Henk Badings - ein holländischer Komponist für (fast) alle Instrumente

  • Henk Badings (1907 bis 1987)


    hat in den frühen 60er Jahren an der Stuttgarter Musikhochschule Komposition gelehrt.


    Er ist in Bandung (Westjava) geboren, welches damals noch eine holländische Kolonie war, heute die wichtigste und eher kleinere indonesische Insel ist. Er wurde nach wenigen Jahren Vollwaise, kehrte nach Holland zurück und wuchs dann im Kreise seiner Verwandten auf, studierte unter dem Einfluss des Onkels Paläontologie und Geowissenschaften und promovierte über den Aufbau des indonesischen Archipels. Sehr früh beschäftigte er sich mit der Musik, wo man ihm seitens seiner Lehrer (z.B. W. Pijper) allerbeste Kenntnisse auf verschiedenen musikal. Gebieten bescheinigte. Bereits als 27 jähriger war er Dozent für Komposition am Rotterdamer Konservatorium. Zu dieser Zeit beschäftigte er sich bereits mit elektronischen Anwendungen in die Musik hinein (m.E. begannen auch andere Komponisten weltweit, sich mit den Möglichkeiten der Elektronik zu beschäftigen), 1941 bis 1945 Direktor des Rijkskonservatoriums in Den Haag, später an weiteren hochkarätigen Positionen in ganz Holland und Stuttgart, 1961 Dozent für Akustik an der Universität Utrecht, 1962 --> siehe oben.


    Badings wurde in seinem Heimatland und teilweise in den Nachbarländern schnell bekannt und steuerte kompositorisch zu fast allen Musikgattungen teils zahlreiche Werke bei. In den frühen 50er Jahren schuf er mehrere Kompositionen auf der Basis einer 31 Töne umfassenden Tonleiter/ - reihe. Nach dem Krieg verlor er seinen Den Haager Direktorenposten, wurde jedoch 1947 in diese Funktion wieder eingesetzt. Einen längeren "Karriereknick" erlitt er ab den frühen 60er Jahren wg. fragl. Kollaboration mit den Nazis, welche nicht bestätigt worden ist.


    Badings erforschte schon ab Ende der Zwanziger Jahre verschiedene Tonleitern bzw. T.reihungen und deren harmonischen Entwickungen, bei gleichzeitig ziemlich konventionellem Aufbau seiner Stücke und prägnanten Rhythmen. Die Stücke sprechen einen direkt an. Themen sind oft recht kurz, manchmal nur eingängige Motivzeilen in recht abwechslungsreicher Instrumentierung, mit Wiederholungen und v.a. aber Abwandlungen. Man kann so das Gefühl haben, in der Nähe von Trivialmusik zu sein (wobei nun eine evtl. Melodienseligkeit gänzlich fehlt), oder dass es an Tiefe der musikal. Aussage fehle, wobei dann die folgenden Passagen sozusagen rechtzeitig wieder ins gediegen Kompositorische zurück schwenken. Ein anderer Eindrück ist der von Film- oder anderer "Funktions"musik, welcher sich - zumindest bei mir - nicht zu verdichten scheint.


    Im zuletzt genannten Zusammenhang habe ich versucht, einige kleinere Klavierstücke selbst zu spielen, schwieriger als es zunächst aussieht ! Die Stücke sind teils in Einheitstonart, was den Eintrag von vielen, vielen # und b-`s erforderlich macht, wobei das Notenbild sehr unübersichtlich wird. Für sich genommen, können einzelne Akkorde regelrecht hässlich klingen. Eigentümlich heiter und durchaus hübsch und charmant klingt es dann im Fortgang. Als Musiker finde ich durchaus Gefallen an diesen Tonleitern, die -schwach variiert- doch jedesmal einen anderen Ausdruck und Charakter besitzen. Man lernt oder gewöhnt sich mit diesen Tonleitern ! Und immer mit mehr oder weniger klar zu identifizierendem Anfang und Ende, Ordnung der Figuren, manchmal oder öfters rasante, heftige Rhythmisierung, welche trotz Wiederholungen nicht lästig wird.


    Mehr hat man nun vom Hörerlebnis der Symphonie Nr. 4 (1943) und Nr. 5 (1949 - Auftragswerk)



    Es fällt sofort eine grosse Instrumentenvielfalt auf. Nun versteht man, was verschiedene Verfasser der von mir zu Rate gezogenen Literatur meinen, wenn sie schreiben, dass "...sich Badings schrittweise von der musikal. Ausdruckssprache der westeuropäischen Nachromantik löste..." Man denkt an Ravel, eher als an Debussy und Roussel. Da vor allem in der Vierten das musikalische Geschehen gut nachhörbar sich ausbreitet, wird man auf eine Vielzahl von sowohl und gleichermassen Holz- und Blechbläser - Klangfarben aufmerksam, welche die teils kurz und bündigen Motiv-, und Rhythmusfiguren musikalisch noch interessanter machen. Wiederholungen, Varianten sind in gut nachzählbaren, zumindest nachfühlbaren Formalismen eingebettet. Badings scheut sich nicht, den ähnlichen Aufbau der beiden Symphonien, mit denselben Satzbezeichnungen zu betiteln bzw. überschreiben (mit einer kleinen Ausnahme).


    Das kann er nun mit Leichtigkeit, da der musikal. Charakter der Fünften ziemlich von dem der Vierten abweicht. Nachdem ich beim zweiten Hören festgestellt hatte, dass es mir insgesamt an Expression in dieser Musik fehlt, war diese plötzlich da in Gestalt einer wunderschönen, viele Takte langen Streicherlinie mit dominierendem Violen- und Celliklang im 3. Satz der Fünften (Largo). Auch fallen in dieser Symphonie rhythmische und melodiöse Figuren reichhaltiger und komplexer aus.


    Ich kann auch jetzt besser verstehen, warum Badings nicht nur für jedes Orchester, sondern auch für jede Besetzung etwas geschrieben hat. Ausserdem gibt es viele kleinere Werke für Klavier- und Geigenschüler ! Man findet durchaus auch einiges für Trompete, Horn, sogar für reine Blaskapellen. Auch sind Chorwerke, Sololieder und Hörspiele u.a. unter seinen Werken.


    Es heisst, dass Badings`Musik nun wieder vermehrt gespielt würde. Mal sehen, ob sich das auch auf unser Land auswirkt. Von CPO sind einige CDs lieferbar, es gab schon deutlich mehr Aufnahmen.



    MlG
    Damiro