Schluß in Berlin!

  • "Schluß in Berlin!" heißt es in der Bundesliga-Konferenz im Radio. Anhänger der lokalen Mannschaft haben dann meist nichts zu lachen.



    Als wir am Freitagabend nach dem Schlußapplaus die Berliner Staatsoper verließen, knurrte mein Vater: "Man sollte den Regisseuren das Messer wegnehmen!" Da hatte Ariadne sich gerade erdolcht, nachdem sie zwanzig Minuten lang Bacchus' Werbung ins Leere laufen ließ.
    Ein Schluß à la mode in Berlin: In Dmitri Tscherniakovs Parsifal am selben Haus stirbt Kundry durch die Hand Gurnemanz', der ihr ein Messer in den Rücken stößt, in Christian Spucks Holländer-Inszenierung an der Deutschen Oper meuchelt Erik Senta auf selbe Weise. Das Messer als geeignetes Werkzeug, den dramatischen Knoten durchzuhauen, hat Konjunktur.
    Während der Mord an Kundry in Tscherniakovs Parsifal immerhin zwangsläufig ist und Spucks Variante von Sentas Ende eher Schulterzucken hervorruft, ist Ariadnes Ende in der Inszenierung von Hans Neuenfels ärgerlich. Er muß der Oper Gewalt antun und Bacchus desavouieren, um so enden zu können. Es bedarf eines Gottes, um die todtraurige Ariadne zu retten, aber der Gott erscheint. Fein hat Hofmannsthal so Ariadne mit Zerbinetta verwoben. Nichts davon bleibt in der Berliner Inszenierung, der Zuhörer wird um ein Vergnügen gebracht.
    Die letzten Verse muß Bacchus halb im Orchestergraben versenkt singen, damit das fatale Schicksal der Neuenfels-Ariadne sich auf der Bühne vollenden kann. Roberto Saccà ist ein hinreißender Bacchus und wird in dieser Inszenierung unter Wert geschlagen.
    Wieder zu Hause, noch am selben Abend, habe ich mir den Schluß der Züricher Inszenierung angesehen:


    Und eher sterben die ewigen Sterne,
    Eh denn du stürbest aus meinem Arm!

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Zitat

    "Man sollte den Regisseuren das Messer wegnehmen"


    Nicht das Messer - Den Posten und die Aufträge
    Das Messer brauchen sie vielleicht noch - zum Kartoffelschälen in ihrer künftigen Berufsumgebung :baeh01:


    Beste Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Habe ich da nicht gerade in irgendeinem anderen Thread gelesen, die Gegner des RT wollten immer nur dasselbe sehen? Mit der Kreativität der "modernen" Regisseure scheint es also auch nicht allzu weit her zu sein - Messer, Nazi-Uniformen, Rollstühle, Krankenhausbetten etc.... Mit dem Unterschied, dass der moderne Kram meistens irgendwie nicht passt.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Genau so ist es, lieber Alfred und liebe MmeCortese. Nur ich bin tatsächlich dafür, ihnen auch das Messer wegzunehmen. Zum Kartoffelschälen gibt es andere Geräte, mit denen sie nicht soviel Unsinn anrichten können.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Nicht das Messer - Den Posten und die Aufträge
    Das Messer brauchen sie vielleicht noch - zum Kartoffelschälen in ihrer künftigen Berufsumgebung :baeh01:

    kenne die von Heukenkamp beschrieben Inszenierungen nicht
    dennoch verwundert einen dein Vorschlag, denn in professionellen Küchen werden für Kartoffeln üblicherweise Schälmesser verwendet, falls Gemüse manuell geputzt wird.
    Wurde in Tscherniakovs Parsifal etwa Kundry mit einem Schälmesser erstochen. ?

    noch am selben Abend, habe ich mir den Schluß der Züricher Inszenierung angesehen:

    Danke für den Link.
    Hatte diese Züricher Ariadne-DVD (und auch eine aus Baden-Baden) vor einigen Jahren durch Anregung mal reingezogen., obwohl ich Strauss nicht mag. Sehr gefährlich das. Denn es könnte einen Richrad-Strauss-Skeptiker, wie mich, dazu verführen, doch wieder verstärkt sich seine Mucke reinzuziehn, weil szenische Umsetzung hinreißend rüberkam... .. Glückliches Zürich . .. Übringens, verantwortlich dafür ist der Opernzerstörer Claus Guth, den einigen durch seinen Mailänder Lohengrin wohlbekannt sein dürfte.. ..



    https://www.youtube.com/watch?v=nE86ipdL7nc

  • Es wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn in diesem Thread noch ein Austausch zu lohnenden Ariadne-Inszenierungen auf DVD stattfände. Die Böhm-Aufzeichnung von 1977 wird wohl jeder Freund dieser Oper im Regal zu stehen haben:


    Die Züricher Inszenierung von Claus Guth schätze ich sehr. Wie in allen seinen Arbeiten wird auch hier der genius loci der Szene lebendig. Dafür die Kronenhalle zu wählen, war ein guter Griff. Nicht zuletzt ist Roberto Saccà ein ansprechender Bacchus, dessen schauspielerisches Format die Kameraführung gut einfängt.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • reingezogen

    ist das nicht ein Begriff aus der Kifferszene...?

    Sehr gefährlich das.

    Du sagst es!

    Mucke reinzuziehn

    Wie schom Mme. Cortese sagte - Muckefuck und Kaffee kann man nur vergleichen, wenn man keinen Geschmack hat!

    den einigen durch seinen Mailänder Lohengrin wohlbekannt sein dürfte.. ..

    unvergessen und edel, der heldenhafte Lohengrin. Nur Elsa habe ich nicht verstanden, sich von einem Verlierertyp verteidigen und damit sogar ihr Leben aufs Spiel zu setzen.


    in alter Freundschaft La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Die Böhm-Aufzeichnung von 1977 wird wohl jeder Freund dieser Oper im Regal zu stehen haben:

    Eine der besten Ariadnes, die ich kenne. Einziger Nachteil für mich: Die Übersteuerung von Rene Kollo (hat nichts zu tun mit seinem strahlenden Tenor!). Einfach fabelhaft Gundula Janowitz und Edita Gruberova. Selbst Trudeliese Schmidt gibt einen guten Komponisten. Es bleibt dabei "Musik ist eine heilige Kunst!"


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.


  • Eine der besten Ariadnes, die ich kenne. Einziger Nachteil für mich: Die Übersteuerung von Rene Kollo (hat nichts zu tun mit seinem strahlenden Tenor!).




    Da muß ich mir den Schluß nochmal aufmerksamer anhören. Man ist ja von den Bildern so in den Bann gezogen, daß man unkritischer hört, als sonst.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Ich finde es ziemlich billig, sich über die Ausdrucksweise eines Foren-Mitglieds zu mokieren. Als ob nicht jeder wüsste, was mit "Mucke" gemeint ist. :no:


    Zum Thema: Ich mag Strauss' "Ariadne" dezidiert nicht, im Gegenteil ist das für mich ein Fall für den Ratlos-Thread, weil ich nicht verstehe, was Strauss da fabriziert hat und wie er zwischen zwei Meisterwerken wie dem "Rosenkavalier" und der "Frau ohne Schatten" so etwas schreiben konnte. Ich habe einige DVD-Aufnahmen dieses Werks, aber nur eine gut in Erinnerung, weil ich sie kürzlich angeschaut und angehört habe:



    Dirigent ist Thielemann; wie gut er seine Sache macht, darüber mag ich nicht urteilen. Die Inszenierung von Philippe Arlaud ist eher unspektakulär, die Kulissen sind schlicht und nicht historisierend, was mir gefällt, aber manchem Hardcore-Traditionalisten vielleicht aufstößt. Es gibt aber auch nichts, was man als typische Regietheater-Elemente bezeichnen könnte. Insgesamt eine passende Inszenierung für das gehobene Baden-Badener Festspielpublikum, die niemandem wehtut, zumindest mich aber auch nicht begeisterte.


    Sängerisch haben mir Renée Fleming in der Titelrolle und Sophie Koch als Komponist sehr gut gefallen. Gar nicht anfreunden konnte ich mich mit Robert Dean Smith als Bacchus, der für mich nun so gar nichts Verführerisches hatte. Dazu würde mich mal die Meinung von besseren Kennern und Freunden dieses Werks interessieren. Ansonsten freue ich mich über weitere Empfehlungen von DVDs, vielleicht versuche ich es irgendwann noch einmal, diesem Werk etwas abzugewinnen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Ich finde es ziemlich billig, sich über die Ausdrucksweise eines Foren-Mitglieds zu mokieren. Als ob nicht jeder wüsste, was mit "Mucke" gemeint ist.

    Lies doch mal seine Beiträge durch, geehrter Bertarido, und dann bitte erst urteilen!! Übrigens weiß ich nicht, was eine Mucke ist! Kam in meinem Sprachschatz bisher nicht vor. Generationenfrage??


    Zur Ariadne: ich würde mir nur noch eine einzige DVD zulegen, nämlich diese hier:


    Reri Grist übertrifft wohl Frau Gruberova in der Qualität der Koloraturen noch. Ansonsten - wie schon in der Empfehlung von Hans Heuenkamp - sind auch hier die Wiener und Karl Böhm Garant für tolle Musik.


    Es gibt ja mehrere Fassungen dieser Oper. Die erste Fassung (ohne Vorspiel, d.h. Verzicht auf die wunderbaren komödiantischen und szenischen Streitereien zwischen Schauspiel und Oper und besonders schmerzlich die fehlenden wunderbaren musikalischen Höhepunkte des Komponisten), die sogenannte Stuttgarter Fassung finde ich nicht gelungen. Es fehlt etwas! Sie war wohl auch gedacht für eine Hofmannthal-Fassung des "Bürgers als Edelmann" von Moliere. Strauss schuf nach Motiven dieser Musik eine eigenständige Orchestersuite "Der Bürger als Edelmann".


    Die Wiener Fassung mit dem Vorspiel hat wohl auch damit gebrochen, nur ein Kammerorchester mit etwa 40 Musikern einzusetzen. Heute spielen eigentlich immer Orchester mit 60 - 80 Musikern, vielleicht sogar mehr, selbst an kleineren Häusern. Ich finde, erst dadurch wird das Werk eine große Oper mit 2 Handlungen. Übrigens findet das ja alles im Hause eines reichen Mannes statt, der auf der Bühne gar nicht in Erscheinung tritt. 2012 in Salzburg hat der Regisseur eine "3. Fassung" gebracht, mit der ersten Fassung ohne Vorspiel, dafür hat er den gar nicht existenten reichen Herrn mit einer (für mich störenden) Bühnenrolle bedacht. Fand ich ganz furchtbar.


    Ariadne auf Naxos zählt zu meinen 10 Lieblingsopern. Und ich habe hier auch nichts gegen moderne Interpretationen. Immerhin finden zwei Ereignisse gleichzeitig statt, die Komödie (die durchaus im modernen Gewand kommen kann) und die Oper (die sollte bei mir aber schon im historischen Gewand stattfinden, Ariadne und Bacchus passen nicht in die Neuzeit).


    Ich würde immer die Wiener Fassung bevorzugen.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zitat von »Bertarido«
    Ich finde es ziemlich billig, sich über die Ausdrucksweise eines Foren-Mitglieds zu mokieren. Als ob nicht jeder wüsste, was mit "Mucke" gemeint ist.
    Lies doch mal seine Beiträge durch, geehrter Bertarido, und dann bitte erst urteilen!!


    Ich habe alle Beiträge gelesen, um die es hier geht.


    Ich würde immer die Wiener Fassung bevorzugen.


    Das sehe ich ganz genauso. Dem Vorspiel kann ich gerade noch etwas abgewinnen, der eigentlichen "Oper" kaum. Insgesamt lässt mich das Stück bisher aber völlig kalt.


    ich würde mir nur noch eine einzige DVD zulegen


    Oh je, in Mono und schwarz-weiß. Zumindest für mich keine Alternative.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Oh je, in Mono und schwarz-weiß. Zumindest für mich keine Alternative.

    Reri Grist ist das egal. Sie sieht immer bezaubernd aus, auch in Mono!!


    Übrigens weiß ich nicht, was im vorangegangenen Beitrag passiert ist. Habe wohl ein leeres Blatt komponiert, passe wohl eher in die Stuttgarter Fassung. Klingen sollte es vielleicht nach John Cage, wenn jemand über 4 min Zeit haben sollte!!

    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • unvergessen und edel, der heldenhafte Lohengrin. Nur Elsa habe ich nicht verstanden, sich von einem Verlierertyp verteidigen und damit sogar ihr Leben aufs Spiel zu setzen.

    ... wie viele unzählige Ritter stehen ihr denn zur Verfügungl für das Gottesgericht, in das sich dieser Trottel-König flüchtet.

    Zum Thema: Ich mag Strauss' "Ariadne" dezidiert nicht, im Gegenteil ist das für mich ein Fall für den Ratlos-Thread, weil ich nicht verstehe, was Strauss da fabriziert hat und wie er zwischen zwei Meisterwerken wie dem "Rosenkavalier" und der "Frau ohne Schatten" so etwas schreiben konnte.

    So unterschiedlich geraten Zugänge bzw. Nichtzugänge !
    Wenn ich überhaupt was mit Strauss-Mucke anfangen kann, dann ausgerechnet und vermutlich einzig mit Ariadne.. ... möglicherweise, weil einen die Mucke – auch durch das Spiel im Spiel bedingt - vergleichsweise unambitionierter und gechillter rüberkommt als Roka und Frosch ?(
    ... Erfahrung von der Baden-Baden-DVD auch positiver aus bei dir ... Zürich- und Baden-Baden-Ariadne gleichermmaßen beeindruckend .. aber beides vor längerem zur Seite gelegt, um nicht erneut in Versuchung zu geraten, sich zu sehr von Strauss-Mucke anfixen zu lassen....

  • Ich würde immer die Wiener Fassung bevorzugen.


    Von der frühen Fassung habe ich nur eine Aufnahme. Sumi Jo und Margaret Price sind lockende Interpretinnen der Zerbinetta und Ariadne.


    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Von der frühen Fassung habe ich nur eine Aufnahme. Sumi Jo und Margaret Price sind lockende Interpretinnen der Zerbinetta und Ariadne.


    Leider ist diese Produktion auch stark bearbeitet - was den Sprechtext anbelangt. :( Im Grunde genommen gibt es keine verbindliche Aufnahme der Urfassung der "Ariadne auf Naxos", die es nach meiner Überzeugung mit der endgültigen Fassung nicht aufnehmen kann, in der die Opera seria und die Opera buffa zusammengeführt, auf raffinierte Weise ineinander verschachtelt und quasie miteinender versöhnt werden. Wo gibt es das sonst noch? Ich kann mir keinen genialeren Einfall vorstellen.


    Die erste Fassung wurde bekanntlich 1912 in im kleinen Haus der Stuttgarter Oper, das im Krieg 1944 zerstört wurde, uraufgeführt. Gelegentlich der Wiedereröffnung 1962 - also fünfzig jahre später - wurde die Ur-"Aridane" noch einmal gegeben. Leider mit einem gravierenden Unterschied: Ruth-Margret Pütz, die Sängerin der Zerbinetta, ersetzte die noch viel schwierigere große Arie durch die etwas abgemilderte Variante der späten Fassung. Also wieder nicht das Original! Der SWR hat die seinerzeit mitgeschnitten Premiere 2014 noch einmal gesendet - ohne die Änderung der Zerbinette-Arie in der Ansage zu erwähnen. Das muss man schon selbst herausfinden. Hier die Besetzung:



    Württembergisches Staatsorchester Stuttgart
    Leitung: Ferdinand Leitner


    Richard Strauss:
    "Der Bürger als Edelmann", Komödie mit Tänzen von Moliére


    Herr Jourdain: Max Mairich
    Seine Frau: Ortrud Bechler
    Dorimene: Hilde Weissner
    Dorantes: Heinz Baumann
    Nikoline: Karin Schlemmer
    Ein Musiklehrer: Ludwig Anschütz
    Ein Komponist: Nikolaus Haenel
    Der Tanzmeister: Kurt Norgall
    Der Fechtmeister: Johannes Großmann
    Meister der Philosophie: Kurt Langanke
    Ein Schneider: Horst Köller
    Erster Lakai: Heinz Cramer
    Zweiter Lakai: Bodo Knuth
    Kleiner Lakai: Dietmar Brux


    Richard Strauss:
    "Ariadne auf Naxos", Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel


    Ariadne: Leonie Rysanek
    Bacchus: Jess Thomas
    Najade: Friederike Sailer
    Dryade: Hetty Plümacher
    Echo: Sieglinde Kahmann
    Zerbinetta: Ruth-Margret Pütz
    Harlekin: Karlheinz Peters
    Scaramuccio: Alfred Pfeifle
    Truffaldin: Fritz Linke
    Brigehella: Gerhard Unger


    (Aufführung vom 6. Oktober 1962 im Kleinen Haus des Württembergischen Staatstheaters Stuttgart)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es gibt noch zwei Ariadne-Aufnahmen aus der Met, die ich sehr gelungen finde - sowohl szenisch als auch gesanglich. In beiden Fällen spielt das Orchester der Metropolitan Opera unter der Leitung von James Levine.


    Diese im Jahre 2010 entstandene Aufnahme besticht nicht zuletzt durch die gute Personenregie und die Spielfreude der Hauptakteure (z.B. in den Szenen zwischen Ariadne und Zerbinetta). Hinreißend die spitzbübische Zerbinetta der Natalie Dessay und die glorios gesungene Ariadne von Deborah Voigt. Richard Margison kannte ich vorher nicht, aber er schlägt sich vokal mehr als achtbar gegen die beiden überragenden Damen (darstellerisch ist da allerdings noch Potential nach oben :stumm: ).


    die Hauptrollen singen:
    Musiklehrer - Wolfgang Brendel
    Haushofmeister - Waldemar Kmentt
    Der Komponist - Susanne Mentzer
    Der Tenor/Bacchus - Richard Margison
    Zerbinetta - Natalie Dessay
    Primadonna/Ariadne - Deborah Voigt




    Die zweite Aufnahme stammt aus dem Jahre 1988 und scheint ganz auf die überlebensgroße Ariade der Jessye Norman fokussiert zu sein (wobei die eine oder andere Close-Up-Aufnahme der Norman entbehrlich gewesen wäre). Aber mit was für einer machtvollen, überreichen Stimme und schier unendlichem Atem sie die Ariadne singt... das ist schon singulär! Ebenfalls hervorragend die Zerbinetta von Kathleen Battle und der fulminante Bacchus von James King, der zum Zeitpunkt der Aufnahme schon im 63. Lebensjahr war.
    (Leider merkt man der Bildqualität das Alter etwas an: 4:3 Format, Bildschärfe und Helligkeit fallen ab gegen die obige, neuere Aufnahme)


    in den Hauptrollen:
    Primadonna/Ariadne - Jessye Norman
    Zerbinetta - Kathleen Battle
    Der Komponist - Tatiana Troyanos
    Der Tenor/Bacchus - James King
    Ein Musiklehrer - Frank Ferdinand Nentwig

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Die zweite Aufnahme stammt aus dem Jahre 1988 und scheint ganz auf die überlebensgroße Ariade der Jessye Norman fokussiert zu sein


    Das ist wirklich eine sehr schöne Aufnahme, die auch ich habe. Wer kann schon so ein Piano singen, wie Fr. Norman in Gibt es kein Hinüber?
    Mir gefällt auch das höfisch steife Agieren von James King sehr gut. Das erfaßt das Reflektierte des Theaters im Theater ganz genau.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Beim Schmökern in diesem Thread stieß ich auf einen Beitrag, in dem sich Bertarido über Straussens Ariadne ziemlich negativ ausließ. Das ist natürlich jedermanns gutes Recht. Aber in diesem Fall glaube ich, dass hier wohl einiges in der Rezeption schief gelaufen sein muss, wenn ein so versierter Forianer diese Oper nicht ernst nehmen kann.
    Ich bitte dich, lieber Bertarido, meine folgenden Gedanken nicht als Bevormundung misszuverstehen, sondern als Hinweise auf Aspekte, die dir vielleicht bisher entgangen sind.
    Zur Klärung: Ich spreche hier von der Wiener Endfassung. (Die Stuttgarter Erstfassung wurde ja von den Autoren nicht ohne Grund verworfen, weil Oper und Schauspiel sich einer Vermischung verweigern.)
    Das Vorspiel besticht vor allem durch seine kammermusikalische Transparenz im Buffa-Stil sowie durch zwei wunderbare Figuren: die köstliche Sprechrolle des arroganten Haushofmeisters (eine Paraderolle für viele Komödianten) und durch die poetische Hosenrolle des jungen Komponisten, der sich in der realen Welt erst zurecht finden muss. Und dafür sorgt vor allem Zerbinetta, die ihm auf ihre Weise erklärt, wie das Leben geht.
    Die Oper selbst beginnt mit einer bewusst monotonen Ouvertüre, die den trostlosen Zustand der verlassenen Ariadne veranschaulicht. Es geht deprimierend weiter mit den drei in Schönheit klagenden Naturgeistern. Jetzt muss dringend etwas geschehen! Und es geschieht: mit dem Auftritt der Zerbinetta und ihrer Gesellen, die aus einer ganz anderen Welt kommen und völlig an Ariadne vorbei reden (wie es manchmal auch hier im Forum geschieht).
    Ganz nebenbei werden zwei Arien gesungen, die verschiedener nicht sein können, aber beide von großer Schönheit. Erst als die Komödianten ratlos aufgeben wollen, wendet sich das Blatt: Die mythische Figur Ariadne findet ihr passendes Pendant im mythischen Bacchus. Und, man fasst es kaum: auch sie reden unentwegt aneinander vorbei, und das zu immer üppigerer werdender Musik. Sie finden via Missverständnisse zueinander, bleiben einander so fremd, wie eben Mann und Frau einander fremd bleiben (müssen). Sie können einander nicht verstehen - nur lieben. Und das alles besorgt gründlich - die Musik, die am Schluss über die Liebenden ihren ominösen Baldachin herabsenkt. (Nur noch kommentiert von Zerbinettas "Hingegeben sind wir - stumm - stumm..."
    Lieber Bertarido, ich hoffe, ich habe dich weder bevormundet noch gelangweilt. Wenn nicht, dann empfehle ich, dir als Abshluss eine der hier schon erwähnten guten Aufnahmen zu Gemüte zu führen. Bis dahin herzliche Grüße von Sixtus

  • Lieber Bertarido, ich hoffe, ich habe dich weder bevormundet noch gelangweilt. Wenn nicht, dann empfehle ich, dir als Abshluss eine der hier schon erwähnten guten Aufnahmen zu Gemüte zu führen. Bis dahin herzliche Grüße von Sixtus


    Lieber Sixtus, Deine Hinweise werde ich gerne zu Rate ziehen, falls ich mir die Oper noch einmal anhören sollte. Ich bin allerdings skeptisch, ob ich diesem Werk noch einmal etwas werde abgewinnen können. Auch zu den späten Strauss-Opern finde ich keinen Zugang. Manchmal muss man das dann auch einfach hinnehmen.


    Letztlich ist doch immer die Frage: Geht mich das etwas an, was da auf der Bühne passiert? Und während ich das Vorspiel ja teilweise noch ganz amüsant finde, lässt mich die "Oper" dann völlig kalt. Ich finde das alles künstlich, konstruiert und lebensfremd (jedenfalls meinem Leben und Fühlen fremd), was da auf der Bühne passiert und gesungen wird, die Musik packt mich nicht, und Hofmannsthals gezierte und gekünstelte Sprache gefällt mir allenfalls in seinen Gedichten, aber in seinen Dramen ertrag ich sie kaum. (Das gilt auch für "Die Frau ohne Schatten", aber da finde ich wenigsten die Musik großartig, so dass mich mit diesem Werk eine Hassliebe verbindet.) Schlechte Voraussetzungen also, um die "Ariadne" lieben zu lernen...

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Lieber Bertarido, ich hoffe, ich habe dich weder bevormundet noch gelangweilt. Wenn nicht, dann empfehle ich, dir als Abshluss eine der hier schon erwähnten guten Aufnahmen zu Gemüte zu führen. Bis dahin herzliche Grüße von Sixtus


    Lieber Sixtus, Deine Hinweise werde ich gerne zu Rate ziehen, falls ich mir die Oper noch einmal anhören sollte. Ich bin allerdings skeptisch, ob ich diesem Werk noch einmal etwas werde abgewinnen können. Auch zu den späten Strauss-Opern finde ich keinen Zugang. Manchmal muss man das dann auch einfach hinnehmen.


    Letztlich ist doch immer die Frage: Geht mich das etwas an, was da auf der Bühne passiert? Und während ich das Vorspiel ja teilweise noch ganz amüsant finde, lässt mich die "Oper" dann völlig kalt. Ich finde das alles künstlich, konstruiert und lebensfremd (jedenfalls meinem Leben und Fühlen fremd), was da auf der Bühne passiert und gesungen wird, die Musik packt mich nicht, und Hofmannsthals gezierte und gekünstelte Sprache gefällt mir allenfalls in seinen Gedichten, aber in seinen Dramen ertrag ich sie kaum. (Das gilt auch für "Die Frau ohne Schatten", aber da finde ich wenigsten die Musik großartig, so dass mich mit diesem Werk eine Hassliebe verbindet.) Schlechte Voraussetzungen also, um die "Ariadne" lieben zu lernen...

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  • Hallo, Bertarido,


    wir haben doch etliche Übereinstimmungen, haben es bisher nur nicht gemerkt.


    Ich finde, daß die Ariadne eines der größten Meisterwerke des 20. Jahrhunderts ist, sowohl vom Text als auch in der Musik. Und die Verflechtung zweier gegenläufiger Handlungen ist einfach genial gelöst und findet ein typisch Strauß`sches Finale, voller Schmelz und in Erwartung eines Abendrotes beim Abgang von Ariadne und Bacchus.


    Dir gefällt das nicht, und ich habe gar nichts dagegen einzuwenden. Wo kämen wir hin, wenn die Geschmäcker gleich wären? Alle würden womöglich Labskaus essen und Portwein dazu trinken.


    Mir gefallen nun manche Inszenierungen nicht, die wiederum Deinen Geschmack treffen. Und im Gegensatz zu Deiner Abneigung gegen ein bestimmtes Werk ist das Unverständnis für manche Regiearbeiten ein ständiger Unruheherd im Forum. Ich lasse Dir Deine mir unerklärliche Abneigung gegen die Ariadne und polemisiere nicht dagegen. Aber bitte an alle RT-Befürworter - laßt mir meine Abneigung dagegen. Wie gesagt, Geschmäcker sind zum Glück unterschiedlich!


    Ich finde das alles künstlich, konstruiert und lebensfremd (jedenfalls meinem Leben und Fühlen fremd), was da auf der Bühne passiert und gesungen wird

    Trifft das nicht auf fast alle Opern zu?


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich lasse Dir Deine mir unerklärliche Abneigung gegen die Ariadne und polemisiere nicht dagegen. Aber bitte an alle RT-Befürworter - laßt mir meine Abneigung dagegen.


    Niemand hat etwas dagegen einzuwenden, wenn Du oder andere das "Regietheater" nicht mögen und dies auch zum Ausdruck bringen. Was ich nur nicht ertragen kann, sind Verunglimpfungen solcher Inszenierungen als Verunstaltungen etc. Das ist dann nämlich so, als wenn ich über die "Ariadne" sagen würde: Was der Strauss und der Hofmannsthal da gemacht haben, ist der letzte Dreck, die haben die Kunstform Oper verunstaltet, so darf man keine Opern schreiben, die haben da wohl nur ihre privaten Neurosen ausgelebt, das sind Zerstörer der Oper, richtige Opern haben gefälligst so zu sein wie "Salome" usw.


    Zitat von »Bertarido«
    Ich finde das alles künstlich, konstruiert und lebensfremd (jedenfalls meinem Leben und Fühlen fremd), was da auf der Bühne passiert und gesungen wird
    Trifft das nicht auf fast alle Opern zu?


    Finde ich nicht.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Die im "Vorspiel" exponierte Situation empfinde ich als dermaßen lebensnah und die Realitäten treffend wie in nur wenigen anderen Opern zu diesem Thema also zur Kunst an sich und der Gattung Oper im Besonderen.
    Dass dann in der "Oper" das Unmögliche möglich wird, dass diese Illusion zugelassen und durch die Musik beglaubigt wird, das finde ich ganz wunderbar und daher liebe ich die "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss ganz besonders (in der Wiener Zeitfassung, bei der auch der zweite Teil, die "Oper" im Vergleich zur Erstfassung nur eine Straffungen erfuhr und davon kräftig profitierte.)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Noch ein Gedanke zur eigentlichen Oper des Ariadne-Gespanns:
    Dass hier durch die Willkür eines reichen Banausen die beiden gegensätzlichen Formen der Opera seria und der Opera buffa zu einem Zwangsgespann zusammengeschweißt werden, ist ein extremer Fall jener Künstlichkeit, die ja der Gattung Oper insgesamt nachgesagt wird. Dass dies nicht immer nach jedermanns Geschmack sein kann, leuchtet mir ein.
    Ich glaube, auf diesem Niveau können wir getrost gegenseitig Toleranz walten lassen, ohne uns etwas zu vergeben. Eines ist uns doch gemeinsam: dass wir diese ganz und gar künstliche Gattung Oper als etwas für uns Natürliches empfinden. Und das hat etwas sehr Beruhigendes.
    Ich habe grade die Wiener Carmen ganz gehört. Und bei der können wir uns sicher darauf verständigen, dass sie (zumindest ihre akustische Seite) wieder ein gelungener Opernabend war. Mal sehen, wer morgen der Schnellste ist, um darüber zu berichten. Gute Nacht und herzliche Grüße von Sixtus

  • Komödien sind rar, gute sehr knapp, "göttliche" Komödien deutscher Zunge lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen. Auf der Sprechbühne sind das Kleists Amphitryon mit göttlichem Personal und göttlichen Blankversen und Lessings Minna.
    Die Oper bietet Wagners Meistersinger und eben Straussens/Hofmannsthals Ariadne auf.


    Das Libretto der Ariadne als raffiniert zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Ich sehe es als Spiegelkabinett menschlicher Leiden, Hoffnungen, Sehnsüchte. Manches muß man auf einsame Inseln, in mythologische Umgebung verrücken, um es klar vor dem Betrachter erstehen zu lassen.
    Göttliche Komödien sind Quelle unendlichen Vergnügens. Man nähert sich ihnen immer wieder hungrig, verläßt sie nie unerquickt und doch findet man sie bei jedem Besuch immer reicher, als zuvor.

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    -- Aydan Ö*oğu*