Ein treuer (?) Diener seines Herrn - listige Diener und Zofen auf der Opernbühne und ihre Arien

  • Hallo,


    heute mal wieder ein Thread zum Entspannen und Fabulieren.
    Interessanterweise wird Dienern, Zofen, Haushälterinnen und Gesellschafterinnen ein relativ breiter Raum auf dem Gebiet der Oper eingeräumt, da ist alles vetreten. Hier wäre Gelegenheit die Charaktäre in wenig unter die Lupe zu nehmen - und zugleich an ihre schönsten Arien zu erinnern, vielleicht auch mal an jene die diese Charaktäre hervorragend gestaltet haben - ich meine da auch in schauspielerischer Hinsicht.
    Vielleicht hat aber auch jenmand Apekte an diesen Rollen gefunden, die eher unbekannt sind...?


    Liebe Grüße aus Wien


    und viel Spaß

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    na - so ein schöner Thread! Ich fange gleich einmal an mit Leporello aus Mozarts Dramma giocoso Il dissoluto punito ossia: Don Giovanni. Wie jeder Mensch weiß, ist hier Leporello meine Lieblingsfigur.


    Am bekanntesten aus dem Bereich der "Dienerschaft" dürfte hier die sogenannte "Registerarie" sein: "Madamina! Il catalogo è questo...". In dieser Arie liest Leporello aus Don Giovannis "Register" allerhand Namen hübscher Abenteuer[innen] vor, welche er auch ein wenig kommentiert. Ganz wohl ist ihm bei der Sache natürlich nicht... überhaupt ist Leporello "das kleine A*****" in dieser Oper, am liebsten möchte er selbst Chef sein, quält sich aber einigermassen listig durch sein Dienerleben ["Notte e giorno faticar..."], wofür er auch noch bestraft wird [Mitte des Sextettes]. Weiteres Schmankerl ist die "Friedhofs-Szerne" mit "O statua gentilissima", wo Leporello von D. Giovanni vorgeschoben wird, den toten Comtur zum Essen einzuladen. Es ist einfach klasse, wie Leporello mit seiner "meint der mich?"- und "lieber nicht!"-Einstellung es dennoch schafft...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Salut und Einspruch,


    Leporello nennt keinen einzigen Namen! In der ersten Strophe beschreibt er das Register, in der zweiten zählt er Don Giovannis Liebschaften auf und in der dritten beschreibt er, welche Arten von Frauen der Don auf seiner Abschussliste hat. Ansonsten bleibt er diskret...


    Und irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, er genieße es in Wirklichkeit förmlich, Donna Elvira zu schockieren (die kleine Rache des Dieners an einer Person von Stand).


    :D

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • LEPORELLO natürlich weitaus am populärsten.Aber bei den Damen gibts auch schelmische liebreizende kokette Exemplare:
    Susanna,Despina,Blondchen,Adele,Ännchen usw.
    Diese Partien sind das Salz in der Suppe,sozusagen unverzichtbar und meistens ein Genuß für Auge und Ohr gleichermaßen.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Theophilus
    Salut und Einspruch,


    Leporello nennt keinen einzigen Namen! In der ersten Strophe beschreibt er das Register, in der zweiten zählt er Don Giovannis Liebschaften auf und in der dritten beschreibt er, welche Arten von Frauen der Don auf seiner Abschussliste hat. Ansonsten bleibt er diskret...
    :D


    d'accord.


    LG
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo!!


    Nehmen wir nur mal die komischen Intermezzi, die im Ursprung in den Pausen der Opera seria aufgeführt wurden. Mir fallen da Pergolesis La serva padrona, Hasses La serva scaltra ein. Hier wird der alte Herr immer von der schlauen Dienerin ausgetrickst.


    Das sind die Paradebeispiele für die "treuen" Diener des jeweiligen Herren.
    Aus solchen Intermezzi ist ja die Opera buffa entstanden. Die Serva padrona von Pergolesi hat im Jahre 1754 in Paris den Buffonistenstreit ausgelöst.


    LG Joschi

  • ADELE aus der FLEDERMAUS
    das Stubenmädchen, wird, wie sie glaubt, von ihrer Schwester zum Ball des Grafen Orlowski s geladen. Sie erfindet eine rührende Geschichte von einer kranken Tante, und begegnet auf dem Ball aber zuerst ihrem Herrn und danach noch der Chefin, deren Kleid sie trägt. Sie leugnet frech ihre Identität. Sie tut dem Grafen schön und findet am Ende sogar noch in ihm einen Mäzen, der ihre erträumte Theaterkarriere sponsert :) Eine Figur aus längst vergangener Zeit...............

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • ... mir fallen gerade die 3 ziemlich vernachlässigten Dienstboten in Rossinis "Barbier" ein:


    Da ist gleich zu Beginn der Diener des Grafen Almaviva, ein gewisser Fiorello (oder Fiorillo?), der die Musiker für das Ständchen unter Rosinas Fenster angeheuert hat und beaufsichtigt. Nach dem Ständchen darf er dem Grafen noch beim Austeilen des Geldes an die Musikanten helfen (wobei es ja recht turbulent zugeht) und das war's dann für ihn. Er kommt in der gesamten Oper nicht wieder vor - und wird in seiner Funktion ja sowieso dann durch Figaro ersetzt, der ab sofort als Ansprechpartner und "Verbündeter" des Grafen fungiert (ein klassischer Fall von "Verdrängung vom Arbeitsplatz durch berufsfremde Kräfte" :D ).
    Eigentlich eine Verschwendung des Librettisten, hier eine Person einzuführen (die sogar die ersten Worte der Oper zu singen hat), die sofort danach wieder in der Versenkung verschwindet. Aber ohne die Kreation dieser Rolle ging es aus dramaturgischen Gründen wohl nicht...


    Und dann sind da noch die beiden Bedienten von Don Bartolo:
    Kammerdiener Ambrogio und Haushälterin Berta (interessanterweise in der dt. Übertragung immer als "Marcellina" betitelt - wohl in weiser Voraussicht, weil "Figaros Hochzeit" ja noch folgt in der Handlungslogik - aber ist diese Figur der "Berta" von Rossini wirklich mit der Marcellina gleichzusetzen, die ja immerhin mit Doktor Bartolo mal ein "Krösken" hatte, aus dem dann Figaro hervorging? Nur - darum geht es bei Rossini ja gar nicht)


    Jedenfalls wird Ambrogio in heutigen Aufführungen meistens ausgespart, weil er -meines Wissens- sich nur in ein paar Seccorezitativen äußern darf und nichts zur Handlung beiträgt, außer den Eindruck zu verstärken, dass Bartolos Hauhalt ein ziemlich skurril-chaotischer ist. Er ist meistens müde und gähnt ständig, was -ein guter Komödiant vorausgesetzt- im Zusammenspiel mit Berta und Bartolo ein Running-Gag sein könnte. Aber da ist der "Barbier" ja eh voll von, so dass es auf diese Rolle auch nicht mehr ankommt. Immerhin könnte man diese Figur mit dem Darsteller des Fiorillo besetzen (um Personal zu sparen - es sind beides Bass-Rollen und Zeit zum Umziehen und neu Schminken bliebe auch!)


    Berta hingegen beteiligt sich nicht nur an den Ensembles an den beiden Aktschlüssen (musikalisch sowieso eine gute Entscheidung, weil sie neben Rosina die einzige Frauenstimme in der Oper ist und als Mezzosopran-/ Alt-Partie das Stimmensprektrum ideal ergänzt!) - sie hat sogar eine eigene Arie, die -im Gegensatz zu Marcellinas Arie im 4. Akt des "Figaro"- sogar meistens NICHT gestrichen wird! Und das will ja schon was heißen!
    Auch hier erinnere ich mich an eine Übertragung des Arientextes ins Deutsche, wo -im Gegensatz zum italienischen Original- einige Sätze schon eindeutig in Richtung "Figaros Hochzeit" deuten.
    Sie singt da z. B. davon, dass ihr Bartolo eines Tages ganz allein gehören werde (wenn er nicht mehr hinter Rosina her ist) und das deutet ja eindeutig auf die Tatsache hin, dass sie als Marcellina im "Figaro" zusammen mit Bartolo die Elternrolle für Figaro übernehmen wird, also irgendwann vorher mit ihm mal eine Affäre hatte...
    Im italienischen Textoriginal natürlich kein Wort davon :rolleyes:


    In einer Bonner Inszenierung des "Barbiers" in den 90er Jahren hatte man aus Berta eine Art "Gouvernante" für die ja noch nicht volljährige Rosina gemacht - so eine Art "Fräulein Rottenmeyer", die ständig ihre bedauernswerte Schutzbefohlene piesackte - interessante Idee!
    Im Original-Libretto hingegen ist Berta dem Schnupftabak verfallen und hat deswegen ständig Niesanfälle.


    Was für ein Personal :wacky:


    Man müsste mal bei Beaumarchais in der literarischen Vorlage oder in Paisiellos "Barbier" (der näher an dieser lit. Vorlage gehalten sein soll) nachschauen, wie da das Dienstpersonal des Grafen und Dr. Bartolos behandelt wird und ob uns' Berta da evtl. doch schon eine Marcellina ist.


    Bei Rossinis "Barbier" sind jedenfalls sämtliche Dienstboten definitiv Nebenfiguren!
    Schade eigentlich - es geht schließlich nichts über gutes Personal :D

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne
    Im Original-Libretto hingegen ist Berta dem Schnupftabak verfallen und hat deswegen ständig Niesanfälle.


    Was für ein Personal :wacky:


    Man müsste mal bei Beaumarchais in der literarischen Vorlage oder in Paisiellos "Barbier" (der näher an dieser lit. Vorlage gehalten sein soll) nachschauen, wie da das Dienstpersonal des Grafen und Dr. Bartolos behandelt wird und ob uns' Berta da evtl. doch schon eine Marcellina ist.


    Salut,


    jedenfalls gibt es in Paisiellos Version das [berühmte?] Niesterzett, wo die Niesanfälle hineinkomponiert sind - auch die Anweisung, während des Gesanges zu Niesen :D Allein schon deswegen mag ich Paisiello wesentlich lieber...


    Das Libretto stammt übrigens von Petrosellini, der auch das Libretto zu Mozarts La finta Giardiniera und zu Cimarosas I tre amanti verfasste. Die Bediensteten sind im Barbiere ziemlich präsent, was auch zu einer wirklichen Opera buffa dazugehört - sie tanzen dem Bartolo regelrecht auf der Nase herum...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Dann bleiben wir mal bei Rossini:


    In der L'Italiana in Algeri gibts Zulma, die unverzichtbare Dienerin Elviras ( sie tritt nie ohne sie auf ).


    Dann gäbe es da noch Dandini in der Cenerentola, für mich eine der witzigsten Partien überhaupt ( alleine das Duett mit Magnifico, bzw. das Rezitativ davor :D )


    Ahja, und dann wäre da eigentlich noch Cenerentola herself.

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  • Hallo,
    ich möchte hier die beiden Diener Falstaffs erwähnen:
    Bardolfo und Pistola,zwei gerissene Gauner,die mit ihrem
    aufbegehren ,Falstaffs philosophieren über die Ehre
    auslösen.


    Gruß Herbert

    Tutto nel mondo è burla.