Wo bleibt Elektra?

  • Wo bleibt Elektra? Hier ist sie! :jubel:



    https://www.youtube.com/watch?v=xZzQc6fvliw


    Gestern war mein Tag! In Willis Erinnerungsthread stieß ich mehr zufällig mit Hinweis auf die Sängerin Ingrid Steger auf "Elektra!" Nicht irgendeine, sondern die seit Jahrzehnten gesuchte. Hätte ich es nicht besser gewusst, ich wähnte mich schon, einem Phantom aufgesessen zu sein. Dabei handelt es sich um den Generalprobenmitschnitt der ersten Operninszenierung von Ruth Berghaus an der Deutschen Staatsoper Berlin. Die Premiere fand am 17. Februar 1967 statt. Die neue Inszenierung wurde nach nur sechs Vorstellungen abgesetzt. Das war seinerzeit unüblich. Neue Propduktionen blieben gewöhnlich für einige Jahre im Repertoire. Man kann getrost sagen, dass die Produktion verboten wurde. Die Kritiker waren verstört bis schockiert. "Gegen die Musik inszeniert" (Berliner Zeitung), "Eine Konterinszenierung" (Theater der Zeit), "Inszenierte Strauss-Kritik" (Neues Deutschland). So oder so ähnlich lauteten die Überschriften. Die Inhalte waren viel schärfer. Im Buch "Das Theater der Ruth Berghaus" (S.Fischer) von Sigrid Neef heißt es: "Die Szene war ein Podest, und auf dem Brettergeviert entfalteten sich im hellen Licht menschliche Beziehungen ohne jegliches illusionistisches Beiwerk: Kalkweißgeschminkte Gesichter, Masken, denen die Leidenschaften eingegraben waren; reiche, phantastische, erzählende Kostüme…" Zeitzeugen berichten mir - anders als die offiziellen Kritiker - von einem Abend, bei dem ihnen Hören und Sehen verging, der ihre Vorstellung von Oper auf dem Theater völlig über den Haufen geworfen habe. Es wundert also nicht, dass die SED-Führung im Bunde mit dem Opernhaus Einhalt gebot. Kulturpolitisch war damit etwas geschehen, von dem sich die DDR nie mehr würde erholen. Die Saat für den Untergang war gelegt. Ohne Zweifel stellte diese "Elektra" eine wichtige Zäsur dar.


    Soviel für jetzt.


    Wer auch immer diese "Elektra" bei YouTube hochgeladen hat, ich bin sehr dankbar dafür.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • der ersten Operninszenierung von Ruth Berghaus an der Deutschen Staatsoper Berlin.

    Lieber "Rheingold1876",


    das stimmt so nicht ganz, denn davor waren 2x "Die Verurteilung des Lukullus" (1960 als Co-Regisseurin von Erhard Fischer, 1965 als alleinverantwortliche Regisseurin und Choreographin einer Neuinszenierung) und die Uraufführung von "Puntila" (1966), beides Opern ihren Ehemannes Paul Dessau.


    Richtig ist, dass diese "Elektra" die erste Ruth-Berghaus-Inszenierung einer Oper, die nicht von Paul Dessau komponiert wurde, an der Deutschen Staatsoper Berlin war.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Aber noch schöner ist es, lieber Rüdiger, wenn es so läuft wie bei dir: Man hat das Suchen schon fast vergessen, und plötzlich findet man!
    Ich gestehe, dass mir Ingrid Steger bisher kein Begriff war. Umso erstaunter war ich über eine Sängerin, die diese Monsterpartie richtig singt. Gratuliere! Aber auch ihre Partner boten beeindruckende Leistungen.
    Die Mödl habe ich in Stuttgart sowohl als Elektra als auch später als Klytämnestra erlebt. In der Titelpartie musste sie einen guten Tag haben, aber als Mutter konnte sie aus dem Vollen schöpfen und bot eine klinische Studie.
    Die Dvorakova habe ich damals als Brünnhilde geschätzt mit ihrer satten dunklen Mittellage, die eine große emotionale Wärme ausstrahlte.
    Und Suitner hat diese Oper, die ja auch ein Dirigentenstück ist, wunderbar musiziert, soweit man das bei dem technischen Standard hier beurteilen kann. In Österreich gedeihen immer wieder dirigentische Begabungen, die oft unterschätzt werden. Ein ähnlicher Glücksfall ist Peter Schneider (auch ein großer Strauss-Dirigent).
    Herzliche Grüße von Strauss-Freund Sixtus

  • Lieber "Rheingold1876",


    das stimmt so nicht ganz, denn davor waren 2x "Die Verurteilung des Lukullus" (1960 als Co-Regisseurin von Erhard Fischer, 1965 als alleinverantwortliche Regisseurin und Choreographin einer Neuinszenierung) und die Uraufführung von "Puntila" (1966), beides Opern ihren Ehemannes Paul Dessau.


    Richtig ist, dass diese "Elektra" die erste Ruth-Berghaus-Inszenierung einer Oper, die nicht von Paul Dessau komponiert wurde, an der Deutschen Staatsoper Berlin war.


    Lieber Stimmenliebhaber, meine Angaben sind so unvollkommen gewesen wie Deine richtig sind. Du wirst Dir denken können, dass ich weiß, wie es gewesen ist. Aber es gibt Dinge, die setzen sich falsch fest. Danke für die Korrektur. Bei einem Rückblick im Forum stelle ich zudem fest, dass ich meine unvollkommene Variante sogar schon einmal verbreitet hatte.


    Selbst hätte ich gern mal eine Oper von Dessau in anderer Regie erlebt. Die gibt es inzwischen, aber ich kenne sie nicht. :( Dennoch: Die Uraufführung, den ich selbst beigewohnt habe, waren stets bedeutende Ereignissen, die ich in lebhafter Erinnerung habe.


    In Lyon wurde beim so genannten "Festival Mémoires"die Dresdener Inszenierung der "Elektra" durch die Berghaus wiederbelebt. Ich hätte mir stattdessen ein Remake der Berliner Inszenierung von 1967 gewünscht, die ich nun zumindest als Tonspur kenne.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • In Lyon wurde beim so genannten "Festival Mémoires"die Dresdener Inszenierung der "Elektra" durch die Berghaus wiederbelebt. Ich hätte mir stattdessen ein Remake der Berliner Inszenierung von 1967 gewünscht, die ich nun zumindest als Tonspur kenne.

    Lieber Rheingold,


    diese Berghaus-Elektra in Dresden war meine allererste Elektra, mit einer wahnsinnig guten Staatskapelle (deren Wucht einen förmlich erschlagen konnte) unter Bychkov, mit einer damals (anfangs der 90-er?) explosiven Gabriele Schnaut als Elektra, Hanna Schwarz als Mutter und Eva Johannsen als Schwester.


    Obwohl mir die Sprungturm-Inszenierung nicht zusagt, bin ich seitdem großer Fan dieser Oper mit ihrer Wahnsinnsmusik. Leider habe ich sie nur noch sehen können in Chemnitz und Halle, aber wenn ich Lust auf Elektra habe, dann lege ich eine meiner DVD ein oder gehe zu youtube. Allerdings ist Elektra nur dann ein Vergnügen, wenn man scharf drauf ist. Mal so nebenbei sagen "ach heute ist nichts im TV, gucke ich eben mal Elektra", das wird bei mir nichts. Und ich muß Bilder dazu haben, nur CD reicht mir bei dieser Oper nicht.


    Wie diese Oper spalten kann, merke ich auch in der Familie. Meine Frau steht auf Salome, aber bei Elektra war sie nie mit, und bei der DVD reißt sie aus. Die Musik ist ihr zu brutal. Ich kanns ihr nicht verdenken.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • unter Bychkov, mit einer damals (anfangs der 90-er?) explosiven Gabriele Schnaut als Elektra, Hanna Schwarz als Mutter und Eva Johannsen als Schwester.

    Das waren zwei Vorstellungen im Juni 1999 mit Ekkehard Wlaschiha als Orest udn Klaus König als Aegisth, Bychkov war ja erst ab Sommer 1998 da. Ich habe eine dieser beiden Vorstellungen erlebt und es war mein eindrucksvollstes Live-Erlebnis dieser von mir nich tübermäßig geschätzten Oper.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Jetzt, wo ich deine Bemerkung über die Sprungturm-Inszenierung lese, lieber La Roche, steigt eine Dresdner Elektra in meinem Bewusstsein hoch, die ich quasi auf der Durchreise erlebt habe.
    Bei einer Reise in meine alte Heimat Zittau (zu DDR-Zeiten, das genaue Jahr ist mir entfallen) machte ich in Dresden Rast und entdeckte an der Oper auf dem Plakat die Ankündigung einer Elektra. Ich kaufte mir eine Karte (blind, denn ich kannte weder die Sänger noch den Dirigenten, weil mir die Dresdner Verhältnisse nicht vertraut waren) und legte meine Rückreise so, dass ich die Vorstellung einbauen konnte.
    Ich fand mich in einem Freibad ohne Wasser wieder (Sprungturm!), erlebte aber eine musikalisch grandiose Aufführunng. Berghaus-Inszenierungen bin ich aber später gern aus dem Wege gegangen.


    Ähnlich ging es mir mit dieser Oper in Wien. Aus dem Campingurlaub am Neusiedler See kommend, fand ich bei der unvermeidlichen Durchreise am Ring an der Oper einen Parkplatz - und konnte der Versuchung nicht widerstehen, mir das Opernplakat anzuschauen. Unglaublich: Elektra unter Böhm mit Nilsson, Rysanek, Resnik... Ich fuhr den Campingplatz an, kuppelte den Wohnwagen samt Kindern ab - und fuhr mit meiner Frau zurück: zum Stehplatz. Es gab noch Karten!
    Da es bei Elektra keinerlei Möglichkeit für Zwischenapplaus gibt, wurde das am Schluss nachgeholt (ca. 20 Minuten). Sowas vergisst man schwerlich. Nur die Kinder mussten an den folgenden Tagen intensiv entschädigt werden.


    Soviel zum Thema "Vergessene Elektras" - und herzliche Grüße an alle Strauss-Freunde von Sixtus.

  • Das waren zwei Vorstellungen im Juni 1999 mit Ekkehard Wlaschiha als Orest udn Klaus König als Aegisth, Bychkov war ja erst ab Sommer 1998 da. Ich habe eine dieser beiden Vorstellungen erlebt und es war mein eindrucksvollstes Live-Erlebnis dieser von mir nich tübermäßig geschätzten Oper.

    Da waren wir vielleicht in derselben Vorstellung. Jetzt, wo Du es sagst, kommt mir auch Wlaschiha wieder ins Gedächtnis, auch Klaus König fällt mir wieder ein. Und es war im Sommer, jetzt erinnere ich mich daran, daß ich abends ins Abendrot nach Hause gefahren bin, aber über dem Osterzgebirge ein tolles Wetterleuchten war.


    Musikalisch ein Höhepunkt meiner Opernbesucherkarriere, besonders Orchester und Schnaut hatten mich beeindruck. Schnaut habe ich später als Isolde wieder gehört in einer irren Vorstellung, da der Dirigent kurzfristig ausgefallen war, ein Ersatzdirigent am Vorstellungstag wegen Grippe absagen mußte. Dirigiert hat dann ein Dirigent aus Sao Paulo, der gerade privat als Gast in Dresden war und dankenswerterweise ohne Proben die Vorstellung rettete. Toll!! Der Mann hat berechtigte Jubelstürme empfangen!!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich fand mich in einem Freibad ohne Wasser wieder (Sprungturm!), erlebte aber eine musikalisch grandiose Aufführunng. Berghaus-Inszenierungen bin ich aber später gern aus dem Wege gegangen.

    Lieber Sixtus,


    genau diese Inszenierung meinte ich. Musikalisch umwerfend, faszinierend (wie Mr. Spok sagen würde), grandios. Bei den orchetralen Zwischenspielen dröhnten mir die Ohren, ich saß etwa in der 6. Reihe Parkett, und der Orchestergraben in Dresden läßt ja das vorgesehene über 100 Mann starke Orchester zu. Ich saß wie auf Kohlen und hatte trotz der Freibadatmosphäre (ich kannte Elektra bis dahin nicht, es war meine erste, da ist man weniger kritisch) das höchste Glücksgefühl beim Besuch einer Oper/Konzertes, nämlich das Gefühl, sich vom Sitz zu lösen und zu schweben. Dieses Gefühl habe ich ganz selten, jetzt eigentlich nur noch im Konzert.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Die Mödl habe ich in Stuttgart sowohl als Elektra als auch später als Klytämnestra erlebt. In der Titelpartie musste sie einen guten Tag haben, aber als Mutter konnte sie aus dem Vollen schöpfen und bot eine klinische Studie.


    Lieber Sixtus, um die Mödl in Stuttgart beneide ich Dich sehr. Ich habe sie nur noch in ihrer letzten Zeit auf der Bühnen erlebt. Einmal bin ich zu "Anatevka" nach Düsseldorf gereist. Sie sang die Golde. Danach lernte ich sie auch noch kennen. Sie war ungemein liebenswürdig, schliicht und damenhaft zugleich. Zu ihrem 100. Geburstag ist bei Hänssler dieses CD-Doppelalbum erschienen:



    Darauf findet sich auch ein größerer Ausschnitt aus der Berliner "Elektra", um die es hier geht - von "Was willst du? Seht doch hier" an (16:25). Als Mitschnittstermin ist der 25. Februar 1967 angegeben. An diesem Tag gab es laut Stimmenliebhabers Staatsoper-Dokumentation tatsächlich eine Aufführung. Vergleich man nun den im ersten Beitrag von mir aus YouTube verlinkten Generalprobenmittschnitt mit dem Dokument des Album, ist festzustellen, dass immer an den selben Stellen gehüstelt wird. Daraus ziehe ich den Schluss, dass beide Mitschnitte identisch sind. Es ist ohne Zweifel die Generalprobe. Im Booklet wird leider kein Wort über die Besonderheit dieser "Elketra" verloren.


    Martha Mödl hatte einen sehr guten Tag in Berlin. Sie bohrt sich regelrecht in die Figur hinein. Es gibt ja etliche Mitschnitte ihrer Klytämnestra, die sogar auf CD erschienen sind (Florenz und Salzburg).

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Als Mitschnittstermin ist der 25. Februar 1967 angegeben. An diesem Tag gab es laut Stimmenliebhabers Staatsoper-Dokumentation tatsächlich eine Aufführung. Vergleich man nun den im ersten Beitrag von mir aus YouTube verlinkten Generalprobenmittschnitt mit dem Dokument des Album, ist festzustellen, dass immer an den selben Stellen gehüstelt wird. Daraus ziehe ich den Schluss, dass beide Mitschnitte identisch sind. Es ist ohne Zweifel die Generalprobe.

    Lieber "Rheingold1876",


    wenn du festgestellt hast, das beide Mitschnitte identisch sind, was ich interessant finde, wieso ist es dann für dich zweifelsfrei die Generalprobe? Könnte es nicht auch die Vorstellung am 25.2. sein? Beides? Mich wundert etwas, dass in der Premiere zwar Theo Adam den Orest gesungen hat, aber nicht in der Generalprobe - wenn es denn die Generalprobe ist. Ich habe keine Ahnung, ob es die Generalprobe oder die Aufführung vom 25.2.1967 ist, aber ich höre eindeutig Antonin Svorc als Orest. Von daher würde ich nicht auschließen wollen, dass es die Aufführung vom 25.2.1967 ist - obwohl es an der Staatsoper Berlin schon mal vorkam, dass in einer Partie die Zweitbesetzung die Generalprobe sang und die Erstbesetzung dann die Premiere.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber, aus meiner eigenen sehr privaten und ganz bescheidenen Forschungsarbeit weiß ich, dass an der Staatsoper nur die Generalproben mitgeschnitten wurden. Die Stars , die die Premiere sangen, konnten es sich schon mal erlauben, sich bei der Generalprobe durch die Zweitbesetzung vertreten zu lassen. So erklärt es sich für mich, das Svorc und nicht Adam sang, der dann die Premierenbesetzung war. Genau hingehört, sind bei fraglicher "Elektra" schon mal technische Geräusche zu hören, die ehr zu einer Probe passen denn zu einer Vorstellung. Die Husterei hält sich insgesamt sehr in Grenzen. Das spricht für einen fast leeren Saal. Im Februar 1967 bewegten sich die Außentemperaturen in Berlin so um null mit Tendenz in die Minusgrade. Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie sich der "Erkältungsmonat" Februar in Auffüherungen vernehmbar macht. Es müsste viel mehr gehustet werden.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Jetzt mal abgesehen vom Erkältungsmonat Februar, lieber Rüdiger, der es dieses Jahr wirklich in sich hatte, und wo erstaunlicherweise in der Husthochburg Köln in den letzten beiden Beethovenkonzerten (Sinfonien 8, 9, 6, 7, in dieser Reihenfolge), erstaunlicherweise wenig gehustet wurde (23./24. 2.), habe ich diesen Thread von Anfang an verfolgt, zumal ich ja anscheinend durch meine Erinnerung an Ingrid Steger den Anlass dafür gegeben habe durch meine Musikverknüpfung, habe ich, da ich kein Kenner der Strausschen Opern bin, mich besser in seinen Instrumentalwerken auskenne, doch einige seiner Opern in meinem Bestand, darunter mehrere Aufnahmen des Rosenkavaliers (Böhm, Bernstein, zweimal Kleiber auf DVD), Frau ohne Schatten (Keilberth), Salome, (Böhm), Arabella (Solti) und eben Elektra (Böhm, 1961 mit der Staatskapelle). Den Rosenkavalier habe ich mir schon einige Male angehört und gesehen in den Kleiberaufnahmen, die Arabella habe ich früher schon einmal am Rundfunk gehört, aber viel weiter bin ich noch nicht gekommen. Den Fidelio und die Zauberflöte habe ich sicherlich schon öfter gehört und gesehen als etliche andere Opern zusammen. Am häufigsten habe ich außer den genannten die Opern Verdis und Mozarts gehört, aber auch noch nicht alle. Von Mozart fehlt mir z. B. noch der Idomeneo, von Verdi etliche der unbekannteren Werke.
    Aber wir sind ja hier in einem Elektra-Thread, und da bin ich doch durch verschiedene Postings neugierig geworden und habe mal in meine Böhm-Aufnahme hineingehört, und die Eingangsnummer, die auch diesem Thread den Nahmen gegeben hat, hat mich in ihrer Anlage und in ihrem Impetus tief beeindruckt. Ich frage jetzt, was ihr von dieser Aufnahme haltet. Ich möchte sie mir doch mal ganz zu Gemüte führen und vielleicht nach und nach die anderen Aufnahmen auch, damit ich dereinst nicht so gänzlich unbeleckt von Straussschen Opern abtreten muss. :D


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Nachdem ich gerade in Alfreds neuem Wagner-Thread unterwegs war, muss ich mich etwas korrigieren. Natürlich habe ich in den letzten sicherlich 25 Jahren auch sehr viel Wagner gehört und gesehen, alleine während eines Krankenstandes vor gut 20 Jahren in vier Tagen den ganzen Ring angehört, und zar hatte ich damals gerde den Swarowsky-Ring angeschafft, den dieser im Juli und August 1968, trotz der Wirren oder gerade wegen der Wirren in der Tschechoslowakei mit einem aus Mitgliedern der Tschechischen Philharmonie und des Orchesters des Nationaltheaters Prag zusammengewürfelten "Großen Symphonieorchester und teilweise auch heute zumindest mir noch völlig unbekannten Sängerinnen und Sängern aufgenommen hatte. Von den damaligen Sängern kenne ich gerade noch, auch teilweise unterstützt durch meine Erinnerungstätigkeit, Fritz Uhl, Rolf Kühne, Ruth Hesse, Ursula Boese, Gerald McKee und Otto von Rohr. Trotzalledem war ich damals von dieser Aufnahme begeistert, und sie hat, wie ich glaube, auch zu meiner Gesundung beigetragen. Die Aufnahme hatte ich damals aus dem Weltbildverlag, und die Hörsitzungen (natürlich im Liegen) habe ich damals am Vormittag durchgeführt, als meine Tochter in der Schule war und meine Frau auf der Arbeit. Unsere beiden Hunde (Dackel und Deutscher Boxer) störten sich nicht daran, weil ich ja einen Kopfhörer mit geschlossenem System aufhatte. Seit damals habe ich immer wieder zu Wagners Opern gegriffen, und nach 50jähriger Abstinenz im Opernhaus habe ich vor kanpp drei Jahren wieder mit Opernbesuchen begonnen und in einer Spielzeit gleich dreimal den Fliegenden Holländer erlebt. Auf ihn freue ich mich schon im Juni wieder, diesmal in Düsseldorf. Ein Rosenkavalier vor zwei Jahren, ebenfalls in der Rheinoper, fiel aber für mcih wegen eine akuten Erkrankung ebenfalls aus. So warte ich jetzt weiter auf meinen ersten Rosenkavalier in der Oper.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Aber wir sind ja hier in einem Elektra-Thread, und da bin ich doch durch verschiedene Postings neugierig geworden und habe mal in meine Böhm-Aufnahme hineingehört, und die Eingangsnummer, die auch diesem Thread den Nahmen gegeben hat, hat mich in ihrer Anlage und in ihrem Impetus tief beeindruckt. Ich frage jetzt, was ihr von dieser Aufnahme haltet.


    Guten Morgen lieber Willi, ich gehe mal davon aus, dass Du diese Einspielung meinst?



    Zunächst einmal ist festzustellen, dass es sich um die gekürzte Fassung handelt, die sich inzwischen auf den Bühnen und im Studio eingebürgert hat. Der wesentliche und wohl einzige Unterschied zum von Strauss vertonten Text besteht in einem kräftigen Strich zum Abschluss der Szene zwischen Elektra und ihrer Mutter Klytämnestra:


    Elektra:mit einem Sprung aus dem Dunkel auf sie zu, immer näher
    an ihr, immer furchtbarer anwachsend
    Elektra mit einem Sprung aus dem Dunkel auf sie zu, immer näher
    an ihr, immer furchtbarer anwachsend:

    Was bluten muss? Dein eigenes Genick,
    wenn dich der Jäger abgefangen hat!
    Ich hör ihn durch die Zimmer gehn, ich hör ihn
    den Vorhang von dem Bette heben:
    Wer schlachtet
    ein Opfertier im Schlaf! Er jagt dich auf,
    schreiend entfliehst du. Aber er, er ist hinterdrein,
    er treibt dich durch das Haus! willst du nach rechts,
    da steht das Bett! nach links, da schäumt das Bad
    wie Blut! das Dunkel und die Fakkeln werfen
    schwarzrote Todesnetze über dich --
    Klytämnestra, von sprachlosem Grauen geschüttelt.
    Hinab die Treppen durch Gewölbe hin,
    Gewölbe und Gewölbe geht die Jagd
    Und ich, ich, ich, ich, ich, die ihn dir geschickt,



    ich bin wie ein Hund an deiner Ferse, willst du
    in eine Höhle, spring ich dich von seitwärts
    an. So treiben wir dich fort, bis eine Mauer
    Alles sperrt, und dort -- im tiefsten Dunkel,
    doch ich seh ihn wohl, ein Schatten, und doch Glieder
    und das Weisse von einem Auge doch, da sitzt
    der Vater, er achtet's nicht, und doch muss es geschehn,
    zu seinen Füssen drücken wir dich hin.
    Du möchtest schreien, doch die Luft erwürgt
    den ungebornen Schrei und lässt ihn lautlos
    zu Boden fallen, wie von Sinnen hälst du
    den Nacken hin, fühlst schon die Schärfe zukken
    bis an den Sitz des Lebens, doch er hält
    den Schlag zurück: die Bräuche sind noch nicht erfüllt.
    alles schweigt, du hörst dein eignes Herz
    an deinen Rippen schlagen: diese Zeit
    -- sie dehnt sich vor dir wie ein finstrer Schlund
    von Jahren -- diese Zeit ist dir gegeben
    zu ahnen, wie es Scheiternden zu Mute ist,
    wenn ihr vergebliches Geschrei die Schwärze
    der Wolken und des Tods zerfrisst, diese Zeit
    ist dir gegeben, alle zu beneiden,
    die angeschmiedet sind an Kerkermauern,
    die auf dem Grund von Brunnen nach dem Tod
    als wie nach Erlösung schrei'n -- denn du,
    du liegst in deinem Selbst so eingekerkert,
    als wär's der glühnde Bauch von einem Tier
    von Erz -- und so wie jetzt kannst du nicht schrein!
    da steh' ich
    vor dir, und nun liest du mit starrem Aug'
    das ungeheure Wort, das mir in mein
    Gesicht geschrieben ist:
    erhängt ist dir die Seele in der selbst-
    gedrehten Schlinge, sausend fällt das Beil,
    und


    ich steh' da und seh' dich endlich sterben!
    Dann träumst du nicht mehr, dann brauche ich
    nicht mehr zu träumen, und wer dann noch lebt,
    der jauchzt und kann sich seines Lebens freun!


    Der Strich ist rot eingefärbt.


    Carlos Kleiber hat Inge Borkh, die in der Studioeinspielung unter Karl Böhm die Titelpartie gibt, überreden wollen, auf der Bühne die ungekürzte Fassung zu singen. Sie hat das mit der Begründung abgelehnt, es physisch nicht zu schaffen. Obwohl diese Sängerin ja immer ziemlich robust herüberkommt, schätze ich ihre Stimme als sehr empfindlich und nicht so belastbar ein wie das zunächst den Eindruck macht. Wenn ich richtig informiert bin, gibt es nur ein Dokument, in dem der Strich aufgemacht ist:



    Birgit Nilsson hat natürlich kein Problem mit der Ausdauer. Bei ihr hätte diese Szene nochmal dreißig Minuten länger dauern können. Bloß nicht. ;) Die gestrichene Passage macht nach meiner Überzeugung wirklich keinen Mehrwert, auch dramaturgisch nicht. Die Sache kommt schneller zu Ende und zieht sich nicht. Denn was da weggekürzt ist, bringt musikalisch und inhaltlich nichts mehr hinzu. Das ist so wie in der Gralserzählung Lohengrins, die auch fast nie im Original gesungen wird.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Da fällt mir noch ein, lieber Rüdiger:
    Wenn du Marha Mödl sehr schätzt, da kennst du sicher die Elektra-Aufnahme von Florenz 1951, wo sie unter Mitropoulos die Klytämnestra singt mit Anny Konetzny als Elektra. Da geht es richtig zur Sache.
    Auch die Aufnahme aus Köln 1953 wartet mit rollendeckenden Damen auf: Astid Varnay, Leonie Rysanek und Res Fischer unter Richard Kraus.
    Dieser aktuelle Thread hat mich veranlasst, wieder mal meine historischen Regale zu durchforsten. Da stieß ich auf diese beiden Aufnahmen, die sich, trotz eingeschränkter Tonqualität, nicht hinter neueren verstecken müssen.


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Puh, liebe "Elektra-Fans!" Dies ist eine Oper, an die ich mich noch nie gewagt habe. Beim Anhören einiger kurzer Szenen hat es mir stets die Zehennägel zusammengezogen. Aber wenn ich von Eurer Begeisterung so lese, werde ich mich doch mal näher mit dieser Oper beschäftigen müssen. So langsam vortasten mit kleinen Ausschnitten und Szenen auf Youtube. Vielleicht gelingt mir noch der "Kick" zu dieser Oper!?

    W.S.

  • Hallo Wolfgang,


    mir geht es wie Dir: Ich muss mich endlich heranwagen. Seltsam, vorgenommen hatte ich mir die "Elektra" schon lange, nachdem mir die "Salome" so gefiel. Auserkoren hatte ich schon damals den Film von Götz Friedrich mit den Wiener Philharmonikern unter Karl Böhm von 1981 (allerletzte Aufnahme). Die Besetzung lässt sich wohl in hundert Jahren nicht mehr toppen:


    Klytämnestra: Astrid Varnay
    Elektra: Leonie Rysanek
    Chrysothemis: Caterina Ligendza
    Aegisth: Hans Beirer
    Orest: Dietrich Fischer-Dieskau
    Der Pfleger des Orest: Josef Greindl
    Ein alter Diener: Kurt Böhme
    Agamemnon: Rolf Boysen


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Puh, liebe "Elektra-Fans!" Dies ist eine Oper, an die ich mich noch nie gewagt habe. Beim Anhören einiger kurzer Szenen hat es mir stets die Zehennägel zusammengezogen. Aber wenn ich von Eurer Begeisterung so lese, werde ich mich doch mal näher mit dieser Oper beschäftigen müssen. So langsam vortasten mit kleinen Ausschnitten und Szenen auf Youtube. Vielleicht gelingt mir noch der "Kick" zu dieser Oper!?

    Das kann ich gut nachvollziehen, ich bin nämlich auch kein großer "Elektra"-Fan. Meine erste Live-"Elektra" 1991 in der Deutschen Oper Berlin (Jones, Lipovcek, Hass) war ein Trauma für mich! Ich las mir vorher das Libretto mit hehrstem niveauvollstem Text durch und stellte mir die hehrste "antike" Musik vor - was ich dann allerdings zu hören bekam, war für mich vor allem ohrenbetäubender Lärm und Weibergekreisch, bei dem ich kaum ein Wort Text verstand. Natürlich habe ich dann auch noch andere Aufführungen gesehen, aber wirklich begeistern für dieses Werk konnte ich mich nur selten bis gar nicht. Einzige Live-Ausnahme: Die Dresdner Berghaus-Inszenierung, erlebt im Juni 1999 unter Bychkov mit Schnaut, Schwarz, Johansson, Wlaschiha und Klaus König - das war das einzige Mal, das mich dieses Werk wirklich vom ersten bis zum letzten Augenblick packte.
    An im Handel erhältlichen Aufnahmen schätze ich die Studio-Aufnahme mit Inge Borkh in der Titelpartie unter Karl Böhm sehr, da wird das plötzlich Musik und ich verstehe auch Text.



    https://www.youtube.com/watch?v=9PSAuys-ysw


    Ebenso gilt dies für das Video aus Amsterdam 1996, Inszenierung Willy Decker, Dirigent Hartmut Haenchen, mit Eva-Maria Bundschuh in der Titelpartie und Inga Nielsen als Chrysothemis, auch da klingts nach Musik und die abstrakte Inszenierung gefällt mir auch. Leider ist dieses Video nicht im Handel erhältlich, aber bei Youtube findet man zumindest die Tonspur:



    https://www.youtube.com/watch?v=i4MlPQtXN4Y&t=3s


    Jetzt klappte leider irgendwas mit der Zitierfunktion nicht, das folgende schrieb "Joseph II.":


    Die Aussage, dass sich diese Besetzung nicht toppen lassen würde, erstaunt mich angesichts der Besetzung der Titelpartie mit einer Sängerin, welche auch unter Studiobedingungen an einigen Stellen doch hörbar überfordert ist und diese Partie wohlweislich nie live gesungen hat schon. Polemisch überspitzt würde ich sagen, dass beinahe jede Interpretin mit Live-Erfahrung in der Titelpartie vorzuziehen ist. An meine Live-Erlebnisse mit Schnaut (in Dresden und Berlin), aber auch Polaski und Stemme darf ich da nicht denken, da kommt die Rysanek, die eine großartige Chrysothemis und später auch Klytämnestra war, in der Titelpartie nicht im Entferntesten ran!
    Dennoch unterstütze ich die Aussage, dass es sehr lohnt, sich diese Verfilmung anzusehen. Ich habe das in der vergangenen Wochen bei Youtube einmal getan, und das wirklich bis zum Ende, und ich habe das auch nicht bereut. Angesichts meiner immer noch vorhandenen Distanz zu diesem Werk, das für einige eingefleischte Hardcore-Opernfans ja das Non-plu-ultra schlechthin ist, ist das schon sehr viel!



    [url]

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Wolfgang,


    auch ich finde, dass Elektra eine Oper ist, die nicht einfach zu verdauen ist. Als ich allerdings vor Jahren erstmals einen Ausschnitt daraus hörte, und zwar die Erkennungsszene zwischen Elektra und Orest, hat es mich fast von den Füßen gehauen. Vielleicht fängst du auch mal einfach damit an. Auch ich würde die Einspielung unter Böhm mit Inge Borkh empfehlen. Die genannte Szene beginnt bei 1.37 :


    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

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  • Hallo Mme.Cortese,


    Zitat

    Die genannte Szene beginnt bei 1.37 :

    da ist dann aber die Oper schon aus! ;)


    "Was willst du fremder Mensch......" beginnt bei 1.01:08!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Hallo Fiesco,


    danke für die Berichtigung. War wohl doch schon etwas spät gestern abend!


    LG Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • ....auch ich finde, dass Elektra eine Oper ist, die nicht einfach zu verdauen ist. Als ich allerdings vor Jahren erstmals einen Ausschnitt daraus hörte, und zwar die Erkennungsszene zwischen Elektra und Orest, hat es mich fast von den Füßen gehauen. Vielleicht fängst du auch mal einfach damit an. Auch ich würde die Einspielung unter Böhm mit Inge Borkh empfehlen....


    Nichts gegen die Böhm-Aufnahme, die Borkh und Fischer-Dieskau! Ich schätze diese Gesamtaufnahme von allen, die ich kenne, am höchsten!
    Aber emotional noch stärker ist diese Erkennungsszene, auf die Mme.Cortese hingewiesen hat, in der Aufnahme mit Christa Ludwig und ihrem damaligen Ehemann Walter Berry! Ich habe die schon oft Skeptikern, die mit der "Elektra" fremdelten, vorgespielt und sie immer begeistert.
    Das Problem ist nur, dass ansonsten kaum so schön und ergreifend in der Oper gesungen werden kann, da die horrenden Anforderungen zum Schreien, Brüllen oder Kreischen verleiten.



    Es gibt die Aufnahme auf Stotify:


    https://open.spotify.com/track/0L5Wb8nfoYl6L5p7zliCEd


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Das sollte mich aber freuen, wenn ich da womöglich einen Schub von Beiträgen ausgelöst habe mit meien knappen Anmerkungen (Nr.16).
    Zu den Vorschlägen, sich diese Oper zu erschließen, möchte ich ergänzen: Noch vor der Erkennungsszene, zweifellos die emotional erregendste Szene des Dramas, empfehle ich Elektras Anfangs-Monolog, gleich nach der Mägdeszene: "Allein!" Ein archaischer Monolog, in dessen Zentrum die Anrufung des toten Vaters Agamemnon steht - und dessen magischer Suggestion sich kaum ein musikalisch fühlender Mensch entziehen kann. Nach dieser Invocation steht Elektras Tragik deutlich vor Augen (und Ohren!), und das ganze folgende Geschehen ist eine zwingende Notwendigkeit.
    Außerdem verlässt diese Szene (noch) nicht den tonalen Raum - sie schreitet ihn nur gänzlich aus. Die Grenze zur Atonalität wird erst in der Klytämnestra-Szene erreicht (aber in der Folge nicht überschritten).


    Ich bin bereit, in meinem Thread "Frag nach..." ausführlicher auf diese Oper, die für mich eine Schlüsselstellung einnimmt, einzugehen. Hier würde dies den Rahmen des Threads sprengen.
    Herzliche Grüße von Sixtus


  • Wirklich dämonisch, wie Fischer-Dieskau spielt. Hinreißend!

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Ich muss mich endlich heranwagen. Seltsam, vorgenommen hatte ich mir die "Elektra" schon lange, nachdem mir die "Salome" so gefiel.

    Lieber Joseph II,


    irgendwo hatte ich ja schon vermerkt, daß es meiner Frau mit der Elektra genauso geht wie Dir. Sie mag die Salome absolut, aber zur Elektra führt kein Weg!. So war ich mehrfach allein im Opernhaus, bei der Elektra in Dresden, Chemnitz, Halle... Dabei ist die Oper nicht blutig wie die Salome, denn es wird kein bluttriefender Kopf auf dem Silbertablett serviert. Alles was stirbt stirbt hinter der Bühne oder im Vorlauf (Agamemnons Ermordung muß man nicht sehen, man muß es aber zum Verständnis der Oper wissen. Allerdings habe ich schon gesehen, daß Aegisth blutig auf der Bühne erschlagen wurde.). Elektra ist nicht triebgesteuert und im Wahn pervers wie Salome als Person oder teilweise pseudoreligiös wie Salome als Oper. Und trotzdem geht meine Frau nicht mit. Wohl wegen der Musik, die noch wilder und lauter ist als Salome. Ich sage dazu: Entweder mag man Elektra oder man mag sie nicht. Ein Zwischending ist unmöglich. Mir hat sie vom ersten Hören an gefallen, und jederzeit würde ich wieder zur Elektra gehen.


    Auserkoren hatte ich schon damals den Film von Götz Friedrich mit den Wiener Philharmonikern unter Karl Böhm von 1981 (allerletzte Aufnahme).

    Als Elektrafan habe ich diesen Film natürlich auch. Ich kann mich mit Leonie Rysanek anfreunden. Ihre Stimme hat die Härte, aber auch die Zartheit, die die sie in der Erkennungsszene braucht. Ich nehme ihr auch die Ekstase und die Begeisterung über den gerächten Vater ab. Was mir in diesem Film nicht zusagt, das ist Fischer-Dieskau. Die lyrischen Momente der Erkennung kommen an, aber ich nehme ihm den Rächer nicht ab. Er ist für mich zu brav. Walter Berry, den carus41 so lobte, der gefällt mir wesentlich besser. Er hat die Härte, die DFD nicht hat, die aber stellenweise gebraucht wird, um glaubhaft anzukommen. Auch Hans Hotter oder Samuel Ramey (1997 unter Sinopoli) übertreffen DFD, so empfinde ich das.


    Lieber Joseph II, ran an die Elektra. Bei schlechtem Wetter kann Elektra glücklich machen!! Bei schönem Wetter wohl eher der Rosenkavalier (der aber gerade bei verführerischem Sonnenschein zu große Längen hat).


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich sage dazu: Entweder mag man Elektra oder man mag sie nicht. Ein Zwischending ist unmöglich.

    Bei mir ist es aber ein "Zwischending", also ist es doch möglich. Ich mag die Oper nicht besonders, aber war doch schon mehr als 10x live drin und einige Stellen faszinieren mich, ganz selten sogar komplette Aufführungen bzw. Interpretationen.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Noch eineige Bemerkungen zur Besetzung:
    Ich bin ein Verehrer von Leonie Rysanek. Aber als Elektra ist sie von ihrer stimmlichen Ausstattung her total daneben. Die Stimme ist ganz auf Klangvolumen ausgelegt, da fehlt die für diese Partie unabdingbare Härte, das Metall. Sie war eine wunderbare Chrysothemis und vieles andere (Kaiserin, Ariadne; Senta, Sieglinde...).
    Elektra muss anderthalb Stunden über ein hundertköpfiges Orchester singen. Das schaffen nur Stimmen von metallischer Durchschlagskraft wie Birgit Nilsson. Nachfolgerinnen gedeihen am besten in Schweden (Nina Stemme!). Weniger durchschlagskräftige (oder zu weiche) Stimmen werden unweigerlich zum Schreien verführt - oder gehen im Orchesterrausch unter.
    Dass eine Martha Mödl in ihrer guten Zeit diese Partie gesungen hat, verdankte sie vor allem ihrer enormen Ausstrahlung. Ihre Schmisse in der Höhe zählte man aber besser nicht. Als Klytämnestra dagegen war sie ein Elementarereignis.
    Der Orest ist zwar eine kurze, aber heikle Partie, die am besten bei einem Heldenbariton aufgehoben ist. Nicht aber bei Stimmen wie Fischer-Dieskau, der sie toll gestaltet hat, aber viel zu lyrisch war.
    Wenn alle Partien optimal besetzt sind, was selten vorkommt, dann ist Elektra ein Erlebnis - meint Sixtus

  • Woher? Aus New York!


    Wann? Heute Abend, 19 Uhr


    Wo? Auf BR Klassik und Deutschlandfunk Kultur. (Aber diesmal nicht im Kino)


    Zur Besetzung: Mir sind nur Michaela Schuster und Mikhail Petrenko geläufig.
    Aber der MET darf man zutrauen, dass sie auch die anderen beiden Damen erstklassig besetzt.


    Es dirigiert der designierte Chef Jannik Nézet-Séguin.


    Man darf also gespannt sein.

  • Nichts gegen die Böhm-Aufnahme, die Borkh und Fischer-Dieskau! Ich schätze diese Gesamtaufnahme von allen, die ich kenne, am höchsten!
    Aber emotional noch stärker ist diese Erkennungsszene, auf die Mme.Cortese hingewiesen hat, in der Aufnahme mit Christa Ludwig und ihrem damaligen Ehemann Walter Berry! Ich habe die schon oft Skeptikern, die mit der "Elektra" fremdelten, vorgespielt und sie immer begeistert.
    Das Problem ist nur, dass ansonsten kaum so schön und ergreifend in der Oper gesungen werden kann, da die horrenden Anforderungen zum Schreien, Brüllen oder Kreischen verleiten.


    Dieser Erkennungsszene ist auch mir sehr wohl bekannt, lieber Caruso. Sie ist gesungen! Und wie. Sie macht deutlich, dass Strauss zunächst gesungen werden sollte und gesungen werden will. Das trifft für die Ludwig wie für Berry gleichermaßen zu, der stimmlich so unheimlich aus dem Dunkel tritt, wie ich das nirgends sonst gehört habe. Mit Dir stimme ich darin überein, dass dieses berühmte Szene wohl nie wieder so schön gesungen worden ist wie hier. Die Aufnahme mit der Borkh hat nur einen unschlagbaren Vorteil, sie liegt komplett vor. ;) Und ich höre sie - wenn schon - dann auch komplett. Dann entfaltet sich für mich das grandiose Panorama, an dem die Borkh so großen Anteil hat. Kaum ein Werk eigenet sich weniger für Ausschnitte wie "Elektra". Dennoch möchte ich auch diese Auswahl, die auch als solche produziert wurde, empfehlen:



    Hoch interessante finde ich auch die Ungarin Rose Pauly, von der es Szenen aus New York gibt, die teilweise auf die Preiser-CD gelangten:



    Sie unterliegt auch nicht der Versuchung, sich die Partie mit Lautstärke anzueignen. Ich finde sie in der Erkennungsszene sehr, sehr anrührend. Deshalb erreichen mich ja die klassischen Hochdramatischen nicht, die die Partie oft wie einen Kraftakt im Sportstudio absolvieren. Birgit Nilsson kann ich beispielsweise nicht ertragen. Sie mag live sehr eindrucksvoll gewesen sein, wie uns Sixtus berichtet, die einschlägigen Dokumente sagen mir aber rein gar nichts.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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