Können kurze Stücke große Werke sein?

  • Hallo Musikfreunde,


    das Thema klingt nicht nach einer fachwissenschaftlichen Frage auf hoher Fachebene, aber: ist es auch nicht.


    Als Musikliebhaber, der sich auf der einen Seite seine Gedanken macht und als Folge davon handelt, auf der anderen Seite aber auch unbewusst seinen Trieben nachgeht, fällt mir auf: Erstens: Ich liebe z.B. die Musik der Fünf Sätze für Streichquartett von Webern sehr, die Schreibweise ist genial. Zweitens: Ich besitze einige Einspielungen dieses Werkes. Drittens: Ich lege meine CD fast nie auf, höre mir das Werk fast nie an. Auch nicht auf Konzerten.


    Warum? Ich glaube, das Stück ist zu kurz (9 Minuten). Ich mache dies kaum mit Absicht, aber ich greife mir lieber eine andere Musik, die länger dauert. Der Aufwand, für 9 Minuten die CD zu nehmen, in den Player einzustecken, mich gemütlich hinzusetzen, um nach kürzester Zeit wieder aufzustehen, scheint mir zu hoch zu sein (Ich weiss um die Qualität und um den Charakter dieses Werk; die Verdichtung ist nun einmal das Wesen der Webernschen Kompositionen - aber darum soll es jetzt nicht gehen).


    Dies war ja nur ein extremes Beispiel; ähnlich geht es mir jedoch auch bei anderen Werken: Werde ich für das Bläseroktett, das ca. 16 Minuten dauert, einen Aufwand von mehr als einer halben Stunde, auch einen finanziellen Aufwand, auf mich nehmen, um z.B. in meine Nachbarstadt in ein Konzert zu fahren?


    Für ein Meisterwerk, ein für mich wichtiges Werk, nehme ich gerne einige Stunden "Aufwand" in Kauf, so z.B. vor kurzem das 15. Streichquartett von Schostakovich, wofür ich 2 Stunden gefahren bin. Kann aber ein Stück von 16 Minuten Dauer ein Meisterwerk für mich sein?


    Ich persönlich neige dazu, nein zu sagen; ich habe den Eindruck, dass meine ohnehin verhältnismäßig kleine Anzahl von Lieblingswerken stetig verkleinert wird, ich greife kaum noch auf Werke zurück, die weniger als ca. 25 Minuten Spieldauer haben. Das ist für mich kein Gesetz, auch keine Absicht, aber die Tendenz geht dahin.


    Ich traue mich ja kaum, dieses Thema hier zu veröffentlichen und nach Eurer Meinung dazu zu fragen, da es ja wirklich ein triviales Thema ist. Dennoch ist es für mich ein Thema, das mein Musikverhalten sehr beeinflusst.


    Nun meine vorsichtige Frage an Euch: wie sieht das bei Euch aus; ist meine Fragestellung Eurer Meinung nach kein Thema oder unangebracht("wie kann die Dauer eines Werkes eine so große Rolle spielen?")?


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Ohne Zweifel JA!
    Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang stellvertretend für viele andere Stücke nur die Beethoven-Ouverturen Egmont,Coriolan,Leonore III ,die ihren festen Platz als Einzelstück bei Symphoniekonzerten haben.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ebenfalls ja.
    Wobei ich ein Stück von der Länge der "Leonorenouverture III" nicht gerade kurz nennen würde.
    Aber schauen wir uns doch unzählige Lieder oder Chopin-Mazurken oder Bach-Fugen oder Scarlatti-Sonaten an, die nur ca. 3-5 min. dauern. Extrem-Miniaturen wie die Weberns kenne ich zu schlecht, um das beurteilen zu können. Natürlich macht man kein Konzert für ein Stück von 5 min., sondern kombiniert verschiedene davon. Zwar ist bei Kunstwerken ein Ganzes sicher mehr als die Summe der Teile, aber 3 Stunden Matthäuspassion würden beim besten Willen nicht großartig, wenn nicht die 5 min-Arien und 1-2min-Choräle aus denen sie besteht, schon großartig wären.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das Adagio von Barber, kurz und ergreifend. Große Musik.


    Daich nie zu Konzerten fahre, stellt sich die diesbezügliche Frage bei mir nicht. Auf CD höre ich auch kurze Stücke, das macht mir nichts aus.

  • Hallo Uwe,


    inwieweit wollen wir das denn hier eingrenzen?
    Sind kurze Stücke bis 25 Minuten oder doch eher nur bis 10 oder weniger?


    Mir fallen auf Anhieb aber zwei Werke ein, die unter 10 Minuten Spielzeit haben und die ich einfach genial finde!


    Pablo de Sarasate - Zigeunerweisen op.20


    und


    Antonín Dvorák - Mazurek op.49 :jubel:


    Kurz und prägnant...
    Im Bereich bis 20/25min gibt es aber so einiges!!!


    Ich schließe mich meinen Vorredner an, dass kurze Stücke auch große Werke sein können und sind!


    Mir ist egal ob ein Werk nur ein paar Minuten geht, wenn ich es hören will, weil ich begierig darauf bin, weshalb sollte ich es dann nicht machen?!


    Und gerade solch kurze Werke beinhalten meiner Ansicht nach eine gewisse Genialität, wenn sie es nämlich schaffen, mich glücklich und erfüllt zurückzulassen. In gut 6 Minuten ist das eine große Kunst und auch das schafft nicht jedes Werk.
    Auch nicht die Großen - da höre ich lieber 6 Minuten die Mazurek, als irgendeine Symphonie, die mich in 50min nicht erfüllen kann...



    Liebe Grüße, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

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  • Zitat

    Original von Uwe Schoof


    Kann aber ein Stück von 16 Minuten Dauer ein Meisterwerk für mich sein?


    Ich persönlich neige dazu, nein zu sagen;


    Hallo Uwe,


    ich hoffe, ich habe das Zitat nicht aus dem Zusammenhang gerissen. Und ganz offen gesagt, ich vestehe das Setzen einer Deadline überhaupt nicht. Gehen für Dich doch auf diese Weise, so vermute ich mal, etwa 50% bis 70% der Musikliteratur verloren, bleiben schlimmstenfalls ungehört. Werkzyklen, die ja regelmäßig aus relativ kurzen Stücken bestehen, bleiben unerschlossen, es sei denn Du siehst Zyklen als Gesamtkunstwerk, so daß die Deadline insoweit nicht gilt. Ehrlich gesagt, nach Lektüre Deines Eröffnungsbeitrags hat sich bei mir nicht nur völliges Unverständnis breitgemacht, sondern ich war sogar regelrecht schockiert.


    Liebe Grüße


    tom

  • Hallo Uwe und Taminoaner,


    selbstverständlich können kurze Stücke Meisterwerke sein. Ich möchte folgend einige Nennen, die ich für große Werke halte.


    Die Einschränkung von 10Minuten als Kurzstück möchte ich aber schon einräumen, da ich sonst es sonst nicht als Kurz ansehen würde.
    Wenn ich mir maik´s Frage mit 20-25Minuten ansehe, dann nenne ich das "normal" und nicht" kurz und prägnat". Man denke an die Sinf.Dichtungen von Dvorak, Smetana, Liszt, R.Strauß, Tschaikowsky - die sind alle in dieser Länge, aber IMO nicht kurz.


    Große geniale Kurzwerke für Orchester:


    Bernstein: Candide - Ouvertüre
    Honnegger: Pacific 231
    Copland: Fanfare for the Common Man; Quiet City; Danzon Cubano; El Saloon Mexico
    Barber: Essays for Orchestra Nr. 1 und 2
    (Nr.3 nicht, ist länger); Adagio op.11
    Gershwin: Cuban Ouvertüre
    Revueltas: Sensemaya
    Moncayo: Huapango
    Ravel: Tschigan für Violine und Orchester
    Beethoven: Die Weihe des Hauses - Ouvertüre
    Beethoven: Prometheus - Ouvertüre

    (die anderen Beethoven-Ouvertüren sind schon wieder zu lang um diese Kurzstück zu nennen und wirken nicht kurz, sondern normal)
    Glinka: Ruslan und Ludmilla - Ouvertüre


    Viele Ouvertüren sind ja Vorspiele und damit eigendlich auch keine abgeschlossenen Werke; aber sie werden gerne alleine gespielt.
    Viele Komponisten integrieren Kurzsätze in Suiten, das sind auch Kurzstücke, aber keine abgeschlossenen Werke - man denke z.Bsp.an Khatchaturians-Gayaneh-Ballettsuiten................

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Warum sollte ein Stück von vielleicht 10Min Länge kein Meisterwerk sein?


    Denken wir einmal anders in dieser Angelegenheit und betrachten
    einzelne Sätze grösserer Werke als Einzelstücke:
    Hätte beispielsweise Beethoven den 2.Satz der 7. Sinfonie als Einzelwerk
    veröffentlicht - würde das die Qualität des Satzes mindern?
    Oder hätte am Ende ein Werk wie. 'Zigeunerweisen' eine grössere Bedeutung,
    wenn noch 2 weitere Sätze existieren würden?

  • Ich denke, damit die Frage halbwegs interessant wird, muß man sich auf wirklich kurze Stücke beschränken, sagen wir maximal 2 min, eher noch kürzer. Für eine Ouverture sind 10 min ja eher lang...


    viele Grüße


    JR

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  • Hallo Zusammen,


    danke für die bisherigen Rückmeldungen. Auch für die Nennungen von Kompositionen, die trotz ihrer Kürze große Werke darstellen.


    Keinesfalls möchte ich mich daherstellen und sagen: kurze Stücke unter 25 Minuten sind nichts wert. In meiner Formulierung habe ich anhand von Beispielen versucht, zu erwähnen, dass mich die Frage der Werkdauer sehr wohl beschäftigt und ich glaube, dass die Länge eines Stückes ein wichtiger Parameter neben mehreren anderen, wie zum Beispiel Rhytmik, Melodik, Lautstärkeverhältnisse, Fragen des Materials, Tonalität/Atonalität... ist. Das ist nicht der Weisheit letzter Schluss, aber eine Idee, der ich momentan nachhänge und mit anderen (wie Euch) reflektieren möchte.


    Was der Literaturkritiker Reich-Ranicki für seine Kunstform bei jeder Möglichkeit fordert, dass nämlich zu einem Kunstwerk neben seinem Material, der Technik, dem Inhalt u.s.w. besonders die Unterhaltsamkeit gehört, ist auch für mich in der Musik wichtig. Sie muss mich unterhalten, sie muss lebendig sein, sie muss organisch sein und leben.


    Bei Webern z.B. bin ich (noch) nicht in der Lage, die letzten Aspekte zu verinnerlichen. Ich bewundere seine Sprache, seine Technik sehr, empfinde die Musik auch als technisch sehr schön, wie ein Mathematiker vielleicht das Gefühl der Schönheit in einer mathematischen Beweisführung empfindet, aber die Stücke unterhalten mich nicht sehr. Dies bedarf schon einer gewissen Ausdehnung, der Schaffung eines Organischen, einen Aufbau, die Ausarbeitung der Phasen, die ja auch Raum für Verarbeitung u.s.w. benötigen.


    Dies finde ich seltener in kürzeren Werken. Dort finde ich häufig wunderbare Melodien, neue Erfindungen, interessante, aber einzelne Aspekte, aber weniger einen lebendigen, mich in eine eigene Welt führenden eigenen Organismus, der sich Raum für die Gestaltung nimmt (wie sagte noch der russische Filmreggisseur Tarkovskij (nicht wörtlich): es gibt viele gute Filmemacher, die es ausgezeichnet verstehen, die Wirklichkeit abzubilden; es gibt aber auch solche, die eine eigene Wirklichkeit schaffen: das sind die Poeten unter ihnen).


    Mit den 25 Minuten wollte ich aber keine Grenze darstellen, meine Frage ist nicht absolut gemeint, ich möchte lediglich über die Bedeutung der zeitlichen Ausdehnung (mit Hilfe von plastischer Vorstellung) nachdenken und bin für verschiedene Aspekte und Beispiele natürlich dankbar. (Ich bin nun einmal auf der ständigen Suche nach meinem Verständnis für Musik, und je mehr ich zu wissen glaube, desto mehr bin ich im Zweifel ?()


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • hm, da die webern-stücke alle als zyklen daherkommen, sind diese zyklen als werke oder kompositionen allesamt länger als 2 min.
    und der threadstarter wird sich die bagatellen op. 9 ja auch nicht einzeln reinziehen (bzw. nicht reinziehen, weil das verhältnis zwischen stückdauer und dauer der wanderung zum sofa und retour unvorteilhaft ist).


    ich schlage daher 5 min als grenze vor. da gibt es dann auch schon massenhaft madrigale und sonaten/canzonen.

  • Hallo Wolfgang,


    Zitat

    Die Einschränkung von 10Minuten als Kurzstück möchte ich aber schon einräumen, da ich sonst es sonst nicht als Kurz ansehen würde. Wenn ich mir maik´s Frage mit 20-25Minuten ansehe, dann nenne ich das "normal" und nicht" kurz und prägnat". Man denke an die Sinf.Dichtungen von Dvorak, Smetana, Liszt, R.Strauß, Tschaikowsky - die sind alle in dieser Länge, aber IMO nicht kurz.


    genau an solche Werke von einer Dauer von 20-25 Minuten dachte ich.
    Und mir kamen sie auch zu lang vor, deshalb blieb ich bei guten 6-7 Minuten.


    Kurz und prägnant war aber nur meine Einschätzung zu den zwei von mir genannten Werken. (Ich sehe gerade, dass ich danach keinen Absatz gelassen habe...hupps :D)


    @Johannes
    So kurz wie du forderst, fallen mir eigentlich nur Werke ein, wie Ausschnitte aus Größeren. Keine Sätze.
    Das könnten zum Beipsiel einzelne Tänze sein (ich sehe ja Dvoráks Slawische NICHT einzeln - für mich gehören sie irgendwo zusammen; das sehen andere anders) oder auch Ausschnitte aus Klavierwerken wie Préludes oder Images.


    Ich glaube von Chopin habe ich ein unglaublich kurzes Werk...Ja, Prélude As-Dur op.post. (0,38min). Ein einzelnes Werk, mächtig kurz. Ich höre gleich mal rein.


    Oder was gibt es wirklich für Werke, die keine Ausschnitte sind und nur wenige Minuten lang sind?


    Liebe Grüße, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • also das mit den poeten unter den filmemachern ... ist gerade weberns frei atonale phase nicht poetisch?
    und das mit dem unterhaltungswert halte ich eigentlich nur für faulheit. kenne ich auch an mir. meine liebsten stückdauern zum anhören sind ca. 20 min. mehr oder weniger erfordert mehr guten willen beim hören. aber das hat meines erachtens mit der qualität der werke absolut nichts zu tun: ob eine minute oder vier stunden ist für die "Größe" des Werks völlig einerlei.


  • Die slawischen Tänze oder Chopins Mazurken, Walzer, Preludes oder Etudes SIND genauso einzelne Werke wie einzelne Pralinen in einer Schachtel einzeln sind, obwohl diese auch irgendwie zusammengehören :D. Sie wurden (besonders vor dem Zeitalter der LP) und werden im Konzert/Recital normalerweise einzeln gespielt. Ähnliches gilt für unzählige Kunstlieder.
    Auch einzelne Sonatensätze von Mozart oder Haydn dauern oft nur ca. 5 min; zwar gehören sie zu größeren Werken, aber sie sind abgeschlosses selbständige Strukturen. Wenn Mozart von der g-moll-Sinfonie nur den Kopfsatz geschrieben hätte (ca. 7 min), wäre das trotzdem ein großartiges Musikstück. Solche vollständigen Sinfoniesätze würde ich nie als "Kurzstücke" ansehen, auch wenn sie >5 min dauern
    (in 5 min Haydn oder Bach passiert mitunter mehr als in 10 min Schubert oder 20 min Bruckner :stumm: )


    Interessant finde ich die Frage wirklich nur bei solchen sehr kurzen Miniaturen wie den genannten von Webern, einigen Klavierstücken, besonders der Romantik, Liedern und vielleicht ähnlichen Stücken aus dem Barock. Es gibt einige Stücke aus Bachs WTK, wo Präludium& Fuge zusammen weniger als 5 min dauern, dennoch neige ich dazu, sie als große Werke anzusehen (groß natürlich in einem qualitativen Sinn von "großartig", "beeindruckend", "maßstäblich" usw.)


    viele Grüße


    JR

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  • ...vielleicht hast Du Recht: Webern ist wahrscheinlich eine absolute Ausnahmeersheinung; man sollte ein solches Genie nicht allzu leichtfertig als Beispiel hernehmen.


    Übrigens habe ich von Dir, Kurzstueckmeister, etwas gelernt: Hätte ich mich "Langstueckmeister" genannt, hätte ich mir die ganze Mühe für dieses Thema sparen können...


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • naja ausnahmeerscheinung:


    schönberg op. 19
    varese hyperprism
    cage 59 seconds
    feldman frühere klavierstücke
    stockhausen klavierstücke 1-4 einzeln
    hübler reißwerk


    zumindest schönbergs op. 19 wird wohl von einem webern-liebhaber auch hoch eingeschätzt werden ...

  • Schon deshalb, weil ich die Vokalmusik jedem Instrumentalwerk vorziehe, habe ich eigentlich oft (sieht man von Opern und Oratorien an) mit Werken zu tun, die kürzer als eine halbe Stunde sind. Und dennoch finde ich diese Stücke großartig; und ich bin nicht der Meinung, dass ihre Kürze ein Mangel ist.
    Das meiner Ansicht nach schönste und spirituellste geistliche Werk des 20. Jahrhunderts etwa dauert auch nur gute drei Minuten - "Vinea mea electa" aus den "Quatre motets pour un temps de pénitence" von Francis Poulenc. Da ist für mich die Essenz der Karfreitagsgeschehnisse eingefangen, gleichsam das herrliche Monument der Matthäuspassion zu einem winzigen, aber funkelnden Kristall verdichtet.

  • hallo,


    die klavierliteratur ist voll von solchen stücken ! meisterwerke, welche nicht mal länger als 2-3 minuten dauern !!


    gruß, siamak

    Siamak

  • Hallo,


    mir fallen da die 3 Stücke für Streichquartett von Igor Strawinsky ein, die wirklich nur insgesamt 6 Minuten dauern, aber für mich schon beeindruckend zeigten, wie weit Strawinsky in frühen Jahren schon war.



    Gruß, Peter.

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  • Und dann gäbe es noch die "Eisengießerei" (Original schlicht: Fabrik) von Alexander Mossolow. Knapp vier Minuten Orchesterexzess an der Grenze zum Geräusch. Ein Wahnsinnswerk!

    ...

  • Sicherlich länger als zwei bis drei Minuten, aber m. E. immer noch kurz (und wunderbar) ist "die Moldau" von Smetana. Dieses Musikstück habe ich schon als Kind gerne gehört. Insbesondere gefällt mir, dass dieses Stück (wie man es genauer in eine musikalische Gattung einordnet, müßt Ihr mir sagen) verschiedene Begebenheiten wunderbar plastisch in musikalische Bilder fasst. Ob es die Bauernhochzeit, die Stromschnellen oder die Stadt Prag ist, alles erscheint beim Hören dieses Stückes sofort vor Augen.


    Die Moldau höre ich immer wieder gerne und gehört zu den (wenigen) Musikstücken, die ich sofort erkenne, wenn ich sie höre.


    Vielleicht passt dies nicht in dieses Thema (vielleicht beginnt ja jemand eines, oder es gibt dies schon), doch würde mich bei dieser Gelegenheit interessieren, ob Ihr noch weitere Musik kennt (z. B. "Peter und der Wolf"), die Ereignisse in musikalische Bilder formt.


    Mignon

    Maybe the nation has found peace from its sins... I. A. a. W.E.B. Du Bois

  • Ein lustiger Thread dessen Problem mir bekannt ist. Viel öffter habe ich aber das Problem, dass mir ein Werk zulange ist. Oft überlege ich ganze 10 Minuten, in denen das Werk schon hätte dauern können, ehe ich mich entscheide es sein zu lassen, da ich noch einiges zu erledigen habe.


    Und dann greife ich wieder auf meine 2-3 "zum etwas erledigen hören" CDs zurück.

  • Hallo,


    Zitat

    zumindest schönbergs op. 19 wird wohl von einem webern-liebhaber auch hoch eingeschätzt werden ...


    Der Vergleich des op. 19 von Schönberg mit den von mir sehr geschätzten Fünf Sätzen für Streichquartett op. 5 (9 Minuten) geht für mich Richtung Kern der Sache. Die kleinen Stücke von Schönberg schätze ich weit weniger hoch ein wie die Fünf Sätze. Während das Webernsche Quartett zwar auf sehr engem Raum (für mich eigentlich zu engem Raum, aber dieses Werk ist für mich, wie gesagt, eine Ausnahme), einen Organismus schafft, der von Lebendigkeit, eigentlich: Leben, und Substanz nur so strotzt, empfinde ich das op. 19 eher als linear voranschreitende Beschreibung; und zwar mit weniger Inhalt und Substanz als in dem Werk Weberns.


    Und so ist für mich Schönberg (im Gegensatz zum Ausnahmekomprimierer Webern) am stärksten, wenn er seinen musikalischen Inhalten und Ideen zeitlichen Raum gibt, um einen Organismus zu entwickeln und sogar in seiner "reinen Musik" zum Dramatiker zu werden.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Zitat

    ob Ihr noch weitere Musik kennt (z. B. "Peter und der Wolf"), die Ereignisse in musikalische Bilder formt.


    Das macht praktisch jede Symphonische Dichtung (wie eben die "Moldau" oder Liszts "Mazeppa" oder "Pacific 231" von Honegger) und jede Programm-Symphonie (wie die "Fantastique" von Berlioz).

    ...

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  • Hallo Edwin,


    danke für die Antwort. Ich habe gerade einen Blick in "Meyers Taschenlexikon Musik" geworfen und dort unter sinfonische Dichtung und Programmmusik die "Moldau" und "Mazeppa" gefunde.


    Liebe Grüße


    Mignon

    Maybe the nation has found peace from its sins... I. A. a. W.E.B. Du Bois

  • Hallo Mignon,


    in unserem Forum wäre da auf alle Fälle:


    Antonin Dvorak - Balladen für Orchester op. 107 - 110
    (Der Wassermann; Die Mittagshexe; Die Waldtaube; Das Goldene Spinnrad - alle sind wenigstens kurz besprochen worden)


    Produkt einer unglücklichen Liebe - Hector Berlioz: Sinfonie fantastique



    Und ich denke der bester Thread, mit den schönsten Beschreibungen zu allen Teilen von dem Zyklus (also natürlich auch der Moldau):


    Smetanas Ma Vlast



    Es gibt sicher noch einige andere, aber diese Fallen mir ein, weil ich selbst was in den Threads geschrieben habe...Suchet, so werdet ihr finden. Und das kannst du in dem Forum noch reichlich ;)



    Liebe Grüße, Maik

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    Sirach 32, 7

  • Hallo,


    ein Missverständnis möchte ich gerne beseitigen: Ich habe nicht von einer Deadline, von einer Grenze gesprochen. Ich habe lediglich gesagt:

    Zitat

    ich greife kaum noch auf Werke zurück, die weniger als ca. 25 Minuten Spieldauer haben. Das ist für mich kein Gesetz, auch keine Absicht, aber die Tendenz geht dahin.


    Womit ich lediglich eine Beobachtung meiner häufig unbewussten Musikauswahl in letzter Zeit beschrieben habe, die mich ja geradezu zum Hinterfragen des WARUM und der Bedeutung der Zeit, in diesem Falle der Musikdauer, führt.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Hallo Uwe,


    von mir zwei Beispiele zeitlich sehr kurzer Meisterwerke, welche vom Komponisten sogar als gegensätzliches Paar zusammengehörig gedacht sind, welche jedoch meist einzeln aufgeführt werden:


    Charles Ives: The Unanswered Question (ca. 6 min)
    Central Park in the Dark (ca. 8 min)


    Vor allem ersteres hat mich tief beeindruckt und ich mache mir gerne die Mühe die CD aus dem Regal zu holen und mich gerade einmal 6 min auf die Musik einzulassen - aber was für eine Musik!!! Wenn Du das Werk /die Werke noch nicht kennst, möchte ich Dir diese ganz verbindlich empfehlen :)


    LG
    Wulf.

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