Rheingold - Staatsoper Hamburg 18.05.18

  • Liebe Taminos,

    gestern verschlug es mich zum ersten Mal nach Hamburg in die Staatsoper! Abgesehen von es durchaus beachtlichen Sängerleistung und dem wirktlich schönen Opernhaus war es jedoch kein sonderlich beglückender Opernabend.

    Die Inszenierung von Claus Guth fand bei mir keinen Beifall, obgleich es einige interessante Ansätze gab. Die erste Szene spielt - so würde ich sagen - tatsächlich unter Wasser. Die Rheintöchter tummeln sich auf einem Bett, welches offenbar achtlos in den Rhein geworfen wurde. Im Hintergrund sind weitere Dinge wie eine Lampe zu sehen. Alberich kommt und wird von den Nixen zum Narren gehalten, was darin gipfelt, dass die Nixen von einer höheren Stelle Papierflieger auf den Zwerg werfen. Bisher kann man nicht klagen. Als die Rheintöchter die aufgehende Sonne besingen, wird der Meeresgrund sogar athmosphärisch áusgeleuchtet, was insgesamt sehr eindrucksvoll gelingt.

    Der Rest hingegen misslingt m.E. bis auf wenige Ausnahmen völlig. Die zweite Szene spielt in einer großen Holzhütte, in der ein Gebirgsdarstellung mit einem weißen Monopoly-Haus herumrotiert, davor stehend die Agierenden. Abgesehen vom Auftritt der Riesen, die durch eine geschickte Lichtregie in gigantischen Schatten auftreten wird der Rest der Lächerlichkeit preisgegeben. Spannende Personregie ist hier nicht zu finden. Loge wird als mit billigen Tricks herumzaubernder Feuergott dargestellt. Es zaubert ständig Blumen, Tücher, etc aus seinem Ärmel und lässt Qualm aufpuffen. Nach dem Raub der Freia liegen alle Götter legtharisch am Boden rum, Loge filmt dies samt Selfie-View...

    Dann nach Nibelheim (mit eingespielten Ambossen...irgendwie haben für mich Lautsprecher in der Oper nichts zu suchen...). Man befindet sich in einem dreckigen Keller. Statt am Tarnhelm, schmiedet Mime an einem Gasbehälter...Mit ausgeklügelten Effekten (Nebel und Pyroeffekten) wird letztlich aber der unsichtbare Alberich dargestellt. Die Verwandlungen Alberichs werden allerdings besonders zur Lächerlichkeit. Die große Schlange ist ein leuchtender Gummischlauch, der Frosch ein hüpfender Beutel...beider wird vom Publikum als Lachnummer aufgenommen.

    Die letzte Szene wieder in der Holzhütte...Wotan kommt mit dem Hort zurück und alle tanzen Ringelreih...der Gewitterzauber wird zur Nebenorgie...Donner schwingt wie bekloppt den Hammer und schließlich steigen alle auf ner Leiter zu einer Empore und wackeln die letzten Minuten des Stücken irgendwie herum...

    Bis auf ein paar eindrucksvolle Theatereffekte...war es echt langweilig...und ich liebe dieses Stück eigentlich. Spätestens in der zweiten Szene schaute ich öfter mal auf die Uhr.

    Zur musikalischen Umsetzung. Rheingold kenne ich seit diversen Vorbereitungen auf Aufnahmeprüfung zum Teil auswendig, und so hatte ich doch eine gewisse Vorstellung vom Werk. Christoph Prick am Pult konnte mich nicht begeistern. Im großen und ganzen führte er die Musik recht gedehnt auf... knapp 2 Stunden 45 Minuten benötigte er. Das ist länger als die länge Aufführung unter Knappertsbusch in Bayreuth mit 2 Stunden 42 Minuten. Schon zum Vorspiel legte er ein recht ruhiges Tempo vor...erstaunlich wie oft die Bläser in der Aufführung kieksten. Auch im Stück gelang es Prick oft nicht Sänger und Orchester zusammenzuhalten, wirkliche Spannung kam aus dem Orchester nicht hervor. Alles wurde routiniert und sängerfreundlich begleitet, mehr nicht. Selbst die Verwandlungsmusiken wurden nicht so wuchtig aufgespielt wie erwartet...insgesamt auch eher enttäuschend. Ich würde jetzt nicht sagen, dass sie besser als meine Braunschweiger sind.

    Sie Sängerleistung hingegen empfand ich fast durchweg als hervorragend. Besonders überrascht war ich von der guten Durchhörbarkeit und Verständlichkeit, die im Zusammenklang mit Orchester gewährleistet war. Man verstand fast jedes Wort.

    Der Wotan Vladimir Baykows war wuchtig, eines Gottes würdig, und gerne auch mal expressiv im Ausdruck, was mir sehr gefiel, in den Höhen für meinen Geschmack jedoch manchmal etwas zu offen im Klang. Der Alberich von Werner van Mechelen war zu Beginn etwas schwach, steigerte sich jedoch im dritten Bild zu eindrucksvolle Dämonie. Der Loge von Jürgen Sacher war auch ein Highlight. Mit einem strahlenden, flexiblem Tenor ausgestattet, konnte der intendierte spielerische Charakter auch gesanglich gut umgesetzt werden. Neben den hervorragend disponierten, mit spielerische leichtigkeit agierenden Rheintöchtern Katerina Tretyakova, Jenny Carlstedt und Nadazhda Karyazina ist auch die Fricka von Katja Pieweck zu bemerkten, die stimmstark mit einer gewissen stahlkraft ihre Rolle ausfüllte. Ein Totalausfall war Dorris Soffels Edda. Schlecht intoniert, gefühltes Vibrato von gut einer Terz, einfach nur alt im Klang...das war nichts.

    Trotz sehr guter Sängerleistungen, war mit keine große Freude am Rheingold vergönnt. Zu sehr zog die Inszenierung das Stück ins Lächerliche, zu neutral war alles aus dem Orchestergraben - schade!

    Beste Grüße
    Christian

  • Guten Morgen Christian Biskup,


    vielen Dank für deinen sehr ansprechenden Bericht, für mich als "Opernbeobachter" :hello: . Insbesondere deine Zusammenhänge zwischen Beobachtung / Beschreibung / Wertung waren für mich äusserst hilfreich.


    MlG
    D.

  • Froh:
    Zur Burg führt die Brücke,
    leicht, doch fest eurem Fuss:
    beschreitet kühn ihren schrecklosen Pfad!


    Guten Morgen, lieber Christian, auch ich lese Deinen Bericht sehr gern. Vielleicht möchtest Du auf einige Fragen eingehen. Eingangs zitierte ich eine Stelle, die eine meiner liebsten bei Wagner ist. Wie war die denn in Hamburg durch Oleksiy Palchykov vorgetragen? In neueren Aufnahmen und Aufführungen des "Rheingold" finde ich den Froh in diesem Moment arg vernachlässigt. Was muss man da alles hören an Gestammel. Brrr. "Zur Bug fiert die Bricke" und so. Ich würde den besten lyrischen Tenor einsetzten, den es gibt. Das Publikum muss hin und her gerissen sein und meinetwegen ohnmächtig vom Stuhl fallen. ;) Das setzte natürlich auch eine bestimmte szenische Umsetzung voraus, die sich nach meiner Auffassung von jener im Hamburg schon unterscheiden müsste, die mir von den Bildern her ziemlich drastisch und flapsig vorkommt. Wahrscheinlich ging dort der Froh etwas unter - oder? Von Palchykov finde ich nur einige technisch dürftige Szenen bei YouTube. Danach kann ich mir nicht vorstellen, dass er nun im Hamburg brillierte. Mich würde auch Dein Urteil zum Donner von Kay Stiefermann interessieren. Das ist ein Sänger, dessen Karriere ich mit Aufmerksamkeit verfolge, schon weil er auch Balladen von Carl Loewe singt - und das sehr, sehr gut. Dass Du den Wotan von Vladimir Baykows wuchtig aber würdig fandest, nehme ich staunend zur Kenntnis. Was ich bisher von ihm hörte (allerdings nur Tondokumenten), war stets grenzwertig und zeugte nicht von einem nicht sonderlich ausgeprägten Verständnis für Intonation. Und dass Doris Stoffel als Erda nicht punkten konnte, finde ich sehr schade. :(

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Und dass Doris Stoffel als Erda nicht punkten konnte, finde ich sehr schade. :(

    Ich weiß ja, du bist ein Fan von ihr, aber sie ist letzten Samstag 70 geworden und hat vielleicht(!) den rechtzeitigen Absprung in Würde verpasst. Sie war ja jahrelang eine sehr gute Fricka, diese Rolle kommt ihrer extrovertierten Art von Gesang und Darstellung auch viel mehr entgegen als eine Erda, die eben auch ein Ruhepol sein muss. Dann im Alter die Erda singen zu wollen, wenn die Fricka nicht mehr geht, kann natürlich schief gehen.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich bin ja Stimmenliebhaber dankbar, dass er nicht meine ganzen Fehler im Eröffnungsbeitrag bemängelt hat...schon erstaunlich was man nachts so zusammenschreibt...

    Stimmenliebhaber: Ich kannte Frau Soffel bisher noch nicht - im dritten Rang hat meine eh schon leicht eingeschränkte Sehfähigkeit nicht das Alter der Dame abschätzen können. Aber ich würde Deiner Ausführung zustimmen. Meine Freundin sagte "Altweibergesang", und mir missfiel es leider auch sehr. Schade. Vielleicht war es aber auch nur ein schlechter Tag, ich hörte sie zum ersten Mal und habe natürlich keinen Vergleich.

    @Rheingold: Danke für Deine Nachfragen. Ich mag den Schluss des Rheingolds auch sehr gerne - und es war einer der spannenderen Momente nachdem Mittendrin die Spannung verflogen war. Tatsächlich sind Froh, Freia und Donner in der Inszenierung sehr untergegangen, weshalb ich ganz konkret zu denen auch nichts sagen möchte. Insgesamt jedoch fiel mir die gute Durchhörbarkeit und Artikulation auf. Der Text wurde ja über der Bühne angeworfen und mir ist tatsächlich nie ein falsches Wort aufgefallen. Die ganze Männerriege fiel insgesamt sehr positiv auf - Oleksiy Palchykov, aber auch Jürgen Sacher als Loge verfügten über sehr strahlende Stimmen. Ich kann nichts bemängeln. Kay Stiefermann als Donner fiel mir auch nur zum Heda! Hedo! auf, aber das war eindrucksvoll gesungen.

    Zu Palchykov noch ein Wort. Heute habe ich mir zur Rekapitulation das Rheingold des Jahrhundertsrings angehört. Im Gegensatz zu Donald McIntyre muss ich im Nachhinein schon sagen, dass Palchykov doch etwas vulgär singt...zur Aufführung gefiel es mir aber, ein wenig passt es m.E. ja auch zur Rolle - und Volumen hat er zweifellos.

    Letztendlich habe ich aber keine große Ahnung von Stimmen und kann nur sagen was mir gefiel und was nicht. Zum Vergleichshören fehlt mit leider doch oft die Zeit. Aber es war bestimmt nicht meine letzte Rheingoldvorstellung. Im August bin ich wieder in Bayreuth - Tristan. Nachdem ich mich in der Galerie vorletztes Jahr an den akustischen Verhältnissen gestört habe, gabst Du den Tipp einen Platz im Pakett zu beschaffen. Gesagt - getan! Ich bin gespannt!

    Liebe Grüße

    Christian

  • Auch ich möchte mich für den Bericht aus Hamburg bedanken. Es grüßt Hans

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Ich bin ja Stimmenliebhaber dankbar, dass er nicht meine ganzen Fehler im Eröffnungsbeitrag bemängelt hat...



    Je nun, ich habe den Startbeitrag nicht gründlich Korrektur gelesen, sondern inhaltlich gelesen.
    Hier war zum Beispiel der Name der Künstlerin richtig geschrieben, dass der Rollenname falsch geschrieben war, ist mir erst jetzt aufgefallen:



    Ein Totalausfall war Dorris Soffels Edda.



    Dann hat "Rheingold1876" den Namen der Sängerin versehentlich falsch geschrieben (er weiß natürlich, wie sie richtig heißt):


    Und dass Doris Stoffel als Erda nicht punkten konnte, finde ich sehr schade.



    Auch das habe ich nicht bemerkt, sondern einfach seinen Satz zitiert, ohne den Namen zu wiederholen:


    Ich weiß ja, du bist ein Fan von ihr, aber sie ist letzten Samstag 70 geworden und hat vielleicht(!) den rechtzeitigen Absprung in Würde verpasst. Sie war ja jahrelang eine sehr gute Fricka, diese Rolle kommt ihrer extrovertierten Art von Gesang und Darstellung auch viel mehr entgegen als eine Erda, die eben auch ein Ruhepol sein muss. Dann im Alter die Erda singen zu wollen, wenn die Fricka nicht mehr geht, kann natürlich schief gehen.



    Damit mag ich einen unfreiwilligen Beitrag dazu geleistet haben, dass du nun die falsche Schreibweise übernommen hast:



    Stimmenliebhaber: Ich kannte Frau Stoffel bisher noch nicht



    Also bitte: Bleibe wie in deinem Eingangsbeitrag bei Doris Soffel, ganz ohne "t", es sei denn, als Getränk in der Garderobe...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Christian, nochmals schönen Dank für Deine Kommentare, denen ich im wesentlichen zustimme.
    Meine Frau und ich waren heute Abend (jetzt schon gestern Abend) in der letzten Aufführung dieser Serie, hier mein Eindruck davon:
    Was für eine schöne, überwältigende Musik; was wäre es für eine begeisternde Aufführung gewesen, wenn Regie und Bühnenbild in irgendeiner Form der Musik und der Handlung entsprochen hätten. Früher war alles schöner, so sprachen einstmals die Alten, sind wir inzwischen zu alt? Meine Frau fand die szenische Gestaltung von Claus Guth furchtbar. Da wir diese Inszenierung seit der Premiere 2008 schon mehrfach sahen, habe ich nicht mehr so darauf geachtet, sondern mehr auf die Sängerinnen und Sänger. Es gibt unter den 14 Rollen eigentlich keine, die gesanglich vernachlässigbar wäre (wie vieles bei Verdi oder Puccini). Den Besetzungszettel von oben nach unten durchgehend war Vladimir Baykov als Wotan stimmkräftig, manchmal aber nicht sprachdeutlich und schönstimmig genug. Letzteres galt insbesondere auch für Kay Stiefermann, der den kurzen, aber wohl schönsten Part im 4 Bild (Hedo Heda) nicht so überzeugend darbot wie einst Jan Buchwald in dieser Rolle. Oleksiy Palchykov war als Froh ein gesanglicher Lichtblick, wenngleich die Strahlkraft seiner Stimme noch dazugewinnen könnte. Jürgen Sacher machte seine Sache als Loge sehr gut, Werner Van Mechelen erwies sich gesanglich und vor allem auch darstellerisch als einer der besten, wenn nicht der Beste an diesem Abend. Gleiches gilt für Thomas Ebenstein, der mir zuletzt als Triquet in Eugen Onegin überhaupt nicht gefallen hatte, heute aber einen herausragenden Mime sang und spielte. Fasolt und Fafner (Denis Velev und Alexander Roslavets) blieben unter den Leistungen ihrer Vorgänger (Tigran Martirossian und Alexander Tsymbalyuk). Katja Pieweck hätte man als Fricka noch viel länger zuhören mögen, leider hat Wagner für diese Partie recht wenig Schöngesang komponiert. Julia Maria Dan fiel in der schwierigen Rolle der Freia nicht weiter auf. Und nun zu Doris Soffel (Erda), die ja in den bisherigen Kritiken geradezu niedergemacht wurde. Auf ein ausgeprägtes Vibrato war ich ja eingestellt, deshalb fand ich es nicht ganz so schlimm wie beschrieben. Vielleicht hatte die Sängerin ihre Stimme heute auch besser im Griff. Ihr Auftreten war der Rolle angemessen herrschaftlich und ihre strahlkräftige Stimme verfügte über einen noch recht schönen und warmen Klang. Die mit Katerina Tretyakova (Woglinde), Jenny Carlstedt (Wellgunde) und Nadezhda Karyazina (Flosshilde) besetzten Rheintöchter machten ihre Sache gut, stimmlich fiel vor allem der Mezzo von Frau Karyazina positiv auf. Alles in allem war es eine durchaus akzeptable Aufführung, zu der meiner Meinung nach auch das Spiel des Philharmonischen Staatsorchesters unter der Leitung von Christof Prick beitrug. Unter dem Publikum fanden sich auffällig viele junge Leute, die man durchaus mal fragen könnte, was sie mit der szenischen Darstellung anfangen konnten.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Unter dem Publikum fanden sich auffällig viele junge Leute, die man durchaus mal fragen könnte, was sie mit der szenischen Darstellung anfangen konnten.


    Wen genau meinst du mit "man"?




    Gruß
    Hosenrolle1

  • Hosenrolle1
    Gestern hatte ich eine längere Antwort geschrieben, wurde aber dann aus nicht erkennbaren Gründen aus dem System geworfen (mit "man" waren mehr oder weniger die Inszenatoren/Intendanten gemeint). Heute möchte ich die Regietheaterdiskussion aber nicht erneut aufwärmen und bitte dafür um Entschuldigung. Ralf Reck

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

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  • Lieber Ralf,

    herzlichen Dank für Deinen Bericht zum Rheingold. Insgeheim habe ich gehofft, dass Du oder MSchenk ebenfalls etwas dazu sagen können! Es freut mich, dass wir im Wesentlichen übereinstimmen. In Bezug zu Deiner Frage, was die jungen Leute meinen...da ich mit 24 Jahren einer der Forumsjünglinge bin, so hoffe ich, dass mein Urteil zumindest etwas Deine Frage beantwortet. Wenn wir mit der Schule im Theater waren, waren meine Mitschüler immer von Regietheatervorstellungen maßlos enttäuscht. Ich bin da etwas anders eingestellt,ich meine, es gibt gutes und schlechtes Theater, ich habe auch schon gute Regietheatervorstellungen erlebt...leider gehört das Rheingold nicht dazu...eigentlich war es echt viel Klamauk...

    LG
    Christian

  • Hallo Christian,


    Insgeheim habe ich gehofft, dass Du oder MSchenk ebenfalls etwas dazu sagen können!

    dass ich den Guth-Ring hier in Hamburg gesehen habe, ist nun auch schon wieder gute sechs Jahre her. Lediglich Die Walküre hatte ich im Januar wieder im Programm. Insofern sind meine Erinnerungen nicht mehr so recht verläßlich. Geplant ist allerdings der vollständige Zyklus in der nächsten Saison 2018/19; folgende Termine sind angedacht:


    Das Rheingold am 30.10.2018
    Die Walküre am 16.11.2018
    Siegfried am 23.11.2018
    Götterdämmerung am 25.11.2018


    Erinnerlich ist mir, dass ich Das Rheingold und Die Walküre als eher schwächer empfunden habe, während sich im Siegfried und der Götterdämmerung recht gelungene Ideen finden. Ich habe Dir mal die verschiedenen Threads zum Hamburger Ring, soweit mit bekannt, herausgesucht:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Wotan - James Rutherford
    Fricka - Katja Pieweck
    Freia - Vida Mikneviciute
    Loge - Jürgen Sacher
    Alberich - Werner Van Mechelen
    Mime - Jörg Schneider
    Fafner - Alexander Roslavets
    Fasolt - Tigran Martirossian
    Erda - Doris Soffel


    Philharmonisches Staatsorchester Hamburg unter der musikalischen Leitung von GMD Kent Nagano;
    Inszenierung Claus Guth, Bühnenbild und Kostüme Christian Schmidt, Licht Wolfgang Göbbel.


    (19.Vorstellung seit der Premiere am 16.März 2008)


    Mit dieser Aufführung vor voll besetztem Haus begann der erste von zwei kompletten Ring-Zyklen unter Leitung des GMD Kent Nagano (30.10, 11.11, 18.11 & 25.11, sowie 04.10, 16.11, 23.11 & 02.12). Die Inszenierung Claus Guths, entstanden unter der Intendanz der damaligen GMD Simone Young, ist hier schon in verschiedenen Threads besprochen worden, so dass ich mich in meinem Bericht weitestgehend auf die musikalische Seite beschränken will:


    Geboten wurde an diesem Abend eine im wesentlichen solide Repertoire-Vorstellung. Das Dirigat Naganos insbesondere in den verschiedenen Orchesterüberleitungen und im Finale eher kammermusikalisch transparent, was für dieses Parlando-Stück und im Hinblick auf das, was noch kommt m.M.n. recht gut funktioniert. Ebenfalls auf der Haben-Seite James Rutherford, der hier für einen stimmlich leichteren, aber äußerst textverständlichen Wotan steht (er wird später durch John Lundgren als Wotan/Wanderer ersetzt), sowie Katja Pieweck als auch stimmlich dominierende Fricka. Hochdramatisch mit sauberen Spitzentönen gab Vida Mikneviciute den Part ihrer Schwester Freia. In der Rolle des Loge etwas zu dünn klingend, aber wie immer mit großem Spielwitz präsentierte sich einmal mehr Jürgen Sacher. Passend zur Werkauffassung des GMD die Riesen Fafner (Alexander Roslavets) und Fasolt (Tigran Martirossian) solide, aber im Gesang nicht wirklich beeindruckend, sondern kammermusikalisch ...
    Nach einem schwachen Pizarro (siehe hier) zeigte sich Werner Van Mechelen in seiner Interpretation des Alberich zumindest stimmstärker. Aber auch hier hätte ich mir beispielsweise für den Ring-Fluch mehr Ausdruck erhofft und schaue durchaus mit Skepsis in Richtung Götterdämmerung ("Schläfst du, Hagen, mein Sohn?"). Vollkommen überzeugt hat mich hingegen Jörg Schneider, der als Mime mit wunderbar leidend-häßlich-schneidender Stimme einen außerordentlich deutlichen Klang produzierte; ihn würde ich gerne als Siegfried-Mime hören, wo dann aber Jürgen Sacher übernimmt.
    Bleibt noch Doris Soffels Erda: Darstellerisch erhaben und Ehrfurcht gebietend verfügte ihre Stimme - zumindest an diesem Abend - praktisch über keinerlei Möglichkeiten. Der Vortrag auf einem deutlich zu hellen Ton ohne Bewegung oder Dynamik läßt für den kommenden Siegfried leider Schlimmes befürchten :(


    In der Szene ist beim nunmehr zweiten Besuch wenig Neues zu entdecken. Die Idee der gesamten Walhall-Haus-Metaphorik, welche sich durch alle Teile der Tetralogie ziehen wird, vermittelt sich nicht wirklich. Der Inszenierung fehlt es trotz einiger wirklich guter Momente vor allem im Siegfried und in der Götterdämmerung an Witz und Esprit. - Müsste ich wetten, so wahrscheinlich darauf, dass diese Produktion letztmalig auf die Bühne gekommen ist und die Leitung des Hauses, namentlich Intendant Georges Delnon und Generalmusikdirektore Kent Nagano, deren Verträge inzwischen bis mindestens 2025 verlängert wurden, in drei bis vier Jahren einen "eigenen" Ring auf die Bühne bringen werden.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.