Johannes Brahms: Klaviertrio Nr. 1 H-Dur, op. 8

  • Liebe Forianer,


    Ich erinnere mich ganz genau. Es war zwar vor mindestens 25 Jahren, wenn nicht länger und es war Sonntag. Das Telefon läutete.
    Freikarten waren zu haben. Das hieß nicht, daß ich ins Konzert durfte, nein es war eine gewisse Ver pflichtung damit verbunden. In jener Zeit wüurde ich mit Freikarten geradezu überschüttet.
    Einzige Bedingung: 'Man durfte NIE absagen. Das hätte das Versiegen der Quelle bedeutet. Man bekam die Karten nämlich dafür, daß man Säle füllte (und man musste elegant angezogen erscheinen)Wer da nein sagte, war nicht mehr drinnen im Spiel.
    Also ich hatte gerade an diesem Tag keine Lust, noch dazu wo das Konzert in 2 Stunden begann, kaum Zeit um das passende Eau de Cologne auszusuchen ,-)l
    Was war denn auf dem Programm ? Kammermusik ?- Auch das noch !!
    Von wem ? Braahhhms ?? Erbarmen !!
    So lernte ich Brahms 1. Klaviertro op 8 im Brahms-Saal (reiner Zufall) des Wiener Musikvereins kennen, gespielt vom Wiener Haydn Trio.
    In jener Zeit war ich der Ansicht Brahm sei sperrig und trocken, aber schon nach den ersten Tönen war ich begeistert. Wesentlich lieblicher und charmanter, als ich es von den Sinfonien, die mir damals düster und verworren erschienen, gewohnt war, präsentierte sich dieses Klaviertrio. Am Schluß war es ein unvergesslicher Abend.
    Um die Sache kurz zu machen: Einige Themen, speziell des ersten und des zweiten Satzes besitzen regelrechte Ohrwurmqualitäten, die auch den Kammermusik-Einsteigern dieses Werk schnell näherbringen werden, ich würde sogar sagen, daß sie es lieben werden.


    Die Naxos Aufnahmen mit dem Wiener Klavier Trio ist ein preiswerter Einstieg, und ein guter noch dazu. Das Ensemble spielt aucher für Naxos auch für Nimbus records und für MDG ein....



    Alternativen sind gern gesehen, äh gehört.



    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Damit dieser Thread über diese wunderbare Musik nicht ganz verloren geht, steuere ich hier mal meine kleinen Erfahrungsfünkchen bei :).
    Ich kenne das Trio nur in einer Aufnahme, die bei Brilliant Classics unter dem brahmschen Gesamtkammermusikwerkboxset :stumm: dabei ist. Das hat mich auf jeden Fall sehr begeistert, doch leider höre ich es nicht zu oft, weil ich auch noch zuviel andere gute Musik habe, die auch gehört werden will :(/ =).
    Alfred, du hast völlig recht, die Melodien haben echten Ohrwurmcharakter, in positiver Sichtweise!


    Viele Grüße, Bussies, etc.etc.etc.etc..............Nubar

  • Hallo Alfred !


    Auf das Klaviertrio op.8 wurde ich im April aufmerksam.
    Damals erschien eine Doppel CD bei Virgin aller
    drei Klaviertrios von Brahms mit den Brüdern Capukon und
    Nikcholas Angelich am Klavier.


    Erst zu diesem Zeitpunkt habe ich die Trios, die ich schon vorher ab und zu mal hörte, erst lieen gelernt.


    Diese Aufnahme ist absolut emphelenswert.


    Gruss
    Holger

  • Eine ganz wunderbare Aufnahme dieses Trios ist diejenige von Zacharias, Hölscher, Schiff, die es bei der EMI mal gab, auch wenn es schon eine arge Unverschämtheit war, nur dieses Trio auf CD zu pressen. Viel bedauerlicher allerdings, dass dieses Trio nicht weiter zusammengearbeitet hat .Die Kammermusik von Brahms ist hervorragend wiedergegeben worden von Domus, einem englischen Ensemble, damals auf dem label virigin. Das war perfektes Zusammenspiel, wiedergegeben in transparenter Technik.


    Wenn man solche großartigen Ensembles hört, für mich sind dies alles Referenzaufnahmen, bedauert man den ökonomischen Wiedergang der Klassiksparte besonders. Denn zumeist spielen diese Aufnahmen wohl nicht genug Geld ein und werden gestrichen.

  • Über die Schönheit des h-Dur Trios wurde ja bereits alles notwendige gesagt. Auch mich hat das Stück vom ersten Hören an begeistert.


    Meine Lieblingsaufnahme ist eine ältere mit Szering, Rubinstein und Fournier, eine atemberaubend schöne Performance, die ich mal von einem Freund geborgt bekam. War glaube ich eine RCA-Aufnahme. Vor ca. zwei Jahren war sie nicht zu bekommen, aus dem Katalog gestrichen. Was soll, dafür stehen ja jetzt andere Genies wie beispielsweise "Bond" im Laden herum, die machen ja auch Kammermusik. :rolleyes::(


    Gruß
    Anti

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  • Sagitt meint:


    Diesen Höreindruck möchte ich bestätigen. Auch diese Aufnahme bezieht sich auf die von Brahms bearbeitete Fassung. Hört man die Originalfassung, ist man erst einmal irritiert. Brahms hat später vor allem gestrafft. So sind die Hörgewohnheiten, nun kommt einem die Originalfassung ein wenig redundant vor. Deswegen ist es duchaus in Ordnung, dass praktisch nur die spätere Besarbeitung auf dem Markt ist.
    Die Brüder Capucon bekommen durch den Klassikpreis 2004 sicher eine gewisse Bekanntheit und alle, die die Verleihung im Fernsehen gesehen haben, werden die Kunst der beiden bewundert haben. Der Pianist Angelich war mir bisher unbeschriebenes Blatt, ist aber kongenialer Partner ( fast sogar ei wenig zu präsent). Enorm, wie er Brahms auftrumpfen lässt, am Ende des dritten Satzes, zugleich aber hohe Anschlagskultur in allen Passagen. Virgin bietet mal wieder die adäquate Technik dazu.


    Man kann nur allen raten, einmal reinhören und anfangen, sich für Kammermusik zu begeistern.

  • Sagitt meint:


    Heute endlich das Trio Suk,Starker,Katchen bekommen. Alle drei großartige Solisten, zusammen ebenso fulminant. Der Klang dieser Aufnahme ist ein wenig hallig ( ich glaube, eine Decca-Marotte aus den sechziger Jahren)..Über caiman bei uns auch erhältlich. Und in jedem Fall eine der Spitzenaufnahmen dieses großartigen Kammermusikwerks- ein guter Einstieg für Anfänger.
    Anhören lohnt sich wirklich !

  • Es ist wirklich nicht einfach, eine Aufnahme der Urfassung zu bekommen. Die auffälligste Änderung zwischen den beiden Kompositionen ist sicher die Streichung im 2. Thema des Schlusssatzes der 1. Fassung (1854) aus Beethovens Liederzyklus "An die ferne Geliebte" und daraus "so nimm sie denn hin meine Lieder". Robert Schumann soll diese Zeile selber öfter als Huldigung an Clara zitiert haben.


    Eine Aufnahme der Urfassung hat das Abegg Trio eingespielt (zusammen mit dem Trio op. 87) leider ohne Foto. Meine Aufnahme der späteren Fassung von 1889/1990 - die Brahms scherzhaft op. 108 genannt haben soll - ist ein Live-Mitschnitt der "Spannungen" mit Lars Vogt, Christian Tetzlaff und Boris Pergamenschikow. Das Kammermusikfestival "Spannungen" wurde 1998 von Lars Vogt gegründet und findet jährlich im Juni in einem Jugendstil-Wasserkraftwerk in der Eifel statt. In dieser Woche sind die Turbinen natürlich ausgeschaltet :D, eine Besichtigung dieses ungewöhnlichen Konzertsaales lohnt sich. Die Konzerte sollen inzwischen lange im voraus ausverkauft sein.



    Die Zeiten der beiden Einspielungen sind (die Urfassung in Klammern):
    1. Allegro 13.20 min (18.00 min.)
    2. Scherzo 6.14 min (6.13 min.)
    3. Adagio 7.33 min. (8.39 min.)
    4. Allegro 6.17 min. (9.32 min.)


    Sophia

  • Hallo Sophia,


    Zitat

    Original von S.Kirch
    Eine Aufnahme der Urfassung hat das Abegg Trio eingespielt (zusammen mit dem Trio op. 87) leider ohne Foto.


    Dann reichen wir eines nach :hello::



    Beide Fassungen des op.8. hat auch das Altenberg Trio Wien in seiner - wohl gerade leider vergriffenen - sehr schönen Gesamtaufnahme der Brahms-Trios eingespielt:



    Die Brüder Capucon mit Angelich am Klavier (gefällt mir noch einen Tick besser als die Altenbergs) haben die Chance und den freien Platz auf der zweiten CD leider verpasst, auch noch die 1854er-Fassung des op. 8 einzuspielen. Trotzdem: Die Aufnahme ist zweifellos eine der besten Kammermusikaufnahmen, die mir seit langem untergekommen ist (die andere, die mir direkt einfällt, ist auch von den Capucons: Ravel):



    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • hallo,


    vor gut 25 jahren lernte ich brahms' 1. klaviertrio mit der interpretation ulf hoelschers, heinrich schiffs und c. zacharias' kennen. eine top-interpretation. die doppel-cd mit den capucons und angelich habe ich auch, finde sie eher etwas lau ! gerade im ersten satz des 1. trios wird ein allegro con brio verlangt, was bei den musikern zum allegretto wird. sehr zerdehnt !


    für mich top of the top die aufnahme aus den 70er jahren mit dem 80-jährigen arthur rubinstein und heenryk szeryng/pierre fournier. sehr präsenter klang, rubinstein spielt seinen sonoren ton voll aus und reißt die streicher mit. und hier: tatsächlich allegro con brio !



    gruß, siamak

    Siamak

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  • Zitat

    Original von sagitt
    Sagitt meint:


    Heute endlich das Trio Suk,Starker,Katchen bekommen. Alle drei großartige Solisten, zusammen ebenso fulminant. Der Klang dieser Aufnahme ist ein wenig hallig ( ich glaube, eine Decca-Marotte aus den sechziger Jahren)..Über caiman bei uns auch erhältlich. Und in jedem Fall eine der Spitzenaufnahmen dieses großartigen Kammermusikwerks- ein guter Einstieg für Anfänger.
    Anhören lohnt sich wirklich !


    Hallo,


    ja, die Aufnahme ist ein Traum! Ich kenne sie nur auf LP. Da klingt sie, über eine gute Anlage gehört, gar nicht hallig, sondern wunderbar authentisch in der räumlichen Anordnung der drei Musiker.


    Eine interessante Alternative: Das Suk-Trio! Ich weiß allerdings nicht, ob Supraphon das schon auf CD wiederveröffentlicht hat.


    Freundliche Grüße


    Heinz

  • Die Karl-Rahner-Akademie in Köln bietet zum Klaviertrio Op. 8 eine Art Seminar (Gesprächskonzert) an. Drei Termine von jeweils 2 Stunden (vormittags), unter Mitwirkung der örtlichen Musikhochschule.


    Dazu habe ich mich gerade angemeldet, am 1. März geht es los. Falls also noch jemand aus dem Kölner Raum Lust und Zeit hat ...
    Einfach mal unter deren Website nachgucken odr PN an mich.


    Auf alle Fälle werde ich dann hier über meine neuesten Erkenntnisse berichten.


    Mit Gruß von Carola :hello:

  • Hallo allerseits!


    Ich habe mir vor kurzem die Aufnahme mit Rubinstein/Heifetz/Feuermann ausgeborgt, die mich voll zufriedenstellt. Schon von den ersten Takten bin ich fasziniert (von Feuermann ohnehin). Ich möchte mir aber noch die Aufnahme mit Rubinstein/Szeryng/Fournier besorgen, lt. Beiheft hat Rubinstein diese zweite Aufnahme als seine bevorzugte bezeichnet.


    @ Carola:
    Es wär toll zu hören, was Du bei dem Gesprächskonzert über dieses Werk lernst, es würde mich auch sehr interessieren, aber leider ist der Weg etwas weit. :motz:


    Liebe Grüße :hello:
    Terpsichore

  • Liebe Taminos und Paminas,


    hinweisen möchte ich auf eine recht interessante Aufnahme von Barhms Klaviertrio durch das "Trio opus 8", die inzwischen meine Lieblingsaufnahme geworden ist (ich habe auch noch andere gute Einspielungen, z.B. die wunderbare Einsielung mit Stern, Rose, Istomin ...).


    Was an anderer Stelle in einer Konzertkritik über das Trio steht (Die "Herren des Trio Opus 8 kennen sich in- und auswendig, scheinen gleichzeitig ein- und auszuatmen. Sie sprechen eine gemeinsame, pointierte Sprache."), gilt auch für die Aufnahme von Brahms Klaviertrio.







    Ich habe einmal gehört, dass sich Hauber, Fischer und de Secondi über das Musizieren von Brahms Klaviertrio 'gefunden' haben und sich deshalb nach diesem wunderbaren Stück nennen. (Sogar wenn es erfunden sein sollte, hört es sich gut an.)

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Zitat

    Original von Andrew


    Ich habe einmal gehört, dass sich Hauber, Fischer und de Secondi über das Musizieren von Brahms Klaviertrio 'gefunden' haben und sich deshalb nach diesem wunderbaren Stück nennen. (Sogar wenn es erfunden sein sollte, hört es sich gut an.)




    Hallo Andrew,


    es hört sich nicht nur gut an, es ist auch tatsächlich so gewesen.


    Jedenfalls steht das in dem Booklet der ebenfalls sehr schönen Aufnahme der Schumann-Klaviertrios mit dem Trio Opus 8.






    "Die Interpreten Michael Hauber, Eckhard Fischer und Mario de Secondi wählten für das Ensemble den Namen Trio Opus 8, weil sie sich beim Studium des H-Dur Trios Op. 8 von Johannes Brahms zusammengefunden hatten. Gleichzeitig weist der Name auch auf Kompositionen der gleichen Werkzahl hin, die von Chopin, Pfitzner, und Shostakovich für die Klaviertrio-Besetzung geschrieben wurden."


    Mit Willkommensgruß von Carola :hello:

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  • Zitat

    Original von Andrew
    hinweisen möchte ich auf eine recht interessante Aufnahme von Brahms Klaviertrio durch das "Trio opus 8", die inzwischen meine Lieblingsaufnahme geworden ist


    Dieses Trio hat auch die deutlich längere "Urfassung" von op. 8 eingespielt (ich habe nur diese Einzel-CD), sehr interessant zu hören, wenngleich die knappere revidierte Version wohl zu recht die verbreitete ist. Die Schubert-Trios mit diesem Ensemble fand ich ebenfalls sehr gut.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Sagitt meint:


    Natürlich kannte ich, wie die meisten, als erstes die überbearbeite Fassung von 1891 ?. Als ich dann das erste Mal die Urfassung, 1854 ?, hörte, dachte ich, wie geschätzig- wie gut, dass Brahms das Werk selbst überarbeitet hat- er war ja so kritisch mit seinen eigenen Werken.
    Inzwischen frage ich mich aber, ob ich nicht nur meiner Hörgewohnheit zum Opfer falle.


    Eine ganz andere Frage ist,ob es von der Frühversion sehr gute Aufnahmen gibt. Ich kenne keine, die an die besten Aufnahmen der späten heranreichen.

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    In jener Zeit war ich der Ansicht Brahm sei sperrig und trocken, aber schon nach den ersten Tönen war ich begeistert. Wesentlich lieblicher und charmanter, als ich es von den Sinfonien, die mir damals düster und verworren erschienen, gewohnt war, präsentierte sich dieses Klaviertrio. Am Schluß war es ein unvergesslicher Abend.
    Um die Sache kurz zu machen: Einige Themen, speziell des ersten und des zweiten Satzes besitzen regelrechte Ohrwurmqualitäten, die auch den Kammermusik-Einsteigern dieses Werk schnell näherbringen werden, ich würde sogar sagen, daß sie es lieben werden.


    Ich habe jetzt nicht nachgesehen, ob schon jemand hierauf reagiert hat, aber gewissermaßen sind die Ohrwürmer und die fehlende Trockenheit die Schwachstellen von Brahms' Frühwerk (er war quasi noch nicht ganz trocken hinter den Ohren).
    :D
    Brahms gilt als großer Komponist etwa wegen:
    Komplexität durch Neudeutung historischer Formen
    schlüssige Konstruktivität im Kleinen und im Großen, den gesamten musikalischen Ablauf betreffend (nicht nur die Durchführungsteile)
    woraus sich eine neue Abstraktionsqualität ergibt (mal wieder so eine Bach-Figur in der deutschen Musik), die besonders "rein" erscheint, wenn die Themen völlig uninteressant werden (z.B. 4. Symphonie, 1. Satz)
    und seine musikgeschichtliche Bedeutung wird dann durch die Vorbildfunktion für Schönberg überdeutlich, was letzterer durch den Begriff "entwickelnde Variation" klarstellt.


    Nun, die Höhe der Klaviertrios 2 und 3 erreicht Brahms natürlich nicht aus dem Stand, er muss sich erst aus Schumann- und (im Falle von op. 8 wohl besonders: ) Mendelssohn-Nachfolge (Ohrwürmer, romantisches Schwelgen) herausarbeiten. Insofern ist das 1. Klaviertrio vor allem für die Entwicklung von Brahms zu seinen Meisterleistungen hin interessant.


    Freilich ein tolles Stück, mir ging es nur darum, auf die merkwürdige Schieflage hinzuweisen, der die Klaviertrios des romantischen Bach in unserem Forum ausgeliefert sind.


    PS: Bevor man mir die vereinfachende Darstellung an den Kopf wirft: Ich weiß schon, dass z.B. in der 3. Symphonie auch herumgeschwelgt wird ...


  • Ich weiß ja nicht, was Du bei Mendelssohn für Werke im Blick hast, aber "romantisches Schwelgen" verbinde ich mit diesem Komponisten eher nicht.
    Für den jungen Brahms (und nicht nur den) ist Schubert ein weiterer wichtiger Einfluß, stärker zwar zB im Sextett op.18, aber auch im Trio.
    Die Straffung durch die Überarbeitung ist obendrein beträchlich. Die Urfassung enthält wie oben schon jemand sagte, etliche Zitate und dazu im Kopfsatz ein später völlig gestrichenes fugiertes Thema, das recht wenig mit dem Rest zu tun hat.
    Allerdings ist Brahms schon in relativ frühen Werken zu beachtlicher Dichte, Konzentration und Schlüssigkeit imstande. Besonders wären hier m.E. das g-moll-Klavierquartett (Schönberg hat gewiß nicht zufällig gerade dieses Stück instrumentiert) und das f-moll-Klavierquintett zu nennen.


    Dennoch ist es überraschend, dass die beiden anderen Trios anscheinend noch gar nicht erwähnt wurden...Das C-Dur habe ich ewig nicht gehört, das habe ich als ein ziemlich seltsames Werk in Erinnerung (mehr klassizistisch als wirklich sperrig), das relativ späte c-moll ist großartig, ebenso wie das Klarinettentrio.
    Es ist ja glücklicherweise keineswegs so, dass die Qualitäten von Brahms notwendig "Trockenheit" mit sich führen...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Ich weiß ja nicht, was Du bei Mendelssohn für Werke im Blick hast, aber "romantisches Schwelgen" verbinde ich mit diesem Komponisten eher nicht.


    Also Mendelssohn schwelgt im Gegensatz zu Schumann schon in melodiösen Kantilenen - auch in den Klaviertrios - während Schumanns Themen schon durch Akzente, Sforzati und sonstige Vortragszeichen dermaßen komplex gegliedert sind, dass das Baden im Instrumentalschönklang weniger angesagt ist. Vielleicht ist "romantisches Schwelgen" der falsche Begriff dafür gewesen. Jedenfalls denke ich bei Brahms op. 8: Das ist aber sehr mendelssohn.
    :hello:

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  • Zitat

    Original von C.Huth
    Beide Fassungen des op.8. hat auch das Altenberg Trio Wien in seiner - wohl gerade leider vergriffenen - sehr schönen Gesamtaufnahme der Brahms-Trios eingespielt:




    Eine Platte, die nicht hoch genug gelobt werden kann ! Mein Top-Favorit!


    Sehr schön auch die des Trio di Trieste (DG, Aura), sozusagen das Juilliard Quartet unter den Klaviertrios.


    Bei diesen Musikern von beiden Trios hat man nie das Gefühl, dass die Streicher gegen einen Solisten ankämpfen müssen, sondern der Piansit vollbringt das Wunder, einen Klavierton zu treffen, der mit dem Streicherklang harmoniert.
    :jubel:

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • In meiner Sammlung befinden sich die oben bereits erwähnten Aufnahmen


    des Trio opus 8 (finde ich ein bisschen trocken musiziert) sowie


    des Kalichstein/Laredo/Robinson-Trios in der Brilliant-Box (gefällt mir sehr)


    sowie diese Aufnahme



    mit Wolfgang Schneiderhan, Enrico Mainardi und dem "erleuchteten Pianisten" Edwin Fischer aus dem Jahre 1953, erschienen bei pristineclassical.com.


    Einleitend muss ich gestehen, mit Wolfgang Schneiderhans "Timbre" so meine Schwierigkeiten zu haben: die seidig-silbrige Qualität seines Tons im piano schlägt im Forte gerne in stählerne Schärfe um - aber das ist nur eine Geschmacksfrage, keinesfalls ein ernstes Problem.


    Zunächst eine Bemerkung zur Tonqualität: die Aufnahme ist ein wenig "trocken", aber Andrew Rose von Pristine ist es gelungen, sehr viel der sonst in Aufnahmen dieses Alters fehlenden Höhen zu retten, so dass sich ein sehr natürliches, helles und transparentes Klangbild ergibt (für mich selbst habe ich es mit Har-Bal ein bisschen "angewärmt"). Man kann daher die Leistungen der Künstler fast ohne Einschränkungen durch die historische Technik genießen - ein großer Fortschritt, den es in dieser Qualität nur bei diesem Label zu bestaunen gibt.


    Nun zur Aufnahme selbst: ich habe mich nach den ersten Cellotönen verliebt, aber diese Liebe wächst mit jedem Hören - und ich höre diese Aufnahme häufig. Natürlich gibt es die eingstreuten falschen Töne Edwin Fischers, der zum Zeitpunkt dieser Aufnahme bereits 67 Jahre zählte und gesundheitlich schwer beeinträchtigt war.


    Trotzdem - dank Pristine hörend zu erleben - beglückt er uns mit seinem einmaligen Klavierklang, seinem entspannt-weichem Anschlag, seiner Fähigkeit, mit seinen Partnern in Eins zu verschmelzen. Die Aufnahme zeichnet sich durch ein fast unheimliches Ausmaß gemeinsamen Atmens und kammermusikalischer Einheit aus. Alle Beteiligten agieren sehr differenziert - es ist wunderbar, wie Enrico Mainardi sein Cello singen, atmen, sprechen lässt, wie er seinen Ton und sein Vibrato differenziert ohne jemals die Linie aus dem Blick zu verlieren.


    Die Musik atmet, das Tempo fluktuiert konstant. Aber diese Freiheiten wirken nie unorganisch, weil sie klanglich gerechtfertigt sind - die Musiker geben dem Klang den Raum, den er zu seiner Entfaltung braucht. Und welche Klänge sich da entfalten: ein auch im piano leuchtendes, wie schwerelos die Streicher umfangendes Klavier, der mit dunklem Kern versehene, doch zarte Ton Mainardis, Wolfgang Schneiderhans kammermusikalische Delikatesse fügen sich zusammen zu atmendem Leben.


    Schwer empfehlenswert!


    :angel:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Ich habe keine Vergleichsmöglichkeiten, weil nur eine Aufnahme dieses Trios in meiner Sammlung, allerdings in beiden Fassungen:


    La Gaia Scienza: Beppe Crosta, Violine; Paolo Beschi, Violoncello; Federica Valli, Piano (Érard 1853)
    Nuova Era 6981 (1991)


    Das italienische Ensemble ist ein gutes Beispeil, wie sich romatisches leidenschaftliches Spiel auch in der HIP machen lässt. Das Ensemble hat für Winter & Winter noch weiteren Brahms, Schumann, und Schubert gemacht, alles hörenswert. Dies war die erste Aufnahme - die beiden Streicher spielen nicht mit weniger Vibrato als andere, auf dem Foto ist auch ein Cellostachel zu sehen (wann wurden die eigentlich eingeführt?). Aber sie benzuzen Sarmsaiten, die Instrumentbalance ist ausgezeichnet, ohne dass sich die Pianistin zurückhalten müsste. Das hier ein Flügel von 1853 erklingt, würden viele gar nicht bemerken ...

  • Hallo!


    Zitat

    Original von AcomA
    für mich top of the top die aufnahme aus den 70er jahren mit dem 80-jährigen arthur rubinstein und heenryk szeryng/pierre fournier. sehr präsenter klang, rubinstein spielt seinen sonoren ton voll aus und reißt die streicher mit. und hier: tatsächlich allegro con brio !




    Da schließe ich mich an. Auch bei diesem Trio ist die Rubinstein-Collection-Aufnahme unverzichtbar.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo,


    das Trio op. 8 finde ich sehr homogen und ausgeglichen. Was mir daran besonders gefällt, ist nicht nur der Kammermusik-, sondern besonders der Hausmusikcharakter, obschon es sich um ein ziemlich ausgedehntes und inhaltsreiches Werk handelt.


    Zitat

    Alfred schreibt: Einige Themen, speziell des ersten und des zweiten Satzes besitzen regelrechte Ohrwurmqualitäten, die auch den Kammermusik-Einsteigern dieses Werk schnell näherbringen werden, ich würde sogar sagen, daß sie es lieben werden


    Zitat

    Kurzstückmeister schreibt: Ich habe jetzt nicht nachgesehen, ob schon jemand hierauf reagiert hat, aber gewissermaßen sind die Ohrwürmer und die fehlende Trockenheit die Schwachstellen von Brahms' Frühwerk (er war quasi noch nicht ganz trocken hinter den Ohren).


    Generell empfinde ich genauso wie Kurzstückmeister die Existenz von Ohrwürmern als Schwachstelle, in dem vorliegenden Trio finde ich allerdings, dass bei diesen lieblichen Themen die Grenze zum nervenbelastenden Ohrwurm (noch) nicht durchbrochen ist; eine gewisse Trockenheit, für die ich Brahms generell mag, haftet nach meinem Gefühl auch an diesen Themen.


    Ich meine auch, dass dieses Klaviertrio viele Anhänger finden würde, wenn es denn auch angehört würde. Es wirkt sehr emotional und leidenschaftlich, so z.B. durch die Terzen des in hohen Lagen spielenden Cellos über den Melodien. Diese jugendliche Sprache hat Brahms meiner Meinung nach bis ins hohe Alter nie so richtig verloren.


    Meine Einspielungen sind die des "Beaux Arts Trio" sowie von Isaac Stern / Leonard Rose / Eugene Istomin. Mir gefallen beide Einspielungen zur Zeit gut; warum, das weiß ich noch nicht, da ich das Werk noch nicht so sehr verinnerlicht habe. Ich vermute, es handelt sich bei beiden um die revidierte Fassung.


    Da ich Frühwerke von Komponisten meist nicht so recht beachte, lag dieses Werk lange Zeit - zu Unrecht - selten gehört im Regal. Zukünftig werde ich es häufiger hören.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

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  • Die innigste und ergreifendste Aufnahme (natürlich der Spätfassung) ist mir die Aufzeichnung vom Prades-Festival mit Casals, Stern und Myra Hess. Schlägt in meinen Ohren noch die Meinardi-Einspielung.
    Sie wirkt sehr abgeklärt und kommt damit der revidierten Fassung sehr entgegen, auch wenn das ursprüngliche Material vom jungen Brahms stammt.


    Gekoppelt ist das B-Dur-Sextett inklusive grandiosem Schnitzer im ersten Satz, was aber der Intensität der Inerpretation keinen Abbruch tut.
    Leider scheint die CD nur noch in Amerika zu haben zu sein.


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    Gruß,



    audiamus



    .

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Kammermusik ? Braahhhms ?? Erbarmen !!
    In jener Zeit war ich der Ansicht Brahms sei sperrig und trocken, aber schon nach den ersten Tönen war ich begeistert.


    Das erste Trio war tatsächlich ebenso mein Einstieg in Brahmsens Kammermusik gewesen, um die ich so lange einen Bogen gemacht hatte. Seine Symphonien waren mir stets als unmittelbar zugänglich erschienen, mit (bis heute noch) Ausnahme seiner Zweiten ein nie versiegender Quell musikalischen Reichtums, aber seine Kammermusik???


    Das erstes Trio lernte ich mit dem Beaux Arts Trio kennen, und warum soll ich verhehlen, dass die "Ohrwurmqualitäten" dieser Musik ihren positiven Anteil daran hatten, mir den Zugang zu eröffnen? Immerhin gab es diesen Anteil in der Folgezeit immer wieder neu zu entdecken, zum Beispiel im ersten Streichsextett, in der ersten Cellosonate ... Je vertrauter mir die Brahms'sche Kammermusiksprache wurde, desto weniger Bedeutung sollten die Ohrwürmer noch haben.


    Zuerst lernte ich die "reduzierte" späte Fassung kennen; einigermaßen verblüfft war ich dann über das Original, die ich heute immer wieder als erste heranziehe, himmlisch ganz ohne Längen.


    An der Aufnahme der Beaux Arts hatte mich - nicht nur in diesem Fall, mehr noch bei Schuberts Trios - die Klangatmosphäre gestört, die als sehr trocken, mit viel zu armem Raum, zu direkt bei mir ankommt.


    Wunderbar finde ich Istomin-Stern-Rose und Rubinstein-Szeryng-Fournier.


    Angelich-Capucon-Capucon hinterlassen dagegen und im Vergleich zu den genannten mit den Eindruck, als seine sie eher unbeteiligt, als habe Brahms sie nicht erreicht. Im Gegenzug erreichen Sie mich dann nicht.


    Meine Lieblingsaufnahme ist dann diejenige des Abegg-Trios geworden, die in Vol. 1 ihrer Gesamtaufnahme die Erstfassung von 1854 eingespielt haben, in Vol. 2 dann die Überarbeitung von 1889 (inzwischen ist Vol. 4 der Klaviertrio-Gesamtaufnahme erreicht).


    Das sind musikalisch wie klanglich optimal abgestimmte und aufeinander bezogene Einspielungen, die etwa der Erstfassung des ersten Trios - "so zweifelhaften Produkten, wie gar meiner ersten" (Brahms) - ihren rechten ihr gebührenden Stellenwert einräumen. Brahms selbst war wohl hin und hergerissen zwischen seinem "Originalkind" und dessen Bearbeitung. An Clara Schumann soll er geschrieben haben: "So wüst wird es nicht mehr sein wie früher - ob aber besser?", und an seinen Verleger, dass die Erstfassung sich "fortdauernd schlecht verkaufen wird, nicht des vielen Häßlichen wegen, sondern der vielen unnützen Schwierigkeiten darin", weswegen er es "kastrieren" (=seiner Fruchtbarkeit, seines Antriebs berauben???) müsse?


    Nun, ich vermag, zumal bei den Abeggs, "Häßliches" ganz sicher nicht, ebenso wenig aber "Unnützes" zu entdecken, und ihren Antrieb haben beide Fassung sehr wohl. Immerhin hat die Neufassung - bezogen auf die Spielzeiten der Abeggs, gegenüber der ersten im 1. Satz fünfeinviertel (!) Minuten, im 3. Satz eineinhalb Minuten, im 4. Satz dreieinviertel (!) Minuten verloren. Allerdings haben sich auch die Satzbezeichnungen erstaunlicherweise verändert:


    Satz ---Fassung 1854-----------------Fassung 1889


    1. ------Allegro con moto -------------Allegro con brio
    2. ------Scherzo. Allegro molto -------unverändert
    3. ------Adagio non troppo -----------Adagio
    4. ------Finale. Allegro molto agitato --Allegro


    Die veränderten Tempobezeichnungen nehmen die Abeggs vorbildlich in ihre Interpretationen auf, man meint die veränderten Satzcharaktere tatsächlich wahr zu nehmen.


    Die Fassungen dürften oder sollten aus heutiger Sicht wohl einigermaßen gleichberechtigt nebeneinander bestehen, und ausgesprochen schade wäre es, würde nur noch eine der Fassungen zu hören sein.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Hallo, miteinander!


    Ich besitze nur die bereits mehrmals erwähnte Aufnahme mit Kalichstein /Laredo /Robinson (Brilliant), die mir aufgrund ihrer zurückhaltenden Noblesse sehr zusagt.


    Beim heutigen Entdecken dieses Threads habe ich mir das Werk etwas bewusster angehört; bisher war es mir nicht sonderlich aufgefallen. Ich möchte die jugendliche Frische betonen und den melodischen Schwung. Zumindest beim Kopfsatzthema fühle ich mich aber noch ganz stark an Schumann erinnert.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Sagitt meint:


    An hochqualifzierten Aufnahmen dieses Trios gibt es gar keinen Mangel.


    Auf viele wurde in diesen thread hingewiesen.


    Ich bin froh, einige davon zu besitzen.


    Immer wieder einen Genuss, meine drei Favoriten; Zacharias, Capucon und Gaia scienca. Drei Perlen.

  • Vor einigen Wochen wurde das Op. 8 in der Sendung Interpretationen im Deutschlandradio vorgestellt. Dort hörte ich auch zum ersten Mal diese Aufnahme von 1968



    mit Katchen, Suk und Starker, die der Moderator gar nicht genug loben konnte und für eine Jahrhundertaufnahme hält. Ich habe mir die CD daraufhin bestellt und besitze sie seit gestern. Und in der Tat, auch mir gefällt diese Aufnahme sehr, sehr gut. So ergreifend, so zusammen und im 3. Satz geradezu zu Tränen rührend habe ich dieses Klaviertrio noch nie gehört. Das schöne Wort beseelt fällt mir hierzu am ehesten ein. Vielleicht habe ich heute aber auch nur einen sentimentalen Tag. Kennt noch jemand diese CD?


    Mit Gruß von Carola


    PS. Wir haben noch gar keinen Faden zum Klaviertrio Nr. 2, oder? Ich kenne das Werk leider noch nicht gut genug.

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