Hallo, liebe Taminas und Taminos,
Fernsehsendungen wie der Musikanten-Stadl und ähnliches vermitteln ein ganz falsches Bild der Volksmusik. Volksmusik war, wenn ganz ungezwungen etwa bei Arbeiten in der Küche oder auf dem Feld, abends oder beim Besuch von Gästen gesungen wurde. Da konnte jemand eine Melodie anstimmen, und es wurde nicht darüber diskutiert, sondern mitgesungen, die Melodie abgewandelt oder erweitert. Volksmusik fand statt, wo heute gern das Radio oder die Hifi-Anlage angeschaltet wird. Volksmusik war auch eine Möglichkeit, dem zu entgehen, was heute als Streit-Kultur bezeichnet wird. Da konnten aus einem Missmut über den Partner heraus Spott-Lieder gesungen werden, die dieser mit eigenem Spott beantwortete, bis sich die böse Stimmung auflöste und ein Streit geschlichtet war, ohne viele Worte, die doch oft zu keinem Ergebnis führen.
Natürlich ist dies auch eine beschönigende Sicht, aber was heute unter Volksmusik verstanden wird, geht noch viel stärker in die falsche Richtung.
Die ernste Musik wird in gewisser Weise ihrem Namen gerecht. Da wurde die Musik in das eigene Musizier-Zimmer verbannt und war oft – nicht immer! – mit Strenge und Konkurrenz verbunden. Musik wird nach Werken beurteilt und nicht aus der sozialen Situation heraus, in der musiziert wird.
Der Verlust der Volksmusik hat zu einem Unbehagen geführt, worauf bisweilen neue Entwicklungen wie Blues, Jazz oder Pop zu reagieren versuchen. Das sind die positiven Momente, wo wertvolle wichtige Impulse entstehen.
Und Pop-Musik reagiert auf die veränderten technischen Bedingungen, in denen Musik entsteht: die Verbreitung durch Radio, Musik-Kassetten, in Kaufhäusern und Filmen als auch die Einführung neuer technischer Möglichkeiten mit elektronischen Hilfsmitteln.
Dieser Thread über Volksmusik und Pop möchte daher Fragen wie diese aufwerfen:
Gibt es noch Reste der Volksmusik oder ist sie endgültig tot? Gibt es Möglichkeiten, sie wieder zu beleben?
Ist die Pop-Musik nur ein Beispiel für manipulierende Unterhaltungsindustrie und Starkult oder hat sie eine eigene Dynamik, in der sich sonst ungehörte Gefühle und Ideen äußern können?
Wie ist die Abwendung der klassischen Musik von der Pop-Musik zu erklären, die einem freiwilligen Rückzug ins Abseits ähnelt?
Viele Grüße,
Walter