Tschaikowsky: Manfred-Sinfonie op.58

  • Hallo Tchaikowsky-Freunde,


    durch Maik´s Thread zur Sinfonie Nr.4 bin ich wiedermal zu Tschaikowsky gekommen. Nach der 4ten war dann Manfred dran – eine großartige Sinfonie die einen dicken Thread verdient.


    Tschaikowsky´s Manfred – Sinfonie op.58 (1886) ist eine Programmsinfonie nach der Versdichtung des Engländes Lord Byron (1788-1824). Angeregt durch seinen Komponistenfreund Mili Balakiriew nahm Tschaikowsky im Jahre 1885 die Arbeit zu seiner Manfred-Sinfonie auf, die schon Jahre zuvor geplant war.
    Es enstand die Programmsinfonie in
    Vier Bildern für großes Orchester:


    1. Manfred irrt in den Alpen umher
    (Lento lugubre. Moderato con moto. Andante)


    2. Die Alpenfee erscheint vor Manfred unter dem Regenbogen.
    (Vivace con spirito)


    3.Schlichtes, freies und friedliches Leben der Bergbewohner.
    (Andante con moto)


    4.Der unterirdische Palast des Ahriman. Manfred ercheint inmiten des Bachanals.
    Anrufug des Schattens der Astarte. Sie weissgt ihm das Ende seiner irdischen Leiden.
    Manfreds Tod.

    (Allego con fuoco)


    Tschaikowsky war von der Qualität des Werkes hin und hergerissen und hielt sie für seine schönste sinfonische Komposition und verurteilte sie später wieder als ein abscheuliches Werk, letztendlich hielt er nur den ersten Satz für den stärksten Teil des Werkes. Die moskauer Uraufführung erfolgte im März 1986. Die Manfred – Sinfonie erinnert in ihrem Aufbau stark an Berlioz´s Sinfonie fantastique. Die formale Beziehung zur Sinfonie fantastique empfand Tschaikowsky als eine Last für sein Werk und er erwog die Sinfonie umzuarbeiten und eine einsätzige Tondichtung wie Francesca da Rimini daraus zu machen. Zu dieser 1888 angekündigten Umarbeitung ist es (zum Glück) nicht gekommen.
    Im letzten aufgewühlten Satz ist noch eine Orgel integriert.



    :] Meine erste Aufnahme in meiner Jugendzeit (70er) war IMO die bis heute Beste mit
    Jewgenij Swetlanow / Staatliches SO der UDSSR Moskau auf Eurodisc (LP).


    :) Eine klanglich hervorragende Aufnahme, die alle orchestralen Effekte ausleuchtet ist bei der Manfred-Sinfonie schon angebracht und wünschenswert. Auf CD ist es die EMI-Aufnahme mit
    Ricardo Muti / Philharmonia Orchestra London von 1982 DDD, die in dieser Himsicht keine Wünsche offen läßt.
    Diese TOP-CD ist derzeit nirgendwo zu finden – offenbar momentan gestrichen.


    Da ich das Werk sehr schätze (nicht weniger als seine Sinfonien Nr.1-6), habe ich mir vor ca.12Jahren auch noch testweise die Naxos – Aufnahme mit
    Ondrey Lenard / CSR SO von NAXOS 1988 DDD gekauft.
    Diese Interpretation ist gut bis befriedigend, hat aber nicht den großvolumigen Orchesterklang der Muti-Aufnahme, dafür ist die Schlazeugbatterie, die bei der Manfred-Sinfonie wahrlich oft zum Einsatz kommt sehr prägnat und energiegeladen, aber das ist eben nicht alles.
    An Swetlanow kommt letztendlich keiner vorbei und die gibt es jetzt auch wieder auf CD
    (– muß ich mir noch an Land ziehen, da die Eurodisc-LP schon zu alt ist .)



    2CD Melodia


    Noch eine kleine Anmerkung zu den CD´s EMI und NAXOS:
    Die Satzbezeichnungen des Programms der Manfred-Sinfonie sind auf meinen CD´s überhaupt nicht angegeben. Für einen Neueinsteiger der sich die CD kauft halte ich dieses Defizit der Information für fatal – was soll eine Programmsinfonie ohne Programm. Die Satzbezeichnungen habe ich meiner Eurodisc-LP mit Swetlanow entnommen.
    Die EMI-Muti-CD enthält im Textheft zwar das Programm, das man aber nicht auf die Sätze beziehen kann. Anders ausgedrückt – man wüßte ohne die Satzbezeichnungen gar nicht wann welche Handlung kommt. Die Naxos – CD enthält nur eine knappe Beschreibung in Englisch.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,


    ich hätte mal eine Frage.


    Die ca. 20 von mir gehörten Interpretationen lassen sich in zwei Gruppen aufteilen, und zwar in die Dirigenten, die den 4. Satz ohne Striche, und die, die ihn gekürzt dirigieren.


    Ungekürzt :


    Ajmone-Marsan
    Ashkenazy (2x)
    Chailly
    Haitink
    Lenard
    Markevitch
    Muti
    Pletnev
    Rowicki
    Segal
    Svetlanov (mit dem USSR Symphony Orchestra)
    Tilson Thomas


    Gekürzt


    Fedoseyev
    Serebrier (2x)
    Svetlanov (1989 mit den Berliner Philharmonikern)
    Toscanini (!)


    Könnte mir jemand bitte erklären, an welcher Stelle bzw. was gekürzt ist? Anders als mit einem Strich (wie beim 2. Klavierkonzert Tschaikowskys) kann ich mir die z.T. gewaltigen Tempodifferenzen z.B. zwischen José Serebrier (12:54) und Riccardo Muti (21:00) beim 4. Satz nicht erklären.


    Besten Dank für die Aufklärung


    Sune

  • hallo, meines wissens gibt es zwei fassungen des vierten satzes. einen längeren, der - aus der erinnerung heraus - im piano endet und einen kürzen, der die reprise des beginns (mehr oder weniger) darstellt. ob dies von tschaikowsky so beabsichtigt war oder ein herausgeber dort 'eingriff' kann ich leider nicht sagen.


    auf jeden fall ist diese symphonie eine großartige und eine meiner lieblinge ...
    :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo Tschaikowsky-Freunde,


    wegen der neuen WARNER-Swetlanow-CD-Serie möchte ich diesen Thread wiedermal nach vorne holen (leider nicht im Themenverzeichnis enthalten).


    :yes: Die Erste war die Beste !
    Das gilt für mich auch wieder für die Manfred-Sinfonie. Nie habe ich dieses Werk einfühlsamer und besser gehört als auf der Eurodisc-LP mit Swetlanow. Ich berichtete im Februar 2006.


    Nun ist bei WARNER seit kurzer Zeit eine neue Swetlanow-Serie mit Studio-Aufnahmen aus den 90er-Jahren aufgelegt worden, die sehr intertessant zu sein scheinen.
    Warum diese DDD-Aufnahmen erst jetzt auf dem Markt erscheinen ist ein Rätsel. Oder gab es diese im Ausland ?

    Die Manfred-Sinfonie mit Swetlanow ist sicher auch ein großer Wurf und wird auf dem nächsten Bestellzettel stehen:



    Manfred-Symphonie op. 58
    USSR State SO, Evgeny Svetlanov
    WARNER, Aufnahme 1992 DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Nicht vergessen werden darf die m. E. fantastische Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern unter Lorin Maazel aus den 60er Jahren bei Decca. Diese Gesamtaufnahme der Cajkovskij-Sinfonien ist für mich eine seiner wenigen wirklichen discographischen Großtaten (vielleicht noch neben seiner fulminanten Aufnahme von Dvoraks Neuer Welt).

  • Hallo,


    Hatte heute das Vergnügen die Symphonie live mit der Nordwestdeutschen Philharmonie unter Andris Nelsons zu erleben.
    Ich war jedoch extrem überrascht und auch etwas verstört, als ich plötzlich einen völlig anderen 4.Satz hörte, als ich von der sicherlich großartigen und packenden Swetlanov-Aufnahme gewohnt war...


    In der gestrichenen Version des 4.Satzes erklingt in der Tat (wie klingsor schon sagt) das fulminante Finale des 1.Satzes - dieses ist natürlch sehr effektreich und hätte betimmt mehr Applaus beim lahmen Paderborner Publikum eingetragen als das un"gekürzten", welches sehr leise und langsam ist.
    Duch die "Kürzung" wird die Symphonie zwar insgesamt kürzer und packender, entbehrt aber auch einer gewissen Logik - das Programm wird in der "gestrichenen" Fassung am Ende recht missachtet:
    In Byrons Dichtung tritt am Ende ein Abt auf, welcher noch einige segensreiche Worte über Manfred und dessen Tod ablässt (in der "ungekürzten" Fassung wird dies durch eine Orgel verdeutlicht.)
    Die Symphonie endet dann auch in Dur, was die "Erlösung" Manfreds von dessen Leiden weitaus besser darstellt als die dramatische, mönströse, "gekürzte" fassung...


    Meine Frage aber auch: Woher kommen die zwei Versionen? War es Tschaikowski selbst oder ein verzweifelter Konzertdirektor, welcher in seinem Saal mit keiner Orgel aufwarten konnte? (Nicht das die Paderhalle eine besässe - hier wurde das ganze mit einem Keyboard "gelöst"...etwas billig, aber garnicht sooo schlimm und auffällig wie gedacht!)


    Ich muss sagen, dass mir die Symphonie sehr, sehr gut gefällt und ich mich doch arg wundere, warum sie derart verschmäht wird...!
    Ich meine: Sie hat herrliche Themen, einen spannenden Aufbau, ausgeklügelte, packende Dramatik und einige äussert interessant instrumentierte (Ich erinnere z.B. nur an den Beginn der Symphonie) Passagen!
    Nunja, warscheinlich ist es der große Berlioz-Plagiatievorwurf, den ja auch Tschaikowski schon befürchtete! Wenn ich zwischen "Symphonie Fantastique" und "Manfred" wählen sollte, fiele die Wahl sicherlich auf die frühere, insgesamt Ideenreichere SF - jedoch möchte ich "Manfred" sicher nicht mehr missen und würde mir wünschen, dass sie einer größeren Öffentlichkeit bewusst wird!


    LG
    Raphael

  • Zitat

    Ich muss sagen, dass mir die Symphonie sehr, sehr gut gefällt und ich mich doch arg wundere, warum sie derart verschmäht wird...!
    Ich meine: Sie hat herrliche Themen, einen spannenden Aufbau, ausgeklügelte, packende Dramatik und einige äussert interessant instrumentierte (Ich erinnere z.B. nur an den Beginn der Symphonie) Passagen!



    Hallo raphael,


    volle Zustimmung zu Deinen Ausführungen.
    Ich wundere mich auch warum dieser Thread seit nunmehr 2Jahren so gering beachtet wird und ganze 4Antworten hat.
    Ich schätze die Manfred-Sinfonie mindestens genauso hoch ein wie die anderen Tschaikowsky-Sinfonien. Meinem Ideal kommt sie als Programmsinfonie sogar noch näher als die drei frühen Sinfonien. Bekanntlich bin ich großer Anhänger der Sparte "Sinf.Dichtungen".


    :) Trotz der geringen Resonanz hat sich aber eine Neuigkeit für mich ergeben:
    Ich habe gar nicht gewußt, das es vom 4.Satz eine gekürzte Fassung gibt, denn meine drei Aufnahmen (Swetlanow, Muti, Lenard) bedienen sich der Originalfassung mit Satzdauern zwischen 19 und 21 Minuten - :jubel: mit Orgel !


    Ich habe nachgelesen und bin zu keiner Antwort gekommen, wer die Kurzfassung "verbrockt" hat. Die Originalfassung hält sich jedenfalls an Byrons Manfred und ist unbedingt vorzuziehen.
    Der Schluß muß gemäß Programm ruhig enden --- Manfed stirbt.


    Tschaikowsky sah in seiner 1885 komponierten Manfred-Sinfonie durch die Viersätztigkeit eine deutlich formale Beziehung zur berliozschen Symphony fantastique. Daher kündigte er 1888 eine Umarbeitung in eine einsätzige Fassung an um nicht als Berlioz-Nachahmer da zu stehen. Zu dieser Umarbeitung kam es aber nie. Tschaikowsky konnte mit seinem Anfangserfolg der am 11.03.1986 von Max Erdmannsdörfer geleiteten Uraufführung in Moskau, die mit tosendem Beifall endete, auch zufrieden sein.
    Er war ohnehin sehr hin und her gerissen und hielt das Werk für die beste seiner sinfonischen Kompositionen (Brief an Nadescha von Meck). Später verwarf er diesen Gedanken wieder, hielt nur den ersten Satz für gut.
    Der damalige Kritiker Caesar Cui bestätigte Tschaikowsky´s Meinung und erklärte neben Francesca da Rimini den ersten Satz hinsichtlich Tiefe der Konzeption zum besten Tschaikowsky-Werk.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,


    wie Teleton schon andeutete, hat Tschaikowsky die Manfred-Symphonie auf Anregen Balakirews geschrieben.
    Balakirew fragte allerdings tatsächlich erst Berlioz ob er Interesse an der Komposition hätte. Nachdem dieser aufgrund von Gesundheitsproblemen abgelehnt hatte, fragte Balakirew erst etliche Jahre später Tschaikowsky.
    T. lehnte erst ab mit dem Hinweis auf den "Manfred" von Schumann(den ja T. als den größten Romantiker einschätzte), überlegte es sich dann aber doch noch anders...
    Balakirew "regte" T. nicht nur an, er gab ihm auch gleich noch explizite Vorstellungen mit auf den Weg...
    Die Sätze sollten sich orientieren an:


    I & IV Satz:


    • Francesca da Rimini (Tschaikowsky)
    • Hamlet (Liszt)
    • Finale von Harold in Italien (Berlioz)
    • Diverse Präludien von Chopin


    II. Satz: (Andante con moto...bei Tschaikowsky schließlich an dritter Stelle)


    Adagio der Symphonie Fantastique (Berlioz)
    (Tschaikowsky orientierte sich hier aber stärker an die Serenade aus Harold in Italien)


    III.Satz: (Die Begegnung mit der Alpenfee...bei Tschaikowsky schließlich der zweite Satz)


    Königin Mab aus Romeo&Julia(Berlioz)
    Scherzo der III. Symphonie von Tschaikowksy



    Die Parallelen zu Berlioz sind also kein Wunder, sondern nur Balakirews Schuld :D ;)


    Ich persönlich habe auch nichts gegen die ungekürzte Fassung(also mit dem Orgel-Schluss).
    Bei der Swetlanow-Aufnahme von 1992 handelt es sich allerdings um die gekürzte Version. Die Interpretation ist durchaus empfehlenswert, wenn mir auch die Becken(falls mein laienhaftes Gehör sich nicht täuscht) am Schluss des ersten Satzes missfallen...
    Bei Muti(und dem Philharmonia Orchestra) klingt der Schluss des ersten Satzes doch irgendwie packender...


    An dieser Stelle kann ich euch übrigens die folgende Biographie sehr ans Herz legen(allerdings bisher nur auf Englisch):



    Daraus habe ich auch die Informationen über Balakirews Vorstellungen etc. entnommen.
    Brown bespricht sehr viele Werke T.(auch die eher unbekannteren) detailliert und mit hoher Kompetenz.
    Für ihn zählt die Manfred-Symphonie eindeutig zu den stärksten Werken Tschaikowskys, wenn er auch den letzten Satz als etwas verfehlt ansieht...
    Hah, durch den Thread angeregt, werde ich mir nachher mal wieder meine Muti-Aufnahme anhören :yes:


    LG Christoph

  • Hallo Tschaikowsky-Freunde,


    dieser Tage fiel mir eine der neusten Aufnahmen der Manfred - Sinfonie in die Hände.



    Russisan National SO / M.Pletnev
    DG, 1994, DDD


    Ich erwartete durch das russische Orchester eigendlich so etwas in der Richtung Swetlanow (Melodiya und Eurodisc) zu hören, an dem sich alle späteren Aufnahmen messen müssen und sollten.


    Geboten wird mit Pletnev, der sich mir in bei den Tschaukowsky-KK als hervorragender Tschaikowsky - Interpret am Klavier zeigte, eine romantische Sose mit hervorragender DG-4D-Klangqualität mit schönen Streichern und hervorragenden Bläsern.
    Aaaaaber die Ecken und Kanten der Manfred - Sinfonie werden von Pletnev geglättet und poliert. Wo man im Werk mehrmals auf einen emotionalen Ausbruch a´la Swetlanow wartete, nimmt er das Orchester zurück und bremst es förmlich aus. Der Schluß des ersten Satzes grollt nicht, er kommt langweilig fast ohne Dramatik daher.
    Leider alles zu schön - zu romantisch !


    Meine Vergleichsaufnahmen mit Swetlanow (Eurodisc) , die ohnehin perfekt ist, aber nur klanglich die Neuaufnahmen leider nicht erreicht;
    Muti / LSO (EMI), der alle Effekt genüsslich auskostet ist diesesmal Superklasse;
    und selbst die Billig-CD, die klanglich aber nicht orchestral mithalten kann, mit
    Ondrei Renard/Bratislava SO (Naxos) , sind in dieser Hinsicht alle weit vorzuziehen und liefern alle einen mitreissenden Tschaikowsky.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Liebe Tschaikowsky-Freunde,


    angertegt durch meinen Manfred-neuzugang mit Pletnev wollte ich nun endlichg Wissen, wie denn die neue Swetlanow-Aufnahme (Warner, 1992,DDD) klingt, die ich hier schon im Beitrag von 12/2006 abgebildet hatte und die seitdem auf meiner Wunschliste steht -
    :jubel: Ich habe sie nun und bin überwältigt.


    Erst durch raphael´s Beitrag hier hatte ich erfahren, das es vom 4.Satz zwei Fassungen gibt, die bei Konzertaufführungen beide zum tragen kommen.
    Umso überraschter war ich, dass Swetlanow sich auf seiner neuen 1992er-Aufnahme nicht der Fassung mit Orgel im 4.Satz besinnt, so wie in seiner fabelhaften Erstaufnahme (Melodiya/Eurodisc) aus den 70er-Jahren.
    Es gibt zwei Vermutungen:
    1. Es handelt sich im eine LIVE-Aufnahme vom Oktober 1992 aus der Orchard Hall, Tokyo. Vielleicht ist dort keine Orgel vorhanden ?
    2. Er wollte dem japanischen Publikum einen effektvollen Schluß "mit allem drum und dran" präsentieren.


    **** Die Neuaufnahme von 1992 ist fabelhaft und bietet eine zeitgemäße digitale Klangtechnik, die alle Details beleuchtet und die farbige Instrumentation präzise wiedergibt. Es sind keine Live-Geräusche zu hören, auch der Schlußapplaus ist (so wie es die DG immer macht) nicht vorhanden, sodaß man (auch vom TOP Klang her) den Eindruck einer Studioaufnahme hat. Von der Atmosphäre her bietet Swetlanow aber fantastisches Live-Feeling und kniet sich in die Interpretation herein (zeitweise ist er singend und summend zu hören). Die Interpretation ist in den ersten 3Sätzen so packend und zugleich detailreich wie früher auf seiner Erstaufnahme.
    :yes: Der letzte Satz ist an Emotionsgehalt aber nicht mehr zu toppen. Obwohl er sich der gekürzten Fassung bedient, die hier statt gewohnten 20Min (Fassung mit Orgel) nur 11:43Min dauert, wird hier eine Aufnahme geboten in der man die Manfred-Sinfonien nicht nur hören, sondern erleben kann.
    Der Schluß (Manfreds Tod) ist in dieser Fassung ungefähr der Gleiche wie das Finale des 1.Satzes, aber Swetlanow legt hier noch einen "fetten Satz Briketts" nach, um Manfreds Tod heiss angeheizt darzustellen.
    Was Swetlanow hier bietet läßt einen "mit offenem Mund" dasitzen (so wie es Edwin ausdrückt). Man muß nach dem Ausklingen das Ganze erst einmal verkraften und sitzen bleiben --- herrlich.
    Die Gongs und Pauken machen die Handlung zu einem Erlebnis und gehen technisch bis an die Grenzen der CD-Klang-Möglichkeiten --- fabelhaft --- Gänsehaut pur --- einfach fantastisch --- der absolute Wahnsinn.



    Manfred-Symphonie op. 58
    USSR State SO, Jewgenij Svetlanow
    WARNER, Aufnahme 1992 - Live Tokyo Orchard Hall, DDD


    *Wegen dem gekürzten 4.Satz sollte man diese CD eigendlich nur als Ergänzung zu den Fassungen mit Orgel sehen. Aber was Swetlanow hier bietet übertrifft sogar seine fabelhafte und mustergültige alte Melodiya/Eurodisc-Aufnahme.
    :jubel: Alle anderen Aufnahmen verblassen gegen dieses aufgewühlte Hör-Erlebnis, nicht nur im 4.Satz, sondern in allen 4Sätzen.
    Ein MUSS für den Tschaikowsky - Fan der Tschaikowsky´s Manfred erleben will.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Manfred gefällt mir von den Sinfonien Tchaikovskys zusammen mit der Pathétique am besten. Und mit dieser Aufnahme von Ahronovitch, die bisher wohl nicht erwähnt wurde, habe ich dieses Werk kennen gelernt. Sie ist mir eigentlich auch jetzt immer noch die liebste, trotz einiger Unzulänglichkeiten (und trotz der von Ben genannten Einspielung von Maazel, die in der Tat furios ist).
    Der übliche "Highspeed"-Tchaikovsky ist Ahronovitchs Sache nicht. Eigentlich erinnert mich seine Herangehensweise schon etwas an Celi. Jedenfalls wird die Partitur voll ausgekostet und langweilig wird es mir so nie. Den Schluss des ersten Satzes werden vermutlich einige als pathetisch empfinden, da er von Ahronovitch ziemlich getragen geboten wird. Aber letztlich ist die Tempovorgabe (laut Beiheft - die Partitur habe ich leider nicht) "Andante" - und da ist er m. E. nicht zu langsam.
    Ansonsten würde ich sagen, dass Ahronovitch nie auf Effekte abzielt, sondern einfach die Musik für sich sprechen lässt.


    Die Aufnahme hat wie angedeutet leider auch ihre Nachteile: Zum einen ist der Klang recht "hohl", quasi das Gegenteil zu Deccas sehr direkter Wiedergabe. Auch die Dynamik könnte etwas umfangreicher sein. Und zum anderen werden die Schroffheiten hier nicht gerade herausgearbeitet, wie mir insbesondere die Aufnahme Maazels gezeigt hat.


    Jedenfalls m. E. eine interessante Alternativ-Einspielung. Vielleicht wäre sie mit einem russischen Orchester noch besser geworden.


    Daneben habe ich noch eine farblose Einspielung von Simonov und eine von Toscanini, der wie eigentlich immer an mir vorbeidirigiert. ;-)

  • Das dürfte die angesprochene Maazel-Aufnahme sein, nehme ich an:


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Meine Favoriten sind zur Zeit diese beiden Aufnahmen, beides ungekürzte Fassungen:


    Einmal Mariss Jansons mit dem Oslo PO von 1986 und dann Wassili Petrenko mit dem Royal Liverpool PO.



    Beide Versionen habe ich jetzt mal mit Partitur durchgehört. Ich kann das schwer festmachen, aber Petrenko hat mich noch eine Spur mehr gepackt, obwohl ich beide Versionen hervorragend finde.


    Interessanterweise steht in der Partitur im Finale nur 'Harmonium'... leichtes Understatement. Das Liverpooler Harmonium muss man schon ordentlich aufpumpen, glaube ich... Die Orgel in Oslo ist ein wenig dezenter. In Petrenkos Tschaikowskis-Lesart bin ich seit zwei Jahren verliebt, seit ich ihn mit dem Violinkonzert (mit H.Hahn, jetzt frisch auf CD gepreßt- und schon erworben) und der 5. gehört habe.


    Noch eine kleine Nouance ist mir im Finale aufgefallen: ab Takt 472, also kurz vor Schluß, wenn der Abt seine Worte an Manfred richtet (die er ausschlägt, zumindest in der Fassung des Manfred, die ich kenne), spielt die Orgel im Pedal das 'Dies Irae' der Gregorianik an. Das kommt bei Jansons noch deutlicher heraus als bei Petrenko. Kurz darauf wird die Hauptfigur der Phrase zum Ostinato im Orgelbaß und geleitet Manfred in die Welt hinüber.


    Auch was die Verwendung von gewissen Leitmotiven (Manfred und Astarte sind mit eigenen Motiven vertreten, ebenso das Motiv der 'Vergeblichkeit') betrifft, ist die Symphonie große Dichtung.


    Der erste Satz kommt etwas sperrig daher, eine Fantasie eher denn ein Sonatensatz, eine Schilderung der Gefühle und Visionen, des ziellosen umherirrens durch die Berge.


    Auch das Idyll des Landlebens im III.Satz und die Alpenfee im II. werden vertrieben, wenn das Manfred-Motiv wie ein drohender Schatten über alles fällt.


    Im letzten Satz, nach der Begegnung mit der verstorbenen Astarte in Arimans Palast, erklingt das Vergeblichkeits-Motiv und verrät dem Höhrer, dass Manfred letztlich auch von Astarte keine Erlösung bekommt und alleine mit seiner Schuld belastet sterben muss. Dem Himmel so fern, der Himmel 'in dem Du nicht bist und ich niemals sein werde'.


    Der Manfred gehört für mich in die großen symphonischen Schöpfungen des XIX.Jahrhunderts, zu Unrecht vollkommen unterschätzt. Vermutlich leidet das Stück daran, dass viele das Programm nicht kennen - oder den Manfred nicht kennen. Ich kannte ihn bis vor kurzem auch kaum, erst durch die grandiose Darbietung in Düsseldorf von Schumanns Musik-Gedicht-Theater mit dem nahezu ungekürzten Text glaube ich den Manfred verstanden zu haben.

  • Jetzt bin ich erst mal stolz und froh, ganz allein diesen Thread gefunden zu haben :thumbsup:
    Es bestärkt mich in meiner Auffassung, dieses Werk sei unterbewertet, dass hier die Beiträge sehr kleckern. Es gab in meinem wirklich gut sortierten Saturn auch nur meine Aufnahme, Petrenko mit dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra. (Ich kenne auch gar keine andere).
    Ich habe mich schon immer gewundert, dass es offenbar nur GA OHNE diese Symphonie gibt, obwohl sie ja immer Symphonie genannt wird. Wie kommt denn das?
    Dass es auch eine Aufnahme mit dem von mir verehrten Jansons gibt, hat mich direkt zum Klicken gebracht, aber 40 Euro sind ja wohl ein Hammer, und das ist noch runtergesetzt!
    Ebenso wusste ich gar nicht, dass es mehrere Versionen gibt. Ohne die Orgel stelle ich es mir verkrüppelt vor.


    Ich liebe dieses Stück, habe aber dasselbe Problem wie immer bei Programmmusik: Ich erkenne nie, was gerade dargestellt wird. (Es gibt genau 1 Ausnahme: bei der Alpensynfonie bemerke ich die Kuhglocken und weiss "Aha!") Das lenkt mich dann sehr ab, anstatt dass ich mich einfach ins Hören hineinfallen lasse. Mittlerweile habe ich die Handlung wieder vergessen und das Stück gefällt mir seitdem noch viel besser. Vor allem der Schluss hat eine Majestätik, die dermaßen in sich selbst ruht, dass ich mir das nicht mehr gesteigert vorstellen kann. Es hat in Vielem brucknerische Ausmaße, finde ich. Genau! Das Ganze hat etwas Brucknerisches. Ich kann es nicht belegen, aber als ich es schrieb, spürte ich, dass es wahr ist.
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Es gibt genau 1 Ausnahme: bei der Alpensynfonie bemerke ich die Kuhglocken und weiss "Aha!"


    Also bitte: das Aufgehen der Sonne, das Erreichen des Gipfels und auch das Hereinbrechen der Dämmerung sind doch wirklich nicht zu "überhören".


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Doch, ich kann das!
    Zumindest die Dämmerung kann ich gut überhören.
    :yes:
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Ich werde niemals diese abgeklärte Sichtweise bekommen, die hier viele haben, weil es mich beim Hören stante pede immer in ein rationales Koma haut, wo ich mich in den basalen, emotionalen Sphären verliere. Das ist sehr schön, aber Analysieren kann man dann vergessen... :hello:

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Ebenso wusste ich gar nicht, dass es mehrere Versionen gibt. Ohne die Orgel stelle ich es mir verkrüppelt vor.


    Hallo Klaus,


    nein, "verkrüppelt" ist der 4.Satz auch ohne Orgel keinesfalls. Die Fassung ohne Orgel ist halt für Aufführungsorte ohne Orgel vorgesehen. Man muss bedenken, das die Orgel ein kirchliches Instrument ist; von daher sind die Orgeln in Russland auch weit rarer als bei uns.


    Ich hatte in Beitrag 10 erläutert, was es mit der Orgel im 4.Satz auf sich hatte und welch großartige Hammeraufnahme Swetlanow in Tokyo auch ohne Orgel bei Warner 1992 aufführte.
    :) Natürlich ist mir die komplette Fassung mit Orgel auch lieber - dazu habe ich ja die alte Swetlanow-Aufnahme (Eurodisc) oder Muti (EMI).
    Petrenko ist sicher auch eine TOP-Adresse - aber nach Swetlanow gilt für mich nur noch eins: Andere sind für mich absolut entbehrlich ...



    Das Programm dieser Programmmusik wird durch die Satzüberschriften (siehe Beitrag 1), die neben der Tempobezeichnungen vorgegeben sind, recht deutlich vorgegeben. So kann man sich während des Hörens in seiner Vorstellung bildlich dem Programm hingeben. ;):D Also bitte vorher das Programm lesen ! Viele CD´s drucken das Programm aber gar nicht im Textheft ab - ein Fehler. Hast Du einen Konzertführer ? Ich empfehle Dir den REKLAMS Konzertführer, der einen guten Gesamtüberblick liefert.
    Ich bin übrigens grosser Verfechter und Liebhaber von Programmmusiken jeglicher Art. Bereits in meiner Jugend war nach Beethoven meiner erster Lieblingskomponist Franz Liszt - wegen seiner Tondichtungen !


    ;) Übrigens ist das auch bei der Alpensinfonie von R.Strauss das nachvollziehen des Programmes beim Hören noch einfacher als die Geschehnisse durch eigenes Hören nachzuvollziehen, wenn man die richtige Aufnahme besitzt. Wenn die Alpensinfonie auf der entsprechenden CD mit Trackeinteilung vorliegt, kann man mit CD-Textheft genau sehen, welcher Abschnitt, welches Programm gerade läuft.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Diese Aufnahme mit Vasily Petrenko wurde vor dreieinhalb Jahren schon mal empfohlen, ich tue es hier noch mal. Ein tolle Einspielung. Nicht ganz so ekstatisch wie die unvergleichliche von Svetlanov, aber tolle Orchesterleistung und toller Klang.


  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • RE: Swetlanow´s beide Aufnahmen der Tschaikowsky- Manfred-Sinfonie

    Zitat von Adriano

    Alle anderen Aufnahmen (inklusive Pletnjev, Rostropovich, Jurowski usw. - um nur Russen zu erwähnen) kommen für mich "danach", inklusive der beiden von Svetlanow (die neuere - live aus Japan - ist übrigens auch gekürzt - und es summt durch und durch, also ob ein Lüftungsapparat eingestellt wäre).



    Hallo Adriano und Rolo,


    das sehe ich aber ganz anders ! ... und es wundert mich, dass Du als Dirigent das nicht erkennst ...


    Die frühe Swetlanow-Aufnahme von 1976 hatte ich bereits schon zu LP-Zeiten auf der Melodiya/Eurodisc-LP. Übrigens auch mit wunderschönem LP-Cover !

    Besser als dies Aufnahme in der kompletten Fassung mit Orgel im Schlussatz.

    Swetlanows Int ist unglaublich emotional und er spornt sein Staatliches SO der UDSSR bis zum "geht nicht mehr" an.

    :saint: Diese Hammeraufnahme (so kann man diese ohne wenn und aber bezeichnen) ist in der ausgezeichnet remasterten Tschaikowsky-Sinfonoen _ GA (Melodia, 1967, ADD) enthalten.

    Mein absoluter Favorit in der kompletten Fassung mit Orgel im Finalsatz.


    :angel::thumbup: Seine LIVE-Aufnahme aus Tokyo vom Oktober 1992 ist der schiere Wahnsinn. Offenbar war dort Live keine Orgel verfügbar, sodass er die gekürzte Fassung ohne Orgle in Fibnalsatz verwendete. Packender und mit mehr Gänsehaut ist kaum möglich !!! :hail:

    Die Aufnahme hat tatsächlich den kleinen Mangel, dass da ein Aufnahmegerät leise zu hören ist. Der Umstand wird von Dir aber im obigen Zitat viel zu hoch geputscht aufgehängt. Diesen Umstand habe ich beim Hören nach wenigen Takten schon vergessen, denn Swetlanow erreicht es mich als Hörer gefangen zu nehmen. Es gibt nichts vergleichbares an Wahnsinn !


    Ich habe meine weiteren Aufnahmen der Manfred-Sinfonie bereits aus meiner CD-Sammlung entfernt (u.a Pletnev (DG)), weil ich diese Langweiler (im Vergleich) doch nicht mehr hören will. Nur die Muti-Aufnahme (EMI, DDD) habe ich noch behalten, die ja auch von Dir gelobt wird ... aber ehrlich gesagt, nachdem ich seit 2016 die Swetlanow-GA habe, nie wieder aufgelegt.


    *** Hier ist die Abb der IMO besten Tschaikowsky - Sinfonien GA aller Zeiten - mit Manfred-Sinfonie:


    71uaoWtRLNL._SL300_.jpg [am]B00M3ECKFO;lo[/am]

    Melodiya, 1967, ADD - Remastert 2014

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo zusammen,


    Da die aus meiner Sicht beste Einspielung von Tschaikowskys Manfred-Symphonie noch nicht in dieser Diskussion genannt wurde, erlaube ich mir, mich mit einzuschalten.

    Die Einspielung vom London Symphony Orchestra unter Yuri Simonow habe ich in der Tschaikowsky-Edition von Brilliant Classics entdeckt und kann von der Dramaturgie her aus meiner Sicht sogar die (ausgezeichnete) Version von Jewgeni Swetlanow schlagen. Man beachte vor allem das Finale des 1. Satzes. Der 4. Satz ist in ungekürzter Fassung (mit Orgel) enthalten.

    Grundsätzlich höre ich auch nur diese Version, da mir bei anderen einfach die Dramatik fehlt...


    Ich erwarte jedoch/hoffe, dass Kiril Petrenko (der von der Manfred-Symphonie schon einige vielversprechende Versionen abgeliefert hat) als neuer Chefdirigent der Berliner Philharmoniker vielleicht noch mal frischen Wind in diese großartige Symphonie bringt (für mich scheint nach seinen äußerst gelungenen Einspielungen der Symphonien 5 und 6 der logische Schritt, dass er bald eine Version der Manfred-Symphonie abliefert). Aus meiner Sicht stellt diese Symphonie eines von Tschaikowskys progressivsten Werken dar, es hat vieles, was z.B. Gustav Mahler später aufgegriffen hat. Von der reinen Programmatik sehe ich mache Parallelen zu Mahlers ,,Das Lied von der Erde". Vielleicht bin ich aber auch als einziger dieser Ansicht...


    LG Felix

    Bildergebnis für tchaikovsky manfred simonov

    ,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwage, sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet." - Nikolaus Harnoncourt

  • Alexander Sladkovsky

    In Kürze ist ja Sladkovskys Tschaikowsky-Zyklus auf CD angesagt.

    Einen Vorgeschmack kann man sich schon mal auf YT von der Manfred-Sinfonie in dem Konzert vom 04.10.2019 verschaffen.

    :!:Leider wählt Sladkovsky nicht die Komplettfassung mit Orgel, sondern die Fassung ohne Orgel. Wenn man sich das Tatarstan National SO im Video ansieht, ist dort auch offenbar keine Orgel vorhanden ...


    Sladkovky ist ja einer der aktuellen Dirigenten, die mit dem Tatarastan NSO noch einen russischen Sound drauf haben, den man als Fan der grossen alten (Swetlanow, Kondraschin, Roshdestwensky) auch heute noch hören kann. Das finde ich persönlich sehr erfreulich, denn zum Beispiel die zahlreichen rusisschen Orchester (manchmal mit Fantasienamen) beim Label NAXOS, sind weit entfernt davon.


    Insofern dirigiert Sladkovsky die Manfred - Sinfonie mit dem Anspruch auch wirklich russisch zu klingen. Gegenüber Swetlanow wirkt er aber sehr relaxt. Stellen, bei denen ich mir beim Dirigenten eine totale Extase vorstelle, ^^ an der Grenze zum Herzinfarkt, wirken bei ihm recht kontrolliert. Das Orchester ist mit Sladkovsky gut eingespielt und weis auch kleine Gesten effektvoll in Klang umzusetzen. Insofern ist das ein beachtliches Konzert mit einer recht spanndenden Manfred-Sinfonie.

    8) Aber so mitreissend, wie Swetlanow in seinem beiden Aufnahmen mit den Staatlichen SO der UDSSR gemeistert hat (seine erste Aufnahme mit Orgel (Melodiya - siehe Beitrag 21), die Spätere LIVE in Tokyo (WARNER)), gelingt es Sladkovsky nicht. Die gleiche Fassung, die Swetlanow in Tokyo ohne Orgel im Oktober 1992 dirigierte, war bei Swetlanow der absolute Wahnsinn. Mehr Emotion geht nicht.


    Kurzum: Hier hätte ich mir dieses mal von "Sladdi" mehr erwartet ................ trotzdem immer noch ungleich besser als so manche weichgespülte Westaufnahme.


    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • :!:Leider wählt Sladkovsky nicht die Komplettfassung mit Orgel, sondern die Fassung ohne Orgel. Wenn man sich das Tatarstan National SO im Video ansieht, ist dort auch offenbar keine Orgel vorhanden.


    Also in dem von Dir verlinkten Video springt mir schon in der ersten Minute die Konzertsaalorgel des Saals in Kasan ins Auge

    Er hat Jehova gesagt!

  • Also in dem von Dir verlinkten Video springt mir schon in der ersten Minute die Konzertsaalorgel des Saals in Kasan ins Auge

    Hallo Johannes,


    ja, jetzt habe ich die Orgel auch gesehen. Danke für die Richtigstellung.


    :/ Umso seltsamer, dass nicht die komplette Fassung der Manfred-Sinfonie mit Orgel gespielt wird ....

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Besonders in Russland ist diese Alternativfassung ohne Orgel, in welcher die Coda des 1. Satzes auch am Ende (idealerweise noch dramatischer) wiederholt wird, beliebt. Soweit ich weiß, soll diese Variante auf Jewgeni Swetlanow zurückgehen. Mir sind daneben Aufnahmen von Wladimir Fedossejew, Juri Temirkanow und William Steinberg bekannt. Letzterer hatte ein besonders enges Verhältnis zu dem Werk, es müssten fünf Mitschnitte vorhanden sein (einer auch mit Orgelschluss). Ich persönlich ziehe die orgellose Version ebenfalls vor. Wenn sich Sladkovsky für diese entscheidet, folgt er letztlich einer typisch sowjetischen Tradition.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich liebe dieses Werk, das sich vor Tschaikowskys letzten drei Sinfonien nicht zu verstecken braucht. Ende Januar gab es dieses Werk mit dem Konzerthausorchester Berlin unter Dmitrij Kitajenko. Natürlich mit Orgel, die ist für mich obligatorisch. Es gibt leider Dirigenten, die darauf verzichten, so z.B. Tugan Sokhiev mit den Berliner Philharmonikern in der Digital Concert Hall. Dabei hat die Philharmonie eine gute Orgel. Ich habe zwei Aufnahmen, einmal das Bournemouth Symphony Orchestra mit Andrew Litton und dann diese sehr gute Einspielung mit Vasily Petrenko:

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    Interessanterweise ist auch in meinem Handbuch der Konzertliteratur von Buschkötter und in meinem Konzertbuch bei den Besetzungsangaben keine Orgel aufgeführt. Über Kürzumgen der Sinfonie ist mir nichts bekannt. Die Maazel-Aufnahme interessiiert mich, ich kann mir vorstellen, dass er das gut macht.

    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP