HÉROLD, Ferdinand: LE MULETIER

  • Ferdinand Hérold (1791-1833):


    LE MULETIER (Der Maultiertreiber)
    Komische Oper in einem Aufzug - Libretto von Paul de Kock


    Uraufführung 1823 in Paris.



    DIE PERSONEN DER HANDLUNG


    Enriquez, ein junger Maultiertreiber (Tenor)
    Rodrigo, ein gealteter Gastwirt (Bariton)
    Flandrino, Neffe Rodrigos, Kellner (Tenor)
    Inezia, sechzehnjährige Frau Rodrigos (Sopran)
    Zerbine, Nichte, Mündel und Magd bei Rodrigo (Sopran)
    Chor: Maultiertreiber und Dorfbewohner.


    Die Handlung geht im 18. Jahrhundert nahe Madrid vor sich.



    INHALTSANGABE DES EINZIGEN AKTES


    Der in die Jahre gekommene Gastwirt Rodrigo hat mit Inezia eine unerfahrene sechzehnjährige Maid geheiratet, versteckt sie jedoch eifersüchtig vor der Dorfgemeinschaft, was die, wie wir noch erfahren werden, wurmt. Ganz andere Probleme hat Rodrigos Nichte, Mündel und Haushaltshilfe Zerbine: Sie liebt den Maultiertreiber Enriquez, der allerdings bei Rodrigo wegen seines Berufes keinen Blumentopf gewinnen kann. Für ihn sind Maultiertreiber nämlich unseriös und deshalb inakzeptabel. Diese Ansicht vergisst er als Wirt allerdings sofort, wenn die ‚Unseriösen‘ als zahlende Gäste bei ihm auftauchen, denn dann sind sie ihm immer herzlich willkommen.


    Um aber auf Zerbine zurückzukommen: Rodrigos Ablehnung einer Heirat ist nicht etwa grundsätzlicher Natur, es ist nur die Person Enriquez, die er ablehnt. Dagegen wäre ihm sein Neffe Flandrino, ein etwas einfältiger junger Mann, der als Kellner bei ihm arbeitet, als Eidam willkommen. Und auch der hat keine Einwände, die schöne Zerbine zu heiraten, im Gegenteil. Doch Rodrigos Bemühungen, seine Nichte von Flandrinos Vorzügen und einer Ehe mit ihm zu überzeugen, bleiben erfolglos - Zerbine sträubt sich.


    Aktuell ist Enriquez mit seinen Kollegen mal wieder auf der Durchreise im Dorf und bekommt in der Gaststube einen Spaß mit, den sich ein Dorfbewohner ausgedacht hat: Weil, wie schon erwähnt, Rodrigo seine junge Frau aus Eifersucht versteckt hält, behauptet er, dass nach einem uralten Brauch in dieser Gegend eine Braut von den männlichen Dörflern mit einem Kuss begrüßt werden muss, wenn die Ehe gut gehen soll. Folglich sieht sich Rodrigo (trotz sichtbaren Widerwillens) gezwungen, Inezia zu holen, und die wird sofort von allen Männern mit Freuden geküsst - was sie sichtbar genießt, Rodrigo dagegen arg verdrießt. Das, so schwört er sich leise, hat Folgen: Er wird Inezia bei der nächsten Gelegenheit (jetzt kann er es sich wegen des Trubels in der Gaststätte nicht erlauben) in sein Haus außerhalb des Dorfes einquartieren. Für heute aber wird sie bis zur Sperrstunde im Stall des Gasthofes eingesperrt! Es ist ihm dabei gleichgültig, dass auch die Maultiertreiber (wie immer, wenn sie hier sind) dort im Stroh nächtigen. Was er nicht weiß, nicht einmal ahnt, ist, dass sich Zerbine und Enriquez um Mitternacht dort zum Rendezvous treffen wollen.


    Im dunklen Stall des Gasthofes kommt es dann zu den komödien-typischen Verwicklungen: Enriquez trifft hier statt auf seine Zerbine tatsächlich auf Inezia, die wiederum ihn für ihren Gatten hält. Die beiden Turteltäubchen werden aber von dem plötzlich in den Stall kommenden Rodrigo gestört, der seine Frau holen will. Enriquez und Inezia können sich zwar zunächst zurückziehen, doch erkennt der ‚Muletier‘ dabei seinen Irrtum, zieht sich blitzschnell zurück und legt sich neben seine bereits schlafenden Kumpel. Als Rodrigo auftaucht, spielt er den Schlafenden, bemerkt aber mit Schrecken, dass Rodrigo ihm den Hosengürtel abnimmt. Ahnend, dass der Gastwirt etwas bemerkt haben muss und der Hosengürtel am nächsten Tag als Beweis für seine Schuld dienen soll, beschließt er, sich zu wehren: Nachdem der Wirt gegangen ist, stibitzt er vorsichtig allen Kollegen die Gürtel und stürzt Rodrigo damit am Morgen in die argumentative Krise. Enriquez nutzt die sichtbare Ratlosigkeit des Wirtes aus und verlangt von ihm die Zustimmung zur Heirat mit Zerbine - ansonsten müsse er dessen nächtliche Ränkespiele im Dorf öffentlich machen. Rodrigo muss sich wohl oder übel eingestehen, das Spiel verloren zu haben und fügt sich ins Unvermeidliche - und stimmt der Heirat seines Mündels mit Enriquez zu. In die allgemeine Freude mag nur Flandrino nicht einstimmen…



    Beim Werbepartner Amazon ist mit der Asin-Nr. B00BULS7MQ eine Aufnahme dieses Einakters (mit „Le Pré aux Clerc“ von Herold gekoppelt) als Download erhältlich.



    © Manfred Rückert für den Tamino-Opernführer
    unter Hinzuziehung eines Klavierauszuges (frz.-dt.) von 1898, Verlag unbekannt

    .


    MUSIKWANDERER

    Einmal editiert, zuletzt von musikwanderer ()