Erstaunt habe ich festgestellt, daß es zu diesem großartigen Pianisten noch keinen Thread gibt.
Irgendwie aber ist es sehr typisch für Hamelin, denn er ist ja nicht über alle Maßen bekannt, da er sich vor allem mit unbekannter Literatur einen Namen unter Kennern gemacht hat.
Hier ein kleiner Abriss seiner Biographie:
1961 geb. in Montréal/Kanada
Studium an der Vincent d'Indy School of Music in Montréal und an der Temple University in Philadelphia/USA (u.a. bei Yvonne Hubert, Harvey Wedeen, Russell Sherman)
1985 Sieger bei der Carnegie Hall American Music Competition; gilt mit seinem Repertoire in Fachkreisen als absoluter Klavierexzentriker. Weltweite Konzerttätigkeit; mehrfach ausgezeichnet mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik (1992, 1994, 1996, 1998)
1996 Juno Award (Kanada) und Cannes Classical Award für seine Einspielung mit Werken von Alkan; Debüt in der Münchner Residenz
1997 Debüt beim Klavierfestival Ruhr
1998 Einladung zu den Berliner Philharmonikern
Für mich ist er ein Phänomen:
Er ist der wohl technisch versierteste Pianist, den ich je gehört und dank einiger Vidoes auch gesehen habe. Die Standard-Version von "La Campanella" aus den Paganini-Etüden von Liszt spielt er derartig gelangweilt (es ist für ihn technisch völlig uninteressant), daß man bei diesem doch recht schwierigem Stück den Eindruck bekommt, es sei kinderleicht. Auch die Godowsky-Etüden (nach Chopin) klingen bei ihm nicht angestrengt. Diese hatte Horowitz selbst einst als "unspielbar, dazu braucht man sechs Hände" eingestuft. Hamelin hat sie komplett eingespielt und spielt sie auch munter in Live-Konzerten, fehlerfrei.
Was er technisch draufhat zeigen seine Transkriptionen oder seine eigenen Etüden.
Eine Kostprobe ist kostenlos, legal und frei als Video unter der yahoo-Videosuche zu finden! Dort spielt er die 2.ungarische Rhapsodie von Liszt mit seiner Kadenz.
Soviel zur Technik.
Musikalisch hat er auch einges drauf. Zuerst halte ich ihm zu Gute, dass er eben viele vergessene Stücke "ausgräbt". Er hat für die Musik damit schon einiges getan. Desweiteren sind aber seine Interpretationen immer sehr "warm". Das ist zum Beispiel bei Albeniz "Iberia" sehr passend.
Ich werde mir aber noch einige CDs zulegen, die ich mit anderen Interpretationen vergleichen kann (und das sollte nicht unbedingt Liszt sein), um mir ein vollständigeres Bild von ihm zu machen. Bei Reger hat er schon im Vergleich sehr gut abgeschnitten.
Achja: Die Technik wird bei ihm im Gegensatz zu Volodos nicht zum Selbstzweck (der übrigens an 50% der Hamelin-Standardliteratur scheitern würde^^). Sein natürlich-kräftiges forte ist nicht brutal und ins pianissimo sphärisch abgleiten kann er sowieso.
Was ich mir dagegen NICHT mit ihm vorstellen kann: Ein wirklich schauerliches "Le Gibet" oder ein echt verlorener Schubert.
So, bin schon gespannt auf eure Meinungen!
Viele Grüße
APUT