P. S. Wenn werden wir denn wieder bey ihnen eine kleine
Musique machen? - -
Ich habe ein Neues Trio geschrieben! –
Diese wenigen Worte verliert Mozart am 17. Juni 1788 in einem Bittbrief an seinen Freund Michael Puchberg über ein am 22. Juni in das „Verzeichnüß aller meiner Werke“ eingetragene Meistwerk, das Klaviertrio E-Dur [KV 542]. Mozart erhält aufgrund seiner bittenden Zeilen 200 fl. vom Freunde.
Mozarts Klaviertrios [Klavier, Violine, Violoncello] sind Werke, die ich im kammermusikalischen Schaffen sehr schätze. Die offizielle Anzahl mit dieser Bezeichnung beträgt fünf Werke, hinzugerechnet wird auch das Divertimento B-Dur KV 254 sowie gelegentlich das Trio für Klarinette, Viola und Klavier Es-Dur KV 498. In zeitlicher Abfolge ihres Entstehens aufgelistet geht es also um folgende Werke:
Divertimento B-Dur [Trio] für Violine, Violoncello und Klavier KV 254
Komponiert in Salzburg, im August 1776.
Das Divertimento kann durchaus zu den späteren Klaviertrios gezählt werden, denn Mozart schreibt selbst am 6. Oktober 1777 aus München an den Vater:
[…] dann spiellte ich […] das Trio von mir. Das war gar schön accompagnirt [von Dubreil], im Adagio habe ich 6 Täct seine Rolle spiellen müssen. […]
Nannerl Mozart spielt das Werk im Januar 1778 zusammen mit Anton Janitsch und Joseph Reicha.
Klaviertrio G-Dur KV 496
Komponiert in Wien, vollendet am 8. Juli 1786.
Dieses Werk steht zu Beginn einer Reihe von Trios oder „Terzetten“, wie Mozart sie nennt, die für einen Liebhaberkreis zu besonderen Anlässen komponiert wurden. Augenfällig ist an der Originalhandschrift, dass es mit schwarzer und roter Tinte geschrieben ist und viele Korrekturen betreffend der Verteilung der Motive auf die Instrumente enthält.
Trio für Clarinette, Viola und Klavier Es-Dur KV 498 [Kegelstatt-Trio]
Komponiert in Wien, vollendet am 5. August 1786.
Nach den Ausführungen von Karoline von Pichler ist dieses Werk für Franziska von Jacquin [der Schwester von Gottfried von Jacquin] komponiert, welche eine ausgezeichnete Klavierspielerin war. Angeblich hat Mozart dieses Werk während des Kegelschiebens komponiert, weshalb es allgemein unter dem Namen „Kegelstatt-Trio“ bekannt wurde.
Klaviertrio B-Dur KV 502
Komponiert in Wien, vollendet am 18. November 1786.
Klaviertrio E-Dur KV 542
Komponiert in Wien, vollendet am 22. Juni 1788.
Klaviertrio C-Dur KV 548
Komponiert in Wien, vollendet am 14. Juli 1788.
Klaviertrio G-Dur KV 564
Komponiert in Wien, vollendet am 27. Oktober 1788.
Die letzten drei Werke dieser Reihe fallen genau in die Zeit, in der Mozart auch seine letzten drei großen Sinfonien Es-Dur KV 543, g-moll KV 550 und C-Dur KV 551 vollendete und sind deswegen als Kontrast höchst interessant. Auch wenn es mir schwer fällt, hier unparteiisch zu sein, so ist doch das E-Dur-Terzett mein liebstes: Es versprüht eine Leichtigkeit und ist von einer Seele bewohnt, die man in Menschen suchen kann. Es lässt mich einfach nicht los; wenn ich die Trios aufschlage, so spiele ich dies als erstes… zudem ist es von technischer Seite aus betrachtet für mich eines der „leichtesten“.
Im Trio G-Dur KV 496 lassen sich noch Reste des „Figaro“ [KV 492] hören und es folgt unmittelbar auf das Hornkonzert Es-Dur KV 495. Es ist ein ornamentreiches Werk, das dem ungeübten Spieler leicht zu Schaffen macht. Im ersten Satz erlebt man typischen Mozart, wie er im Lehrbuche stehen könnte: eine motivische Imitation jagt die andere. Nach dem nachdenklichen und ruhigen Andante folgt ein witziges Allegretto, welches von Steigerung zu Steigerung wandert.
Ungewöhnlich – aber charakterisierende – für das Kegelstatt-Trio KV 498 ist der zu Beginn stehende langsame Satz [Andante]. Eine rezitierende Ruhe – dann ein Forellenbächlein. Es folgt ebenso ungewöhnlich ein Menuetto mit einem genialen fast dramatischen Trio in g-moll. Der letzte Satz , ein Rondeaux Allegretto verschweigt nicht seine innere Nähe zum Allegretto des Klavierquartettes Es-Dur KV 493.
Unmittelbar vor dem großen C-Dur-Klavierkonzert KV 503 und der für Prag komponierten Sinfonie D-Dur KV 504 ist das Trio B-Dur KV 502 entstanden. Hier zeigt der Virtuose Mozart in Terzen und Sexten, was er drauf hat – und das alles in einen melodisch perfekten Reiz verpackt, der das Herz überkochen lässt. Es mag vielleicht an der Tonart B-Dur liegen, dass dem 3. Satz [Allegretto] eine gewisse Ähnlichkeit mit dem letzten Allegretto [3. Satz] der Violinsonate B-Dur KV 454 innewohnt.
Als Vorgänger der Es-Dur-Sinfonie KV 543 komponiert Mozart das Trio E-Dur KV 542: Chromatik, Septakkorde, Verspieltheit, Dramatik in der Durchführung und Versöhnung im ersten Satz. Der zweite Satz ist beinahe ein romantisches Rondo mit Variationen, auf welches das liebliche, wiegenliedartige Finale Allegro folgt. Die bei Mozart seltene Tonart E-Dur als Grundtonart fördert hier einiges an harmonischen Ungewöhnlichkeiten zu Tage und lässt auch manchen Theoretiker [fast] verzweifeln.
Mondän mit einem punktierten Rhythmus kommt das C-Dur-Trio KV 548 daher. Das viertaktige Anfangsthema ist so demonstrativ majestätisch, dass man meint, im falschen Film gelandet zu sein – doch Mozart macht nur einen Witz. Arienhaft ist der 2. Satz in F-Dur, ein Andante cantabile, ein Stück Entspannung nach der Hektik des ersten Satzes. Spritzig und witzig das folgende Allegro im 6/8-Takt.
Den Abschluß macht das Trio G-Dur KV 564. Es entstand unmittelbar nach dem ebenfalls für Puchberg komponierten Trio a sei pezzi Es-Dur für Violine, Viola und Violoncello KV 563. Auf den verspielten ersten Satz folgt ein Eigenzitat Mozarts, in dem er das Motiv seiner Arie „Mein liebster Freund“ aus der Kinderoper „Bastien et Bastienne“ zum Thema macht. Fast jeder Klavierschüler wird in irgendeiner unzulänglichen Bearbeitung eines Herausgebers schon einmal den im Mittelteil „alla-turca-haften“ tollen letzten Satz in Klaviersolofassung gespielt haben – mehr als nur ein Gassenhauer.
Obwohl ich der Meinung bin, dass diese Werke sehr intim sind, werden sie gelegentlich auch öffentlich gespielt: Ich erwarte daher eine Einspielung mit dem kürzlich gehörten ATOS-Trio, um mir ein besseres Bild dieses aufsteigenden Sterns am Kammermusikhimmel machen zu können.
Nun, welche Aufnahmen kennt und mögt Ihr?
Liebe Grüße
Ulli