Komponisten interpretieren eigene Werke

  • Ich weiß nicht, ob es hierzu schon einen Thread gibt (finde auf Anhieb nichts dergleichen).


    Dann würde ich das Thema mal gern zur Diskussion stellen:


    - Wie wünschenswert ist es, daß sich Komponisten überhaupt an eigenen Werken versuchen?
    - Können Eigeninterpretationen einem Werk und dessen Rezeption möglicherweise mehr schaden als nutzen?
    - Welche Komponisten waren gleichzeitig auch hervorragende Interpreten eigener Werke?
    - Welche haben ihre eigenen Werke eher mäßig zur Aufführung gebracht?
    - Wo liegen die grundsätzlichen Probleme und Schwierigkeiten, wenn sich Komponisten mit sich selbst auseinandersetzen?
    - Was gibt es an gelungenen Eigeninterpretationen im Katalog?
    - usw. usf.


    Auf den Gedanken bin ich bei dem eher unbekannten Stück 'Die Legende vom Prinzen Eugen' von Theodor Berger gekommen. Seine eigene Interpretation mit dem ORF-Sinfonieorchester bleibt m. E. um Längen hinter einer Rundfunkaufnahme mit den Bamberger Symphonikern unter Heinz Wallberg zurück.

  • Hallo helmutandreas,


    Du hast hiermit ein sehr interessantes Thema eröffnet, dass in anderen Thread´s hier und da schon angerissen wurde.
    Man sollte ja annehmen, dass ein Komponist sein Werk so interpretiert, wie es sein soll und diese Sicht sollte auch für andere Dirigenten, die das Werk dirigieren eine Richtschnur sein. Doch können äußere Umstände, die Qualität des Orchesters und die zeitliche Gegebenheit dazu führen, das die Eigeninterpretation nicht so gelingt.


    So hatte ich im Thread zu Aaron Copland schon geschrieben, dass seine CBS-Aufnahmen aus den 60er und 70er-Jahren sehr gut zum Kennenlernen seiner Werke ist, doch IMO sind alle Aufnahmen seiner Werke mit anderen Dirigenten (insbesondere Leonard Bernstein) besser, durchschlagskräftiger und holen aus den Werken einfach mehr heraus.


    Den gleichen Eindruck habe ich bei Igor Strawinsky, dessen CBS-Aufnahmen ich mit dem Columbia SO alle besitze. Dirigenten wie Bernstein, Boulez, Karajan, Chailly, u.a. lassen Strawinsky´s Aufnahmen verblassen, die technisch gut sind (daran liegt es nicht). Man hat Strawinsky ja nachgesagt, dass er ein etwas ungeschickter und unbequemer Orchesterleiter wäre.
    Strawinsky selbst war von Bernstein´s Aufnahmen seiner Werke sehr angetan.


    Ganz anders Leonard Bernstein. Da wírd mancher nicht meiner Meinung sein, aber ich finde Bernsteins Aufnahmen seiner Werke im Vergleich zu Bernstein-Aufnahmen anderer Dirigenten durchweg am Besten. Höchstwarscheinlich liegt es daran, das Bernstein im Gegensatz zu Strawinsky und Copland kein "Gelegenheitsdirigent"(dirigieren nur ab und zu mal) ist. Aber das ist auch in seiner Persönlichkeit begründet, die an gefühlmäßiger Emotionalität ihresgleichen erst finden muß.


    Ein weiteres positives Beispiel ist Aram Khatchturian. Schade das er nur wenige seiner Werke dirigiert hat:
    1.) Eine glänzende Aufnahme mit den Wiener PH auf Decca von der Gayaneh-Suite, Sinfonie Nr.2, Spartacus-Suite(Kurzfassung) von 1963 ist eine unübertroffene Aufnahme.
    2.) Die Sinfonie Nr.3 für Orgel und Orchester mit der Moskauer PH/Khatchi auf Eurodisc, hat man auch nie besser und eindrucksvoller gehört.
    3.) Sein Violinkonzert D-Dur, David Oistrach gewidtmet -- die Eurodisc-Aufnahme von 1960 mit Oistrach / Moskauer PH / Khatchaturian ist IMO eine Jahrhundertaufnahme, die in den Thread "Unverzichtbare Aufnahmen" gehört.

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    ;) Aus dem späten 20.Jahrhundert gibt es einige Komponisten, die ihre Werke schon vom Verständnis her selbst dirigieren und leiten müssen - ich denke da u.a. an Boulez als Komponist. Da wagt sich derzeit kein anderer ran, was man nachvollziehen kann.
    O Gott - Da habe ich jetzt was aufgerissen :stumm:.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
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    ;) Aus dem späten 20.Jahrhundert gibt es einige Komponisten, die ihre Werke schon vom Verständnis her selbst dirigieren und leiten müssen - ich denke da u.a. an Boulez als Komponist. Da wagt sich derzeit kein anderer ran, was man nachvollziehen kann.
    O Gott - Da habe ich jetzt was aufgerissen :stumm:.


    Ist auch Quatsch, wie ein Blick in den Katalog (und erst recht ins Konzertleben) zeigt: Es gibt durchaus Dirigenten, die sich der Werke Boulez' annehmen, dafür braucht man nicht ihn selbst "vom Verständnis her":




    Mir scheint der "Fall Boulez" ähnlich zu liegen wie Bernstein zu Lebzeiten: Solange mit Boulez ein hervorragender Dirigent eigener Werke lebt und wirkt, werden sich nur sehr wenige an Aufnahmen seiner Werke trauen. Wieviele Aufnahmen Bernstein'scher Werke zu seinen Lebzeiten gab es? Eben. Das allermeiste an Bernstein-Aufnahmen unter anderen Dirigenten ist nach seinem Tod auf den Markt gekommen....


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Helmut,


    ein interessantes Thema, sicher nicht ganz einfach zu beantworten.


    Ich denke, es kommt grundsätzlich darauf an, wie "spezialisiert" ein Komponist ist. Wenn ich z. B. an das Allround-Genie Mozart denke, dann ist es natürlich wünschenswert, dass er eigene Werke spielt und damit "interpretiert", er war immerhin ein ziemlich guter Geiger und ein bravouröser Klaviervirtuose [auf dem Niveau des 18. JHs].


    Ich selbst z. B. würde eigene Werke nicht spielen, da es mir an technischer Vollkommenheit absolut fehlt - ich heuere dann lieber andere Spieler an und drücke denen dann meine Ansichten auf. :D


    Es kommt also ganz darauf an, ob ein Komponist [in der heutigen Zeit, also lebendig] ein Instrument, für das er komponiert hat, selbst beherrscht oder nicht. Nach meinen Erfahrungen in den Musikhochschulen haben die Kompositionsstudenten [nicht also die oben bereits genannten Komponisten] erhebliche Defizite, was Instrumentation eines Werkes bzw. das "Machbare" mit einem Instrument betrifft. Das ist sehr schade.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Helmut,


    zunächst gehe ich auf einen Komponisten ein, der zu Lebzeiten Aufnahmen produzieren konnte.
    Benjamin Britten.
    Zum einen hat er, soweit mir bekannt ist, seine Werke nicht nur dirigiert, sondern betätigte sich auch, zum Beispiel bei der Uraufführung seines Klavierkonzertes op.13, als Solist seiner eigenen Werke. Inwieweit davon Aufnahmen existieren weiß ich nicht.
    Britten haben wir im Forum schon einen separaten Thread gewidmet, auf den ich an dieser Stelle hinweisen möchte:


    "Britten the Performer"


    Äußerst gelungen finde ich die Interpretation seines Klavierkonzertes mit Richter.
    (eben bei meinen unverzichtbaren Aufnahmen eingestellt)


    Leider fehlen mir weitere Vergleichsmöglichkeiten seines Könnens als Dirigent. Beurteilt aus der Sicht dieser Aufnahme kann ich allerdings sagen, dass es in seinem Falle absolut wünschenswert war!


    Von Bernstein kenne ich nur seine Fernsehaufnahmen (live) "Young people concerts" (so in etwa - es geht mir mehr um den Sinn). Hier bringt er klassische Musik einer breiten Masse von Kindern, meist in Begleitung der Eltern, nahe. Er erklärt die Werke zunächst vom musikalischen Charakter und verdeutlicht dies mit der orchestralen Untermahlung. Anschließend wird das gesamte Werk aufgeführt.
    Was ich dort von ihm sehen konnte (auch bei anderen Konzerten die ich auf Classica von ihm sah - nicht immer seine eigenen Werke!!!) gefiel mir ganz gut, eben auch die Interpretation seiner eigenen Werke. In Erinnerung ist mir aber scheinbar keines geblieben - jedenfalls fällt mir spontan kein Beispiel ein.



    Nun zu einem Komponisten, den ich sehr schätze, welcher aber nicht zur Zeit der Tonträgerindustrie lebte: Antonín Dvorák.
    Es ist klar, dass ich nicht aus meiner persönlichen Erfahrung sprechen kann.
    Jedoch habe ich gelesen, dass er als Dirigent seiner eigenen Werke unglaubliche Erfolge gefeiert hat! Besonders sein Stabat mater oder auch seine Siebte Symphonie fielen auf fantastischen Boden und machten ihn erst so richtig populär.
    Ich führe das jetzt nicht weiter aus. Auf die Begründung werdet ihr nicht lange warten müssen. ;)


    Jedenfalls spricht dies klar dafür, auch wenn Dvorák nicht gerade als Dirigent geboren wurde, dass es (in manchen Fällen) einen Nutzen hat.
    Mag sein, dass damals die Zeiten auch noch anders waren als heute, weil ihnen nicht diese Auswahl an Interpretationen zur Verfügung stand. Oder sehe ich das falsch? IMO haben wir heute durch die Verfügbarkeit von vielen Aufnahmen mehr Alternativen.
    Fakt ist aber dennoch, dass Dvorák mit der Interpretation seiner eigenen Werke Erfolg hatte!


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

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  • Spontan fällt mir auch Britten ein, dessen eigene Einspielung des "War- Requiems" Maßstäbe gesetzt hat.
    Seit einigen Jahren gibt es sie in dramatisch verbesserter Tonqualität. Man höre nur das "dies irae"!




    Ein eher abschreckendes Beispiel ist für mich Richard Strauss - wobei ich weniger auf seine - (Kann man bei eigenen Werken eigentlich von "Interpretation" sprechen? Darum sage ich also einfach mal: ) - "Aufführungen" beziehe als vielmehr auf die filmische Dokumentation seines Dirigierstils.
    Zum Weglaufen!
    Da dirigiert der Mann die wahrlich nicht immer zarten eigenen Werke wie ein gelangweilter Polizist, der auf der Kreuzung steht und den Verkehr regelt.
    Dieser optische Eindruck von Distanz zum eigenen Werk ist so massiv, dass es einem sogar die Musik vergällen kann.

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

  • Ja,
    durchaus ein sehr interessantes Thema!


    Unbedingt zu nennen die Aufnahmen von Rachmaninov mit seinen eigenen Klavierkonzerten.
    Man könnte es nahe zu eisern nennen wie Rachmaninov sein Klavierkonzert spielte. Weit ab von den üblichen Interpretationen der heutigen Tage.
    Werde ich mir heute nochmal anhören.

  • Man muss hier unbedingt noch einen Namen nennen: Mahler!


    Nicht nur, dass er mit akribischen Vortragsbezeichnungen anderen Dirigenten so genau wie möglich den Weg weisen wollte.


    Zeit seines Lebens hat er die Dirigate seiner eigenen Werke auch immer unter das Vorzeichen gestellt, eine Art "Aufführungs- und Interpretationstradition" für spätere Generationen zu begründen. Kaum ein anderer Komponist dürfte so genaue Vorstellungen vom Klang seiner eigenen Werke gehabt haben wie Gustav Mahler.

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

  • Hallo Richard,



    Zitat

    Unbedingt zu nennen die Aufnahmen von Rachmaninov mit seinen eigenen Klavierkonzerten.
    Man könnte es nahe zu eisern nennen wie Rachmaninov sein Klavierkonzert spielte. Weit ab von den üblichen Interpretationen der heutigen Tage.
    Werde ich mir heute nochmal anhören.


    hat er alle seine Klavierkonzerte eingespielt? Könntest du bitte eine CD nennen oder empfehlen? Du scheinst ja mindestens eine zu besitzen ;)
    Mir geht es speziell um seine ersten beiden. Aber auch Nr.3 und 4 sind interessant (Nr.4 kenne ich überhaupt noch gar nicht!!!).


    Wäre sehr erfreut über eine kurze Vorstellung :hello:


    Gruß, Maik

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    Sirach 32, 7

  • ist doch gut, wenn man seine Datenbank auch im Büro hat:



    Naxos Historical 8.110601
    Great Pianists: Rachmaninov - Piano Concertos Nos. 2 and 3



    Naxos Historical 8.110602
    Great Pianists - Rachmaninov - Piano Conc. 1&4 - Rhapsody on a Theme of Paganini

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

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  • Salut,


    sicher auch nicht ganz verkehrt ist dies:



    Ich habe die Gesamtausgabe "Bartók spielt Bartók" auf LPs


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Reinhard,


    ich habe gesehen, dass dies mono Aufnahmen sind. Kannst du was zur Klangqualität sagen???


    Ansonsten natürlich Naxospreisniveau, da kann man auch mal zuschlagen :D Nächstes Jahr :wacky:


    Danke schon im Voraus für die nächsten Infos :hello:


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7


  • Hust, hust!


    Und die VistaVera Aufnahmen!!!!

  • Wenn wir uns bei diesem Thread auf Komponisten beschränken, von denen es Aufnahmen gibt, tut sich unter dem Stichwort "Musikrolle" ein weiteres großes Kapitel auf.


    Gerade Rachmaninov hat ja viele solcher Musikrollen bespielt, die man über Reproduktionsklavier wiedergeben kann.


    Bei Telarc gibt es unter der Überschrift "A window In Time" sogar zwei Veröffentlichungen, die noch einen Schritt weiter gehen: Für diese Aufnahmen wurden die Toninformationen der alten Rollen mittels Computertechnik aufbereitet und so für ein modernes Bösendorfer 290 SE Reproduktionsklavier spielbar gemacht:




    Rachmaninov im perfekten Klang des Digital-Zeitalters!
    Aber ist er es wirklich noch?
    Wenn man es hört, ist es schon irgendwie eigenartig.


    (Auf der zweiten CD spielt R. eigene Werke)

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

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  • Grob verallgemeinernd glaube, kann man sagen, daß, auch wenn der Komponist en hervorragender Dirigent (Interpret) eigener Werke ist (war), die Dirigate von fremder Hand, im allgemeinen durchaus befruchtend sind (waren).


    Der Komponist hat ein bestimmtes Klangbild vor Augen (bzw im Ohr), zugleich aber auch die von ihm eingebauten Schwierigkeiten der Partitur im Hinterkopf . Gelegentlich dürfte dies ein Hammnis für HERVORRAGENDE Wiedergabe sein, zudem sind Multitalente (Komponist/Pianist/Dirigent) eher selten - und noch seltener "erstklassig)


    Hier muß natürlich beachtet werden, daß es früher als ein gesellschaftliches Eriegnis ersten Ranges gesehen wurde, wenn der Schöpfer eines Werkes, es auch selbst dirigierte, bzw als Solist ausführte. Erst die Schallplatte relativiert solche Ereignisse.


    Einiges wurde ja schon im Thread


    Der Wille des Komponisten - Dogma oder Empfehlung ?


    dazu gesagt.......


    Natürlich sind auch Komponisten Menschen mit Eigenarten: Manche nörgelten an JEDER Interpretation - andere waren immer wieder begeistert, wenn eine neue Lesart eines Ihrer Werke Pemiere hatte,
    zu letzterer Gruppe zählzen unter anderem Carl Orff - der sehr gerne Einspielungen seiner Werke "autorisierte" und Richard Strauß, dessen Lobeshymnen auf Karl Böhm Legende sind, nicht zuletzt, weil letzterer gerne drüber redete.... :D


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo CRC,


    bei Aufnahmen mit Welte Mignon und ähnlichen Geräten muss man Vorsicht walten lassen. Da die Wiedergabe klanglich modernen Standards entspricht, ist man leicht verleitet, was man da hört für bare Münze zu nehmen, was in Wirklichkeit ganz und gar nicht der Fall ist. Bei der Aufzeichnung auf Papierstreifen geht in Wirklichkeit doch viel verloren, und zwar alle feinmotorischen Details und die feinen dynamischen Abstufungen. Diese können bei der Wiedergabe auch nicht mehr rekonstruiert werden. Diese Aufnahmen geben also in Wirklichkeit ein wesentlich gröberes Abbild dessen, was wirklich gespielt wurde, als man bei der klanglichen Pracht glauben würde. Kein Wunder daher, dass sie meist einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterlassen, sie wirken vollkommen zurecht etwas ungewohnt.
    Man muss sie also als das nehmen, was sie sind: ein interessanter, aber gefilterter Blick in die Vergangenheit.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Richard


    bis eben wußte ich nicht, was "vista vera" überhaupt ist, hätte es eher für ein Kosmetikprodukt gehalten :D
    In meiner Datenbank habe ich ja nur das, was ich auch besitze. Hast Du klangtechnischen Vergleich zu den Naxos-Aufnahmen? Haben die dieselbe Quelle?


    Maik


    Von einer Aufnahme aus den 40ern sollte man nicht zu viel verlangen. Eher historisch interessant. Bei mir haben die Aufnahmen zumindest ein heftiges Verlangen nach einer modernen Einspielung hervorgerufen.


    Gruß
    Reinhard

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Zitat

    Original von Reinhard
    Richard


    bis eben wußte ich nicht, was "vista vera" überhaupt ist, hätte es eher für ein Kosmetikprodukt gehalten :D
    In meiner Datenbank habe ich ja nur das, was ich auch besitze. Hast Du klangtechnischen Vergleich zu den Naxos-Aufnahmen? Haben die dieselbe Quelle?


    Gruß
    Reinhard


    Reinhard,
    leider kann ich keine Aussage im Vergleich geben!
    Man hört aber leider deutlich die historische Aufnahmetechnik raus

  • Ich denke, Britten ist als Dirigent eigener Werke sehr gut - immerhin konnte er ja wirklich dirigieren und auch wirklich Klavier spielen, wie zahlreiche Aufnahmen von Werken anderer Komponisten belegen. Aber nicht immer ziehe ich das Selbstdirigat des Komponisten wirklich allem anderen vor.


    Von Federico Mompous wunderschöner Liedtrilogie "El combat de somní" gibt es beispielsweise eine Aufnahme mit Montserrat Caballé, die er selbst am Klavier begleitet. Und ich maße mir an, zu behaupten, dass seine Tempi das Flair des Werkes nicht treffen (einmal zu langsam - einmal zu schnell) und er irgendwie "grob" spielt, ganz zu schweigen von Caballé, die leider sehr wenig von ihrer berühmten Pianissimokultur, die diesen Liedern sehr gut angestanden wäre, hören lässt.
    (Gonzalo Soriano hat für mich ideale Tempi)

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  • Hi Philhellene,


    bei Mompou besteht die pikante Schwierigkeit, dass er ja keine Vorschriften gibt, sondern im Gegenteil die Art der Realisierung völlig frei lässt. Statt "richtig" kann es dann eigentlich nur "stimmig" oder "überzeugend" heißen!?

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ja, ich meinte ja auch eigentlich "überzeugend". :D


    Wenn ich mich hier noch ein bisschen über besagte drei Lieder auslassen darf, die mir sowohl textlich als auch musikalisch außerordentlich gut gefallen: meiner Meinung nach darf das erste Lied, "Damunt de tu només les flors", auf keinen Fall zu langsam sein. Ich habe mir lange Zeit gedacht, dass dieses Lied einfach nicht ganz so gut sei wie die anderen beiden - erst seitdem ich es in der Interpretation durch Victoria de los Ángeles und Gonzalo Soriano gehört habe, mag ich es wirklich. Und das liegt nur am Tempo! =)


    Ich finde es übrigens großartig, auf Anweisungen an die Interpreten zu verzichten -aber das gehört eher in den oft zitierten Thread über den Einfluss der Komponisten auf die Interpretation... ,)

  • Hallo,


    Danke Philhelene für den wichtigen Hinweis auf Britten, den hatte ich in meinem Beitrag vom 08.12.05 ganz vergessen.


    Folgende Decca-CD-Aufnahmen mit Britten als Dirigent seiner eigenen Werke halte ich für unübertroffen:



    Klavierkonzert op. 13
    +Violinkonzert op. 15

    Svjatoslav Richter, Mark Lubotsky,
    English Chamber Orchestra, Benjamin Britten

    Aufnahme 1970 ADD



    The Young Persons Guide to the Orchestra
    +Simple Symphony;Bridge-Variationen

    London SO, English Chamber Orch.,Britten
    Aufnahmen 1963 - 1968 ADD



    Symphonie f. Cello & Orchester op. 68
    +Sinfonia da Requiem op. 20;Cantata Misericordium

    Rostropovich, Pears, Fischer-Dieskau,
    English Chamber Orchestra, Britten

    Aufnahmen 1963/64 ADD


    :] Ein weiterer Pluspunkt für diese hervorragenden CD´s ist die gute Klangqualität in bestem Stereo.
    Der Katalog ist voll von brittens Britten-Aufnahmen, allein eine 10-CD-Box seiner Operaufnahmen ist vorhanden.
    Die o.g. CD´s gehören jedoch zu meinen Schätzen.


    Britten war auch ein hervorragender Dirigent für ander Komponisten. So hat er eine Menge Aufnahmen seiner Landsleute (u.a. Elgar), Werke von Bach (u.a.Johannes - Passion) und Mozart-Klavierkonzerte als Dirigent herausgebracht.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zu den eher schwachen Interpretationen eigener Werke würde ich die Aufnahme der eigenen Klavierkonzerte von DSch zählen.
    DSch war sicherlich ein gute-sehr gute Pianist aber seine eigenen Klavierkonzerte spielt er nach meinem Geschmack viel zu schnell, ja fast gehetzt und da fallen mir zahlreiche Interpretationen ein, die mir deutlich besser gefallen.

  • Hallo Richard,


    ich kenne Schostakowitsch´s Klavierkonzerte-Aufnahmen auch.
    Du schreibst:

    Zitat

    Zu den eher schwachen Interpretationen eigener Werke würde ich die Aufnahme der eigenen Klavierkonzerte von DSch zählen.
    DSch war sicherlich ein gute-sehr gute Pianist aber seine eigenen Klavierkonzerte spielt er nach meinem Geschmack viel zu schnell, ja fast gehetzt und da fallen mir zahlreiche Interpretationen ein, die mir deutlich besser gefallen.


    Ich bin mit Dir der Meinung, dass mir spätere Interpretationen auch besser gefallen --- das sind Aufnahmen mit Bernstein/Previn auf CBS-CD, Hamelin/xxx auf Virgin-SACD, Eugen List/Maxim Schostakowitsch auf RCA-CD und CBS-LP (meine Favoritenaufnahme).


    Wenn Schostakowitsch seine Klavierkonzerte schnell, ja rasend spielt, würde ich diese Interpretation aber nicht als schwach ansehen - er wollte es als Komponist dann so !!!
    Schwach ist nur die damalige Melodia-Klangqualität - ein gewichtiger Grund für mich die genannten Aufnahmen vor zu ziehen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Zitat

    Wenn Schostakowitsch seine Klavierkonzerte schnell, ja rasend spielt, würde ich diese Interpretation aber nicht als schwach ansehen - er wollte es als Komponist dann so !!!


    woher weißt du das?

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Ja, die rasenden Tempi bei Schostakowitsch, das ist wohl so ein Ding. In seiner Biographie wird des öfteren erwähnt, dass er auch bei fremden Stücken, beispielsweise dem Tschaikowsky-Konzert oft auf rasend schnellen Interpretationen bestand.


    In seiner Jugend und im Vollbesitz seiner technischen Fähigkeiten mag das ja ganz gut geklappt haben, als er in den fünfziger Jahren unter Cluytens die beiden Klavierkonzerte einspielte, hatte er schon mit seiner fortschreitenden Lähmung in der rechten Hand zu kämpfen und war manuell nicht mehr der allersicherste...


    Kurzum, auch ich denke, dass die Schostakowitsch-Klavierkonzertaufnahmen nicht unbedingt die besten sind, nur weil sie vom Komponisten selbst sind.


    gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Über den Komponisten Britten rede ich jetzt nicht, da verneige ich mich nur ganz devot.
    Aber als Dirigent eigener Werke - na ja...
    Keine Frage: Im "War Requiem" setzt er einen Meilenstein, im Klavierkonzert auch, aber das liegt meiner Meinung nach eher an Richter. Konkurrenzlos ist er ebenso beim "Young Person's Guide" vulgo Purcell-Variationen.


    Anders liegen die Dinge meiner Meinung nach bei den Opern: "Billy Budd" existiert zweimal auf CD: Einmal als (technisch miserabler) Mitschnitt der Uraufführung und einmal als Studioaufnahme der Decca: Bei der Uraufführung sorgt Britten für unglaubliche Dramatik, man spürt förmlich, wie er um sein Werk kämpft. Die Decca-Aufnahme halte ich hingegen schlicht für langweilig.


    Wirklich schlimm ist die Decca-Aufnahme des Balletts "Prince of the Pagodas": Da streicht Britten in seine eigenen formalen Abläufe hinein, dirigiert merklich lustlos. Kein Wunder: Wenn ein Stück nicht die wunschgemäße Aufnahme bei Publikum und Presse fand, folgte der Liebesentzug seitens des Komponisten. Der "Prince" kam nicht so an wie erwartet - und die Decca-Aufnahme dokumentiert, wie sehr sich Britten von dem Werk abgewendet hat.


    Ebenfalls eher uninspiriert dirigiert: "Rape of Lucretia" und der "Midsummer Night's Dream"; bei letzterem gibt's auch wieder böse Striche im dritten Akt, und das ganze ist brav und völlig harmlos herunterdirigiert (man vergleiche etwa mit der Hickox-Einspielung oder mit der unter Colin Davis).
    So viel zu Britten.


    Bei Strawinskij bin ich mir nicht ganz sicher: Ich habe mit Musikern gesprochen, die unter ihm gespielt hatten: Alle sagten, er sei nicht UNINSPIRIERT gewesen, sondern einfach UNFÄHIG. Die CBS-Aufnahmen sollen zumeist von Sub-Dirigenten vorbereitet worden sein, die Aufführungen dirigierte Strawinskij auch nicht unbedingt selbst, da soll sehr viel, was als "Strawinskij" ausgegeben wurde, von Robert Craft stammen. "Dirigent: Strawinskij" heißt hier eher "von Strawinskij autorisierte Aufnahme".


    Ich bin überhaupt derAnsicht, dass der Komponist keineswegs der ideale Interpret seines Werkes ist: Vorausgesetzt, er ist überhaupt technisch versiert genug: Der Komponist ist zu knapp an seinem Werk dran. Zwei Gehirne denken mehr als eines; d.h.: Durch das Spannungsverhältnis zwischen Komponist und Interpret gestaltet sich das Werk lebendiger, während der Komponist selbst im Grunde nur das exekutiert, was er hingeschrieben hat - geht ja kaum anders, denn hätte er andere Ideen gehabt, hätte er sie im Notentext vermerkt.
    Insoferne interessant: Rachmaninow spielt Rachmaniniow vergleichen mit Horowitz. Oder Rachmaninow als Dirigent in eigener Sache vergleichen mit den Einspielungen, die Swetlanow von diesen Werken machte. Und Rachmaninow war als Interpret ein Vollprofi!

    ...

  • Also ich kenne wenige Interpretationen von Komponisten eigener Werke. Strawinsky habe ich gehört. Vor allem ist mir aber die Einspielung des letzten Satzes der 4. von Mahler auf den Velte Mignonrollen in unangenehmer Erinnerung geblieben ( die Mahler in einem Affenzahn durchhetzt).


    Im allgemeinen halte ich nichts von Komponisten als Interpreten eigener Werke. Das will ich nicht verallgemeinern, sicherlich, es mag ja auch gutes geben, nur: Irgendwie hat der sich selbst interpretierende Komponist für mich so was "selbstverliebtes". Oder aber der Komponist als Interpret will nun unbewußt dieses Element des "Selbstverliebten" in seiner Interpretation gerade herunterspielen ( und spielt zum Beispiel einfach zu schnell).


    Ein guter Interpret liebt die Musik, die er spielt und er kann sie umso mehr lieben, als sie gerade nicht seine eigene ist. Dieses erotische Verhältnis wird ein Komponist als Interpret seiner eigenen Werke nie aufbauen können.


    Gruß Martin

  • Also auch mich interessieren Aufnahmen der Komponisten sehr:
    Gerade Rachmaninow is da sehr interessant.
    Des weiteren habe ich noch:
    Elgar dirigiert Elgar
    Kreisler spielt Kreisler (Liebesfreut, -Leid u.a.)
    Sarasate spielt Sarasate (Zigeunerweise 1904 / 1899)
    und: sehr interssant aber die größte Enttäuschung meines lebens:
    Ein Schüler Liszt spielt dessen UR No2 so wie Liszt es ihm beigebracht hatte (absolute Enttäuschung! Jedes Kind spielt das besser als Liszt)


    Zu Rachmaninow möchte ich noch sagen, dass dieser, als er Horowwitz dessen 2tes KK hat spielen hören, es nie mehr gespielt hatte, da es besser nicht klingen kann ...

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