Liebe Forianer,
Die frische FF-Ausgabe brachte mich auf diesen Thread. Kürzlich haben Gerhard Oppitz und András Schiff die erste Folge ihrer (wenn nix dazwischen kommt...) Gesamteinspielung der Beethoven'schen Klaviersonaten vorgelegt: Oppitz die drei KS op.10 und die Pathétique, Schiff, der streng chronologisch verfahren will, das Sonaten-Trio op.2 und die KS op.7.
Das allseits geliebte gelb-blaue Tonträgermagazin hat den Start beider Projekte mit vorsichtiger Euphorie kommentiert und ein wenig mit den ominösen Sternchen gegeizt (Oppitz 3, Schiff 4 - aber was sagt das schon...).
Tenor der Aussagen des Kritikers Frank Siebert ist in etwa dieser:
Oppitz besteche durch "pianistische Brillanz", "jugendlichem Ungestüm" "nervöser Spannung" und betöre mit der "Ruhe der Legato-Führung" im 2. Satz aus op. 10/1. Ein Höhepunkt der Aufnahme sei das "mit natürlichem Fluss und graziler Delikatesse" vorgetragene Menuett aus op.10/3. Interpretatorische Mängel sieht Siebert dort, "wo die Musik ans Existentielle rührt" - wie im 2. Satz aus op. 10/3, wo Oppitz die "schmerzhaften Tiefen des Ausdrucks" mit seinem "noblen Ton" verdecke.
Schiffs Beethoven-Spiel gehöre "ohne Zweifel ins 21. Jahrhundert" und sei "ein Produkt aus dem Labor eines unerbittlich genau forschenden Geistes". Die analytische Akribie der schiff'schen Lesart biete ein "ungewöhnlich reflektiertes Musizieren". Schiff befolge skrupulös "die Vortragsbezeichnungen und die zahllosen Anschlagsvarianten" und ringe spürbar darum, "den jeweilig individuellen Ausdruckscharakter einer jeden Sonate, eines jeden Satzes, eines jeden Taktes, ja, selbst eines jeden Tons zu treffen". Einzige Einschränkung in Sieberts hymnisch-kulinarischer Beschreibung: "Trotz der intensiven Erfüllung aller Parameter musikalischer Darstellung, mangelt es Schiff an dem, was Oppitz im Überfluss besitzt: Spontanität."
Soweit also, die durchaus differenziert und abwägend klingenden Aussagen von Herrn Siebert.
Ich kann leider noch nicht mitreden, da ich mir bislang noch keinen eigenen Eindruck gemacht habe. Ich mag sowohl Oppitz, als auch Schiff (diesen sogar noch ein gutes Stück mehr) und ringe mit mir, bei beiden, oder zumindest bei Schiff einzusteigen. Bisher sagen mir meine innere Stimme und der zur Neige gehende Stauraum in meiner Wohnung allerdings: "Lass es. Du brauchst nicht noch eine GA. Oder warte wenigstens, bis der Zyklus komplett ist und kauf dann die billigere Box." - so weit meine innere Stimme.
Wer von Euch kennt eine oder beide Aufnahmen?
Wieviel Chancen mag eine neue Sonaten-GA am stramm bestückten Markt neben Brendel, Gulda, Schnabel, Barenboim, Kempff, Goode und Co. wohl haben?
Und:
Brauchen wir sie wirklich?
Schöne Grüße!
Daniel