George Gershwin: Orchesterwerke

  • Wir haben zwar schon einen Thread zum Amerikaner in Paris, aber beispielsweise die Rhapsody in blue ist noch gar nicht mit einem eigenen Thread geehrt. Und es gibt da ja noch einiges andere, was zur "Pflichtlektüre" gehört...


    Das Abhören dieser Doppel-CD hat mich jetzt mal wieder dauzu herausgefordert endlich einen weiteren Gershwin-Thread zu eröffnen:



    DG- "Panorama" George Gershwin. Doppel CD 469139-2


    Eine sehr gute Zusammenstellung mit Bernsteins Digital-Liveaufnahme der Rhapsody in blue (mit dem Los Angeles Philharmonic Orchestra), An American in Paris in einer sehr guten Aufnahme mit Seiji Ozawa und dem San Francisco Symphony Orchestra, das "Piano Concerto in F" in einer ebenfalls gut gelungenen Aufnahme mit Andre Previn (Solist und Dirigent) des Pittsburg Symphony Orchestra, James Levine lässt einen vom Stuhl springen und mit den Hüften schwingen mit der Cuban Overture (mit dem Chicago Symphony Orchestra). Auf der CD 2 gibt es dann noch: Die Rhapsody No. 2 (mit Werner Haas, Eliahu Inbal und dem Orchester der Oper Monte Carlo), 6 Variations on "I got Rhythm" (Haas/de Waart/Monte Carlo), die "Porgy and Bess Suite" mit Levine/Chicago Symphony Orchestra, und kammermusikalisch: 3 Preludes (Previn/Shaham) und "5 Song Arrangements" von und mit Previn am Klavier und David Finck am Baß.


    Für mich ist diese Doppel-CD eine der sorgfältigsten Zusammenstellungen die ich besitze.


    Zu den Werken äussere ich mich dann im Folgenden noch mals einzeln in diesem Thread, aber ich denke Ihr werdet mir jetzt schon zustimmen, daß die Cuban Overture, Die Rhapsody in blue und das Klavierkonzert es unbedingt verdient haben, daß man sich hier ausführlicher darüber unterhält..


    :beatnik:

  • Hallo Gershwin-Freunde,


    mich hat immer schon gestört, das Gershwin (1898 – 1937) threadmäßig (neues Wort) unterrepräsentiert ist. Denn wir haben bisher nur seinen „Ein Amerikaner in Paris“ besprochen.


    Die Werke für Klavier und Orchester sind eigendlich seine wichtigsten Werke:
    Das Klavierkonzert (1925), sein berühmtestes Werk, die Rhapsody in blue (1924) und die ebensogute Second Rhapsody (1931) .
    Durch die wegweisende Uraufführung der "Rhapsody in Blue" für Jazzorchester 1924 von Paul Whiteman (1890-1969) in der Carnegie Hall in New York wird der Jazz auch im Konzertleben bekannt. Gershwin verbindet europäische Kunstmusik mit Elementen des Jazz und wird somit zum Mitbegründer des "Symphonic Jazz". Vitaler Rhythmus und eingängige Liedmelodien sind Grundelemente seines Schaffens.


    Zu den Aufnahmen:
    :)Ende der 70er-Jahre kaufte ich mir die Schallplattenkassette (2LP) mit Jefrey Siegel, Klavier / Saint Louis SO / L.Slatkin auf VOX-Box, die ich mir wegen der uneingeschränkt hohen interpretatorischen Qualität beim Erscheinen als EinzelCD dann sogleich auch kaufte. Die Klangqualität der CD ist der LP-Version haushoch überlegen (die Ami´s konnten nie anständlige LP´s pressen) – der Frequanzumfang hat audiophile Qualitäten – die Klavierbässe am Anfang der Second Rhapsody hat man noch nirgenwo so eindrucksvoll und abgrundtief vernommen. Die Aufnahme ist bis heute meine Lieblingsaufnahme des Klavierkonzertes und der Second Rhapsody geblieben.
    Heute ist die TOP-Aufnahme in dieser Aufmachung zu haben:

    Klavierkonzert,
    Rhapsody in Blue; Rhapsody Nr. 2; Catfish Row;
    I got Rhythm-Variations; An American in Paris;
    Lullaby for Strings; Promenade; Cuban Overture

    Siegel, St. Louis SO, Slatkin
    VOX Aufnahme 1974 ADD


    :) Die Rapsody in blue ist auch erstklassig in der o.g. Version, doch hat mich diese Decca-Aufnahme mit Ian Davis / Lorin Maazel noch mehr begeistert. Es ist die Beste mir bekannte Aufnahme der Rhapsody.

    Rhapsody in Blue
    +Ein Amerikaner in Paris; Cuban Overture;
    Symphonische Suite aus Porgy and Bess

    Ian Davis, Cleveland Orch.,Maazel;
    Detroit SO, Dorati (Porgy…)
    DECCA Aufnahme 1974 ADD


    Auch die anderen Werke (bei mir wiederum in anderer Kopplung auf Decca) sind TOP-Aufnahmen bei Decca.


    :) Eine interessante aber beide vorigen Aufnahmen nicht annähernd erreichbare ist die Klavierrollen-Aufnahme von Gershwin selbst:
    Michael Tilson Thomas dirigert das Orchester in Originalbesetzung mit Jazzorchester zum Klavierrollenklavier. Natürlich hat so eine Klavierrolle nicht die Qualität Gershwins tatsächlichen Anschlag wiederzugeben (das ist keine Digitaltechnik mit der es heute möglich wäre), aber das Ergebnis klingt interessant, trotzdem ungewohnt – die Tempi sind passagenweise rasend schnell – die Noten scheinen sich zu überschlagen - das Orchester klingt durch die kleine Originalbesetzung für Jazzorchester abgehackt. Man kann sich vorstellen, daß es damals in den 20er Jahren im kleinen Kreis so geklungen haben mag.


    Letzlich bleibt ein schmunzeln und man greift IMO doch lieber zu Davis oder Siegel, wenn man die Rhapsody perfekt und sinfonisch hören will.
    Diese SONY-Doppel-CD mit allen Gerschwin-Ouvertüren und diversen Kurzstücken mit den Dirigenten T.Thomas und Ormandy habe ich nicht mehr gefunden – gestrichen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Thomas,


    ich habe Deinen Thread gerade gelesen und wir hatten offenbar den gleichen Gedanken, den unterrepräsentierten Gerschwin bekannter zu machen. Ich habe zu den Werken für Klavier und Orchester einen Thread eröffnet.


    Die von Dir genannte Doppel-CD enthält alle wichigen Orchesterwerke Gershwin´s in sehr unterschiedlichen Aufnahmen, die amerikanisch angehaucht sind (Ozawa, Lewin und Previn) aber auch rein europäische Aufnahmen (Haas/ Inbal und Haas/de Waart). Die DG hat alles zusammengekrazt was an guten Gershwin-Aufnahmen vorlag.
    Eine interessante Kopplung.
    "Ein Amerikaner in Paris" ist mit Ozawa eine Wucht, die DG-Aufnahme habe ich in einer anderen Kopplung.


    Doch finde ich von der Porgy and Bess-Suite die Aufnahme mit Antal Dorarti auf Decca wesentlich eindrucksvoller. Die Klangqualität der Decca-CD ist zudem sensationell.

    Ein Amerikaner in Paris; Cuban Overture;
    Symphonische Suite aus Porgy and Bess
    , Rapsody in blue
    Detroit SO, Dorati (Porgy…),
    Cleveland Orch.,Maazel
    ;
    DECCA Aufnahme 1974 ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    Zitat

    Hallo Gershwin-Freunde,


    mich hat immer schon gestört, das Gershwin (1898 – 1937) threadmäßig (neues Wort) unterrepräsentiert ist. Denn wir haben bisher nur seinen „Ein Amerikaner in Paris“ besprochen.


    also besprechen konnte man das dort auch noch nicht wirklich nennen :wacky:
    Vielleicht kommt da ja noch die ein oder andere Meinung hinzu...



    Ich möchte dann einmal kurz auf das Klavierkonzert in F-Dur zu sprechen kommen.
    Gershwin komponierte das Konzert im Jahre 1925 im Alter von 27 Jahren. Gekommen war es zu diesem Klavierkonzert durch die Aufführung der Rhapsody in Blue ein Jahr zuvor. Zu der Premiere befand sich Walter Damrosch, Dirigent des New York SO, im Publikum und war von Gershwin so angetan, dass er den Entschluss fasste, ein Klavierkonzert bei ihm in Auftrag zu geben. Im April 1925 wurde der Vertrag unterzeichnet, indem auch festgelegt wurde, dass die Uraufführung am 3.Dezember selbigen Jahres mit Gershwin am Klavier stattfinden sollte.


    Mir steht die Aufnahme mit Hélène Grimaud zur Verfügung. Mit dieser bin ich auch vollkommen zufrieden!


    Ich finde gleich den Beginn einfach nur herrlich...Nie würde ich denken, dass das jetzt ein Klavierkonzert ist.
    Der Anfang des dritten Satzes setzt aber noch einen drauf...dieser Wechsel vom zweiten zum dritten Satz reißt einen wahrhaftig mit.



    Zum Klavierkonzert ist auch noch zu sagen, dass es Gershwin vor ungeahnte Probleme stellte - die er, wie wir ja heute hören können, fantastisch gemeistert hat, auch wenn es damalige Kritiker nicht ganz so sehen wollten.
    Erst nachdem Gershwin den Auftrag annahm, wurd ihm bewusst, dass er keinen Schimmer hatte, wie man ein Konzert komponiert...
    Laut Isaac Goldberg, sein Biograf, kaufte er daraufhin ein Lehrbuch über musikalische Formen, um nachzulesen, wie sich ein Konzert aufbaute.



    Wenn ich so den dritten Satz höre, kann ich mir schon wieder fast vorstellen, wie dieser in der Atmosphäre eines Konzertsaales wirken muss - was er bewirken muss.
    Ich denke es wäre ein fantastisches Erlebnis, dieses Konzert live zu erleben...



    Lieben Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Zitat

    Durch die wegweisende Uraufführung der "Rhapsody in Blue" für Jazzorchester 1924 von Paul Whiteman (1890-1969) in der Carnegie Hall in New York wird der Jazz auch im Konzertleben bekannt.


    Das wird allgemein verkündet, in den Booklet's steht es, in den Gershwin-Biografien, jeder weiß es: Gershwin, der Schöpfer des Symphonischen Jazz.


    Das Ganze hat einen Nachteil: Es ist eine Legende. Es stimmt nicht.


    1923 nämlich wurde das geniale, atemberaubende Werk eines Europäers uraufgeführt, der in den amerikanisch dominierten Jazz-Kanon einfach nicht hineinpasste.
    Und obendrein war's auch noch just ein Franzose...!
    Wenn nun diese "Création du monde" von Darius Milhaud wenigstens ein schwaches Werk wäre... Aber nein: Ein Geniestreich ist sie, brillant komponiert, fabelhaft instrumentiert, gespickt mit dem aufregendsten Jazz, der sich zwischen eingeschrägte Bach-Reminszenzen drängt.
    Ketzertum muss sein: Diese "Création" ist für mich besser als jedes Werk, dass Gershwin geschrieben hat.

    ...

  • Hallo!


    Vorhin habe ich mir die Rhapsody in Blue angehört.
    Von einer DGG-Resonance-CD, deren Cover ich nirgends finde, das aber recht originell ist: Die Freiheitsstatue steht auf dem unteren Teil des Eiffelturms - paßt zum Amerikaner in Paris. Außerdem ist noch das Klavierkonzert in F drauf, das ich nie leiden konnte.
    Bei der Rhapsody habe ich eine Lieblingsstelle etwa nach zwei Dritteln des Stückes, es ist natürlich die Stelle aus der (Bier?)Werbung. Teilweise bewegt sich die Komposition nahe an der Grenze zu dem, was ich noch mit Gefallen hören kann. Mußte es unbedingt mit Soloklarinette komponiert werden?
    Bevor noch ich noch mehr Banausereien schreibe, verbleibe ich mit


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo,


    ein schöner Thread, um vielleicht mal meine Meinung kundzutun, wie die Symbiose zwischen "klasischer" Musik und dem Jazz im 20. Jahrhundert funktioniert hat - nämlich gar nicht! Was Werke Ravels, Gershwins, Milhauds, Antheils usw. mit dem Jazz zu tun haben, sind allenfalls Übereinstimmungen in Bereichen wie der Harmonik, Rhythmik, Phrasierung. Ansonsten sind es zwei Paar Schuhe, die einfach nicht an die gleichen Füße passen wollen, gehen diese doch in zwei unterschiedliche Richtungen!


    Nicht dass ich oben genannte Komponisten nicht schätze - ganz im Gegenteil - aber als ebenso leidenschaftlicher Jazz- wie Klassikfan, befriedigen sie mich nicht meine Jazz-Ohren, weil es sich eben um auskomponierte Musik handelt, in denen der Freiraum für die Improvisation, dem Spontanen begrenzt bis gar nicht vorhanden ist. Und ohne dieses Element ist kein Jazz denkbar.


    Ähnlich geht es mir mit den Interpreten. So mancher Jazzer hat sich in der Klassik ausprobiert und umgekerht. Wer Keith Jarrett mal sprechen möchte, möge den Weg zum Olymp antreten, denn da sitzt er schon lange aufgrund seines Klaviertrio-Monuments (nicht die klassische Gattung ;)), das er über mittlerweile bestimmt 20 CD-Einspielungen errichtet hat. Aber als Bach- oder Händel-Interpret? Muss nicht sein....


    Oder Chick Corea, ein Jazz-Tasten-Gott, der es sich allerdings auch nicht nehmen ließ, Mozart gehörig zu verhunzen. Man nehme weiterhin Jacques Loussier, der Bach, Ravel, Chopin und viele andere "verjazzt" und sich damit zwischen alle Stühle setzt. Das wird weder den Originalen gerecht, noch befriedigt es im mindesten mein Bedürfnisse, die ich an den Jazz richte.


    Die Liste ließe sich fortsetzen.


    Umgekehrt geht es mir genauso: Friedrich Gulda als Jazzpianist ist eine Karikatur seines eigentlichen Vermögens, Fazil Says Jazz-Gehämmere lässt Ohren bluten und Nigel Kennedy (über den man als klassichen Interpreten schon trefflich streiten kann), ist als Jazzer einfach nur albern.


    Wieso ich darauf komme? Im Zuge des Gershwin-Threads kramte ich eine CD des Jazz-Pianisten Herbie Hancock hervor (in der Klassik würde man einen wie ihn wohl als "Titanen" bezeichnen :P), die sich "Gershwins World" nennt und als Hommage an den Komponisten gedacht ist, eine einigermaßen gelungene, wie ich finde, weil Hancock sich das Material nimmt und was eigenes daraus macht. Auf dieser CD findet sich auch der 2. Satz aus Ravels Klavierkonzert. Eben dieses hat für mich große Bezüge zu Gershwins Konzert und damit zum Jazz, aber eben nur im Sinne wie oben beschrieben, Harmonik, Klangfarben u.ä.


    Maik, die Grimaud-Aufnahme nenne ich auch mein eigen und kann sie auch nur empfehlen, auch in dem Wissen, dass die Frau nicht jedermanns Sache ist. Ich mag sie sehr, finde sie wird, je älter sie wird auch, immer besser (was sich gut an den Schumann-Konzerten abhören lässt).


    Was Gershwins Rhapsody In Blue angeht, neige ich immer noch zu Arthur Fiedler, Earl Wild und den Boston Pops.


    Gruß
    B.

  • Hallo Barbirolli,


    da Du Dich ja als Jazz-Fan "geoutet" hast, wäre Deine Meinung zu diesem Thread recht interessant...


    JAZZ - Bruder oder Feind der klassischen Musik?


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von Pius
    Bei der Rhapsody habe ich eine Lieblingsstelle etwa nach zwei Dritteln des Stückes, es ist natürlich die Stelle aus der (Bier?)Werbung. Teilweise bewegt sich die Komposition nahe an der Grenze zu dem, was ich noch mit Gefallen hören kann. Mußte es unbedingt mit Soloklarinette komponiert werden?


    Aaargh! das Klarinettenglissando (wohl gar nicht Gershwin, sondern dem Arrangeur oder gar dem Klarinettisten der Uraufführung zu verdanken) ist fast das beste an dem Stück :stumm: :D
    Die Schmalzstelle ist dagegen nur schwer erträglich...so nett diese Orchesterstücke sein mögen, das eigentliche Gebiet von Gerhwin war das Theater bzw. Songs schreiben. Porgy & Bess ist wirklich hörenswert und auch über die weniger bekannten Musicals verstreut gibt es viele schönen Songs (alles auf einem ganz anderen Level als A. Lloyd-Webber oder andere heutige :kotz: )


    Wer arrangiertem orchestralem Jazz nicht abgeneigt ist, sollte sich mal diesen Klassiker anhören:



    Barbirolli
    Jarretts Auswahl von Händel-Suiten ist m.E. nicht schlecht, nicht überragend, aber außer Richter/Gavrilov gibts ja kaum Einspielungen der Werke auf dem modernen Klavier, da ist eine so uneitel und spritzig gespielte Platte durchaus willkommen. Ich habe allerdings schon gehört (und kann es auch anhand dieser einzigen mir bekannten CD nachvollziehen), dass Jarrett gegenüber Klassikern zuviel Respekt und zu wenig Spielfreude zeigen würde.


    It don't mean a thing if it ain't got that swing....


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Pius
    Außerdem ist noch das Klavierkonzert in F drauf, das ich nie leiden konnte.
    Bei der Rhapsody habe ich eine Lieblingsstelle etwa nach zwei Dritteln des Stückes, es ist natürlich die Stelle aus der (Bier?)Werbung. Teilweise bewegt sich die Komposition nahe an der Grenze zu dem, was ich noch mit Gefallen hören kann. Mußte es unbedingt mit Soloklarinette komponiert werden?
    Bevor noch ich noch mehr Banausereien schreibe, verbleibe ich mit


    Wenn ich nur wüßte, wie Ulli immer seinen lustigen Smiley mit der Guillotine einbaut und wo er ihn herhat...


    :motz: :rolleyes:

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von ThomasBernhard


    Wenn ich nur wüßte, wie Ulli immer seinen lustigen Smiley mit der Guillotine einbaut und wo er ihn herhat...


    :motz: :rolleyes:


    Salut,


    ThomasBernhard:


    Du glaubst, dass ich das jetzt einfach so verrate... wo ich selbst Ewigkeiten danach gesucht habe...


    :baeh01:


    @Pius:


    Zur Rhapsody gibt es auch noch die reine Klavierfassung - ich bin überfragt, wenn es darum geht, ob die Fassung von Gershwin selbst ist. Jedenfalls ist keine Klarinette dabei.


    :angel:


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ich bin da eher bei Pius: Gershwin ist für mich jenseits des Erträglichen gemeinsam mit den Sträußen in der Pop- und Kommerzschublade unterzubringen.
    Und das sind dann die beliebtesten und berühmtesten "Komponisten klassischer Musik"!
    :kotz:

  • Hallo Kurzstueckmeister!
    D'accord, wenn Du in diesem Jenseits mit einer marianengrabentiefen Trennlinie zwischen Strauß und Gershwin einverstanden bist. Etwas wie die "Fledermaus" hat Georgie nämlich nicht geschrieben...

    ...

  • Hallo Edwin, Kurzstückler und Pius,


    da haben die Teilnehmer dieses Forums wohl einen sehr unterschiedlichen Geschmack - die einen lieben ihn, die andern lehnen ihn ab. Was an Gerschwin flotter und frischer Musik "jenseits des Erträglichen" sein soll ist mir ein Rätsel.



    Zu Edwin´s Zitat habe ich nur eine Kurzantwort:

    Zitat

    Etwas wie die "Fledermaus" hat Georgie nämlich nicht geschrieben...


    Zum Glück ........!


    ;) Wie gesagt - der Musikgeschmack !


    -----------------------------------------------------
    Maurice Ravel hatte bessere Worte für Gerschwin übrig, der bei ihm unterrichtet werden wollte.
    Eine Unterrichtung war gemäß Ravel´s Worten gar nicht nötig !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Alte Sache - de gustibus...


    Was ich gegen Gershwin habe, kann ich so rationalisieren: Ich habe nichts gegen Jazz in seiner vitalen Urform. Was Gershwin daraus macht, ist in meinen Ohren die Kommerzialisierung des Jazz - und die Banalisierung.
    Dazu kommt, dass ich Gershwin für einen Form-Dilettanten halte: Er klebt einfach einzelne Ideen aneinander, die Sätze könnten auch einen ganz anderen Verlauf nehmen.
    Die viel gerühmte Oper "Porgy and Bess" wiederum hat wirklich grandiose Momente, ich denke etwa an die Sturm-Szene, die ist fabelhaft komponiert. Doch dann kommen diese unsäglichen Banalitäten, die eben nicht durch überlegenes Können auf das gleiche stilistische Niveau gehoben, sondern einfach Broadway-Songs sind.


    Ich weiß, der Vergleich hinkt so, dass er Krücken braucht, dennoch: Man höre sich an, wie Berg das Jägerlied Andres' behandelt oder wie Britten die Shanties im "Billy Budd" integriert (und mit Mussorgskij und seinen in den Opern verwendeten Liedtypen fange ich gar nicht erst an) - und dann vergleiche man das mit den Songs von Sportin' Life oder dem Duett "Bess, you is my woman now".


    Die "Fledermaus" (die ich auch nicht besonders mag) hat immerhin ein einheitliches stilistisches Niveau und klingt nicht gar so kommerziell.

    ...

  • Obwohl ich Gershwins Klavierkonzert wegen einiger grandioser Momente sehr mag, muß ich Edwin rechtgeben: es klingt etwas nach "aneinandergeklebten Ideen"... Trotzdem mag ich das Klavierkonzert sehr, auch wenn die sinfonische Arbeit etwas dünn sein sollte.


    Dennoch konnte Gershwin auch überzeugend in "geschlossenen Formen" komponieren, nachweise könnte ich das jetzt spontan an der wunderbaren Cuban Overture... ich setzt mich aber erst noch mal hin und sammel mich in Ruhe für die bevorstehende Diskussion darüber.

  • Zitat

    Dennoch konnte Gershwin auch überzeugend in "geschlossenen Formen" komponieren, nachweise könnte ich das jetzt spontan an der wunderbaren Cuban Overture.


    Ich gebe zu, dass ich das Stück nicht kenne. Wie lange dauert es? Ist es eine Potpourri-Ouvertüre mit lustig abwechselnden Themen (würde ich aufgrund des Titels vermuten) oder tatsächlich ein symphonisch durchgeführtes Werk?

    ...

  • Ich finde das teils eine nicht angemessene Kritik. Gershwin hat ja in den meisten Stücken gar nicht den Ehrgeiz wer weiß was sinfonisches zu schaffen. Die "Kommerzialisierung" des Jazz hatte schon längst vorher oder parallel und unabhängig von Gershwin begonnen, mit den großen Band der "Swing-Ära". Dass "Porgy & Bess" in der gleichen Liga wie Bergs Wozzeck spielen soll, hat wohl auch noch nie jemand vertreten. Auch wenn Gershwin es hier nicht immer schafft, über Broadway-Songs hinauszugehen, finde ich das dem Werk nicht abträglich. Es ist m.E. in seiner Frische und Emotionalität durchaus Bernsteins West Side Story (die unprätentiöser ist und deren Stilmix offenbar gewollt ist) an die Seite zu stellen.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Gershwin hat ja in den meisten Stücken gar nicht den Ehrgeiz wer weiß was sinfonisches zu schaffen.


    Ein sehr gefährliches Argument! Konsalik hatte ja gar nicht den Ehrgeiz, ein großer Autor zu sein.
    Quatsch - den Ehrgeiz hatte er, das Genie hat ihm gefehlt!


    Jeder Künstler hat den Ehrgeiz, der beste zu sein. Hat er diesen Ehrgeiz nicht, ist er kein Künstler. Gershwin wollte natürlich große Werke schaffen: Klavierkonzert, Rhapsodie, Symphonische Dichtung, Oper. Es hat nur eben nicht ganz zum wirklichen großen Wurf gereicht.


    Und was "Porgy" und "Wozzeck" anlangt - da sprich einmal mit einem amerikanischen Musiker; und sei froh, wenn man Dir nicht erklärt, dass "Porgy" sogar das bessere Werk sei...

    ...

  • Zitat

    Und was "Porgy" und "Wozzeck" anlangt - da sprich einmal mit einem amerikanischen Musiker; und sei froh, wenn man Dir nicht erklärt, dass "Porgy" sogar das bessere Werk sei...


    ...was ich allerdings gut verstehen könnte, weil im "Porgy" nicht so schiefe Töne sind.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Jeder Künstler hat den Ehrgeiz, der beste zu sein. Hat er diesen Ehrgeiz nicht, ist er kein Künstler.


    Hoppsa, das ist ja mal eine Definition von Kunst! Kannte ich noch gar nicht...hoffe, ich vergesse sie auch schnell wieder. Was diese ganzen Gershwin - Berg -Vergleiche sollen weiß ich auch nicht. Äpfel und Birnen - wie gut, dass mir beide schmecken...


    Gruß
    B.

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Ein sehr gefährliches Argument! Konsalik hatte ja gar nicht den Ehrgeiz, ein großer Autor zu sein.
    Quatsch - den Ehrgeiz hatte er, das Genie hat ihm gefehlt!


    Das ist Unsinn. Es mag solche Selbsttäuschungen geben, aber entscheidend ist, ob ein Werk prätentiös ist und das selbstgesteckte Ziel verfehlt oder ob es sich von vonherein viel bescheidenere Ziele setzt. Mag sein dass Gershwin ein großes Klavierkonzert schreiben wollte und daran gescheitert ist (das gilt für die Rhapsodie z.B. aber nicht, die hat gar nicht den Anspruch, was großes zu sein). Meinem Eindruck nach entspricht Progy & Bess aber ziemlich genau dem, was er anstrebete. Er ist nicht am Versuch eines zweiten Wozzeck oder einer zweiten Salome gescheitert.
    Aus eben diesem Grunde ist es erst recht verfehlt, über die Werke der Strauss-Familie zu lästern; sie haben sich auf Operetten und Tänze beschränkt und in diesen Genres unübertroffene Werke geschaffen, die von "großen" Komponisten von Brahms bis Webern bewundert und geachtet wurden.

    Zitat


    Jeder Künstler hat den Ehrgeiz, der beste zu sein. Hat er diesen Ehrgeiz nicht, ist er kein Künstler.


    Das halte ich ebenfalls für ziemlich stark vereinfacht; ich glaube kaum, dass Gershwin Bergs Musik überhaupt wahrgenommen hat. Ravels Rat trifft es m.E. sehr gut: Er solle kein zweitklassiger Ravel werden, wenn er doch schon ein erstklassiger Gershwin sei; in ein paar Werken hat er das nicht beherzigt, sondern eben versucht ein zweitklassiger Ravel zu sein; anderswo hat er sich aber darauf beschränkt ein erstklassiger Gershwin zu bleiben, nämlich im wesentlichen ein Broadway-Komponist.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,


    Zitat

    Mag sein dass Gershwin ein großes Klavierkonzert schreiben wollte und daran gescheitert ist


    genau das wollte er eben nicht!!!
    Ich sagte das schon in meinem Beitrag zum Klavierkonzert. Es stellte ihn vor ungeahnte Herausforderungen - er hatte ja nicht einmal eine Ahnung, wie der formelle Aufbau eines Konzertes ist.
    Dann kam eine Menge Zeitdruck hinzu.
    Mit dem oben erwähnten Lehrbuch begann er im Frühling zu arbeiten. Die Klavierpartitur war im Semptember fertig. Selbst die folgende Orchestrierung war kein leichter Handgriff für ihn (bei der Rhapsody orchestrierte Ferde Grofé; zudem kommt eben diese strikte Form eines Konzertes).
    Dass, was das Konzert so bekannt macht, vielleicht auch beliebt, ist nicht der Aufbau - damit kam Gershwin nicht wirklich zurecht - Gershwins Rythmen sind es und die Melodien (ich will mich gar nicht in die Jazz-Diskussion einmischen...).


    Ich glaube Gershwin wollte NIE ein großes Klavierkonzert schreiben.
    Wahrscheinlich (wirklich nur eine reine Vermutung meinerseits, weil das ja auch häufig bei anderen Komponisten der Fall war) hat er diesen Auftrag nur des Geldes wegen angenommen.


    Ob er letztlich daran gescheitert ist, sei ebenso dahingestellt. Einmal ist es für jeden einzelnen eine eigene Entscheidung, aber auch damals stürmten die Kritiker nur so auf ihn los - wegen diesem unbeholfenen Aufbau.
    Dennoch zählt es zu den meistgespielten Klavierkonzerten eines amerikanischen Komponisten (vielleicht auch DAS meistgespielte KK eines Amerikaners). Und das kann man nun wirklich nicht als scheitern verurteilen...



    Liebe Grüße, Maik



    PS: Mir gefällt das Klavierkonzert. Viel mehr außer diesem und den 'Amerikaner in Paris' habe ich aber noch nicht von ihm kennen gelernt. Beide Werke gefallen mir aber!

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Ohne mich jetzt übermäßig mit "Leben und Werk" von Gershwin befasst zu haben, ist mein Gershwin-Bild eigentlich folgendes:


    Er hat sich zeitlebens wenig darum geschert, ob seine Musik nun Klassik ist oder Jazz oder beides oder irgendetwas dazwischen - er hat sie einfach gemacht und die Einordnung anderen überlassen, die seitdem ja auch regelmäßig daran scheitern...
    Den ihm von Edwin B. unterstelleten Ehrgeiz traue ich ihm gar nicht zu und ich glaube, ihm war auch egal, welcher "Künstler"-Definition er nun gerade entsprach oder nicht. Er wollte Musik machen und seine musikalischen Vorstellungen umsetzen und war dabei nach meinem Empfinden wenig dogmatisch. Und das macht ihn mir - neben seiner Musik - sehr sympatisch!

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Nun ja, ich gebe zu, dass mir die Menschen Lully, Mozart, Wagner, Schönberg und Stockhausen soweit ich etwas über sie weiß, sehr unsympatisch sind. Aber das ist mir beim Anhören ihrer Werke völlig gleichgültig.


    Ebenso ist mir der Anspruch, den jemand vor sich und seiner Musik herschiebt, beim Betrachten der Musik selbst egal. Ob jetzt DJ-Ötzi glaubt, der Mozart von heute zu sein oder nicht (ich weiß nicht, was er glaubt) interessiert mich ebensowenig, wie eine etwaige Bescheidenheit manches romantischen Liederkomponisten, der trotz seiner Bescheidenheit zu den bedeutendsten Komponisten seiner Zeit gerechnet wird (wobei ich auch nicht weiß, wer nun bescheiden und wer anmaßend war).


    Bei Gershwin ist für mich lediglich die Frage möglich, ob er ein Komponist schlechter ernster Musik war, oder ob er keine ernste Musik geschrieben hat. Wenn jemand sagt, er habe gute ernste Musik geschrieben, so muß ein Vergleich mit Berg möglich sein (genauso mit Cage oder Mozart - ob was dabei herauskommt, ist eine andere Frage).


    Klassische Musik und ernste Musik sind für mich bedeutungsgleiche Begriffe.

  • Zitat

    Das ist Unsinn. Es mag solche Selbsttäuschungen geben, aber entscheidend ist, ob ein Werk prätentiös ist und das selbstgesteckte Ziel verfehlt oder ob es sich von vonherein viel bescheidenere Ziele setzt.


    Du glaubst also, es gibt Komponisten, die sich ohne Druck von außen hinsetzen und sagen: So, jetzt schreib ich mal ein unbedeutendes Stück, das nicht mal handwerklich gut sein soll.


    Ich kenne ziemlich viele Komponisten - aber nicht einen, der so denken würde.

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Du glaubst also, es gibt Komponisten, die sich ohne Druck von außen hinsetzen und sagen: So, jetzt schreib ich mal ein unbedeutendes Stück, das nicht mal handwerklich gut sein soll.


    Nein. Natürlich nicht. Aber m.E. ist das eine ähnliche Diskussion hier wie die, die man mit denjenigen führt, die Chopins Stücke für Petitessen halten, weil keine Spiegelfugen drin vorkommen und die Spieldauer von 10 min selten überschritten wird. Ebenso kann man Strauß scheel ansehen, weil er keine pompösen sinfonischen Dichtungen komponiert hat. Dennoch sind die besten der Straußschen Walzer oder natürlich die Fledermaus zweifellos herausragend gelungene Werke ihres Genres, erreichen genau das, was in diesen Formen möglich ist, erweitern sie sogar. Dagegen stellt sich bei mir bei einer Anzahl von Liszts sinfonischen Dichtungen der Eindruck ein, dass die in vieler Hinsicht
    verbesserungsfähig wären, was musikalische Kohärenz oder eben auch Darstellung des Sujets betrifft (von der Geschmackssicherheit der Themenwahl mal ganz abgesehen). Strauß erfüllt die vergleichsweise bescheidenen Ansprüche des Genres aufs Beste, Liszt scheitert (jedenfalls in einigen Werken) in mehrfacher Hinsicht gegenüber dem Angezielten.
    Ich kenne die genannten Orchester-Werke von Gershwin nicht gut genug, aber ich bezweifle einfach mal sehr stark, dass er wirklich glaubte, Stücke auf dem technischen oder künstlerischen Niveau von Bergs 3 Orchesterstücken, Bartoks Musik für Saiteninstrumente etc. oder Strawinskis Sinfonie in 3 Sätzen zu schreiben. Wenn Kurzstückmeister darlegt, wo genau die Grenze zwischen "ernster" und "unernster" Musik verläuft, bin ich bereit einzuräumen, dass Gershwin ein paar Stücke schwacher ernster, aber eine ganze Menge ziemlich guter unernster Musik geschrieben hat.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • ich bin mit dieser antwort auch ohne genaue grenzziehung (sowas gibt es sowieso nicht) zufrieden. für mich werden die stücke dadurch, dass sie gelungene beispiele "gehobener unterhaltungsmusik" sind, nicht interessanter. wenn sie dorthin gezählt werden, haben sie allerdings in diesem forum nichts zu suchen, sondern müßten mit herausragenden beispielen des jazz und heavy metal wo anders gelobt werden. hier sind sie also nur als schlechte "klassische musik" am platz.

  • Hallo Kurzstueckmeister!


    Zitat

    hier sind sie also nur als schlechte "klassische musik" am platz.


    Ich würd's nicht gar so hart sagen. Ich würde sagen: Als Klassische Musik, die mehr will als sie kann.
    Das wiederum nenne ich prätentiös (nämlich eine Show schreiben die eine Oper sein will).


    Ich gestehe, dass ich ab und zu ein paar Songs von Gershwin so nebenbei zur Unterhaltung ganz gerne höre. Es ist für mich Berieselungsmusik. Und niemals werde ich verstehen, wieso die Amerikaner Gershwin als ihren Nationalkomponisten verehren und nicht Charles Ives oder Carl Ruggles. Oder, wenn es denn schon ein Konservativer sein muss, John Knowles Paine. Der konnte wenigstens einen Kontrapunkt schreiben, instrumentieren und einen Formplan sinnvoll erfüllen.

    ...

  • Hallo alle zusammen,


    Gershwin kam überhaupt nicht vom Jazz her und er selber hat dies auch nie behauptet.
    Er wuchs auf als einer der sogenannten "Song-Plugger" in der "Tin Pan Alley".Song Plugger waren die Pianisten, welche in den Verlagshäusern dieser Straße den Bossen die neuesten Schlager( z. bspl.von Irving Berlin oder Cole Porter) vorspielen mußten.


    Gershwin hat selber bei den Vorbereitungen zum Porgy längere Zeit die Musik der Afro-Amerikaner vor Ort studiert, da er einsah, zu wenig davon zu kennen.


    Bei seinem "Concerto in f" konnte und wollte er es sich erstmals leisten, extra ein Orchester zu engagieren um seine Orchestration zu überprüfen.
    Dasselbe Unterfangen stellte er bei seiner zweiten Rhapsody an, und davon gibt es sogar eine komplette Aufnahme, allerdings ist diese natürlich mit Vorsicht zu genießen, da es nur ein Probenmitschnitt ist.
    Bei "Porgy and Bess" tat er das gleiche, auch hier sind Mitschnitte überliefert.
    Gershwin war sich seiner noch nicht bestens ausgebildeten Kompositions und Orchestrationstechnik voll bewußt und arbeitete mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln an deren Verbesserung.
    Allerdings hat er sich meiner Meinung nach viel zu viel Sorgen gemacht.
    Der bekannte Ausspruch von Ravel(hatte dieser eigentlich keine Ahnung?)ist IMO völlig gerechtfertigt.


    Für mich ist er einer der orginellsten und besten Komponisten aller Zeiten, gestorben kurz nachdem er sein erstes wirklich unsterbliches Meisterwerk-eben "Porgy and Bess"- vollendet hatte.


    Es wurde hier auch erwähnt, daß es sicherlich ein großes Erlebnis wäre, seine Musik im Konzertsaal zu erleben.Die Antwort ist natürlich "JA"!
    Meine Eltern zum Beispiel sind Chorleiter und mein Vater hat vor einiger Zeit "Porgy and Bess" mit Chor und Orchester aufgeführt.Gerade die Chöre in "Porgy and Bess" sind eine Wucht.


    Als Orchestermusiker habe ich natürlich auch das "Concerto in f" und die "Rhapsody in blue" des öfteren beglitten.Ich liebe diese Werke sehr, auch wenn sie vielleicht irgendwelche "Mängel" haben sollten.



    Ansonsten kommt mir bei einigen Beiträgen zu diesem ansonsten sehr schönen "Thread" jetzt so langsam ein gewisser Charakter aus einer sehr, sehr, langen Oper eines Deutschen Komponisten, der nicht Tiefkühlpizzen hergestellt hat aber namensgleich ist, in den Sinn.Ich glaube, die Handlung spielt in Nürnberg.



    Es kommt halt ganz darauf an, welche Kriterien jeder für sich selber an einem Komponisten am wichtigsten findet, und ich will hier niemanden davon überzeugen, daß er unrecht hat, da die entsprechenden Forianer halt andere Kriterien haben und ich diese auch nicht ändern kann und will.


    Allerdings stören mich einige Aussagen gewaltig, zum Beispiel diejenige, daß Gershwin nicht in dieses Forum gehören sollte.


    Die Art und Weise einiger Bemerkungen erinnert mich stark an meine Studienzeit, als ich jahrelang für die Musik von Korngold eintrat(das war Anfang der 80er, als er noch nicht so etabliert war wie heute)und von der Strawinsky und Stockhausen-Fraktion mit Hohn und Gelächter überzogen wurde.


    Meine Empfehlung zum "Concerto in f" ist jedenfalls die schon erwähnte mit Earl Wild.


    Leider ist eine ganz tolle Aufnahme gestrichen, und zwar die bei Virgin Classics erschienene Aufnahme mit Wayne Marshall und dem Aalborg Sinfonieorchester.


    Seine Einspielungen der "Second Rhapsody" und des "Concerto in f" haben mich regelrecht vom Hocker gehauen:So muß es sein!
    Das dänische Orchester spielt auf absolutem Spitzenniveau.Marshal dirigiert selber.


    Hoffentlich ist diese Aufnahme irgendwann wieder erhältlich.


    Die "Second Rhapsody" ist überhaupt ein sehr interessantes Werk und(es tut mir wirklich leid, daß so vieles, was ich anpreise, nicht mehr erhältlich ist)vor vielen Jahren gab es bei Sony auch eine historische Einspielung mit Oscar Levant unter Morton Gould, die ebenfalls atemberaubend war.


    Im übrigen ist meiner Meinung nach von allen Kompositionen der 20er Jahre, welche irgendwie mit Jazz in Verbindung gebracht werden, das überzeugendste und am nächsten am Jazz-Idiom dieser Zeit orientierte das Klavierkonzert von Aaron Copland.


    Viele Grüße,


    Michael

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose