WILDE Oskar: Das Bildnis des Dorian Gray

  • Liebe Forinaer,


    Ich werde im laufe der nächsten Monate gelegentlich einige meiner Lieblingsbücher hier vorstellen, kaum ein Mensch hat nur ein Lieblingsbuch. Dennoch: Das Bildnis des Dorian Gray ist vielleicht jenes, das auf mich den größten Eindruck gemacht hat. Es ist meiner Auffassung nach ohne jeden Vergleich in der Weltliteratur - zumindest ist mir kein vergleichbares Werk bekannt - Wenn jemand eines kennt - umso besser. Keine Liebesgeschichte, zumindest nicht vordergründig, keine Familiensaga, kein Abenteuerroman, keine reale Biographie.
    Dieses Buch kann man von verschiedenen Seiten betrachten (und das werden wir auch tun):
    Als Spiegelbild der Viktorinischen Gesellschaft.
    Als Bonmot-Sammlung in versteckter Form
    als unheimliches Märchen für Erwachsene
    als moralisches Buch (obwohl der Verfasser offiziell die Moral leugnet)
    als Auseinandersetung mit der Vergänglichkeit alles Schönen
    als Warnung vor der Erfüllung geäusserter Wünsche


    Das ist sicher noch nicht alles, aber immerhin eine ganze Menge.
    Von überall ist was davon enthalten. Vielleicht siehtr aber jemand anderer etwas völlig anderes in diesem Buch


    Das Buch entstand übrigens 1890 und wurde in Lippincotts Magazine vorabgedruckt , unter dem Titel "The Picture of Dorian Gray". Als Buchj erschien es erst 1891.
    Die Kritik beschrib das Buch als unmoralisch und dekadent, was Oskar Wide zu einer Entgegnung veranlasste, Moral und Unmoral seinen gleichwertig, einfach das was dem Maler die Farben auf der Palette sind.
    Und als Beispiel unmoralische und moralischer Charaktäre aus Dichterhand beruft er sich auf Shakespeares Figuren Jago und Imogen...


    Eine belehrende, moralisierende Absicht sei mit diesem Buch nicht beabsichtigt.......


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    INHALT


    Im Atelier des Malers Basil
    Basil der Maler malt einen Jüngling von außerordentlicher Schönheit und Liebenswürdigkeit.Das Bildnis ist fast fertig, das Modell nicht mehr anwesend. Lord HenrY Wotton ist fasziniert von diesem BIld und möchte den jungen Mann kennenlernen. Es gelingt ihm erst nach einigen Überredungskünsten seinen Freund Basil dazu zu überreden, denn dieser ist in die schöne Seele des jungen Mannes verliebt und hat Angst der Zyniker Lord Henry könne sie zerstören.


    Aber Lord Henry, erhat seine besten Jahre bererits hinter sich, bekommt stets was er möchte. Eloquent und geistvoll, witzig und charmant kann sich niemand lange seinen Wünschen widersetzen.


    So findet ein Treffen statt Der Junge Apoll ist sich seiner Schönheit nicht oder nur oberflächlich bewusst. Er ist unbekümmert und natürlich. Erst einige Bemerkungen Lord Henrys lassen die ersten Schatten am Gesicht Dorians erscheinen. Die beiden Männer vertragen sich von Anbeginn gut und Lord Henry beginnt bewusst oder unbewusst die Gedankenwelt des schönen Dorian zu beeinflussen:


    "Ja Mr. Gray, die Götter meinten es gut mit Ihnen. Aber was die Götter geben, das nehmen sie bald wieder. Sie haben nur ein paar Jaher in denen sie wirklich und aus der Fülle leben können. Wenn Ihre Jugend dahingeht wird auch ihre Schönheit schwinden......"


    Dies ist nur einer der vielen Ratschläge, die Lord henry seinem Schützling gibt, das Buch ist voll davon. Letztlich begint Dorian erstmals sich seiner Schönheit und ihrer Wirkung auf die Umwelt bewusst zu werden - und er beginnt sich vor dem Alter zu fürchten.
    "Ich soll alt werden, schauerlich, wiederwärtig -Aber dieses Bild wird immer jung bleiben..."
    Seine Seele würde er dafür geben- wenn es umgekehrt sein könnte...
    Und er beginnt auf das Bild eifersüchtig zu werden. Nun ist es gewiss- wenn er alt und hässlich wär würde er sich töten.


    Basil ist entsetzt was Lord Henry in so kurzer Zeit mit Dorians Seele angestellt hat.


    "Das ist Ihr Werk" Henry" sagte er bitter.
    Lord Henry zuckte die Achseln. "Das ist der wahre Dorian Gray, sonst nichts"


    In der folgenden Zeit ist Dorian oft bei Lord Henry zu Gast, man geht gemeinsam in die Oper, zu Gesellschaften, Natürlich bleibt auch der Kontakt Basil -Dorian -Lord Henry aufrecht. Dorian ist der Liebling der Gesellschaft - und er genießt es. Das Bild hat übrigens den Besitzer gewechselt - Basil hat es Dorian geschenkt.


    Eines Tages spaziert er gelangweilt an einem kleinen drittklassigen Theater vorbei und kauft eine Eintrittskarte. Man gibt "Romeo und julia".
    Der Romeo ist ein alter fetter Kerl, der Theaterdirektor übrigens selbst,
    die Julia jedoch ein Mädchen von atemberaubender Schönheit und ausserdem spielt sie die Julia göttlich - zumindest sieht das Dorian so.


    Dorian lernt Sibyl Vane, das ist dieses schöne Kind - kennen und lieben.
    Schon nach kurzer Zeit beschließt man , sich zu verloben.


    Basil ist entsetzt über Dorians Idee mit der Verlobung. "Billigen Sie daas Henry ? " Fragt er den Freund.
    "Ich billige oder mißbillige nie etwas, das ist eine sinnlose Haltung dem Leben gegenüber. Wir sind nicht auf der Welt um unseren moralischen Vorurteilen Luft zu machen" antwortet dieser.
    Noch jemand mißbilligt die sich anbahnende Verbindung: Es ist dies die ärmliche Familie des Mädchens. Mutter und Bruder. Man befürchtet der schöne reiche Dorian könne das Mädchen lediglich verführen, und sich dann aus dem Staube machen. Der Bruder ist übrigens den letzten Tag in London, er wird in Zukunft zur See fahren......


    Dorian hat es sich in den Kopf gesetzt seinen Freunden Sibyl Vane nahezubringen. Er überredet sie mit Ihm ins Theater zu gehen um diesegroße Künstlerin zu sehen. An diesem Abend spielt Sibyl erbärmlich -auch Dorian sieht das - das süffisante wissende Lächeln Lord Henrys ist kaum zu ertragen ..........In der Pause verlässt Lord Hanry die Vorstellung, Mittelmäßige Schauspielerinen, seien sie noch so schön, langweilen ihn. Dorian ist außer sich. So schlecht wie heute hat Sibyl noch nie gespielt -gefühllos, kalt und unbeteiligt.
    Nach der Vorstellung geht Dorian zu Sibyl, Ja, sie weiß, sie war schlecht -und sie wird es in Zukunft immer bleiben: Einst gehörte Ihre Liebe der Scheinwelt des Theaters - Heute gehört sie Dorian. Das Theater bedeutet ihr nichts mehr. Dorian kann das alle gar nicht glauben. ER ist erbost und enttäuscht. Das Wunder Sibyl Vane hat sich in einen ganz normalen uninteressanten Menschen gewandelt.
    "Du hast meine Liebe getötet" murmelt er.
    "Sonst erregtest Du meine Phantasie - Jetzt erregst Du nicht einmal mehr meine Neugierde - Die bist leer und dumm"
    Sibille klammert sich an Dorian. sie kann nicht glauben was Dorian das sagt. Aber es kommt noch ärger: Er will sie nie mehr widersehen...
    Dorian ruft ein Droschke und verlässt das Theater.
    Zuhause angekommen entdeck er zu seinem Entsetzen, daß das Bild einen harten Zug angenommen hat, die jugendliche Unschuld scheint
    verschwunden.Ein Hauch von Grausamkeit war um die Lippen - Unsinn - Einbilduing... Morgen Sieht alles anders aus.


    Am nächsten morgen muß Dorian leider feststellen, daß das Bild noch immer jenen grausamen Zug hat. Ein Wink des Schicksals. Er muß wieder gut machen was er angerichtet hat. Als er sich ankleidet um sich bei Sibyl zu entschuldigen, kommt eilge Lord Henry ins Haus um Dorian mitzuteilen, daß Sibyl sich mit Zyankaly das Leben genommen habe, es stehe in allen Morgenblättern. Dorian ist zuerst entsetzt, aber die Denkweise seines Freundes hat er sich schon zu eigen gemacht "Sie durfte sich nicht töten - es war selbstsüchtig von ihr"


    Am nächsten morgen besucht Basil Dorian. Er will ihm Mut zusprechen, aber Dorian ist schon längst nicht mehr erschüttert. Vielmehr beunruhigz ihn, daß Basil immer wieder das BIld sehen will - etwas daß ihn beuhnruhigt - er wird es beiseite bringen müssen.....


    Und genau das tut er auch, erlässt das Bild in eine Decke gehüllt in eine n unbenutzten , versperrten Raum bringen. - Niemand soll sein Geheimmnis entdecken.


    Er liest ein Buch, das ihm Lord Henry empfohlen hat, und welches tiefen Einfluß auf seine Seele nimmt. Das Buch handelt von einem jungen Franzosen und dessem lasterhaften Leben. Allmählich beginnt sich Dorian mit ihm zu identifizieren. Sein Ruf ist nicht der beste, man munkelt allerlei, aber immer wenn man ihn zu Gesicht bekommt zieht man einen strahlend schönen Knaben, kaum 18 Jahre alt , und das Jahr um Jahr. Dorian jedoch empfindet langsam aber sicher ein selbstquälerisches Vergnügen von Zeit zu Zeit die Dachkammer , wo sich derzeit das Bild befindet, aufzusuchen und nachzusehen wie sehr es gealtert ist.


    Indes -trotz Schönheit und sagenhaftem Reichtum - Zweifel bleiben immer.So sucht Basil seinen geliebten Dorian auf. Er möchte von ihm , den er vergöttert, hören, daß alle Verdächtigungen die man (natürlich nur hinter vorgehaltener Hand) in Bezug auf Dorian.
    Er wolle alles glauben, in die Seele eines Menschen könne man ja nicht sehen - das könne nur Gott.
    "Sie sollen Sie sehen, noch diese Nacht".!!!
    Dorian geleitet Basil in die Dachkammer und enthüllt das Bild.
    Es ist unsagbar hässlich - ärger als eine verweste Leiche.......
    Basil ist ausser sich und beginnt Dorian zu bestürmen umzukehren. Er beginnt zu beten. Plötzlich entsteht ein unsöglicher Haß in Dorian gegen den Schöpfer des Bildes. Er nimmt ein Messer sticht voller Hass auf den Maler ein, bis dieser verblutet.......


    Aber auch das Bild hat sich verändert: Hatte man gedacht, es könne sich nicht mehr zum Bösen verändern, so wurde dorian nun eines Besseren belehrt: Das Bild stellte nun das bekannte boshaft blickende Monster dar - aber seine Hände waren blutbefleckt.......


    Dorians einziger Gedanke ist: Wie lasse ich die Leiche verschwinden ? Er erpresst einen einstigen Freuinfm, den Chemiker Alan Campell, die Leiche mittels Säure zu zerstören. Dieser begeht eineige Wochen später Selbstmord.
    Sybil Vanes Bruder sucht verzweifelt nach Dorian von dem er lediglich weiß, daß seine Schwester ihren Liebhaber "Märchenprinz" nannte. Da Dorian sich in übel beleumundeten Etablissements, wo er des öfteren verkehrt, auch heute noch so nennen lässt wird er durch einen Zufall gefunden. Der Bursche, ein Seemann stellt Dorian nach - dabei wird er auf einer Jagd unter ungeklärten Umständen erschossen. Man zeigt Dorian auf dessen Verlangen die Leiche. Er atmet auf- Nun ist er sicher.
    Das Bild jedoch wird noch häßlicher...


    Obwohl er sein wildes, zügelloses und zynisches Leben weiterführt, bleibt seine Schönheit und seine knabenhafte unangetastet - eigentlich wäre er fast 40, er wirkt jedoch wie ein 18 jähriger.
    Alle Laster Dorians spiegeln sich auf der Leinwand des Bildes wider, welches er geradezu zwanghaft besessen regelmäßig im Geheimen betrachtet.
    Eines Nachts überkommt ihn ein bodenloser Hass auf dieses Bild - er kann und will es nicht länger sehen.
    Dabei ist die Lösung doch sooo einfach- Er braucht ja nur das Bild zu zerstören. Mit einem Messer bewaffnet nähert er sich der Leinwand.
    Gleich wird seine Pein ein Ende haben - er wird dieses gräßliche BIld zerstören........


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    An dieser Stelle ende ich nun tatsächlich die Beschreibung.


    Wir können die paar Zeilen gegebenenfalls nachtragen.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    Es brauchte nicht viel Überredung, zugegeben, aber ich kaufe dieses Buch.
    Darf ich dann auch von Oscar Wilde etwas empfehlen, daß bei mir ganz hoch notiert ist: Das Granatapfelhaus.
    Ich glaube, man kann dies am besten Märchen nennen. Aber so schön, und so barockartig geschrieben.
    Die Erzählung des jungen Königs habe ich mindestens 50 Mal gelesen. Ich las es zuerst als ich 13 Jahre alt war, und jedes Jahr lese ich dieses Granatapfelhaus sicher ein Mal.


    LG, Paul



  • Einen Aspekt möchte ich noch anfügen, nämlich den Autobiographischen. Wilde, der ja bekanntlich homosexuell war, hat sich in diesem Buch gleich zweifach porträtiert. Zum einen als Künstler (Basil), der sich vergebens um die Aufmerksamkeit Dorians bemüht, zum anderen (und hier sehe ich den stärkeren Bezug zu ihm selbst) als schillernde und in der Gesellschaft gern gesehenen Zyniker und Lebemann (Lord Henry), der seinerseits Dorian fasziniert. Dorian wiederum weist Parallelen zu Lord Alfred Douglas, dem langjährigen Geliebten Wildes, auf. Auch das zwiespältige Verhältnis zwischen den beiden kommt in der Zweiteilung Wildes gut zur Geltung (denn das waren die beiden Bürden, die Wilde zu tragen hatte: seine Sexualität und sein Status in der Gesellschaft).
    Nicht zu leugnen sind die zahlreichen homoerotischen Bemerkungen, die weniger von den Personen als vom Erzähler selbst gemacht werden (und weswegen ich das Buch stellenweise ermüdend finde). Nicht umsonst wurde es sogar im Prozess gegen Wilde als Beweisstück gegen ihn vorgebracht.


    Das alles schmälert aber nicht die Qualität und Einzigartigkeit des Buches, die auf Englisch noch stärker zum Tragen kommt.
    Keines meiner Lieblingsbücher aber sicherlich eines, das man gelesen haben muss!


    IDS
    Georg

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Oscar Wilde gehört zu den Außenseitern, die in dem von mir schon angesprochenen Buch des Literatur- und Kulturwissenschaftlers Hans Mayer ("Außenseiter" Suhrkamp) im kulturgeschichtlichen Zusammenhang - bis hin zu den biografischen Umständen - angesprochen werden (Seite 260 ff.). Also auch in diesem Zusammenhang noch einmal den Hinweis auf dieses Buch.

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Ich würde den Dorian Gray auch als mein Lieblingsbuch bezeichnen. Diese Beschreibungen - schon wenn beschrieben wird, wie der Stadtlärm des fernen London wie ein leiser Bordunton in Basil Hallwards Atelier dringt und die Schmetterlinge an den schweren Rhododendronblüten naschen, merkt man: hier spricht ein Genießer zu Genießern. Außerdem beeindruckt mich die Härte, mit der Wilde (vordergründig) seine eigene, bohemienhafte Lebensweise geradezu zu geißeln scheint, die ja in ihrer Sinnleere schließlich in blanken Horror abgleitet. Aber das alles hat einen doppelten Boden...

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Ich habe das Buch bisher zwar noch nicht gelesen, doch wundert es mich nicht, daß es angesichts der unübersehbaren homoerotischen Untertöne im spätviktorianischen, prüden England der 1890er angefeindet wurde.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • In der heutigen Zeit des Jugendwahns wünschen sich viele,vornehmlich die weiblichen Mitglieder der bussi-bussi-Gesellschaft,im Besitz eines solchen Bildes zu sein wie Dorian Gray.
    Das Bild altert,aber der Mensch sieht jung aus.
    Da dem im wirklichen Leben nicht so ist,bemüht man den Schönheitschirurgen.


    Den Roman von Wilde hatte ich vor einigen Jahrzehnten gelesen,den Film gesehen.
    Die Story gefällt mir.



    Bei amazon.de kann man sich den Roman herunterladen,deutsch oder in der englischen Originalfassung,beides kostenlos.
    Man kann ihn am PC lesen (mit der entsprechenden App von amazon) oder auf dem Kindle.
    Mit einem "klick" gratis runterladen.

    mfG
    Michael

  • Ich will heute nicht an das Werk, sondern an seinen Schöpfer erinnern:


    Oscar Fingal O'Flahertie Wills Wilde war ein beduetender irischer Schriftsteller ("Das Bildnis des Dorian Grey" 1890, "The Importance of Beinig Earnest" 1895) und Märchendichter (u. a. "Das Gespenst von Canterville" 1887).
    Er wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin geboren und starb am 30. November 1900 im Alter von 46 Jahren in Paris.


    Heute jährt sich sein Geburtstag zum 160. Mal.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).