos schwierigen Wahl der Reihenfolge berücksichtigt sie Schumanns Wunsch nach einem strukturierten Aufbau, indem sie jeweils drei in engem Zusammenhang zueinander stehende Variationen aufeinander folgen lässt:

    Die Variation 5 als Spiegelachse in der Mitte entspricht zudem Schumanns Intention einer Symmetrie, die bereits in der ersten FAssung erkennbar ist. Der von Schumann in den Fantasien geplante ruhepunkt vor dem Finale erhält in diesem großen Zyklus durch die Etüden 11 und die postume Variation 4 doppeltes Gewicht. [...]"


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Forianer,


    für den 27.11. ist eine neue Aufnahme von Ragna Schirmer angekündigt:



    Die Mendelssohn-Konzerte sind nicht gerade meine Lieblingskonzerte, aber diese Aufnahme werde ich mir nicht entgehen lassen!


    Viele Grüße,
    Christian

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von Christian B.
    Die Mendelssohn-Konzerte sind nicht gerade meine Lieblingskonzerte, aber diese Aufnahme werde ich mir nicht entgehen lassen!


    Lieber Christian,


    hast Du Dir die CD inzwischen gekauft?- Falls ja wie ist Dein Eindruck? Ich habe mir die Platte heute zum ersten Mal angehört und verglichen mit Leonskaja schnitt Schirmer definitv besser ab: Da wäre zum einen die Kopplung: Leonskaja hat auf ihrer CD zusätzlich zu den Konzerten noch eine Auswahl aus den Liedern ohne Worte aufgenommen. Ragna Schirmer hat dagegen noch die übrigen Kompositionen Mendelssohns für Klavier und Orchester aufgenommen:


    - Capriccio brillant h-moll op. 22
    - Serenade und Allegro giocoso h-moll, op. 43
    - Rondo brilliant Es-Dur, op. 29.


    Insofern konnte ich mit der CD auch eine Lücke in meiner Sammlung schließen :D


    Während Leonskaja eher verhalten, fast bedächtig an die Konzerte herangeht, gehen Ragna Schirmer und das RSO Saarbrücken mit bedeutend mehr Elan zu Werke. Schirmer spielt "brillianter" und rasanter. Aber das sind erstmal die ersten Eindrücke.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Caesar73
    Lieber Christian,


    hast Du Dir die CD inzwischen gekauft?- Falls ja wie ist Dein Eindruck? Ich habe mir die Platte heute zum ersten Mal angehört und der Vergleich fiel im Vergleich zu Leonskajas Interpretation eindeutig zugunsten Schirmers aus.
    Christian


    Lieber Namensvetter,


    vielen Dank für den reminder, ich hatte die CD tatsächlich wieder aus den Augen verloren ?( - Mendessohn ist halt nicht mein Favorit, und mit den Aufnahmen von Serkin bin ich recht zufrieden. Werde das aber sicher nachholen, die Schumann-CD ist, wie gesagt, so großartig, dass Schirmer-Aufnahmen für einen Klavierforum-Anhänger absolute Pflicht sind :yes:. Neugierig bin ich vor allem auf die unbekannteren Werke, die kenne ich überhaupt nicht!


    Beste Grüße,
    Christian

  • Hallo !


    Ich möchte auf jedenfall die aktuell erschienene Aufnahme der Suiten
    mit Ragna Schirmer hier empfehlen.



    Schirmer hat die Suiten auf einem Steinway Flügel eingespielt und geht hier, wie sie auch im Booklet zu den 3 CD`s verlauten lässt, bewusst damit einen anderen Weg.


    Selbst Glenn Gould hat die Suiten auf einem Cembalo, 1961 eingespielt.


    Schirmer überzeugt mich absolut durch ihre Interpretation auf dem Steinway.


    Die Suiten werden "luftig" und locker gespielt ohne dabei, ich will es mal so nennen, "sahnig" zu wirken.
    Diese Gefahr besteht, meiner Meinung nach,wenn man sie auf dem Flügel spielt.


    Für jemanden, der den Händel mal auf dem Flügel hören möchte eine unbedingte EMPFEHLUNG !


    :hello:


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms


  • Sie dürfte damit beinahe konkurrenzlos sein. Die einzige ernsthafte Alternative Richter/Gavrilov (EMI) ist klanglich eher mies und auch sonst ziemlich eigenwillig (reicht mir aber momentan als Klavierversion). Keith Jarrett und Perahia haben je nur eine kleine Auswahl eingespielt. Daher dürfte sie sich, auch dank Händeljahr vielleicht sogar einigermaßen verkaufen.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Hallo Holger,


    die Aufnahme gefällt mir ausgesprochen gut- ich habe sie in den letzten Tagen öfters gehört. (Sagen wir besser: Einige Teile davon, es sind ja immerhin drei CD´s :D ) Deine Beschreibung des Klanges bringt es auf den Punkt- wie ich finde.


    Wenn ich in den Osterferien dazu komme schreibe ich gerne noch etwas zu der Aufnahme. In der neuen Ausgabe des FonoForums ist ein Interview mit Ragna Schirmer zu lesen, in dem sie sich auch zu ihrer Händel-Einspielung äußert. Wenn es eine Aufnahme mit Flügel sein soll, dürfte Ragna Schirmer im Augenblick erste Wahl sein.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Vielen Dank für den interessanten Hinweis auf die Einspielung mit Ragna Schirmer!


    Soeben habe ich probegehört, und obwohl ich diese Musik im Ausgangspunkt klar als Cembalomusik sehe, finde ich doch, dass sie mit ihrem Spiel sehr überzeugend und auch stilbewusst ( historisch informiert) klingt.


    Pianistisch ist es absolut erstklassig, was sie da macht. Es ist nämlich unglaublich schwer, diese Leichtigkeit, das Tänzerrische, diese ausgefeilte Artikulation und nicht zuletzt die Ornamente auf einem Flügel so geschmackvoll darzustellen, wie sie das hier tut.
    Die Triller gehen z.B. auf einem guten Cembalo leichter. Da der Flügel im Gegensatz zum Cembalo anschlagsdynamisch ist, setzt man sich bei solchen Ornamenten viel eher der Gefahr aus, das Einzeltöne ungewollt herausknallen.


    Toll finde ich auch ihre geschmackvolle, zurückhaltende Pedalisierung. Eine Triller braucht z.B. etwas Pedal, weil der auf dem Flügel durch den weicheren Klang nicht den Glanz entfalten kann, wie auf dem Cembalo. Durch das Pedal klingt es dann -für mich jedenfalls- angenehmer. Gould würde widersprechen...


    Es darf sonst nur nicht nach ständigem Pedal klingen, weil es dann mit Barockmusik nichts mehr zu tun hat. Aber die in den Präludien eingesetzen Arpeggios sollten schon etwas Pedal bekommen, damit der rauschende Effekt, den das Cembalo durch seinen Klang von Haus aus mitbringt dieser Musik auch mit dem Klang des Flügels zuteil werden kann.


    Meinem Eindruck nach, macht Ragna Schirmer ihre Sache hier also sehr gut. Die CD kommt mir auf die Liste - es wäre nicht meine erste CD mit dieser Pianistin.


    LG :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo liebe Schirmer-Freunde,


    gestern sendete der Hessische Rundfunk auf seinem zweiten Programm in der Reihe "Doppelkopf" ein ausführliches Interview mit der Pianistin inclusive einer Reihe von Hörbeispielen der neuen Aufnahme. Natürlich ging es nicht nur um Händel sondern um ein Porträt der Pianistin insgesamt:


    Die Sendung gibt es als Podcast hier:



    "http://www.hr-online.de/website/radio/hr2/index.jsp?rubrik=22564"


    Einen Haken hat das Podcast-Angebot allerdings: Die Musikbeispiele sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht zu hören.


    Interessant ist das Interview trotzdem!!



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Gurnemanz schrieb in einem anderen Thread diesen Beitrag- der passt aber auch hier her ganz gut: :D


    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Christian,


    danke für den Transport - stimmt, das paßt auch hier. Im Händel-Thread hatte ich nachträglich noch einen Verweis auf Glenn Gould eingefügt, auf den die Künstlerin sich selbst beruft: In einem Interview des FonoForum (04/09) bezeichnet sie ihn - auf die Frage, wer sie als Musikerin beeinflußt habe - als einen "der ganz Großen"; er inspiriere sie "in seiner Exzentrität, weil er so mutig ist. Weil er gezeigt hat, wie man seinen eigenen Weg geht. Man darf auch mal Fehler machen, vielleicht auch mal einen Schritt zu weit gehen, aber man muss seiner Linie treu bleiben".


    Der eigenwillig-schrullig-geniale Kanadier als Vorbild? Auch in anderen Einspielungen Ragna Schirmers?

  • Zitat

    Original von Gurnemanz


    Der eigenwillig-schrullig-geniale Kanadier als Vorbild? Auch in anderen Einspielungen Ragna Schirmers?


    Lieber Gurnemanz,


    wenn man Glenn Gould in der Hinsicht als Vorbild versteht, als Künstler einen eingeschlagenen Weg auch Widerständen zum Trotz weiterzuverfolgen, dann dürfte Gould nicht nur für Ragna Schirmer ein Vorbild, sondern für jeden ernsthaften Künstler.


    Davon einmal abgesehen finden sich in Ragna Schirmers Aufnahmen IMO zumindest keine offensichtlichen Spuren Goulds. Es gibt- von den Goldbergvariationen einmal abgesehen- relativ wenige Gemeinsamkeiten zwischen den beiden, zumindest was das Repertoire angeht.


    Schumanns "Symphonische Etüden" oder Chopins Etüden hat Gould meines Wissens nicht aufgenommen, ebenso wenig wie Mendelssohns Klavierkonzerte.


    Was mir bei Ragna Schirmer gut gefällt:


    Bei ihren Programmen beschreitet sie auch immer wieder Wege abseits der ausgetretenen Pfade. Man täte sich schwer- schwerer als bei Martin Stadtfeld beispielsweise- sie in irgendeine Schublade einzusortieren, sagen wir mal ihr ein Etikett als Bach-Spezialistin aufzupappen, auch wenn ein Schwerpunkt sicher auf dem klassisch-romantischen Repertoire liegt, zumindest wenn man nach den letzten drei Veröffentlichungen geht.


    Ansonsten macht sie auf mich einen erfreulich unprätentiösen Eindruck, verfügt über eine brilliante Technik, die doch niemals Selbstzweck zu sein scheint.


    In der Radiosendung des HR gab es dazu auch eine schöne Episode :D


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von Caesar73
    [...] wenn man Glenn Gould in der Hinsicht als Vorbild versteht, als Künstler einen eingeschlagenen Weg auch Widerständen zum Trotz weiterzuverfolgen, dann dürfte Gould nicht nur für Ragna Schirmer ein Vorbild, sondern für jeden ernsthaften Künstler.


    Lieber Christian,


    das leuchtet ein, zumal Schirmers Bekenntnis zu Gould auch recht allgemein ausfällt. Allerdings erinnert mich ihr Händel auch insofern an Gould, als sie den Klang des modernen Flügels auf die historischen Gegebenheiten des Cembalos abstimmt, also nicht herausholt, was der Steinway hergibt, sondern durch sparsamen und gezielten Pedalgebrauch, mit ihrer Art der Verzierungen und der ganzen unromantischen Darstellung einen Zugang zu Händel findet, der mich an Goulds Bach erinnern läßt. Der Ansatz ist ähnlich, finde ich, und da ist mehr als bloß Bewunderung für einen Künstler, der mutig seinen eigenen Weg geht und sich dabei treu bleibt. Oder?


    Zitat

    Ansonsten macht sie auf mich einen erfreulich unprätentiösen Eindruck, verfügt über eine brilliante Technik, die doch niemals Selbstzweck zu sein scheint.


    Völlig einverstanden, was ihren Händel betrifft. Über ihre anderen Aufnahmen kann ich, wie gesagt, nicht mitreden. Sollte ich weitere Schirmer-CDs erwerben, wären das vermutlich diese beiden, auch weil sie Werke enthalten, die ich noch nicht kenne:


    Von Dir bereits hoch gelobt:



    Hier offensichtlich noch nicht besprochen:


  • Lieber Gurnemanz,


    wie Glockenton schrieb, kann man deutlich hören, dass sich Ragna Schirmer mit der historischen Aufführungspraxis auseinandergesetzt hat. Ein deutlicher Unterschied zu Gould besteht für mein Empfinden aber in der Tongebung: Schirmer versucht nicht den Klang des Cembalos zu imitieren. Die Pianistin nutzt dagegen die Möglichkeiten, die Flügel bietet- auf überlegte Weise. Man kann das an jeder Phrase der Händel-Einspielung hören.


    Die Schumann-CD würde ich Dir in der Tat wärmstens empfehlen- aber auch die Beethoven-Einspielung lohnt sich. Auch hier ist die Koppelung interessant: Beethovens "sechstes" Klavierkonzert und Variationen für Klavier und Orchester über ein Thema von Beethoven. Von wem die Variationen sind müsste ich nachschauen- ich habe die CD gerade nicht hier.


    Die "Symphonischen Etüden" gehören für mich zu meinen Lieblingsstücken- ein Thread dazu gibt es hier:


    Schumann´s "Symphonische Etüden"


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo Johannes,



    Zwischen Richter und Gawrilow würde ich ungeachtet ihrer Zusammenfassung auf einer Doppel-CD schon auch Unterschiede machen, aber wieso reichen Dir diese selbst offenbar als unzulänglich angesehenen Aufnahmen dieser Wahnsinnsstücke - cembalovergiftet? :baeh01:


    Der Zyklus von Ragna Schirmer ist wirklich großartig - aber:


    die "kleine" Auswahl von Perahia empfinde ich als überwältigend, er muß unbedingt mehr bringen - auch von Scarlatti.


    Grüße
    Andreas

  • Zitat

    Original von Andreas Hartrodt


    Zwischen Richter und Gawrilow würde ich ungeachtet ihrer Zusammenfassung auf einer Doppel-CD schon auch Unterschiede machen, aber wieso reichen Dir diese selbst offenbar als unzulänglich angesehenen Aufnahmen dieser Wahnsinnsstücke - cembalovergiftet? :baeh01:


    Bei diesen Werken ein wenig, ja :D
    Und ich schätze die Stücke vielleicht auch nicht ganz so hoch, da versuche ich, die Alternativ-Aufnahmen etwas zu begrenzen; das sollte auch keine faire Evaluation von Richter/Gavrilov (2 Doppel-CDs) sein; ich fand die aber nicht schlecht, wenngleich tendenziell recht wuchtig (beide).
    Ich schließe die Anschaffung von Schirmers nicht aus, aber nicht heute und morgen... eher merke ich mir die o.g. Schumann-CD vor.
    Aber jedenfalls ist eine gute Neueinspielung der Werke auf dem modernen Flügel ebenso erfreulich wie die Tatsache, daß die sich anscheinend sogar recht gut verkauft.


    Zitat


    Der Zyklus von Ragna Schirmer ist wirklich großartig - aber:


    die "kleine" Auswahl von Perahia empfinde ich als überwältigend, er muß unbedingt mehr bringen - auch von Scarlatti.


    Die Scheibe ist aber auch schon 10 Jahre alt oder so, hier bin ich geneigt zuzustimmen, wobei ich den Scarlatti irgendwie besser in Erinnerung (im Doppelsinn) habe.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose