Opern in der Versenkung - Ursachen und Wirkung

  • Liebe Forianer,


    "Vergessene Opern der Musikgeschichte" - dieser Titel schien mir einfach zu banal - aber im Kern kommt es drauf hin.


    Einige wenige zig Opern werden immer wieder gespielt, wobei das Kernrepertoire nach und nach kleiner wird.


    Etliche weltberühmte Werke und ihre Komponisten verschwanden so nach und nach vom Spielplan - und aus den Katalogen der Plattenfirmen (wenn sie je drin waren)


    Nehmen wir Meyerbeer, nehmen wie Auber, nehmen wir Lotzing, Adam, Boieldieu.
    Aber das sind ja noch harmlose Fälle. Wer hat schon je eine Oper von Soler, von Piccini, von Galuppi oder Mayr gehört? Wem sind Werke von Dittersdorf bekannt oder Opern von Joseph Haydn ?
    Habt Ihr gewusst, daß ein Herr Pacini ganz vorzügliche Opern an der Schwelle zwischen Belcanto und Verdi schrieb, die auch sehr rossinihaft tönen konnten? Fehlanzeige?
    Dann wird man auch nicht vermuten dürfen, dass die Opern von Cimarosa und Paisello oder von Mozarts berühmten Rivalen Salieri bekannt sind. Salieri war als Opernkomponist sehr berühmt. Mozart hatte allen Grund ihn zu fürchten.


    Man mag nun vermuten, dass die Musik der genannten eben doch nicht so sensationell gut gewesen sein kann, wenn sie so gar keinen Nachklang mehr hat. - Das ist es aber mit Sicherheit nicht.
    Ich habe fast ausschließlich Komponisten gewählt, die sehr nahe bei Mozart, Rossini oder Bellini, auch bei Verdi sind oder die große Französische Oper repräsentieren.


    Mir persönlich geht es so - wenn ich eine dieser Opern hören kann - nein WILL ich nicht glauben, dass niemand sie kennt.


    Und nun gibts nur eine Frage: Was sind die Ursachen ?


    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ursache ist, glaube ich, dass einige dieser Werke durch andere Komponisten scheinbar entbehrlich wurden.
    Salieri und Haydn durch Mozart, Meyerbeer durch Verdi und Wagner etc.
    Das Genre der Spieloper hat überhaupt nicht überlebt, weder die deutsche Form mit Lortzing, Nessler etc. noch die französische mit Adam und Boieldieu. Was dafür der Grund ist, kann ich mir nicht wirklich erklären - vielleicht haben Operette und Musical diese Formen ins Eck gestellt...?


    Was mich in dem von Alfred sehr spannend gestarteten Thread aber auch interessiert: Wie kommt es, dass diverse Opern, die keineswegs durch andere "ersetzbar" sind, fast völlig von den Bühnen weg sind? Ich denke (ohne, dass ich alle der genannten Opern jetzt zu Lieblingsstücken von mir erklären würde) konkret an:


    - d'Albert: Tiefland, Die toten Augen
    - Boito: Mefistofele, Nerone
    - Chabrier: Le roi malgré lui
    - Chausson: Le roi Arthus
    - Cherubini: Medea
    - Dukas: Ariane et Barbe-bleu
    - Korngold: Wunder der Heliane
    - Lalo: Le roi d'Ys
    - Marschner: Vampyr, Hans Heiling
    - Menotti: The Saint of Bleecker Street
    - Mussorgskij: Der Jahrmarkt von Sorotschinzy
    - Orff: Der Mond
    - Prokofjew: Der feurige Engel
    - Respighi: Die Flamme
    - Rimskij-Korsakow: Der goldene Hahn
    - Rachmaninow: Francesca da Rimini, Der geizige Ritter
    - Schostakowitsch: Die Nase
    - Spohr: Jessonda
    - Tschaikowskij: Mazeppa
    - Wagner: Die Feen
    - Walton: Troilus and Cressida
    - Zandonai: Le cavaliere d'Ekebu


    Mit voller Absicht enthält meine Liste ausschließlich Stücke, die einem "normalen Repertoire-Publikum" zumutbar sind, also nichts aus der avantgardistischen oder zwölftönenden oder sonst einer modernistischen Ecke (wenn man von Schostakowitschs wirklich frecher, aber ungeheuer bühnenwirksamer Groteske absieht).
    Ich habe freilich auch Stücke genannt, die ab und zu irgendwo auftauchen (aber das tun auch Haydn- und Lortzing-Opern) - aber keines der von mir genannten Stücke zählt international zum Repertoire.


    Was den deutschen Sprachraum betrifft: Hier haben es französische Opern, sofern sie nicht Liebesprobleme von Zigarettenherstellerinnen behandeln, immer etwas schwer gehabt. Aber auch dem deutschsprachigen Repertoire abseits der Giganten ergeht es nicht wesentlich besser.
    Liegt's eventuell an den Libretti?
    Oder daran, dass die Musiktheater-Dramaturgie lieber Bekanntes von Regietheater-Regisseuren traktieren lässt als etwas Ausgefalleneres auf seine Tauglichkeit zu testen?

    ...

  • Vergangenes Jahr habe ich an der Staatsoper Puccini's 'LE VILLI' in einer furchtbaren Inszenierung erlebt. Gehört auch eher zu den vergessenen Stücken.


    Gekoppelt mit 'OSUD' von Janeczek.

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Die "Villi"-Inszenierung war wirklich ein Skandal. Wirklich toll war die Regie auch bei Janácek nicht, aber wenigstens war sie handwerklich o.k. Die "Villi"-Inszenierung ist jedenfalls ein gutes Beispiel dafür, wie man unbekannte Stücke so auf die Bühne bringt, dass sich absolut niemand für sie erwärmen kann.

    ...

  • ...also hast du das auch gesehen - und auch so empfunden?


    Schade um das an und für sich schöne Stück, mir haben die Sänger richtig leid getan in diesen Plastikdingern singen zu müssen. Lächerlich!

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Salut,


    was die Opern des 18. Jahrhunderts betrifft, so meine ich, gab es einfach zu viele. Das ist keine Kritik meinerseits, ich kann mit "zu vielen" durchaus gut leben. Zudem gab es viele Doubletten [Salieri/Verdi - Paisiello/Rossini]. Es hat sich wohl als praktikabel erwiesen, sich auf wenige [das sind immer noch viele] Opern zu beschränken - wenige Proben müssen ausreichen, die Budgets sind knapper geworden, das Stück muss also mehr oder weinger aus dem ff kommen können.


    Eine Oper des 18. Jahrhunderts von Haydn oder Paisiello, Traetta, Jommelli oder Gott weiß wem noch aufführungsreif zu machen, ist sehr zeitintensiv und Zeit ist Geld. Sängerinnen und Sänger vor allem müssen sehr viel auswendig lernen [was sie vielleicht nie wieder brauchen werden...].


    Insgesamt ist das sehr schade.


    Umso mehr freue ich mich über Spezialitäten, die alle Jubeljahre mal aus gegebenem Anlass dann doch aufgeführt werden, wie z.B. Kraus Proserpin [hier leider auf Deutsch...].


    Daß Cherubinis Medea verschwunden ist, kapiere ich allerdings auch nicht.


    Grüßle
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Daß Cherubinis Medea verschwunden ist, kapiere ich allerdings auch nicht.


    Das könnte in diesem Fall an der Hypothek Maria Callas liegen. Hinter ihr nachzusingen ist nicht einfach, umso mehr, als man erst einmal eine Sängerin haben muss, bevor man sich eine Aufführung dieser Oper überlegen kann. Sängerinnen, die sich an extreme Rollen heranwagen, scheint es im Moment nur für ältere Opern zu geben.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Opern von Salieri:


    Opern
    Annibale in Capua (1801)
    Armida (1771)
    Axur, Re d'Ormus (1788)
    Catilina (1790-92) – Uraufführung posthum 1994 in Darmstadt
    Cesare in Farmacusa (1800)
    Cublai, gran Kan de' Tartari (1786-88) – Uraufführung posthum 1998 in Würzburg
    Danaus (ca. 1807) – deutsche Fassung von Les Danaïdes
    Das Posthaus – Fragment, verloren
    Delmita e Daliso (1776)
    Der Rauchfangkehrer oder Die unentbehrlichen Verräter ihrer Herrschaften aus Eigennutz (1781)
    Die Generalprobe – Fragment
    Die Neger (1802, Uraufführung 1804)
    Don Chisciotte alle nozze di Gamace (1770)
    Eraclito e Democrito (1795)
    L'Europa riconosciuta (1778)
    Falstaff ossia Le tre burle (1799)
    Il Barone di Rocca Antica (1772)
    Il Mondo alla rovescia (1792, Uraufführung 1795)
    Il Moro (1796)
    Il Pastor fido (1789)
    Il Ricco d'un giorno (1784)
    Il Talismano (1779) – erster Akt von Salieri, zweiter und dritter Akt von Giacomo Rust
    Il Talismano (1788)
    I tre filosofi (1797) – Fragment
    L'Amore innocente (1770)
    L'Angiolina ossia Il matrimonio per sussurro (1800)
    La Bella selvaggia (1802) – nicht aufgeführt
    La Calamità de' cuori (1774)
    La Cifra (1789)
    La Dama pastorella (1780)
    La Fiera di Venezia (1772)
    La Finta scema (1775)
    La Grotta di Trofonio (1785)
    La Locandiera (1773)
    La Moda ossia Gli scompligi domestici (1771) – Pasticcio, nur Teile des zweiten und dritten Aktes von Salieri
    La Partenza inaspettata (1779)
    La Scuola de' gelosi (1778, zweite Fassung 1783)
    La Scuola degli amanti ossia Così fan tutte (ca. 1789) – Fragment
    La Secchia rapita (1772)
    La Vestale (1769) – verloren
    Le Couronnement de Tarare (1790) – den neuen politischen Verhältnissen angepasster Zusatz zu Tarare
    Le Donne letterate (1770)
    Les Danaïdes (1784)
    Les Horaces (1786)
    Palmira, Regina di Persia (1795)
    Prima la musica e poi le parole (1786)
    Semiramide (1782)
    Tarare (1787)
    (Auszug aus Wikipedia)


    Ich habe noch keine einzige zum sehen oder hören bekommen!

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • @Salierifan:


    Falstaff kam neulich in der Glotze mit Östman - gibts auch als CD und DVD. Axur ist auch vertreten, La Grotta kam auch neulich im Radio.


    Theophilus: Das mit der Callas mag stimmen - aber auch die Zauberflöte u.a. Opern werden von anderen Sängern aufgeführt... zudem ist die Tontechnik der Aufnahme nicht so besonders [im Vergleich zu heutigen Möglichkeiten] - außerdem lebt die Callas nicht mehr, sie kann also niemandem Schaden zufügen. Also: Her damit...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Zitat Alfred:


    Einige wenige zig Opern werden immer wieder gespielt, wobei das Kernrepertoire nach und nach kleiner wird.


    Etliche weltberühmte Werke und ihre Komponisten verschwanden so nach und nach vom Spielplan - und aus den Katalogen der Plattenfirmen (wenn sie je drin waren)


    Zitat

    Zitat Edwin:
    Das Genre der Spieloper hat überhaupt nicht überlebt, weder die deutsche Form mit Lortzing, Nessler etc. noch die französische mit Adam und Boieldieu.


    Ich sehe meine Idee bestätigt. An Arthur Sullivan wird sogar nicht gedacht. In Amerika und England dagegen steht eine Ausführung des Duos "Librettist Gilbert/Komponist Sullivan" garantiert für Erfolg. Noch immer.


    Ich arbeite an einen Thread "Sullivan, von bekannt zu unbekannt". Deshalb hier einige Zeile, die ich bereits aus dem Internet gefischt habe:


    Im deutschsprachigen Raum sind die Sullivan Opern fast unbekannt, obwohl es sich hier um einen der bedeutendsten Schöpfer komischer Opern des 19. Jahrhunderts handelt.


    Dass die Werke im deutschsprachigen Raum nicht gespielt werden, kann unmöglich daran liegen, dass die Stücke "zu englisch" sein sollen. Die Sprache ist ohnehin kein Problem, da Englisch die verbreitetste Fremdsprache ist, seit Jahrzehnten an Schulen unterrichtet wird und Obertitelungsanlagen bei Aufführungen genau so zum Einsatz kommen können wie bei original gesungenen italienischen, tschechischen oder russischen Opern.


    LG, Paul

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  • Zitat

    Dass die Werke im deutschsprachigen Raum nicht gespielt werden, kann unmöglich daran liegen, dass die Stücke "zu englisch" sein sollen. Die Sprache ist ohnehin kein Problem, da Englisch die verbreitetste Fremdsprache ist, seit Jahrzehnten an Schulen unterrichtet wird und Obertitelungsanlagen bei Aufführungen genau so zum Einsatz kommen können wie bei original gesungenen italienischen, tschechischen oder russischen Opern.


    Ich habe nicht den Eindruck, dass der Verfasser dieser Zeilen weiß, wovon er schreibt. Die Gilbertschen Texte sind alles andere als leicht verständlich, da sie voll von Anspielungen auf das damalige gesellschaftliche Leben sind. Übersetzbar sind sie fast überhaupt nicht, da die vielen Wortspiele hoffnungslos auf der Strecke blieben. Und ohne dem englischen Witz bleibt nur eine sinnlose Rahmenhandlung über. Gilbert und Sullivan erfolgreich auf deutschsprachige Bühnen zu bringen ist also noch immer eine nicht bewältigte Aufgabe.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ein, aber gewiß nicht der einzige Grund ist der bereits angedeutete des Aufwandes. Ein Quartett kann in wenigen Wochen statt des "Kaiserquartetts" ein unbekanntes Haydn-Quartett oder eines von Dittersdorf oder sonstwem studieren und aufführen, eben gekoppelt mit bekannteren Werken. Ein Oper ist einfach tierischer Aufwand. Wenn man sich noch mit Stars schmücken will, wird es wohl ganz schwer. Das Risiko reinzufallen, ist einfach ungleich größer als anderswo.


    Ich bin ja kein großer Opernfan. Aber hier in der Provinz habe ich u.a. gesehen:


    Verdi: Attila (nicht schlecht, aber es ist auch nicht viel drin, was man nicht bei bekannteren Opern kriegt)


    Marschner: Der Templer und die Jüdin (trotz skandalöser mit Nazi-Ästhetik und
    Holocaustanspielungen versehener Inszenierung nicht vom Hocker reißend. Manche Sachen sind einfach auch völlig zu Recht in der Versenkung verschwunden)


    Max Brand: Maschinist Hopkins Das war ein durchaus faszinierendes Stück der "gemäßigten Moderne", packend in Szene gesetzt. Aber vermutlich auch nichts für ein großes Haus...


    Schwer haben es ja auch Einakter. In Berlin habe ich vor zwei oder so Jahren Zemlinskys "Zwerg" und die "florentinische Tragödie" gesehen; der Doppelpack ist dann sogar ziemlich lang. Auch zwei sehr interessante Stücke.


    Wirkliche Repertoire-Ergänzungen benötigen vermutlich ziemlich lange. Seit 80 Jahren gab es Händel vereinzelt bei Festspielen, seit vielleicht 20-30 auch im normalen Opernhaus. In den letzten Jahren scheint es eine gewissen Boom zu geben. Aber mehr als ein Handvoll Stücke wird wohl nicht bleiben und ziemlich sicher nichts von Scarlatti oder Vivaldi (für die Bühne, für die Platte ist es was anderes).


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt

    Mir persönlich geht es so - wenn ich eine dieser Opern hören kann - nein WILL ich nicht glauben, dass niemand sie kennt.


    Und nun gibts nur eine Frage: Was sind die Ursachen ?


    Alfred


    Hallo,


    ich denke, da gibt es eine ganze Reihe von Ursachen, einige wurden ja auch schon angesprochen. Zu den wichtigsten zählt meiner Meinung nach, dass es jeweils nur eine bestimmte Anzahl von absoluten Topfavoriten geben kann und je öfter eine Oper gespielt wird, desto größer ihre Chance, dass sie auch dazugehört.


    Es gibt da natürlich auch einen deutlichen Verdrängungswetbewerb, die "Hitparade" der Opern hat eben nur eine gewisse Anzahl an Plätzen, und wenn etwas neu hinzukommt, fällt was anderes dafür weg. Häufig sind das wie schon angesprochen die etwas weniger bekannten Geschwister berühmter Werke. Ich denke da an den Barbier von Rossini, der den von Paisiello in gewisser Weise verdrängte oder an Gounods Faust. Wenn ein Theater eine Neuinszenierung des Faustthemas plant, wird im Zweifelsfalle halt zum Bewährten gegriffen, nicht zu Boitos Mefistofele oder Berlioz' "La damnation de Faust."


    Gerade Mefistofele ist meiner Meinung nach deutlich besser als sein Ruf, besonders wenn erstklassige Interpreten zur Verfügung stehen, aber die muss man erst einmal haben. Vielleicht täusche ich mich, aber gab es nicht in früheren Zeiten mehr Interpreten, die sich auf die Suche nach verschollenen bzw unentdeckten Werken machten?


    Auf dem Gebiet der Oper denke ich da vor allem an Lamberto Gardelli, der gleich eine ganze Reihe unbekannter Verdi-Opern auflegte, neben Nabucco, eine Oper, die ja lange Zeit praktisch nur durch den Gefangenenchor bekannt war, zumindest noch Attila und I Lombardi.


    Wenn ich dann an die Werke von Lortzing denke, die mir persönlich sehr gut gefallen, dann könnte ich mir auch noch einen weiteren Grund vorstellen, dass sie in letzter Zeit immer weniger gespielt wurden: Sie sind einfach zu gefällig, bieder und "harmlos", um problembewussten Regisseuren genug Spielraum für ihre interpretatorischen Eskapaden zu bieten.(Und damit oute ich mich gleich am Anfang als Verächter modernen Regietheaters, lässt sich wohl nicht vermeiden :D).


    Obwohl man ja nichts verschreien soll, mit etwas gutem Willen und ausreichend Phantasie ließe sich wohl auch der Wildschütz als revolutionäres Klassenkampfdrama und der Waffenschmied als Emanzipationsstück("Wir armen, armen Mädchen...") hindrehen. Ist also vielleicht sogar besser, wenn sie derzeit etwas Schonzeit genießen. :D


    Mit nicht ganz ernstgemeinten Grüßen
    Kurt

  • Zitat

    Original von Theophilus
    Die Gilbertschen Texte sind alles andere als leicht verständlich, da sie voll von Anspielungen auf das damalige gesellschaftliche Leben sind. Übersetzbar sind sie fast überhaupt nicht, da die vielen Wortspiele hoffnungslos auf der Strecke blieben.


    Mutatis mutandis gilt dies ja auch für Offenbach. Und da wird übersetzt, neugeschrieben, usw. Und danach wird diese geänderte Fassung sogar augenommen und auf LP/CD verbreitet.


    LG, Paul

  • Darf ich mal allgemein nach Deutschland die Frage richten, wieviele Häuser mit Repertoirebetrieb es noch gibt?


    in Österreich ist das phänomenale, daß es drei Häuser gibt (Wien Staatsoper, Volksoper und Graz)



    der Stagione Betrieb, bei dem nur ein (oder zwei) Stücke mehrere Male gespielt werden, bevor ein nächstes kommt, scheint finanziell leichter zu organisieren sein. (und hat natürlich künstlerische Vorteile, da man sich ganz auf eine Produktion konzentrieren kann - dafür gibt es aber keine Abwechslung...)


    ein großes Problem scheint IMO die musikalische Planung der Orchesterproben zu sein - das Kontingent für eine Spielzeit ist begrenzt, Überstunden und Zusätzliche Proben gibt es (praktisch) nicht.
    Das macht es sehr schwierig, kompliziertere Stücke im Repertoire zu halten.



    ich denke, daß selten gespielte Stücke zuerst mal in kleineren Häusern gebracht werden sollten - um den "Ertrag" zu prüfen - danach erst in den großen..
    (Mittlerweile glaub ich, das Teure sind leider nur Bühnenbild und Kostüme - das musikalische Personal wäre ja verfügbar )


    In Österreich haben derzeit alle kleinen Häuser den Ehrgeiz, nur noch die größten Stücke herauszubringen. (Ist in Klagenfurt wirklich ein Wozzeck notwendig? So gut das auch ist, daß in dieser kleinen Stadt die meisten Puccini Opern gespielt wurden, eine Vernachlässigung von Operette und "kleinerer" Oper ist offensichtlich.)


    Bei Festivals greift man überhaupt nur auf die Publikusmagneten zurück...


    Wer also soll sich dieser Stücke annehmen und das Risiko tragen?


    IMO könnten freie Produktionen hier einspringen - das bedeutet aber - wenig Budget


    Die Wiener Kammeroper wäre ein Beispiel für ein kleines Haus, das auch unbekanntes Repertoire bringt...


    Wichtig wäre auch die Frage:
    bedeutet " ins Repertoire nehmen" sofort, daß die Stücke auch jährlich gespielt werden müssen?


    Nicht angenommene Stücke sind eigentlich eine Katastrophe für ein Repertoirehaus.
    (z.B: Gräfin Mariza wurde 2002 inszeniert - im Herbst 2006 neu,
    Nacht in Venedig 2004 wurde nur einmal wiederaufgenommen,
    Irrelohe gar nicht, Sophie's Choice nicht, Broucek nicht - das alles bedeutet unheimlich viel Arbeit für wenige, schlecht verkaufte Aufführungen - das sind wirtschaftliche Desaster, wie soll man das rechtfertigen?)
    eine Inszenierung sollte schon ca. 20 Jahre überstehen können - gerade an der Staatsoper gibt es einige Beispiele...


    ich weiß, daß der wirtschaftliche Standpunkt nicht genügt (ich hasse das ohnehin...) wir bräuchten Konzepte, um diese Stücke zu verkaufen!


    Etwas ganz anderes sind entweder konzertante Produktionen (ein schwacher Kompromiß)
    oder "Nebenproduktionen" von Festivals - (Wiener Festwochen oder die Salzburger Spiele könnten sich am ehesten die Versuche erlauben...)


    Wie könnten Taminos hier etwas bewirken?

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Zitat

    Original von Kurt Fischer


    Und damit oute ich mich gleich am Anfang als Verächter modernen Regietheaters, lässt sich wohl nicht vermeiden :D.


    Och, Du - kein Problem - davon gibt es hier mindestens zwei...


    :D

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von tastenwolf
    Darf ich mal allgemein nach Deutschland die Frage richten, wieviele Häuser mit Repertoirebetrieb es noch gibt?


    in Österreich ist das phänomenale, daß es drei Häuser gibt (Wien Staatsoper, Volksoper und Graz)


    Graz ein Repertoirebetrieb ?(


    In der Zeit, in der ich hier bin, wurde bisher nur die Zauberflöte wieder aufgenommen ( sowie nächste Saison wohl die Traviata wiederaufgenommen wird ), sonst waren alles Neuproduktionen oder Übernahmen/Zusammenarbeiten von/mit anderen Häusern.


    zum Thema: Ich hatte vor ein paar Wochen die Möglichkeit mir bei einem Freund einen Klavierauszug einer Salieri-Oper anzuschauen, und es hat schon seinen Grund warum die nicht mehr allzuoft aufgeführt wird ( hab "leider" den Namen der Oper vergessen :rolleyes: )

  • Karlsruhe:


    Premiere A am 01.10.2005
    SIMON BOCCANEGRA
    Oper in einem Prolog und drei Akten von Giuseppe Verdi

    Wiederaufnahme am 05.10.2005
    EUGEN ONEGIN
    Lyrische Szenen in drei Akten von Peter I. Tschaikowski

    Wiederaufnahme am 15.10.2005
    DER FLIEGENDE HOLLÄNDER
    Romantische Oper in drei Aufzügen von Richard Wagner

    Wiederaufnahme am 22.10.2005
    TOSCA
    Oper von Giacomo Puccini

    Premiere am 29.10.2005
    DIE WALKÜRE
    Ein Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend von Richard Wagner, Text vom Komponisten

    Wiederaufnahme am 04.11.2005
    HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN
    Phantastische Oper von Jacques Offenbach

    Wiederaufnahme am 06.11.2005
    MADAMA BUTTERFLY
    Oper (Japanische Tragödie) in drei Akten von Giacomo Puccini

    Wiederaufnahme am 13.11.2005
    HÄNSEL UND GRETEL
    Märchenspiel von Engelbert Humperdinck

    Wiederaufnahme am 24.11.2005
    DIE ZAUBERFLÖTE
    Oper von Wolfgang Amadeus Mozart

    Premiere am 17.12.2005
    PARISER LEBEN
    Operette in fünf Akten von Jacques Offenbach

    Wiederaufnahme am 21.12.2005
    IL TRITTICO (IL TABARRO - SUOR ANGELICA - GIANNI SCHICCHI)
    Opern-Einakter von Giacomo Puccini

    Wiederaufnahme am 30.12.2005
    LA BOHÈME
    Oper von Giacomo Puccini

    Wiederaufnahme am 15.01.2006
    DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL
    Singspiel in drei Aufzügen von Wolfgang Amadeus Mozart

    Premiere A am 28.01.2006
    IDOMENEO
    Dramma per musica in drei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart

    Wiederaufnahme am 10.02.2006
    DIE HOCHZEIT DES FIGARO
    Oper von Wolfgang Amadeus Mozart

    Premiere am 17.02.2006
    LOTARIO
    Szenische Erstaufführung auf dem Kontinent. Oper in drei Akten von Georg Friedrich Händel

    Wiederaufnahme am 04.03.2006
    CARMEN
    Oper von Georges Bizet

    Premiere am 25.03.2006
    DER KLEINE PRINZ
    Szenische Uraufführung. Romantische Oper in zwei Akten von Nikolaus Schapfl

    Premiere A am 22.04.2006
    MAZEPPA
    Oper in drei Akten von Peter I. Tschaikowski :hello: Eddy

    Premiere A am 18.06.2006
    TURANDOT
    Oper in drei Akten von Giacomo Puccini

    Premiere A am 15.07.2006
    DER FREISCHÜTZ

    :hello:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • L'Opéra National du Rhin - Strasbourg:


    PAN Marc Monnet
    EUGÈNE ONÉGUINE Tchaikovski
    COSÌ FAN TUTTE Mozart
    BENVENUTO CELLINI Berlioz
    DON GIOVANNI Mozart
    CANTATES PROFANES Bach
    DON CARLOS Verdi
    L’ORFEO Monteverdi

    :hello:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zu Gilbert & Sullivan
    Ich sehe das geniale Duo nicht so sehr in der Spielopern-Umgebung als in der der Operette - und zwar in direkter Offenbach-Nachfolge, also satirische Operette mit oft gallig-ironischer Musik, nicht die Wiener Abart.
    Für mich ist das Problem, dass man Gilbert & Sullivan eben nicht umschreiben kann. Da nicht nur einzelne Witze, sondern ganze Werk-Inhalte Parodien auf Zeitumstände oder eben populäre Werke oder ein Zeitgefühl darstellen, sind sie IMHO nicht in unsere Zeit transportabel. Der Verlust tritt auf jeden Fall ein: Entweder das Publikum versteht gar nichts - oder man hat die Stücke ihres tieferen Sinnes beraubt.
    In England hat sich die Tradition eher gehalten - ergo funktionieren die Stücke dort auch nach wie vor ausgezeichnet. Außerhalb von England sind es eher Werke für Taministen - also musikalische Feinschmecker!


    ad "Medea"
    An den Callas-Effekt glaube ich nicht so recht. Erstens haben auch andere Callas-Opern Nach-Sängerinnen gefunden. Zweitens habe ich eine szenische "Medea" in Wien im Jugendstiltheater gesehen. Und obwohl mich Opern aus dieser Zeit wenig interessieren, ist "Medea" eine der wenigen Ausnahmen: Eine dramatische Oper, die zugleich auch die Größe der antiken Tragödie transportiert. Dass das Werk auch ohne Callas über die Rampe kommt, bewies damals Eva Steinsky, die leider nie so Karriere gemacht hat, wie es ihr gebührt hätte.
    Ich vermute, die "Medea"-Missachtung hängt mit einer gewissen Aversion unserer Zeit gegen sogenannten humanistischen Bildungsballast zusammen - weshalb die griechische Antike nicht mehr so wahnsinnig gerne auf die Bühne gebracht wird.


    Insgesamt glaube ich aber, das Problem wurzelt im nachlassenden Wagemut der Opernhäuser. Wenn man Avantgarde-Theater machen will, gibt's Regietheater zu wohlbekannten Stücken - oder eine bald in der Versenkung verschwindende Uraufführung. Oder ein Regietheater-Regisseur will aus irgend einem Grund just ein ganz bestimmtes Werk inszenieren und setzt das bei einem befreundeten Direktor durch. Ergebnis sind dann leider völlig verkrüppelte Stücke. Mein Extrembeispiel: John Dew hat in Bielefeld Schrekers "Irrelohe" eine völlig neue Handlung übergestülpt und so nebenbei die Szenenfolge durch Striche und Umstellungen verändert.


    Kaum ein Opernhaus sieht noch die Repertoirepflege, also einen von den Werken her entwickelten Spielplan, als zentrales Anliegen. Man spielt für das Feuilleton, nicht für das Publikum und nicht im Dienst der Musikgeschichte.
    Für mich ist es in diesem Sinne weitgehend gleichgültig, ob man Monteverdis "Orfeo" ignoriert oder Messiaens "Saint Francois". Ich mache diesbezüglich keinen Unterschied zwischen Epochen, die mich mehr und solchen, die mich weniger interessieren. Nur stimmt es mich traurig, wenn Gounods "Faust" eine Neuinszenierung erfährt, weil der Regisseur einen Mephisto zeigen will, der ins Weihwasserbecken pinkelt - aber es fehlen die musiktheatralischen Bausteine der Musikgeschichte von Monteverdi bis in die Gegenwart.


    Angesichts solcher Premieren- und Repertoirepolitik werden, fürchte ich, viele Opern, die dem Vergessen entrissen werden sollten, diesem weiterhin anheim fallen.

    ...

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  • Das Phänomen, daß im 19. Jh. in Deutschland viele Opern, darunter gute, ja sogar bedeutende, entstehen, welche zwar mit Erfolg aufgeführt werden, alsbald jedoch wieder in der Versenkung verschwinden, nennt der Musikhhistoriker Theodor Kroyer das der "circumpolaren" Oper.
    Das Interesse der Musikwelt ist damals auf Richard Wagner wie auf einen attraktiven Pol gerichtet. Da es jedoch zu den damaligen Pflichten eines Hofkapellmeisters und GMD in Städten mit aufblühender Kulturlandschaft gehört, Opern und Symphonien eigener Produktion aufzuführen, ist das Bild des damaligen Musiklebens vor allem durch zeitgenössische Werke geprägt, für welche zwar immer wieder Interesse aufflammt, aber umso schneller zugunsten des Interesses an der "polaren" Oper erlahmt.
    Das tatsächlich erstaunliche ist nun, daß die "circumpolaren" keine epigonalen Werke sind, Wagner 2. Klasse.
    Als Beispiel sei hier der leider völlig in Vergessenheit geratene Johann Joseph Abert genannt.
    Sein Verdienst besteht quasi in der Schaffung eines Gegenpols zu Wagners Werken. Ein Rezensent formulierte schon bei der Uraufführung seiner ersten Oper "Anna von Landskron":
    Während Wagner eine epische symphonische Oper erzeugt hat, finden wir bei Abert als den Schöpfer einer lyrischen symphonischen Oper, und das ist das große Verdienst, das sich dieser strebsamer Künstler um die moderne Oper erworben hat.
    Aberts vielleicht bestes Werk "Ekkehard" gibt es immerhin auf zwei Silberlingen mit dem SWR RO unter Peter Falk.


    Ähnlich erging es da wohl Hermann Goetz, der mit "Der Widerspenstigen Zähmung" die vielleicht beste komische Oper Deutschlands im 19. Jh. schuf. Ihr war nach etlichen Fürsprachen Hans von Bülows, die zur Uraufführung 1874 am Mannheimer Nationaltheater führte, sogar ein durchschlagender internationaler erfolg beschieden (Aufführungen in England!). Doch auch dieser Ruhm war nur von kurzer Dauer.




    Mir völlig unbegreiflich ist das Verschwinden der Oper "Arianne und Blaubart" von P. Dukas. Ein Meisterwerk (wie eigentlich alles von dem quantitativ bescheidenen OEuvre des Franzosen), fand dieses die Bewunderung vieler Komponisten und Musiker, so u.a. Berg, Schönberg, aber auch Dirigenten wie Bruno Walter.
    Man werfe einen Blick in den Bielefelder Katalog. Es gibt keine einzige Einbspielung.
    Lediglich eine Arie auf irgendeiner verschrobenen Sampler-CD.
    Bei Dussmmann trägt eine Uralt-Einspielung eines mir unbekannten Labels ein trauriges Ladenhüter-Dasein.


    @Edwin:


    Ist Dir eine (klangtechnisch) akpeztable Gesamteinspielung bekannt?



    LG
    Wulf.

  • Zitat

    Original von musicophil


    Mutatis mutandis gilt dies ja auch für Offenbach. Und da wird übersetzt, neugeschrieben, usw. Und danach wird diese geänderte Fassung sogar augenommen und auf LP/CD verbreitet.


    LG, Paul


    Die Ähnlichkeit besteht darin, dass Offenbach so auf den Text komponiert, der meist auch sehr pointiert ist, dass man nahezu unlösbare Probleme mit einer brauchbaren Übersetzung hat. Bei einigen Stücken funktioniert aber ganz gut das Verfahren, französisch zu singen und die Texte zu übersetzen, da seine Stücke handlungsmäßig oft mehr hergeben. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man Übertitel für die französischen Gesangstexte anbieten kann.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Es dürfte die einzige Plattenaufnahme sein, also die, die du schon gesehen hast ( aus 1968 ). Im Jänner 2005 hatte eine Inszenierung eine hochgelobte Premiere in Zürich, im Mai 2006 wird Bertrand de Billy eine konzertante Aufführung in Wien bestreiten (mit Deborah Polaski; der ORF produziert)!


    Bemerkenswert ist, dass diese 1907 herausgekommene Oper bereits 1908 von Alexander Zemlinsky in Wien aufgeführt worden ist!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Wulf,


    Zitat

    Mir völlig unbegreiflich ist das Verschwinden der Oper "Arianne und Blaubart" von P. Dukas. Ein Meisterwerk (wie eigentlich alles von dem quantitativ bescheidenen OEuvre des Franzosen)


    Ja, das kann auch ich voll und ganz bestätigen! Paul Dukas gehört ebenfalls zu meinen hoch geschätzten Lieblingen, insbesondere sein Ballett 'La Péri'.


    Auch seine einzige Oper, das lyrische Märchen in 3 Akten 'Ariane et Barbe-Bleue' (komponiert 1899-1906) hätte es verdient, häufiger gespielt zu werden.


    Zitat

    Ist Dir eine (klangtechnisch) akpeztable Gesamteinspielung bekannt?


    Ich bin zwar nicht Edwin, aber ich kann Dir trotzdem eine - wie ich mich dunkel erinnern kann - sowohl interpretatorisch wie klangtechnisch sehr gute Aufnahme empfehlen, die auf dem Cover als Weltersteinspielung bezeichnet wurde:


    Ariane - Katherine Ciesinski, Barbe-Bleue - Gabriel Bacquier, La Nourrice - Mariana Paunova, Sélysette - Hanna Schaer u. a.
    Choeurs de Radio France, Nouvel Orchestre Philharmonique, Armin Jordan
    Digital-Aufnahme: Paris, 01/1983
    Diese Erato-Produktion besitze ich noch auf LP: Erato NUM 750693 oder Erato 803401 (3 LP)
    (Kurioserweise ist auf der dritten LP nur eine Seite bespielt. Die zweite Seite hat keine Rille.)
    Die CD-Ausgabe hatte die Bestell-Nr.: Erato ECD 88097 (2 CD).


    Hier noch zwei Kommentare zur Musik und zur Einspielung:


    R. Stephan in Audio 12/1983: "Diese Oper ist nicht nur vom ersten bis zum letzten Takt ein einziger Geniestreich, sie bietet auch - dank ihrer raffinierten Tonsprache und ihres formalen Schwungs - jede Menge akustisches Material für Genußhörer. Armin Jordan und sein erstaunlich präzis spielendes Orchester kosten die Reize der stilistisch zwischen Wagner, Bizet und Debussy angesiedelten Partitur voller Temperament aus."
    Orpheus 03/1984: "... unbedingt empfehlenswerte Aufnahme."


    Schöne Grüße
    Johannes

  • Edwin schrieb:


    Zitat

    An den Callas-Effekt glaube ich nicht so recht. Erstens haben auch andere Callas-Opern Nach-Sängerinnen gefunden.


    Nun, es gibt eine Reihe von Callas-Mitschnitten der Medea. Nach ihr haben Gwyneth Jones, Leonie Rysanek und Sylvia Sass diese Rolle bewältigt. Man sieht schon, wo das hinausläuft: hochdramatischer Belcanto. Nun erklär mir, o Edwin, wieviele Sängerinnen dieses Typus dir auf die Schnelle einfallen?


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • im Gespräch mit einem Sänger über das Thema seltene Opern meinte er, daß gerade ein mittelgroßes Haus der Platz für "Experimente" wäre...
    die Volksoper Wien sollte sich weniger als Konkurrenz zur Staatsoper sehen, sondern gerade im Spielopernbereich - warum nicht auch andere "Klassische" und Barocke... die Hauptbetätigung finden.


    Was meint ihr dazu?


    ich denke immer mehr darüber nach, wie sehr man die Spielplanbildung beeinflussen könnte...


    das "Ausprobieren" eines vergessenen Stücks hat ja viel weniger mit einem Wagnis einer Uraufführung zu tun, als mit Meinungsbildung - es geht nicht um den Vergleich: Mozart Zeitgenossen gegen Amadeus... sondern um stilistische Vervollständigung.


    Solange man die großartigen Werke aus Mozarts Zeit nicht kennt, wird "der eine" immer in den Himmel gehoben ,..als gäbe es in dieser Zeit nichts anderes...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Zitat

    Nun erklär mir, o Edwin, wieviele Sängerinnen dieses Typus dir auf die Schnelle einfallen?


    Die Rolle müssten ungefähr jene Sängerinnen schaffen, die eine Sieglinde singen, eventuell eine (jugendlich leichtere) Brünnhilde, eine Isolde, eine Elsa, eine Salome. Und ich denke schon, o Theophilus, dass die "Walküre", "Tristan und Isolde", "Lohengrin" und "Salome" so ab und zu auf den Spielplänen stehen.
    (Mir ad hoc einfallende Namen: Schnaut, Polaski, Merbeth, Voigt, Fleming, Hedwig Fassbender...)


    :hello:

    ...

  • Hallo Tastenwolf,


    Glücklicherweise stehe ich auf keiner Vorschlagsliste vor die Volksoperndirektion - und so kann ich frei sprechen.


    Der Name ist eigentlich schon Programm.


    ich würde an der Voksoper folgendes Repertoire etableren:


    Die deutsche Spieloper in "Klassischen" Inszenierungen mit betörend schönen Bühnenbildern, ditto die französische - ein wenig englische Oper.


    Lortzing: Zar und Zimmermann
    Paisiello: Il Barbiere di Siviglia
    Auber: Fra Diavolo


    Dittersdorf: Doktor und Apotheker
    Gilbert und Sullivan: The Pirates of of Penzance
    Weber: Der Freischütz


    Freundliche Grüße


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Die Rolle müssten ungefähr jene Sängerinnen schaffen, die eine Sieglinde singen, eventuell eine (jugendlich leichtere) Brünnhilde, eine Isolde, eine Elsa, eine Salome. Und ich denke schon, o Theophilus, dass die "Walküre", "Tristan und Isolde", "Lohengrin" und "Salome" so ab und zu auf den Spielplänen stehen.
    (Mir ad hoc einfallende Namen: Schnaut, Polaski, Merbeth, Voigt, Fleming, Hedwig Fassbender...)


    :hello:


    So einfach ist es nun wirklich nicht. Um eine Medea zu singen, muss man eine wirklich tolle Sängerdarstellerin und versiert im italienischen Fach sein (obwohl es offiziell eine französische Oper ist). Schnaut und Polaski haben schon längst vergessen, was das überhaupt ist, und wussten sowieso nie, was Belcanto ist. Ricarda Merbeth hat Mimi(!) als einzige italienische Rolle im Repertoire, Hedwig Fassbender überhaupt keine, Renée Fleming wäre als Medea die Fehlbesetzung des Jahrhunderts (würde das Ansinnen aber wahrscheinlich als verrückt abtun; sie hat auch nie schwere Rollen gesungen; und du kannst sie dir als rachedürstende Furie vorstellen? - beeindruckend! ;) ).
    Bleibt also Deborah Voigt, und ja, ich glaube, sie hätte das in ihrer "italienischen Zeit" recht gut hingekriegt, wenn sie gewollt hätte. Aber jetzt scheint sie sich ja vollständig auf das schwere deutsche Fach spezialisert zu haben. Und da führt kein Weg mehr zurück zur Medea.


    Also Fehlanzeige auf ganzer Linie. Ich warte auf einen nächsten Versuch. :D



    PS: Eva und Elsa als Medea? - Nie und nimmer! Die Sieglinde Angela Denoke hat mit dieser Partie in Salzburg ziemlichen Schiffbruch erlitten (und das konzertant!). Eine Salome ist schon viel eher geeignet. Aber kaum eine gute Salome würde einen riskanten Abstecher zu dieser äußerst heiklen Partie machen, sie würde weiter gutes Geld mit der Tetrarchentochter scheffeln....


    Es könnte auch sein, dass diese Rolle sehr gefährlich für Stimmen ist, so daß niemand diese Partie anstrebt, wenn nicht ein persönliches Bedürfnis vorhanden ist. Die Karriere ist wichtiger. Auch eine Lucia Aliberti, die das mit Sicherheit vorzüglich gekonnt hätte, scheint einen weiten Bogen um die Partie gemacht zu haben.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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