Der Ring des Nibelungen

  • Hallo, ich hoffe es gibt noch keinen thread dazu, hab zumindest nichts gefunden!
    Im opernforum kam wieder ein alter Thread über die Ring-Gesamtaufnahmen zum Vorschein und in diesem hier möchte ich nun zur Dikussion über die Gesamt DVD's anregen!!!


    Wer hat welche? WIe ist die Qualität etc...


    Zudem spiele ich mit dem Gedanken mir in nächster Zeit eine zuzulegen und bin an diesen beiden interessiert...



    oder diese aus Bayreuth



    Jemand Erfahrung mit einer der Beiden?? oder sogar beiden??


    Mfg Richard

  • Vielen Dank!!Mal eben schnell durch den von dir angegebenen Thread gelesen und bin nun in meiner Meinung bestätigt mir den Boulez Ring zuzulegen, ABER natürlich will ich erst einmal Meinungen zum Levine Ring hören!!


    auf gehts :)


    in froher erwartung, richard

  • Habe soeben "Rheingold" aus dem MET-"Ring" mit James Levine 1990 gesehen und gehört.


    Mein Eindruck:


    Geniale naturalistisch-märchenhafte Bühnenbilder vom Schneider-Siemssen. So eine Augenweide! Die Kostüme auch aus der Märchen- und Sagenwelt. Optisch ein sehr schönes, märchenhaftes „Rheingold“!


    Als Wiener, der mit Otto Schenk aufgewachsen ist, darf man diese Inszenierung nicht sehen. Da spielen lauter Otto Schenks, am schlimmsten der Ekkehard Wlaschiha als Alberich. Mehr Klon geht nicht. Auch der Zednik als Mime ist ein Schenk-Klon. Überraschend eigenständig in seiner Schauspielkunst der Siegfried Jerusalem als Loge. James Morris, der Wotan, bleibt wohl bewusst etwas steif. Sängerisch alle durchwegs Weltklasse.


    Ich mag Oper auf DVD an sich nicht. Die Musik wird zu einer Illustration. In der Oper mit ihrem Orchestergraben ist´s für mich viel lebendiger, „echter“. Lasse ich diese Bedenken beiseite, finde ich die Orchesterleistung aus New York tadellos.


    Am Sonntag mache ich weiter mit der "Walküre". Parallel zum Münchner "Ring" an der Bayerischen Staatsoper, wo es zu Monatsbeginn, als ich angefragt habe, für "Rheingold" nur mehr Karten um 135 und um 115 Euro gab ...


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Traue mich, hier einen überwältigenden Musikeindruck reinzuschreiben, der sicher zu allererst vom Eindruck des Werks selbst ausgeht, für mich aber auch in der Aufführung begründet liegt.


    Die "Walküre" aus dem MET-"Ring" (1990) auf DVD:


    Grandios vom ersten Moment des Vorspiels an bis zum Feuerzauber das brillante und emotional aufgeladene Orchester! Grandios der stimmliche Einsatz aller Mitwirkender. Grandios die naturalistisch-realistischen Bühnenbilder von Günther Schneider-Siemssen, vom Holzhaus bis zum Feuerzauber. Grandios Otto Schenks zutiefst (mit)menschliche Inszenierung. Da lebt man mit, da hofft man (umsonst) mit, da leidet man mit. Bildregisseur Brian Large fängt die Momente des immerzu allzu Otto Schenk – Menschlichen bewegend ein. Gary Lakes und Jessye Norman sind zwei „Trümmer“ als Siegmund und Sieglinde, und die Norman bleibt Primadonna auch auf der Flucht, sie singt und spielt großartig, „macht sich aber nie schmutzig“. Dass die beiden Zwillingsgeschwister sein sollen, ist optisch nicht nachvollziehbar. Immens intensiv aber die knisternde Spannung in Musik und Darstellung, wenn es um die Anziehung und um die Liebe zwischen beiden geht. Zum Mittelpunkt dieser „Walküre“ wird dann natürlich neben dem weiter aufrechten, sich selbst als liebender Vater kaum herabsenkenden Wotan von James Morris Hildegard Behrens als Brünnhilde in Ritterrüstung. Was Wagner dieser Partie an sopranesker Strahl- und Ausdruckskraft und -intensität abverlangt, ist schon ziemlich heftig. Umso bewundernswerter die Leistung von Hildegard Behrens. Eine durchgehend spannende, aufwühlende „Walküre“. Großes Musiktheater eben!


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Den MET-Ring finde ich auch sehr gut, allerdings ist er optisch manchmal ein Trauerspiel, so üppig ausgestattet, die Kameraeinstellungen manchmal sehr ärgerlich - was soll denn das, den Blick gegen Ende des 3. Aktes Walküre so von oben ganz nah auf das Gesicht von Hildegard Behrens zu richten (hat da etwa auch dieser Brian Large die Video-Regie geführt?) - es gibt viele Momente, während der ich einfach nicht mehr hinschauen konnte.
    Musikalisch und darstellerisch ist der Levine-Ring aber top. Und schon alleine wegen Jessye Norman und Christa Ludwig müsste man sich zumindest die Walküre zulegen.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Oh ja, großes Theater gab's auch hier, als ich mir das MET-Rheingold zu Gemüte führte. Allerdings eher diesseits des Bildschirms. Ich konnte mit der Inszenierung so wenig anfangen, dass da leider auch die Musik nichts mehr zu retten vermochte...


    Begeistert bin ich hingegen von den beiden Kupfer-Ringen (Bayreuth und Barcelona - wobei letzterer leider zu dunkel und etwas schlampig gefilmt ist) sowie von den paar Ausschnitten, die ich bislang von der Stuttgarter Götterdämmerung gesehen habe: Anfang, Waltrautenerzählung und Schlussgesang. Luana DeVol ist fabelhaft, und wenn diese drei Ausschnitte repräsentativ für die ganze Oper sind, dann meistert Konwitschny beeindruckend die Gratwanderung zwischen Regiefreiheit und Gerechtigkeit gegenüber Musik und Text. Komplettsichtung wird folgen.


    Kennt jemand die anderen drei Opern aus der Stuttgarter Reihe?

  • Zitat

    Original von Grimgerdes Schwester
    Kennt jemand die anderen drei Opern aus der Stuttgarter Reihe?


    Die DVDs besitze ich (noch) nicht, habe aber seinerzeit den kompletten "Ring" in Stuttgart gesehen. Konwitschnys "Götterdämmerung" ist in Bezug auf die Regie schon der Höhepunkt des Zyklus - selten so einen kurzweiligen Opernabend im besten Sinne erlebt :D. Aber auch die anderen drei Abende bewegen sich auf hohem Niveau - Regietheater im besten Sinne. Wenn ich eine Reihenfolge nennen sollte: direkt nach der "Götterdämmerung" hat mir Schlömers packendes "Rheingold" am besten gefallen, gefolgt von Nels etwas patchworkartiger, aber an vielen Stellen unmittelbar berührender "Walküre" (zum Schreien komisch die Inszenierung des Walkürenritts - das müsste gerade Dir gefallen :D). Wielers "Siegfried" fällt m.E. etwas ab (trotz des ungemein witzigen ersten Aktes), was aber auch daran liegt, dass für mich Teile des zweiten und dritten Aktes die einzigen Durststrecken des "Rings" sind. Zagrosek fand ich im "Rheingold" brillant, sonst immer mindestens gut, die Qualität der Sänger/innen gemischt, aber insgesamt erstaunlich hoch.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Das hört sich doch gut an, vielen Dank! :D


    Und Siegfried - na ja, wenn der etwas abfällt, kann ich damit (bzw. auch da-ohne) leben. Es ist nicht gerade meine Lieblingsoper, was zugegebenermaßen u.a. daran liegt, dass es vorwiegend um Siegfried geht.

  • hallo,


    den met-ring kann ich nicht wirklich empfehlen. das hat im wesentlichen 2 gründe:


    1. die inszenierung: das ist klassischer old-school-wagner. nicht schlecht gemacht, sicher, aber um mich mehrere stunden vorm fernseher zu halten, reicht das - zumindest für mich - nicht. typische otti-schenk-inszenierung. die sind fast immer nett anzusehen, aber im ganzen doch viel zu bieder (irgendwie josefstadt eben).


    2. jimmy levine, der klassische schlepper: ich kann die stellen gar nicht zählen, wo ich mir gewünscht hätte, dass er jetzt mal dampf macht, aber leider - immer wieder bleibt nur kopfschütteln zurück. für mich ist böhms dirigat das maß der dinge beim ring, und da macht levine genau das gegenteil davon. irgendwie nennt man das wohl "romantischen ansatz", nur überzeugen tut's mich leider überhaupt nicht.


    dabei wäre dieser ring sängerisch echt stark einzuordnen - von den neueren ringen sicher mit abstand der beste. matti salminens hagen z.b. - absolut grandios. nur wenn beim ring die inszenierung und der dirigent nicht passen, dann können die sänger auch nichts mehr retten.


    greetings, uhlmann

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  • Vorangestellt: Ich habe den "Ring" seinerzeit von Platten und im Fernsehen in der Bayreuther Chereau/Boulez-Interpretation kennen gelernt, dann in der Wiener Staatsoper in den 80ern Einzelaufführungen von "Walküre" und "Götterdämmerung" besucht (noch Reste der alten Karajan-Inszenierung) und 1993 die damalige Neuinszenierung mit Dohnanyi ("Siegfried": Pappano)/Dresen/Kapplmüller. Irgendwann werde ich sicher auch zumindest die Aufnahmen unter Karajan und Böhn durchhören.
    An sich bin ich nur ungern ein "Vergleicher". Ich versuche, mich auf die jeweilige Interpretation möglichst unvoreingenommen einzustellen, mich quasi hineinfallen zu lassen. Das gelingt natürlich nur selten, es schärft nicht gerade den kritischen Blick, ermöglicht mir aber - wie ich glaube - einen emotionaleren Zugang auf eine Interpretation.
    Diese eineinhalb Wochen mit Schwerpunkt "Ring" aus New York belehren mich auch eines Besseren, was meine Vorbehalte gegenüber Oper auf DVD betrifft. Es wurde weiter oben Kritik an Brian Large als Filmregisseur geübt. Mir persönlich sagt dessen Aufbereitung der Opernaufführung für das Fernsehen sehr zu, gerade die Nahaufnahmen der Mitwirkenden in Aktion und die Lösung der Bildwechsel mit Nebelschleiern.
    Meine Meinung zum New Yorker "Ring" (nach dem "Siegfried"): Will jemand das Werk selbst kennen lernen, ohne gleich tausend Regieideen mitinterpretieren zu müssen, ist dieser „Ring“ optimal. Keine Symbolik, keine Verfremdung lenkt vom eigentlichen Geschehen ab. Für mich ist dieser "Ring" nach Chereau und Dresen (die auch ihre unbestreitbaren Qualitäten hatten) geradezu "wohltuend".
    Habe nun also "Siegfried" fertig gesehen und gehört.
    Die große Linie setzt sich fort. Levine schlägt musikalisch den großen Bogen – impulsiver, hochromantischer, emotionaler Wagner. Schneider-Siemssens Bühnenbilder behalten den naturalistischen Grundton mit realistischen Farben bei. Die Kostüme von Rolf Langenfass kommen aus der Märchen- und Sagenwelt. Mime und Alberich haben Köpfe mit Warzen drauf, der Drache erinnert an den Film Tarantula oder an eine Riesenkrake, und Erda taucht aus dem Boden mit einem durchsichtig bläulich schimmernden Schleier im Lichtschimmer auf. Otto Schenk zeigt Menschen und ihre Gefühle, von Siegfrieds entdeckerfreudiger Naivität bis zu Mimes Versuch der Verschlagenheit im Mantel des fürsorglichen Erziehers. Wenn man Otto Schenk oft als Schauspieler gesehen hat, erscheinen Heinz Zedniks Mime und Ekkehard Wlaschihas Alberich wie im „Rheingold“ als köstliche Schenk-Parodien. Das stört aber keineswegs. Wäre es ein Schauspiel ohne Gesang, Otto Schenk könnte beide Rollen ideal verkörpern. Zednik ist seit Chereaus Bayreuther „Ring“ der Mime einer ganzen Wagner-Interpretationsepoche. Sein großartig wortdeutlicher und ausdrucks-nuancierter Charaktertenor geben ihm neben der darstellerischen auch die gesanglich optimale Präsenz. Eine „Siegfried“-Aufführung gehört nichtsdestotrotz, nimmt man alle drei Aufzüge zusammen, vor allem der Hauptrolle. Siegfried Jerusalem sieht großartig aus für diese Rolle, er spielt auch sehr glaubwürdig und er ist stimmlich fabelhaft in Form, genauso wie die eben erweckte Brünnhilde der Hildegard Behrens - das sind große Opernmomente, auch auf DVD.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Hallo Alexander,


    ich finde es sehr interessant, was Du über Deine Eindrücke schreibst, zumal Du wahrscheinlich ähnlich unvoreingenommen herangegangen bist wie ich, allerdings mit anderem Ergebnis. Am Levine-Rheingold versuchte ich mich, als ich erst zwei Inszenierungen einzelner Ring-Opern kannte (Kupfer/Bayreuth auf Video und Kupfer/Berlin live - wobei zugegebenermaßen nicht gerade Welten zwischen den beiden liegen).


    Was die Sängerleistung angeht, bin ich mit allen hier einer Meinung. Morris, Norman, Ludwig, Salminen und Co. sind eine Einser-Bank. Hildegard Behrens habe ich auch sehr gern, allerdings lieber in anderen Rollen – eher johojoe als hojotoho.


    Mich hat die Schenk-Version einfach erschlagen. Die opulente Ausstattung und die breit ausgespielte Musik waren für mich zu viel des Guten. Dazu kommt, dass diese Inszenierung mir keine Denkanstöße und keine Reibungsfläche geboten hat. Im Gegenteil: Die Historisierung stand mir beim Zugang zum Werk eher im Weg. Nicht nur lenkte das überbeschäftigte Auge das Ohr ab; Schenks Rückgriff auf Regiekonzepte von anno Tobak half auch nicht gerade dabei, das Ganze nicht als schön präsentiertes spätgermanisches Götterdrama zu sehen, sondern als Stück mit zeitloser Aussage.


    Da fand ich Kupfer ideal: kein Pomp, kein Retro, aber auch keine Modernisierung um jeden Preis, dazu ein Konzept, das stark auf die Personen setzt (wenn man nicht im Parkett sitzt, kann man sie sogar sehen, auch wenn sie die Hälfte der Zeit liegend, kniend oder rollend auf dem Boden verbringen), sowie ein schlankes Bühnenbild, das einen guten Gegenpol zur Musik bietet.


    Ganz davon abgesehen ist Brünnhildes Mantel aus der Walküre schon ein Kaufgrund für sich. :D

  • Hallo Grimgerdes Schwester,


    vielen Dank für die Anregungen und Denkanstöße zum New Yorker "Ring". Gerne werde ich mich unter diesen Gesichtspunkten demnächst mit Harry Kupfers Deutung befassen (gibt´s in der Münchner Stadtbibliothek zum Ausleihen).


    Hier noch meine Eindrücke zur heute gesehenen und gehörten New Yorker "Götterdämmerung", ich kann nicht umhin, von der Größe dieses Gesamtkunstwerks (einmal mehr) und doch auch vom Gesamtkonzept der Produktion nach wie vor ziemlich ergriffen zu sein:


    Konsequent setzt Otto Schenk die „menschliche“ Personenführung fort, genauso konsequent erstaunen Günther Schneider Siemssens wunderschöne realistisch-naturalistische Bühnenbilder zwischen Postkartenblick auf die Rheinlandschaft, Rheintöchtern im Schilf und herrlicher Apotheose am Ende (die Mauern brechen zusammen, dann sehen wir die Rheintöchter mit dem Ring am Felsen des „Rheingold“-Beginns, Walhall entflammt, und am Ende erstrahlt ein gleißendes Licht über dem Rhein). Bei den Solisten ragt (in einem allgemein hochklassigen Ensemble) der phänomenale Matti Salminen als Hagen heraus, und eine Christa Ludwig als luxuriös besetzte Waltraute gibt´s auch nicht überall zu hören. Ekkehard Wlaschihas Alberich hat jetzt keine Warzen mehr auf der Glatze. Siegfried Jerusalem und Hildegard Behrens setzen kongenial dort fort, wo sie im „Siegfried“ aufgehört haben. James Levine nimmt sich viel Zeit, es ist eine lange „Götterdämmerung“, sie hat aber bei aller Epik eine große innere Dramaturgie, sie schlägt einen sehr emotionalen musikalischen Bogen. Archaisch pompös wird der Trauermarsch dargeboten.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Vielleicht sollte ich es einmal umgekehrt machen und wenigstens der Levine-Götterdämmerung noch eine Chance geben... und sei es um der XXL-Version von Christa Ludwigs Waltraute willen.


    Übrigens: In der Kupfer-Version aus Barcelona unter de Billy (das ist die Berliner Fassung aus den Neunzigern) singt auch Matti Salminen einen fabelhaften Hagen. Nur so als Anreiz. :)

  • Gegrüßt seid ihr Taminos, die ihr mir wieder bei einer Kaufentscheidung helfen müsst!!!


    Mich würden einige Stimmen zu folgenden Ring DVDs interessieren:


    de Billy/Kupfer aus Barcelona


    und Barenboim Ring aus Bayreuth


    Vom Barenboim Ring hab ich das Rheingold, was mir sehr gut gefällt!


    Der Ring aus Barcelona reizt mir aber auch sehr....starke Besetzung etc.!!
    Auf kurz oder lang werd ich sie beide haben aber einer soll der erste sein...Man muss ja das Weihnachtsgeschäft antreiben :pfeif:


    Freue mich auf eure Anregungen!
    Mfg Richard

  • Hallo Richard,


    ich habe die Barcelona-Walküre und finde sie im Großen und Ganzen in Ordnung. Man merkt der Inszenierung (bzw. Kostümen) eben ihre doch etwas weiter zurückliegende Entstehungszeit an - und dass es kaum mehr als Einweisungsproben gegeben haben muss. Klischeehafte Operngesten gibt es einige an der Zahl. Merkwürdig ist die "Todeverkündung", bei der Siegmunds Gesicht von Brünhilde mithilfe Kalks eingeweisst wird....
    Relativ schwach der Siegmund (Berkley-Steele), dessen Wälserufe mich an einen stotternden Dieselmotor im Winter erinnern und dessen Winterstürme nix mit dem Lenz zu tun haben. Die Sieglinde (Watson), optisch-dartstellerisch relativ aspetisch, ist gesanglich gut, gleiches gilt für den sinistren Hundin (Halfvarson). Die Brünhilde von Polaski wird wohl ewig Strietpunkt sein - mir gefällt sie, insbesondere ihre langjährige Rollenerfahrung, die bei der Aufnahme miteinfließt. Unbestritten und wirklich toll der Struckmann'sche Wotan. Seine Gattin (Braun) ist ebenfalls wunderbar.
    Musikalisch kein Referenzcharakter, aber de Billy leitet das Orchester durch und durch überzeugend.

  • Zitat

    Merkwürdig ist die "Todeverkündung", bei der Siegmunds Gesicht von Brünhilde mithilfe Kalks eingeweisst wird....


    Das kommt auf der Aufzeichnung leider nicht gut rüber, wie so vieles, denn ich empfinde sie als ziemlich schlampig gefilmt. Live musste ich mich in der Szene gelegentlich selbst daran erinnern, mal zu atmen. Der optische Effekt war beträchtlich und die Parallele zu den ebenfalls kalkweißen Heldenleichen aus dem Walkürenritt gut erkennbar.


    In der musikalischen Beurteilung kann ich mich ulfk179 eigentlich in allen Punkten anschließen. In der Götterdämmerung kommt noch ein sensationeller Matti Salminen als Hagen dazu, eine sehr gute Julia Juon als Waltraute, und Elisabete Matos hat mich als Gutrune auch überzeugt. Falk Struckmann fand ich auch als schmierig frisierten Gunther wieder so gut, dass ich ihm den einen oder anderen alternativ artikulierten Vokal gern verzeihe. Treleaven fällt im Bereich Schauspiel etwas ab (da ist Siegfried aber auch eine undankbare Rolle...), das macht Polaski aber mehrfach wieder wett - unterstützt von einer wirklich starken Personenführung (und einer kühnen Friseurin :D).

  • Vielen Dank schonmal!
    Vorallem wegen Struckmann interessiert mich die Aufnahme...Vorallem auch Struckmann als Gunther! :hello:
    Also ich glaube die Sache ist schon halb beschlossen aber ich bin trotzem interessiert an weiteren Meinungen :D


    Mfg


  • Wie schon an anderer Stelle berichtet, schaue ich mir mit großer Spannung und großem Spaß zur Zeit den Ring aus Kopenhagen an.
    Ich kenne auch den Stuttgarter Ring, der ist wahrlich außergewöhnlich, aber was hier in Kopenhagen gemacht wurde, ist einfach nur überwältigend :jubel: Die Ring-Geschichte ist ganz auf Brünnhilde konzipiert, als Familien-Saga bzw. Familien-Drama einer Herrschaftsfamilie über einen Zeitraum von 50 - 60 Jahren des 20. Jahrhunderts.

    Während des Rheingold-Vorspiels sieht man Brünnhilde auf dem Dachboden ihres Familienhauses, wie sie unter Kerzenlicht das soeben abgespielte Familiendrama zu rekonstuieren versucht: Wie konnte es soweit kommen, daß sie ihre große Liebe Siegfried verrät und ihm den Tod wünscht ? Warum ist dies alles passiert ?
    Äußerst spannend ist die Deutung des "Rheingoldes": Das Gold ist ein Jüngling, der sich zum Vergnügen der Rheintöchter in einem Pool nackt räkelt und Alberich tötet - von den Rheintöchtern verschmäht - dann diesen Jüngling; mit seinem Herz schmiedet er sich den Ring. Ein wenig heftig: Die Folter-Szene mit Wotan, Alberich und Loge und wie Wotan durch noch größere Unmenschlichkeit sich den Ring rafft (er hackt Alberich die Hand ab... :faint: :kotz: :faint:)

    Dsa Rheingold spielt ausstattungsmäßig in den 1920-er-Jahren, die Walküre ist im Stil der 1950-er Jahre gehalten, Siegfried als wilder 1968-er und dann die Götterdämmerung 1990.

  • Lieber Louis,


    das klingt ja echt sehr, sehr spannend! Wie sieht es denn mit den sängerischen Leistungen aus? Kannst Du hierzu ein bisschen was schreiben?


    Best, DiO :beatnik:

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  • Lieber DiO :D


    Ich stecke gerade im I. Aufzug des Siegfried und wenn ich den ganzen beeindruckenden Ring fertiggeschaut habe, versuche ich in einem ruhigen Moment komplett zu diesem Zyklus etwas zu schreiben.
    Nur bei Sängern tu ich mich besonders schwer, weil ich generell kein großer Sängerkritiker bin, sondern am Meisten auf die Inszenierung achte.


    Liebe Grüße,


    Louis

  • THE COPENHAGEN RING:


    Zu erwähntem Ring aus Kopenhagen: Eine tiefgründige und reife Kritik zu schreiben ist bei einem Ring ein wenig zu hoch für mich gegriffen, aber eines kann ich in jedem Fall sagen: Ein absolut außergewöhnlicher, ergreifener Ring mit hervorragenden Sängern und da hat mir sogar die Walküre Spaß gemacht :stumm:
    Herr Holten als Regisseur hat ganze Arbeit geleistet und viele Dinge mutig umgedeutet. So zieht z.B. Sieglinde das Schwert Nothung aus der Esche Stamm, warum auch nicht ? Sieglinde stammt ja schließlich wie ihr Zwillingsbruder auch von Wotan und sollte daher auch die Kraft besitzen, es ihm rauszuziehen :]. Am Ende der Götterdämmerung, wenn alles untergangen ist, stribt Brünnhilde aber nicht, sondern sie ist in der Götterdämmerung als schwangere Frau von Siegfried dargestellt(hoffentlich von ihm...) und erscheint am Ende der Oper nach dem "Weltenbrand" auf der leeren Bühne mit ihrem neugeborenen Baby im Arm. Solche Ideen gibt es einige und insgesamt daher ein absolut ergreifendes Theatererlebnis auf DVD.

  • Etwas am Rande dieser Diskussion. Wer sich die "Götterdämmerung" qualifiziert erschließen will, sollte die Videoaufzeichnung "Hinter den Kulissen der Götterdämmerung " kennenlernen. Hier stellt Sir Solti faszinierend die Probleme bei der Realisierung des Riesenwerks und seine Auffassung dar. Die Decca-Techniker geben Einblick in die für die damalige Zeit revolutionäre Technik. Interviews mit Nilsson, Fischer Dieskau runden das Gesamterlebnis ab. Heiter ist es auch noch, wenn der arme, geplagte Gottlob Frick zum Beispiel X-mal die schwierigen Mannenrufe singen muss, nur weil die nachgebauten Stierhörner ausprobiert werden sollen. Eine Fundgrube für Musikfreunde.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!


  • Ich versuche mal eine Kritik zu meiner Lieblings-Götterdämmerung auf DVD, gestern am Feiertag mal wieder ausgiebig genossen und komplett angeschaut.


    Zunächst sei einmal erwähnt: Luana DeVol hat für diese Rolle eine Auszeichnung bekommen: "Sängerin des Jahres 2003". Ich finde ebenso: Absolut zu Recht. Sie singt ihre Brünnhilde strahlend klar und ohne Mühe, auch beim großen Schlußgesang ist sie noch frisch wie zu Beginn. Angenehm bei ihr: Sie hat in der Höhe überhaupt keine Probleme und ist in keiner Phase schrill oder ähnlich sirenen-tönig. Darstellerisch überzeugt sie ebenso, wirklich eine phantastische Leistung.
    Auch erwähnenswert ist Roland Bracht als Hagen. Darstellerisch als auch gesanglich ein nahezu perfekter Hagen. Er spielt ihn nicht allzu böse, ich würde eher sagen "fein hinterlistig".
    Der Siegfried wird von Albert Bonnema verkörpert, ein holländischer Tenor. Musikalisch hat er vor allem in den ruhigen Passagen (I. Akt Beginn oder Siegfrieds Tod) seine Mühen, ansonsten ist er ein recht passabler Siegfried, wobei man ihm den "starken Helden" alleine von seinem Körperbau nicht so sehr abnehmen kann. E wirkt eher kindisch-verspielt, ist aber von der Regie auch so angelegt (Holzpferdchen, Holzschwert...)
    Hernan Iturralde verkörpert den Gunther darstellerisch hervorragend als absolutes Weichei, seine Schwester Gutrune (Eva-Maria Westbroek) steht ihm in nichts nach und agiert als schüchternes Blondchen, die nicht weiß, wie ihr geschieht.


    Die gesamte Inszenierung von Peter Konwitschny ist in der heutigen Gegenwart angelegt. So zeigen sich die 3 Nornen als auf der Straße lagernde Landstreicherinnen, Brünnhilde sitzt in einem "Wohnzimmer" mit Felsenwand-Teppich an einem gedeckten Tisch und die Gibichungenhalle ist eine karge Holzhütte. Besonderheit ist der Schluß: Als Hagen dem toten Siegfried den Ring entreissen will, taucht Brünnhilde in einem roten Kostüm auf der Bühne auf, das Licht im Zuschauerraum geht an, sie schaltet die Requisiten aus (Projektor) und geleitet den wiedererweckten Siegfried von der Bühne. Der Weltenbrand findet nur auf der Leinwand statt: Als eingeblendeter Originaltext von Wagner, sozusagen als "Welten-Abspann".


    Insgesamt gefällt mir diese recht "freundliche" Inszenierung sehr gut und kann die DVD nur weiterempfehlen.


    Liebe Grüße,


    Louis

  • Interessant finde ich, daß in diesem Thread praktisch nur positive Stimmen zum naturalistischen "Ring" von Otto Schenk zu vernehmen sind, ja auch die Sänger weitgehend als auf hohem bis höchstem Niveau gehandelt werden.


    Ich hatte zwar ohnehin vor, mir diesen "Ring" mal zuzulegen, aber diese Einschätzungen werden mir die Entscheidung deutlich erleichtern, zumal ich zumindest ein wenig auch mit dem Chéreau-"Ring" liebäugelte ...

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph,


    ohha, also ich habe auch den gesamten Schenk-Ring hier und ich finde ihn nicht besonders. Gut, die meisten der Sänger sind wirklich hervorragend, ich denke da auch an so "kleine" Details wie Christa Ludwig als Waltraute in der Götterdämmerung oder an so "große" Details wie Matti Salminen als Hagen. Aber Hildegard Behrens als Brünnhilde befindet sich im radikalen Stimmbruch zur Tenoristin und ehrlich gesagt das "Originalgetreue Bühnenbild" von Otto Schenk ist eher triefend kitschig.


    Also ich bin für Deine Auswahl ein ganz klarer Fürsprecher vom Chereau-Ring, das ist eine absolut geniale und spannende Inszenierung und von den Sängern her konnte ich bisher auch nur Gutes vernehmen.


    So, lieber Joseph, nun wieder unentschlossen ? :pfeif: :pfeif:

  • Königlicher Bruder aus Bayern (:D),


    das bringt mich schon wieder ins Grübeln. :O


    Ja selbst Deine Kurzbeschreibung des Kopenhagener "Rings" klingt sehr interessant irgendwie (Rheingold als Jüngling, Hand ab usw. :beatnik:)


    Andererseits ist der Schenk die einzige "werkgetreue" Deutung des Stoffes (sieht man mal vom Karajan-"Rheingold" ab) ...


    Wirklich nicht so einfach, sich zu entscheiden. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ja, Schenk ist natürlich schon recht werkgetreu, ich finde es halt nur so aufgezwungen künstlich mit all den komischen Bühnenbauten und dem Kostümverleih...


    Ja der Kopenhagener Ring ist absolut "extraordinaire" mit vielen neuen (teils verrückten) Deutungen, die glaub ich nicht jedermanns Geschmack sind. Absolut das Gegenteil von "werktreu", aber das finde ich außerordentlich spannend.


    Und dazwischen, sozusagen noch recht werktreu, aber nicht zu verstaubt und kurzweilig anzusehen ist eben der Chereau-Ring. Dafür wirklich meine Empfehlung, wenn man den Ring nicht zu modern aber auch nicht zu staubig sehen mag.


    Liebe Grüße aus Wien,


    Louis

  • Bei den DVDs stehe ich erst an den Anfängen und nach Thielemanns Beethoven möchte ich mich mit einem "Ring" beschenken! Gesamtaufnahmen auf CD habe ich noch und nöcher, aber noch keinen Zyklus auf DVD! Aufnahmetechnisch erwartet man heute natürlich Dolby Surround 5.1 und die Inszenierung soll gut sein, die Sänger von Qualität, der Preis moderat! Zu viele Ansprüche? Hier werden ja einige Aufnahmen genannt ...

  • Hallo Louis,


    habe mir den Kopenhagener Ring von Youtube runtergeladen. Ist wirklich Geschmackssache. An manchen Stellen fand ich ihn sogar etwas zu albern. Leider gibt es Siegfried nicht auf Youtube.



    Hallo Yorick,


    ein sehr gut gemachter RIng ist der aus London mit Pappano und Bryn Terfel als Wotan. Sehr gut inszeniert und hervorragende Sänger aus dem Jahr 2005. Ist natürlich nicht ganz werkgetreu aber auch nicht allzu RT mäßig. Keith Warner setzt dabei sehr viel auf visuelle Effekte, ohne dass dabei die Personenführung leidet. Gibt es auch zum Anschauen bei Youtube..

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