Joyce Di Donato in „War and Peace“ (Barockarien), Elbphilharmonie, 30.05.2018

  • Die Sängerin saß schon während des Einlasses auf dem Podium, unbeweglich wie eine Wachspuppe. Ihr Programm nannte sich „In War and Peace“, bestand aber im Wesentlichen aus der Präsentation von Barockarien, begleitet von einem sehr kompetenten Musikerensemble namens „il pomo d’oro“ (Leitung Maxim Emelyanychev) sowie einem Bewegungskünstler (Manuell Palazzo), der der Mezzosopranistin ab und an etwas reichte, und wenn es nur seine Hände waren, sowie gelegentlich einige Ballettsprünge wagte. Dazu hatte sich die Sängerin ein leicht psychodelisches Lichtkonzept ausgedacht, welches mehr störte, als dass es den sängerischen Vortrag unterstützte. Von Nachteil war vor allem, dass die Lichter im Saal verloschen und der Gesangstext, den man am Eingang ausgehändigt bekommen hatte, nicht mehr mitgelesen werden konnte.


    Die unvergleichliche Akustik (Block V, Reihe 2, Plätze 24 und 25) riss aber alles heraus, denn das Ensemble stellte sich schnell auf die Möglichkeiten des Saales ein und spielte hervorragend, durchaus dynamisch abgestuft bis hin zum ganz Leisen, bei gleichbleibender differenzierter Heraushörbarkeit der Ensemblemitglieder, vor allem der Celli. Frau DiDonato sang großartig, mit der großen Strahlkraft ihrer Stimme füllte sie den ganzen Raum, ohne ihn akustisch zu sprengen. Ihr Gesang war in allen Lagen nahezu vibratofrei; möglicherweise dadurch hatte die Stimme auch eine gewisse Kühle, die an eine Schallplatteneinspielung denken ließ. Es war fast zu perfekt.


    Am Ende der Vorstellung hielt Frau DiDonato noch eine Ansprache, in der sie betonte, vor 20 Jahren zum ersten Mal in Hamburg anlässlich eines Wettbewerbs gewesen zu sein, sie lobte den jetzigen Saal und erklärte, dass ihr Konzert zum Frieden unter den Zuhörern beitragen solle und dass diese eine solche Botschaft auch mit nach Hause nehmen könnten. Als letzte (von 2) Zugaben sang Frau Di Donato ein deutsches Kunstlied (Richard Strauss?), sehr innig empfunden und berührend. Was wurde sonst von ihr gesungen? Vor allem Händel (Some dire event, Arie der Storge aus Jephta / Pensieri, voi mi tormentate aus Agrippina / Lascia Ch’io pianga, Arie der Almirena aus Rinaldo / Crystal streams in murmurs flowing aus Susanna / Augelletti, che cantate, Arie der Almirena aus Rinaldo / Dopo notte atra e funesta aus Ariodante), daneben Purcell (Thy hand, belinda...When I am laid, Arie der Dido aus Dido and Aeneas / They tell us that you mighty powers above, Arie der Orazia aus The Indian Queen) sowie die Arie der Andromaca Prendi quel ferro, o barbaro! aus der gleichnamigen Oper von Leonardo Leo.


    Der Nachmittag und auch der Abend waren sehr heiß, mit Außentemperaturen von wohl um 30 Grad Celsius. Die Klimaanlage im Hause tat ihren Dienst, so dass man nach der Pause nicht mehr verschwitzt war, wie nach dem Anstieg auf Etage 16, und sich sogar das Sakko wieder anziehen konnte. Auf der Rückfahrt nahmen wir das Boot zu den Landungsbrücken, welches noch alle 20 Minuten bis 23.30 Uhr fuhr. Auf dem Oberdeck linderte der Fahrtwind die noch vorhandene Wärme. Die Elbphilharmonie und die St.-Pauli-Landungsbrücken mit den sich auf dem Geestrücken erhebenden, teililluminierten Hochhäusern sahen vom Boot aus einfach großartig aus.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Ein Dank von mir zu Deinem Bericht, lieber Ralf, und noch einen Glückwunsch dazu, dass Du einen so schönen Abend mit einer so wunderbaren Sängerin erleben konntest.
    Was nun "Il pomo d’oro" betrifft, so muss das ein Klasse-Ensemble sein. Vor einiger Zeit habe ich bei einem Bekannten Ausschnitte aus einer CD (ich glaube, dass es Händel war) gehört, die mir sehr gefallen hat. Ich habe mal recherchiert und erfahren, dass jenes italienisches Barockensemble 2012 von dem Geiger Riccardo Minasi gegründet wurde. Heute ist der von Dir genannte Maxim Emelyanychev (* 1988) musikalischer Leiter. Dass im übrigen der Name des Ensembles auf dem gleichnamigen Operntitel von Antonio Cesti beruht, komponiert 1666 anlässlich der Hochzeit von Kaiser Leopold I. und Margarita Teresa von Spanien in Wien, sei nur kurz angemerkt.


    :hello:


    Nachtrag: Am 28. Mai war das gleiche (?) Programm schon in der Dresdner Philharmonie zu sehen und zu hören. Das lässt sich der Website des Orchesters entnehmen...

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    MUSIKWANDERER