Claudio Arrau - Grandseigneur unter den Pianisten

  • Liebe Klavierfreunde im Forum


    Claudio Arrau
    geboren 6.2.1903 in Chile gestorben 9.6.1991 in Österreich. war wohl einer der größten Pianisten useres Jahrhunderts. Er trat schon als Kind auf und studierte bei dem Listzt Schüler Martin Krause in Berlin.
    In seiner Jugend stets auf Brillanz bedacht, änderte er seinen Stil ab etwa 1950 zu einer ernsteren verinnerlichten Darstellung (also jener Claudio Arrau, wie ihn die meisten von uns in Erinnerung haben), ohne jedoch seine Technik einzubüßen.
    Er gewann zahlreiche Klavierwettbewerde, die Zahl seine Schallplattenaufnahmen ist Legende.
    Zeitleben ein "Allrounder" mit weitgefächertem Repertoire (auch Bach)
    bleit er uns heute vor allem als hervorragender Beethoven- Interpret in erinnerung. Weitere Programmschwerpunkte waren Chopin, Schumann, Brahms.



    Hier ein Bild des Meisters in jüngeren Jahren. :D


    Aber zurück zur Gegenwart.
    Obwohl Arrau sehr lange und sehr viel für die Schallplatte und CD aufgenommen hat, ist vieles derzeit nicht greifbar.
    Grund genug, die Erinnerung an Vergangenes wachzuhalten, damit wir es nicht vergessen haben, wenn dereinst eine neue Generation von Managern in den Führungsetagen der Schallplattenkonzerne die alten Schätze hervorkramt und zur Wiederveröffentlichung freigibt.
    Aber es gibt, allen Unkenrufen zum Trotz, immer noch genügend Verfügbares, das anzuschaffen sich lohnt. Man muß hat ein wenig stöbern.


    Mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bevor ich jetzt ausführlicher zu Arrau schreibe (muss ich aufgrund des Umfanges erst vorbereiten, folgt aber noch bis Ende des Jahres...) vorab eine - wie ich finde - wirklich umwerfende wie wichtige Nachricht:


    Claudio Arrau spielt Schönberg !!!


    Nachdem die BBC Archive kürzlich bereits den Livemitschnitt des 2. Brahmskonzert, zusammen mit den 3 Klavierstücken D 946 von Schubert, veröffentlicht haben, erscheint jetzt folgender Mitschnitt:


    BBCL 4162-2 (1CD) MONO
    Beethoven: Sonate Nr.13 in es-dur op.27 No.1*
    Schumann: Fantasie c-dur op.17*
    Schoenberg: Drei Klavierstücke op.11**
    BBC Studios, London, 16.10.1960*
    BBC Studios, London, 03.03.1959**


    Die beiden erstgenannten Werke gibt es ja schon von einem Konzert in Italien, ich glaube Ascona, Jahr 1959 (Label Ermitage, jetzt Aura) sowie in Studienaufnahmen - der Schönberg wurde jedoch bislang noch nie veröffentlicht und Arrau hat dieses Werk nie im Studio eingespielt, obwohl er an der Musik Schönbergs wie auch Bartoks und anderen "Modernen" sehr interessiert und diesem Repertoire äußerst aufgeschlossen war.


    Mit informativen Grüßen
    Jürgen



    Nachträglich noch die erste Kritik hierzu, erschienen am 29.10.2004 im "The Guardian"; Andrew Clements schreibt:


    Those who only heard Claudio Arrau (b1903) live or on disc in old age,
    when he was very much a pianistic grand seigneur with rich, plummy tones
    and very deliberate phrasing, might find it hard to believe the spontaneity
    and excitement of these performances, recorded in mono in a BBC studio in 1960.
    The Schumann Fantasy is the real prize here - a performance of tremendous
    strength and command welded into a dramatic whole by Arrau's instinctive musicality,
    and seeming just as natural as the musical growth of the Beethoven sonata.
    But Arrau's Schoenberg is the real collector's item; the three pieces of Op 11
    presented exactly for what they are, music that has grown out of Brahmsian
    late-Romanticism and is about to enter a totally unexplored world.

    Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, den Menschen zu sagen, was sie nicht hören wollen. [frei nach George Orwell]

  • Ich hatte das Glük Arrau noch im Wiener Musikvereinssaal live zu hören, und zwar mit Beethovens Klavierkonzert Nr 5.


    Deshalb zählen folgende Aufnahmen zu meinen Favoriten, wenngleich Beckmesser meinen, Arrau wäre zum Zeitpunkt der Aufnahme gewissen Schwierigkeiten der Partitur technisch nicht mehr gewachsen gewesen.-


    Seis drum: Ich finde, daß dies Aufnahmen noch immer zu den besten gehören, vor allem dann, wenn man auch die lyrischen Momengte auskosten möchte.



    Ludwig van Beethoven:
    Klavierkonzert Nr4
    Klavierkonzert Nr 5
    Claudio Arrau
    Staatskapelle Dresden
    Sir Colin Davis
    Philips


    Auf dieser CD is 4. und 5. Klavierkonzert gemeinsam , und das zum Budget-Preis. Als Besitzer der Orignalversionen mußte ich 2 CDs kaufen, jedes Konzert war auf einer eigenen, und jede kostete Vollpreis !!


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ein beeindruckendes Dokument für das Leistungsvermögen Claudio Arraus auch noch im hohen Alter, ein Klavierabend im Rahmen der Salzburger Festspiele:




    Auch der h-moll Sonate zeigt sich Arrau noch vollkommen gewachsen! Chapeau!


    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Wie wahr! Einer der ganz Großen.Ich habe mich schon bei Beethoven op.58 über den Meister geäußert und ich verneige mich in Ehrfurcht vor ihm und seiner Kunst.Unvergesslich!

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Arrau hat mir viele klassische Klavierwerke nahe gebracht Ich verehre ihn noch immer sehr.
    Seine Kreisleriana steht für mich ganz oben.


    Ich erinnere mich noch gut an den Moment, als ich von seinem Tod erfuhr.
    Es war eine ganzseitige Anzeige seiner Plattenfirma: Eine große Bühne, ein schwarzer, glänzender Flügel, der Hocker davor - leer, denn ER war nicht mehr da um zu spielen.


    Ein wunderschönes Motiv, ein würdiger Abschied!
    Mich hat diese Anzeige sehr berührt.

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

  • „Grandseigneur“ trifft es wirklich. Nobel und elegant, einfach sehr stilvoll, erscheint mir sein Klavierspiel, ich höre ihn sehr gerne. Er hat so etwas Beruhigendes. Nennen würde ich seine Platte mit einigen Beethoven-Sonaten, die „Pathétique“ habe ich schon mal irgendwo hier erwähnt, ganz wunderschön.


    Auch als Chopin-Interpret gefällt er mir sehr gut:



    Gruß, Cosima

  • Hi,


    vielleicht bin ich der einzige hier, aber mir gefällt Arrau nicht. Ein paar Begründungen:


    - zu weich
    - zu verschwommen / unklar
    - nicht virtuos
    - zu leise
    - nicht energisch (teilweise ohne Energie)


    Das, was Glenn Gould zum Star macht, fehlt Arrau.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

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  • Hallo rappy!


    Bitte versteh mich jetzt nicht falsch! Ich meine das ohne jeden Vorwurf und ohne jeden Anflug von Geringschätzung deiner Jugend.


    Aber warte vielleicht noch 30 Jahre. Ich hielte es nicht für ausgeschlossen, dass du ihn dann anders hörst.


    Gruß!

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

  • Mag sein! Aber ich fühle mich schon durch andere, auch ältere Leute in anderen Foren bestätigt ;) ich bin jedenfalls nicht der einzige mit dieser Meinung.
    Einige mögen das harte, klare Spiel von Glenn Gould nicht, warum sollte dann jemand das weiche, unklarere Spiel von Arrau nicht mögen.
    Schon nach den ersten Bassakkorden der Waldsteinsonate möchte ich am liebsten abschalten :(
    Und die Schumann&Grieg Konzerte sind zum Einschlafen.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Moin,


    eine Sache ist es ja, einen Pianisten bzw. sein Klavierspiel – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu mögen. Eine andere Sache aber, ihm sein Können streitig zu machen. Arrau ist ja z.B. gerade dafür berühmt, dass er besonders genau und klar spielt, von „verschwommen“ kann also m.E. keine Rede sein.


    Kaiser fasst in seinem Buch über große Pianisten sehr schön zusammen, was Arrau ausmacht bzw. wie man ihn hören sollte, um einen Zugang zu seinem Klavierspiel zu finden. Ich zitiere mal:


    „Man muss Arrau freilich konzentriert und diszipliniert zuhören, man muss die Bereitschaft, Exzentrisches, Drängendes, Wildes, Entflammtes für wichtiger und schöner zu halten als Expressives, Gebundenes, Ernstes und Genaues, ein wenig dämpfen.“


    Insofern erübrigt sich ein Vergleich Gould / Arrau, und es bestätigt sich meine Ansicht, dass Arrau u.a. als hervorragender Chopin-Spieler gilt.


    Gruß, Cosima

  • Wenn ich an Claudio Arrau denke, kommen mir immer auch zwei andere Pianisten in den Sinn, die für mich eine ähnliche Ausstrahlung haben wie er:


    Jorge Bolet und Arturo Benedetti Michelangeli.


    Für mich sind sie Brüder im Geiste und im Spiel.
    Wenn ich jemanden als "Grandseigneur" bezeichnen sollte, dann diese drei Pianisten der alten Garde.


    PS: Ich verehre Glenn Gould für seine Goldbergvariationen!

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

  • @ CRC


    "Geist", "Spiel"?


    Was meinst Du konkret?


    Meinst Du das Repertoire? Meinst die Art/die Technik, das Klavier zu spielen? Meinst Du das Verhalten/Auftreten in der Öffentlichkeit? Meinst Du das Verhalten gegenüber dem Publikum? Meinst Du die Herangehensweise an ein Werk, daß aufgeführt werden soll? Meinst Du mehr oder weniger stark ausgeprägte Skrupel bei der Beantwortung der Frage, die jeder Künstler für sich zu beantworten hat, ob er nun mit einem bestimmten Werk, das er über einen mehr oder weniger langen Zeitraum einstudiert hat, an die Öffentlichkeit tritt?


    Offen gesagt, ich verstehe nicht, was Du meinst.


    Grüße

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  • Hallo tom!


    Das Repertoire nur bedingt. Eher schon: die Ernsthaftigkeit, sich einem Werk zu widmen, die Scheu vor auftrumpfender Geste und zur Schau gestellter Virtuosität, die ihnen zumindest im Alter (mit Abstrichen vielleicht bei Bolet) wohl auch nicht mehr zur Verfügung stand.
    Ich meine die Zurückhaltung im Auftritt, die "aristokratische" Erscheinung, die sich für mein Empfinden sogar in einer Ähnlichkeit der Gesichter zeigt.
    Manches von dem könnte wohl auch auf Brendel passen, doch m.E. nicht ganz. Das ist natürlich alles sehr subjektiv und vom meinem persönlichen Werdegang als Klassikhörer und Schallplattenkäaufer beeinflusst.
    Es ist eine spontane Zuordnung voller Respekt - nichts weiter.

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.


  • Lieber Rappy,


    an welchen Aufnahmen machst Du denn Deine Kritik fest? Persönlich finde ich es ausgesprochen schwierig Arrau und Gould zu vergleichen. Zum einen stammen sie aus zwei verschiedenenen Generationen, zum anderen könnte Ihre Aesthetik nicht unterschiedlicher sein, im übrigen unterscheidet sich auch das Repertoire beider Künstler deutlich, so dass ein Vergleich auch in dieser Hinsicht ausgesprochen problematisch scheint.


    Zu den einzelnen Punkten:


    Zu welcher Virtuosität Arrau auch noch in hohem Alter in der Lage war dokumentiert der oben angesprochene Mitschnitt von den Salzburger Festspielen. Von - sagen wir mal altersbedingten- Ausfällen ist da nichts zu hören:




    In der Tongebung ist bei Arrau von Verschwommenheit nichts zu hören- da würde ich Dir mal die Paganini- und Händel Variationen von Brahms empfehlen: Arrau meißelt jeden Akkord gestochen scharf heraus. Könnte es sein, dass die "Verschwommenheit" eine Folge der Aufnahmetechnik ist?




    Und auch die pure Lautstärke erscheint mir als Kriterium problematisch. Ich würde meinen "laut" und "leise" sind relativ zu sehen und taugen nicht dazu die Qualität eines Pianisten zu beurteilen.


    Was die Energie angeht: Kann ich aufgrund der Aufnahmen die ich besitze nicht nachvollziehen.


    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)


  • Nein, Du bist nicht alleine!
    Arrau gehört für mich auch nicht zu den ganz Großen. Seine Beethoven Konzerte finde ich nicht so überragend. Sicherlich altersbedingt!


    Allerdings gibt es eine Philips Aufnahme Debussy Final Session 2.
    Die ist klasse!

  • @ rappy, Caesar73


    Hallo,


    Gould und Arrau sind in Ihrer Vorliebe für Bach und was die Spielweise anbetrifft, durchaus miteinander vergleichbar. Ich erinnere nur daran, daß Arrau in der Saison 1935/36 in Berlin an zwölf Abenden das gesamte Klavierwerk Bachs aufgeführt hat, was seinerzeit für eine beträchtliche Medienwirksamkeit gesorgt hat. Aus nachträglichen Interviews mit Arrau ergibt sich zudem, daß er Bach mit sehr wenig Pedal gespielt hat, und die Fugen mit dynamischer Phrasierung der einzelnen Stimmen. Hier sehe ich durchaus gewisse Parallelen zu Gould. Wenn die in dem Thread "Goldbergvariationenen" genannte Einspielung Arraus aus dem Jahr 1942 erst Jahrzehnte später veröffentlicht wurde, so liegt das daran, daß seine damalige Plattenfirma RCA den Zyklus parallel mit der großartigen Wanda Landowska aufgenommen hat und Arrau, jedenfalls belegen dies die Quellen, ihr großzügig den "Vortritt" eingeräumt hat, seine Einspielung sodann vorerst "auf Eis" gelegt wurde. Eben ganz der Granseigneur.

  • Sicher gibt es Arrau-Aufnahmen, die als Werbung für sein Klavierspiel weniger taugen als andere.


    Allen Zweiflern möchte ich aber noch einmal herzlich seine Kreisleriana von Schumann ans Herz legen. Es mag dutzende von Pianisten geben, die das Werk virtuoser präsentieren.
    Trotzdem ist Arraus Zugang für mich von manchmal betörender, manchmal erschütternder Tiefe.
    Vor allem die langsamen Sätze sind seine Welt.

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

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  • @ rappy
    und alle anderen zum Theme: Arraus Weiches Spiel



    Zunächst ist dazu zu sagen, daß das Bild´, welches wir alle von Arrau haben falsch ist. - Oder besser gesagt: einseitig.
    Wenn wir von Arrau reden, dann meinen wird den reifen, den alten Arrau. In seiner Jugednd war er für seine Brillanz berühmt, der weich abgeklärte Ton, den so viele lieben, andere weniger - ist lediglich sein Altersstil.


    Nur der Vergleich zu Glenn Gould.
    Egal ob man Gould schäftzt oder verachtet - Man sollte sich immer vor Augen halten, daß er ein Exzentriker war, der mit "Werktreue" nichts am Hut hatte. Wie auch immer man zu ihm stehen mag - er verfälschte die Werke teilweise bis zu Unkenntlichkeit negierte Tempobezteichnungen etc....
    All diese Eigenschaften mögen ihn interessant mache - jedoch als Vorbild oder Referenz ist er solcherart nicht geeignet


    Freundliche Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Liebe Taminos,


    hat sich doch gelohnt, diesen Thread wieder auszugraben, oder?:D :D :D



    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hat es!
    Habe vorhin noch seine Version der Variationen über "Reich mir die Hand, mein Leben" aus Don Giovanni und Andante spianato et grande polonaise gehört.
    Einfach schön!

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

  • hallo,


    ich höre wieder mal den salzburger mitschnitt des 80jährigen mit liszts h-moll sonate, beethovens appassionata und liszts apres une lecture du dante ! Christian sprach diese aufnahme zweimal an. es schadet nicht, sie ein drittes mal hervorzuheben. eines der beeindruckendsten dokumente, die ich kenne. furios, extrem risikobereit, technisch überlegen und mit großem singenden ton. spontan kommt einem der vergleich mit rubinsteins letztem recital in pasadena, der dort auch die appassionata spielte. so drängend quasi accelerierend habe ich das fugato der liszt-sonate nur mit gilels und richter gehört.


    ich erlebte arrau etwa 1981 live in neuss: beethovens waldstein und appassionata - pause - chopins 1. scherzo und 4. ballade - debussys images I. kristallklar, atemberaubende technik und große spannungsbögen. bis heute unvergessen ! wer behauptet, dieser mann gehörte nicht zu den großartigsten pianisten, welche die welt erhörte, hat keine vorstellung von großem klavierspiel, um es provokant zu formulieren !


    übrigens war arrau der erste pianist, der js bachs komplettes klavierwerk (clavierübungen) öffentlich aufführte !


    seine aufnahme des 2. brahms-konzertes mit dem philharmonia london unter giulini (emi) ist zurecht legendär ! seine aufnahme der 2. klaviersonate brahms' ist IMO die schönste und stringendste dieses werkes.


    etc. ...


    gruß, siamak

    Siamak

  • Liebe Taminos,


    Vor vielen, vielen Jahren entlieh ich aus unserer städtischen Bibliothek ein Buch über Claudio Arrau, das, wenn ich mich recht erinnere, auf der Grundlage von Interviews entstand. (Keine Ahnung mehr, wie's hieß...)


    Auf mich machte Arrau damals einen schrecklich unsympathischen Eindruck: spitzfindig bis kleinkarriert, dogmatisch und nicht immer wohlwollend in seinen Äußerungen gegenüber Kollegen (er sprach z.B. ziemlich abschätzig über Horowitz Technik). Irgendwie war ich dieser Person gegenüber immer etwas ambivalent. Einige seiner Platten gehören fraglos zum Schönsten überhaupt (sein Chopin und sein Schumann ganz sicher). Hätte ich das Buch nicht gelesen, könnte ich Arraus grandiose Kunst wohl (noch) unbefangener genießen...


    Andersherum gibt es natürlich auch Pianisten, die mir in ihrer Ausstrahlung sympathisch sind (waren). Wenn sie irgendwo (begründet) kritisiert werden, nege ich dazu, sie blindwütig zu verteidigen. Es kostete mich beispielsweise viel Überwindung, mir endlich einzugestehen, dass Shura Cherkassky neben einigen wirklich genialischen Leistungen auch ziemlich viel Käse fabriziert hat.


    Anscheinend ist es nicht immer einfach die Person und ihr Wirken klar und "unparteiisch" voneinader zu trennen.


    LG! :hello:
    Daniel

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  • Tag,


    das Buch ist "Claudio Arrau, Leben mit der Musik, Herausgeber Joseph Horowitz", zuerst 1984. Wie man's liest, macht man zweckmässig mit sich selbst ab.


    Freundlicher Gruß
    Albus

  • hallo Daniel und Albus,


    ich habe das buch auch damals gelesen. es war in jedem falle informativ, was die episode der berliner jahre angeht. hängen geblieben ist eine passage über sport ! arrau erzählte, dass er regelmäßig sport treibe, indem er einen medizinball bewegen würde ! ?(


    übrigens, 'arrau' heißt auch die südamerikanische sumpfschildkröte ! :D


    gruß, siamak :hello:

    Siamak

  • Arrau und Bach mit vier, nämlich 1, 2, 3 und 5, der sechs Partiten der Clavierübung I:





    Arraus "Final Sessions" im Wortsinn! Außer den Goldbergvariationen und dieser späten Teileinspielung der Partiten ist mir nichts von Bach/Arrau bekannt; eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt welche Aufmerksamkeit Arrau Bach in seiner Jugendzeit geschenkt hat, denn immerhin hat dieser bedeutende Künstler in der Saison 1935/36 in Berlin an zwölf Abenden das gesamte Solo-Klavierwerk Bachs aufgeführt.

  • Morgen,


    im Buch bestätigt Arrau die Vermutung, er spiele Bach auf dem Klavier nicht mehr, seit er Wanda Landowska auf dem Cembalo Bach spielen erlebte. Das Klavier gilt Arrau nach dieser Äußerung als für Bach zu sinnlich ('zu sinnlich' wörtlich).


    Freundlicher Gruß
    Albus

  • Einer der größten Pianisten des 20. Jh.;
    seine, live erlebten Deutungen von Beethoven (op.58 ) und Liszt (2.Klavierkonzert) sind mir heute noch unvergessen.


    Gruss Guido

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

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