Italien : Deutschland

  • Hier ist nicht das runde Leder angesprochen, das dauert noch einige Tage, danach beherrscht der König FUSSBALL sowieso unser Leben.


    Nein, ich meine etwas anderes, und zwar lese ich gerade das Buch VERDI von Franz Werfel.


    Die Geschichte ist fiktiv, Werfel lässt Verdi 1883 in Venedig sein, wo sich auch gerade sein künstlerischer Gegenpol Wagner zur Karnevalszeit aufhält. Wagner hat Verdi schon lange in eine Schaffenskrise gestürzt: Er empfindet seine Musik als veraltet.


    Diesen Antipoden so nahe zu wissen, vertieft die Krise! Jedoch machen seine konservativen Verehrer Verdi klar, daß seine Musik zeitlos ist, jedoch er selbst zweifelt daran, ob melodische Musik wie seine überhaupt in der Zukunft noch Interesse finden wird.


    Wir wissen in der Zwischenzeit, daß er unsterblich ist!


    Wer will dazu etwas schreiben?

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Interessanterweise hat ja Dallapiccola die (deutsche, Schönberg hat sich natürlich als Vertreter deutscher Musik verstanden) Zwölftontechnik in einen (italienischen) recht "gesangfreudigen" Opernstil überführt (Il prigioniero).


    Puccini hat ja sowas ähnliches mit Wagner gemacht.


    Ich bin mir aber jetzt nicht so sicher, ob das zum Thema gehört. :rolleyes:

  • Bei der verwagnerung der italienischen Musik würde ich an erster Stelle wohl Arrigo Boito nennen, während Puccini ein großer Wagner-Fan war, mir aber bisher noch niemand erklären konnte, worin sich das in Puccinis Stil äußert. Die Harmonik ist unwagnerisch, die Melodik auch, symphonisch durchgearbeitet würde ich den Orchesterpart eher nicht nennen (in den Arien schon gar nicht).

    ...

  • In der Musik wie in der Liebe muß man vor allem aufrichtig sein


    Dieser Ausspruch stammt von Verdi und sagt schon mal einiges aus (was man dann in seiner Musik spürt)


    und dann:


    Brief Verdis an Arrivabene


    Ich erkläre, daß ich ein begeisterter Anhänger der Zukunftsmusiker sein will, unter einer Bedingung allerdings, daß ihre Musik kein System und Theorem sei, sondern Musik.

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
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    (Maria Callas)

  • und was sagte Wagner zur italienischen Musik?


    Aus H. v. Wolzogen >Erinnerungen an Richard Wagner<

    Hier möchte ich noch eine andere merkwürdige Äußerung Wagners einschalten, welche er gegen die leichtfertig sich bezeigende Mißachtung italienischer Musik tat: "Die langausgedehnte melodische Form der italienischen Opernkompositionen konnte nicht aus dem deutschen Singspiel hervorgehn, sie mußte in Italien entstehn... Hievon haben Auber, Boieldieu und auch ich viel gelernt. Mein Schlußchor im ersten Akt Lohengrin stammt viel mehr von Spontini als von Weber. Auch von Bellini kann man lernen, was Melodie ist."


    Viva Ricardo!

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  • Jetzt fällt mir doch glatt der alte Kalauer ein:



    Welche ist Richard Wagners beste Oper?


    Richtig - der Falstaff !!!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • ACH, ihr macht euch über mich lustig ......


    und ich dachte schon, ein besonders interessantes Thema ersonnen zu haben ;(

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  • Wagners Harmonik hat das ausgehende 19. Jh. international so stark geprägt wie keine "Erfindung" eines andren. Somit ist ein "Match" Wagner - Verdi für Verdi komplett aussichtslos.

  • Dafür hat Verdi eindeutig schnellere Märsche geschrieben und leichtfüßigere Begleitungen. Mag schon sein, dass Wagners Verteidigung schwer und sicher vor dem Tor steht, was Anhänger dieser Mannschaft immer wieder begeistert und zahlreiche Nachahmer hervorgerufen hat. Aber Verdis Stürmer agieren leichtfüßig, mit Charme und Brillanz - und haben die Masse des Publikums auch noch auf ihrer Seite! Das gibt ein Unentschieden, glaube ich.

    ...

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  • Ist wahrscheinlich eh müssig, die beiden sind zu gut, jeder auf seine Weise. Ich ging nur von dem fiktiven Buch Werfels aus.


    Die Deutschen, im besonderen natürlich die Wagner-Anhänger hegten dazumals blanken Abscheu gegen den leichtsinnigen, charakterlosen, rohen, trivialen, lauten und effektehaschenden Meister aus Italien.


    Richard Strauss und auch Hans von Bülow änderten später ihrer Meinung. Letzterer bat sogar in einem persönlichen Brief Verdi um Verzeihung, der soll sich allerdings fast genauso peinlich lesen wie die ursprüngliche Verdammung.


    Werfel hat sich sehr für die deutsche Wiederentdeckung Verdis eingesetzt.


    eine Kritik von Hanslick vom Abschluss:


    „Daß die Musik zu Othello „wagnerisch“ sei, ist die nämliche Fabel, welche schon über Aida verbreitet und mitunter geglaubt wurde. Im Othello finden wir nicht eine Szene, ja nicht einen Takt, wofür Verdi dem Komponisten des Tristan verpflichtet wäre. Hier regieren weder Leitmotive noch die unendliche Orchestermelodie, durch weg herrscht der Gesang, die Singstimme; das Orchester dient selbst in seinen belebtesten Momenten nur als stützende Begleitung. Das entscheidet den Streit, ob eine Musik „wagnerisch“ sei.“



    der arme Verdi!

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    (Maria Callas)

  • Edwin:


    Zitat

    und haben die Masse des Publikums auch noch auf ihrer Seite!


    Boa ey, Edwin, DAS als Argument auf der "Haben-Seite" hätte ich nun am allerwenigsten von dir erwartet, denn wenn ich mir überlege, WER so ganz allgemein das Publikum auf "seiner Seite" hat, also darüber schweig selbst ich ! :stumm:


    Aufgefallen war mir nur, wenn man in Italien, z.b. an der von kulturbeflissenen US-Amerikanern so zahlreich heimgesuchten "ÄMELFEI-KOHST" entlangfährt, stösst man allenthalben, von Amalfi über Positano bis Ravello auf Gedenktafeln und Stelen, die uns etwa Folgendes mitteilen: Hier weilte Riccardo Wagner usw. usw. Von Verdi, lassen wir mal Mailand aussen vor, liest man da garnix Also scheint wohl doch eher Wagner der Komponist der Italiener zu sein, den sie "mit der Seele suchen" :baeh01:

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BBB,
    manchmal versuche ich, durch die Brille der Objektivität zu linsen und nicht in der ersten Person zu sprechen. Hätte ich letzteres getan: 13:0 für Wagner...
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Also scheint wohl doch eher Wagner der Komponist der Italiener zu sein, den sie "mit der Seele suchen"


    Ja klar, denn Verdi brauchen sie nicht zu suchen, den haben sie bereits mit der Muttermilch verinnerlicht.



    Und das 13:0 von Edwin will ich nicht weiter kommentieren. Wagner hat nicht ganz zu Unrecht Musikdramen komponiert, als Opernkomponist hat er gegen den mittleren und späten Verdi nämlich keine Chance!


    :baeh01:




    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Wobei ich jetzt aber lieber nicht versuche, die "Götterdämmerung" mit all ihren feschen Arien, Terzetten, Chören und Märschen gegen einen "Rigoletto" auszuspielen...
    Ich finde, dass Wagner in nahezu jeder Oper Verdi quasi überverdit - weil der clevere Sachse zwar von "Musikdramen" und "unendlicher Melodie" faselte, aber richtig handfeste Opern mit sehr genau begrenzter Melodie komponierte. Drum geht das Zeug ja auch so gut ins Ohr, als wär's ein Musical!
    :hello:

    ...