Eugene d' Albert - Sein Werk ausserhalb des Opernschaffens

  • Von Eugene d´Albert (1864-1932) sind uns 21 Opern überliefert, wovon die meisten heute vergessen sind. (Eventuell ein Spezialthema im Opernbereich eröffnen)
    Noch schlimmer steht es um sein Werk ausserhalb der Oper, so umfasst sein restliches Schaffen grade mal 33 Opuszahlen, Lieder mit inbegriffen.
    D' Albert war zu Lebzeiten ausserordentlich berühmt, aber nicht als Opernkomponist (was sein Wunschziel war) sondern als Pianist.


    Heute habe ich mir die Sinfonie op 4, aus dem Jahre 1884 angehört.
    Sie ist werder sperrig noch innovativ, nicht düster, nicht dramatisch, orientiert sich teilweise an Brahms (der aber eine Generation vor ihm ist)
    und verarbeitet zahlreiche Einflüsse von Werken vor seiner Zeit. Das nahende 20. Jahrhundert scheint hier noch Lichtjahre entfernt-


    Ich hatte zu Beginn den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit und Unentschlossenheit, und wenn dieser Eindruck vermutlich auch nicht völlig falsch ist, so wird er dem Werk nicht gerecht, denn, wenngleich ich "das geschlossene Ganze" irgendwie vermisse, so gibt es immer wieder Stellen von beeindruckender Schönheit, Die von den Deutschen so geliebten "Brüche" habe ich weder festgestellt, noch habe ich sie vermisst. Dennoch fehlt dieser Musik der persönliche Stempel des Komponisten, der Wiedererkennungswert. Das Werk wurde durchaus unterschiedlich beurteilt, so bereitete es Eduard Hanslick "nur mäßiges Vergnügen" (was bei ihm ja schon beinahe ein positives Verdikt ist) Ich fand die Sinfonie als klangschön und angenehm zu hören, ohne, daß ich irgendwelche geniale oder genialistische Ansätz erkennen konnte.
    Damit fehlt ihr vermutlich etwas, das von unserem Zeitgeist als unverzichtbare Voraussetzung gesehen wird um in unserer Gegenwart wirklich Aufmerksamkeit zu erregen und bestehen zu können. Kommende Generationen werden das vielleicht anders bewerten...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    auch ich muß gestehen, daß ich von Eugen d'Albert nur die Oper "TIEFLAND" kenne, die als Doppel-CD in meinem Regal steht (seit Jahren ungehört) und natürlich daraus die beiden Ohrwürmer "Glück, das mir verblieb" und "O Freund, ich werde sie nicht wiedersehen", natürlich gesungen von Richard Tauber und Lotte Lehmann. Wer diese Ausschnitte mit den beiden jemals gehört hat, ist für alle andern verloren, trotz der mehr als gewöhnungsbedürftigen Technik.


    Apropos Lotte Lehmann: Es gibt da eine Arie aus d'Alberts Oper "Die toten Augen" mit dem schönen Titel "Psyche wandelt in Säulenhallen", die kenne ich auch, ebenfalls von der unvergessenen Lotte Lehmann gesungen:




    Eine akustische Aufnahme aus 1919! Wenn ich nicht irre, ist meine CD-Aufnahme jüngeren Datums, denn sie klingt deutlich besser. Ich denke, daß sie ca. 1932/33 entstanden ist, bevor Lotte Lehmann dem Dritten Reich den Rücken gekehrt hat und sich in den USA niederließ. Erstaunlich finde ich, daß diese Arie von keiner bedeutenden Nachkriegssopranistin gesungen, zumindest nicht aufgenommen wurde. Wenn auch die Oper selbst vergessen ist, so ist das Stück doch IMO eine dankbare Vorlage für eine lyrische Sopranstimme.


    Dein Thread hat mich aber veranlaßt, ein bißchen bei Amazon zu stöbern, und ich war überrascht, daß es doch außer TIEFLAND mehr Aufnahmen des Komponisten gibt, als ich gedacht habe. Drei davon will ich hier zeigen, weil sie ein gewisses Spektrum außerhalb der Oper umfassen:



    Wie man sehen kann, hat sich d'Albert auf diversen musikalischen Gebieten betätigt. Auf der linken CD ist auch die Sinfonie op. 4 enthalten, die Du gestern in einer alternativen Aufnahme vorgestellt hast. Interessant finde ich, daß ein spanisches Orchester an den Aufnahmen mitgewirkt hat. Der Komponist ist also auch außerhalb des deutschen Sprachraums noch nicht ganz in Vergessenheit geraten.



    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • auch ich muß gestehen, daß ich von Eugen d'Albert nur die Oper "TIEFLAND" kenne, die als Doppel-CD in meinem Regal steht (seit Jahren ungehört) und natürlich daraus die beiden Ohrwürmer "Glück, das mir verblieb" und "O Freund, ich werde sie nicht wiedersehen", natürlich gesungen von Richard Tauber und Lotte Lehmann.


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    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • nur die Oper "TIEFLAND" kenne, die als Doppel-CD in meinem Regal steht (seit Jahren ungehört) und natürlich daraus die beiden Ohrwürmer "Glück, das mir verblieb" und "O Freund, ich werde sie nicht wiedersehen", natürlich gesungen von Richard Tauber und Lotte Lehmann.

    O weia, wo hatte ich da nur meine Gedanken!? Von Lotte Lehmanns Arie aus den "Toten Augen" zu Korngolds "Toter Stadt" war es offenbar nur ein Schritt, und der ging dann ins "Tiefland", und damit voll ins Abseits!


    Danke, Rüdiger, für Deinen dezenten Hinweis!


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Wie man sehen kann, hat sich d'Albert auf diversen musikalischen Gebieten betätigt.


    Eugen d´Albert war - bevor er als Opernkomponist bekannt wurde - ein ganz vorzüglicher und berühmter Klaviervirtuose, ein Schüler von Franz Liszt.
    Als 1891 die große Tonkünstlerversammlung in Berlin stattfand, traf Eugen d´Albert erstmals auf die nicht minder berühmte Pianistin Teresa Carreño, was damals als Sensation galt ...

  • Ich kenne das Es-Dur-Quartett: ein breites, spätromantisches Werk, das vor 20 Jahren für mich eine echte Entdeckung war. Leider habe ich es nie im Konzert hören können.

  • Eugen d´Albert war - bevor er als Opernkomponist bekannt wurde - ein ganz vorzüglicher und berühmter Klaviervirtuose


    Hallo, Hart,


    d'Albert war eine Zeitlang als Pianist berühmter denn als Komponist. Es gibt auf Welte-Mignon Rollen sogar einige Aufnahmen von ihm, die später auch auf LP bzw. CD übertragen wurden, wie z.B. hier:


    Es handelt sich um eine Langspielplatte; über die Klangqualität kann ich nichts sagen. Der Vermerk "Stereo" besagt, daß man die alten Rollen in moderner Technik auf LP übertragen hat.
    Diese Aufnahmen sind ebenfalls Zeugnisse seiner Kunst außerhalb des Opernschaffens.
    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich darf noch zu dem Beitrag von Hartmut Spiesecke ergänzen, der dankenswerterweise auf das Streichquartett in Es hingewiesen hat:


    -hier kann man bei youtube schon mal reinhören:



    -hier findet man eine CD-Einspielung (derzeit günstig erhältlich bei jpc für 7.99 Euro):



    viele Grüße

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  • Die von mir om Eingsngsbeitrag gezeigte CD enthält neben der Sinfonie op 4, quasi als "Füller" noch das "Gedicht" "Seejungfräulein op 15. auf welches sich übrigens das Coverbild nach einem Gemäde von Johm Wiliam Waterhouse, "Eine Nixe! von 1892 bezieht.
    das d' Alber 1898 in kurzer Zeit schrieb und von diesem als "Lonzertszen für Sopran mit Orchesterbegleitung" bezeinet wurde.
    Man man das "Genre" mögen oder nicht . IMO ist es handwerklich hervorragend gemacht, Man hört den Opernkomponist gurch, ebenso wie eines von d' Alberts Vorbildern, Richard Wagner. Der Komponist vermag es gut die jeweilige Stimmung einzufangen, bzw zu vermitteln - er ist ein Meister des Effekts - und ich frage mich, weshalb er nicht bekannter ist.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eher einem Zufall zuzuschreiben, als gezielter Planung, ist die Tatsache, daß ich diesen Thread fortsetze. Im Rahmen der Aufarbeitung ungehörter CDs ist mir - in der Tat zufällig - diese CD mit den Streichquartetten Nr 1 und 2 von Eugen d' Albert in die Hände gefallen. Was lag also näher als hineinzuhören. Das geschah das erste Mal bereits getern - aber ich habe heite eine weitere Hörsitzung mit dem Quartett Nr 1 angehängt, da es mir gestern schwerfiel einen "gerechten" Eindruck zu bekommen.


    Das Quartett Nr 1 op 7 enstand 1886, kurz nach dem d' Alberts Lehrer, Franz Liszt gestorben war.
    Es ist viersätzig angelegt und enthält die Sätze:


    1) Leidenschaftlich bewegt
    2) Langsam, mit Ausdruck
    3) Mäßig bewegt
    4 Thema mit Variationen - in mäßiger, ruhiger Bewegung



    Das Werk entspricht nicht meinem Geschmack, was aber keine Kritik sein soll
    Es ist aus meiner Sicht sehr komplex, nicht wirklich eingängig (was wohl auch nicht beabsichtigt war)
    strahlt im ersten Satz eine gewisse Nervosität und Agressivität aus, ist im zweiten Satz mehr melancholisch und versonnen als lieblich, mit Ausnahmen geg Satzende zu.
    Die beiden weiteren Sätze kann ich nicht beschreiben, das Booklet erwähnt die Kunstfertigkeit der Variationen.


    Auch mir ist nicht entgangen, daß es sich hier um ein äusserst kunstfertig gemachtes Werk handelt, welches ich - im Ringen um Neutralität - als "eindringlich" und "komplex" bezeichnen würde und durchaus als wichtigen Beitrag zur Streuchquartettliteratur des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Der "brahmssche Unterton" ist mir indes entgangen.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dieses Jahr habe ich die beiden Klavierkonzerte des Komponisten kennengelernt und mir diese CD beschafft:


    Interessante Klavierkonzerte allemal. Beim ersten Hören stechen sie freilich wenig aus der Menge romantischer Klavierkonzerte heraus. Hohes, aber eben nicht höchstes Niveau. Dennoch sind die beiden Werke klanglich spannend. Besonders beim frühen 1. Klavierkonzert Op. 2 höre ich Anleihen an Brahms, Liszt (so weit so gut, d'Albert war Liszt-Schüler) aber auch manche Ähnlichkeit zu Rachmaninow und Elgar. Das ist bemerkenswert, denn beide hatten zur Entstehungszeit des Konzerts 1884 aber noch keine einzige (bedeutende) Note geschrieben. Rachmaninow war zu jung, Elgar ein kompositorischer Spätstarter. D'Albert schreibt also durchaus am Puls der Zeit und nicht etwa epigonal. Die Konzeption des Werkes ist ungewöhnlich: Auf einen langen Hauptsatz folgt ein langsamer Satz, anschließend aber kein Scherzo, sondern ein Rückgriff auf den Hauptsatz in Tempo und Thematik. Es folgt eine Kadenz als eigener Satz (beeindruckend kontrapunktisch) und das Finale. Die Satzkonzeption wirkt damit teilweise eher wie ein zergliederter Hauptsatz, dessen Reprise der 3. Satz ist. Schwäche des Werkes ist freilich die Länge, die hier nicht immer "himmlisch" ist und die Musik öfters auch mal beliebig erscheinen lässt.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)