Giacomo MEYERBEER - Ein deutscher Opernkomponist erobert Paris

  • Man sollte es kam glauben, aber einer der berühmtesten Meister der französchen "Grand Opera" war Deutscher.
    Geboren wurde Giacomo Meyerbeer unter dem Namen Jacob Liebmann Meyer Beer als Sohn eines Bankiers am 5.9.1791 in Vogelsdorf/Taasdorf bei Berlin.
    Er war ein Frühentwickler und trat bereits im Alter von 10 Jahren als Pianist auf.



    Zu seinen Lehrern zählten Clementi, Zelter und der Abbé Vogler, bei letzterem studierte er in Darmstadt zusammen mit Carl Maria von Weber.
    Meyerbeer begann mit deutschen opern, wechselte dann ins "Italienische Fach", er hatte mit seinen Italienischen Opern große Erfolge, und wandte sich schließlich der französischen "Grand Opera" zu,
    un kann wohl als einer der glänzendsten Vertreter dieser Richtung genannt werden.
    Meyerbeers Frühwerke ( vor 1817)waren stilistisch noch epigonal, zuerst an deutschen Singspielen orientiert,
    ("Jephtas Gelübde","Abimelek") später an Rossini erinnernd.


    Er folgt dem Rat Salieris, nach Italien zu gehen um den italienischen Stil kennenzulernen.
    Hier schrieb er
    1817 "Romilda e Costanza" (UA Padua 1818 ),
    1819 "La Semiramide riconoscinta"
    1819 "Emma di Resburgo" (UA Venedig)
    1820 "Margherita d`Anjou" (UA MAiland)
    1822 "Il Esule in Granata"
    1824 " Il crociato in Egitto"(Venedig)


    Der Große Durchbruch war jedoch 1831 in Paris, wo er seit 1826 lebte, mit seiner Oper "Robert le diable/Robert der Teufel" nach einem Libretto von Eugen Scribe.
    1836 folgte "Die Hugenotten" - ein Werk das alles Bisherige in den Schatten stellte, sich beim Publikum jedoch nicht so schnell eteblieren konnte, wie sein Vorgänger.
    Meyerber ging 1842 nach Berlin, wo er die nächsten 5 Jahre die Position eines Generalmusikdirektors innehatte. Seine Oper "Feldlager in Schlesien" hatte indes nur einen Achtungserfolg.
    Nach Paris zurückgekehrt, feierte er 1849 mit "Der Prophet" wahre Triumphe. 1854 folgte "Der Nordstern", 1859 "Dinorah", beide für die Opéra comique.
    Es folgte 1860 noch ein letztes Werk, "Die Afrikanerin", das unvollendet blieb. Es fehlt keine Musik, im Gegenteil.
    Es ist etliches mehrfach vorhanden, aus dem eine Auswahl getroffen werden musste - etwas das Meyerbeernicht mehr tun konnte,
    die Oper wurde erst nach seinem Tode in die Endfassung gebracht, das heisst das Werk ist zwar komplett, jedoch die Endfassung ist nicht autorisiert,
    ähnlich wie Jahre später bei Offenbachs "Le Contes d´Hoffmann"



    Meyerbeer war zu Lebzeiten sicher der glänzendste Vertreter der "Grand Opera".
    Kritiker meinten, seine Opern wären es eine synthese von deutscher, italienischer und Französischer oper.
    Seine Stoffe waren publikumswirksam ebenso wie seine Musik. Die Sänger liebten ihn wegen seiner
    effektvollen Arien, das Publikum wegen seiner aufwendigen Massenszenen und Balleteinlagen.
    In gewisser Weise nimmt Meyerbeer Richard Wagners Leitmotiv vorweg, ein Komponist den er übrigens fördert.


    Obwohl Meyerbeer in erster Linie Opernkomponist war, hat er jedoch auch auf anderem Gebiete der Musik
    Großes geleistet, so schrieb er etwa 60 Lieder ("Melodies")


    ER starb am 2. 5. 1864 in Paris.



    Privat habe ich mir die Frage gestellt, wie es kommen konnte, daß dieser berühmte Komponist
    mehr oder weniger von den Spielplänen verschwunden ist, daß ich selbst bis vor einigen Tagen
    keine einzige Gesamtaufnahme von ihm im Schrank hatte, und daß er vielen überhaupt unbekannt ist.
    Darauf gibt es viele Antworten: Zunachst ein negatives Verdikt Richard Wagners, der Meyerbeer vorwarf
    (und das obwohl ihn dieser gefördert hatte !!) der behauptete Meyerbeer, mache aus der Kunst ein riesiges Geschäft.
    Dann die teilweise sehr plakativen Effekte in Opern (Stichwort "Nonnenballett"), die Sucht nach Effekt
    und äusserer Wirkung, der Mix von innovativem und traditionellem, Meyerbeer war eher kein großer Neuerer.
    Aber wahrscheinlich auch die Länge mancher Opern.
    Wer beispielsweise die Decca Gesamtaufnahme von "Les Huguenots" unter Bonynge von Decca erwerben will, muß wissen, daß das Werk 4 CDs
    beansprucht - und somit auch teuer ist. (ca 3.5 Stunden Spielzeit)
    Das Gleiche gilt auch für Inszenierungen - Meyerbeer ist kein Sparmeister. IMO eignen sich seine
    Opern nicht fürs Regiethater und Minimalismus (Aber welche Oper tut das in Wahrheit schon ?)
    sondern brauchen erstklassige Besetzungen und Ausstattung um zu wirken.
    Meyerbeer, aus reicher Familie stammend, hatte nie das Problem von seinen Opern leben zu müssen - er war frei.
    Berlioz prägte auf ihn gemünzt das folgende Bonmot:
    "Er hatte nicht nur das Glück talent zu haben -
    sondern auch das Talent Glück zu haben"


    Ich jedoch hatte das Glück, daß sich jemand einen Thread über Meyerber wünschte, und ich so meine erste
    Gesamtaufnahme einer Meyerbeer Oper erwarb:


    Diese Aufnahme ist für mich der Beginn einer großen Liebe zu einem großen Opernkomponisten.


    Liebe Grüße aus Wien



    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:


    Danke Alfred für die Mühe.
    Mein Interesse für den Komponisten ist nun erst recht verstärkt worden.
    Ich wäre jetzt nur noch Dankbar für einige CD Tipps (die Hugenotten habe ich mir schon mal vorgemerkt) :)


    :hello:

  • Hallo,


    es gibt sicherlich mehrere Gründe dafür, daß Meyerbeer seit Ende des 1. Weltkriegs weitgehend von den nationalen wie internationalen Spielplänen verschwunden ist:


    - Wandel in der Ästhetik:


    Die "Grand Opéra" als auf theatralische Wirksamkeit hin komponierter großer Bilderbogen, in dem spektakuläre Massenaufmärsche direkt neben intimen Liebesszenen stehen, wurde durch das Aufkommen des Wagnerschen Musikdramas verdrängt und als überholt betrachtet. Wagners Konzept von der Verschmelzung von Wort und Musik zum "Drama" mit tendenziell gesellschaftsverändernder Absicht fußt auf völlig anderen Ideen und Voraussetzungen als die Kunst Meyerbeers. Und so legte die Musikkritik (insbesondere in Deutschland) Anfang des 20. Jahrhunderts fälschlicherweise die Wagnersche Meßlatte an und kam zu dem negativen Urteil, das Wagner bereits in seinem für Meyerbeer tödlichen Verdikt von der "Wirkung ohne Ursache" gefällt hatte. Hier als Kostprobe ein paar Ausschnitte aus dem berühmten Buch "Die Oper" von Oskar Bie (erstmals erschienen 1913, S. 287 f.):


    "Aber nun, da wir in die Regionen Meyerbeers eintreten, wird es bedenklicher. Hier lehnt sich etwas in uns auf... Aber Meyerbeer war ein so großer Verführer, daß er das Genre vor allen Gewissenhaften kompromittieren mußte... Er kennt kein Prinzip als: das äußerlich Dankbare. Seine Texte sind raffinierte Möglichkeiten schlagender Wirkungen, wie ein Varietéprogramm zusammengesetzt aus Effekt auf Effekt... Je größer der Aplomb dieser historischen Opern war, je anspruchsvoller sie bedeutende Bilder der Geschichte zu malen vorgaben, desto windiger war ihr Druck, eine Luftbewegung, die alles niederriß, und doch nur Luft blieb... Damals fühlte das fast niemand, man warf sich bäuchlings vor diesem Doppelmoloch auf den Boden. Wagner hat zuerst im großen Stile das Opfer geweigert, etwas heftig, aber doch aus einem ehrlichen und tiefen Ekel, der zuletzt mehr gilt als aller Schaubudenlärm."


    - Meyerbeer, der Jude:


    Meyerbeer stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie in Berlin, reiste viel in seiner Jugend in Europa herum, verbrachte kompositorische Studienjahre in Italien, hatte den allergrößten Erfolg in der kulturellen Hauptadt des 19. Jahrhunderts (Paris) und wurde dann auch noch in seiner Geburtsstadt Preußischer Generalmusikdirektor. Ein kosmopolitischer Komponist also, der in seiner Person und Musik die drei wichtigsten europäischen Operntradtionen vereinigte. Und damit genau das Feindbild des auch in der Musik aufkommenden Nationalismus.


    Robert Schumann hielt ihn für einen Stil-Eklektiker von höchster Nicht-Originalität und es empörte den gläubigen Protestanten zutiefst, daß Meyerbeer in seinen "Hugenotten" den Luther-Choral "Ein feste Burg ist unser Gott" als musikalisches Ausgangsmaterial verwendet hatte. Der Dichter Ludwig Rellstab wiederum geißelte Meyerbeer als "Franzosenfreund", der keine deutsche Musik schreiben könne. Wagner führte Meyerbeer in seiner Hetzschrift "Das Judentum in der Musik" schließlich als Prototypen des Juden vor, der zu keiner originär deutschen Kunst fähig sei. Ein Diktum, das nachwirkte. Als der Antisemitismus im Nationalsozialismus von der Theorie in mörderische Praxis umgesetzt wurde, bedurfte es kaum noch eines offiziellen Verbotes wie im Fall Mendelssohn. Meyerbeer wurde ohnehin nicht mehr gespielt.



    - Meyerbeers technisch anspruchsvolle Musik:


    Meyerbeers Opern erfordern nicht nur szenisch einen hohen Aufwand, sondern sie sind auch extrem schwierig zu singen. Meyerbeers Musik bedarf, mehr noch als andere, der genauesten Befolgung der Vortragsbezeichnungen, sonst kann sie flach und sentimental wirken (wie in einigen italienisch gesungenen Aufnahmen der 50er und 60er Jahre). Schließlich komponierte er seine Opern zur Hochzeit des "Canto fiorito", des verzierten Gesanges ("Belcanto" im engeren Sinne), als die Sänger und Sängerinnen in der Lage waren, komplizierte Läufe, Koloraturen, Triller etc. nicht etwa bloß technisch zu bewältigen, sondern sie mit großem Aplomb publikumswirksam darzubieten. Nicht umsonst waren diese Opern beliebte Vehikel der damaligen Gesangsstars, um ihre technischen Fähigkeiten auf brillianteste Art und Weise unter Beweis zu stellen. An der Pariser Oper wurden z.B. die "Hugenotten" in den 64 Jahren bis 1900 über 1000 mal gegeben und in den 1890er Jahren konnte man an der MET Aufführungen der "Hugenotten" erleben, in denen an einem Abend Nellie Melba, Lillian Nordica, Jean und Edouard de Reszke, Victor Maurel und Pol Plancon zusammen auf der Bühne zu hören waren!


    Doch nach dem 1. Weltkrieg wandte man sich auf der Opernbühne dann von den Zugpferden der "Belle Epoque" ab, Wagner, Verdi und die Veristen beherrschten die Szene. Gesangstechnisch dominierte der naturalistische Verismo-Stil und die Sänger verloren durch eine veränderte Ausbildung weitgehend die Fähigkeiten, die für den Vortrag des "Canto fiorito" notwendig waren (daher nicht nur das Verschwinden von Meyerbeer, sondern auch das von Rossini, Bellini und Donizetti von den Spielplänen). Während heute wieder - etwa dank der Pionierarbeit von Maria Callas, Joan Sutherland, Richard Bonynge und Marilyn Horne seit den 50ern/60ern - Rossini, Bellini und Donizetti regelmäßig und in hoher Qualität zu hören sind, muß Meyerbeer noch auf seine Wiederentdeckung warten. Zwar gab es mittlerweile einige Wiederbelebungsversuche, doch die Resultate waren eher durchwachsen: die Sänger sind mit dem Stil nicht durchgehend vertraut, zudem werden die Werke meist mit erheblichen Strichen gegeben (um es den Sängern leichter zu machen), was aber deren inneren Aufbau zerstört und den Opern einiges an Wirkung nimmt. Aber man sollte die Hoffnung ja nie aufgeben...


    Abschließend noch ein paar CD-Tips. Die Opern, die den Grundstock einer Sammlung bilden sollten, sind:


    - "Les Huguenots"
    - "Le Prophète"
    - "L´Africaine".


    Bei den "Hugenotten" bieten sich folgende Einspielungen an:



    Orchestre de Montpellier, Dir.: Cyril Diederich


    Eine (bis auf den allerdings hervorragenden amerikanischen Tenor) fast komplett französische Produktion, m.E. die beste Allround-Aufnahme in Stereo. Leider momentan gestrichen.


    Daher als Alternative die schon von Alfred erwähnte Decca-Produktion:



    New Philharmonia Orchestra, Bonynge


    Sehr gute Aufnahme. Einziger, allerdings fataler Schwachpunkt ist das "Tenörchen" Vrenios, der sich undramatisch durch die Partie säuselt. Zwar sollte der Raoul kein strimmprotzender Kraftlackel sein, wie ihn etwa Corelli auf italienisch an der Scala gegeben hat, aber Vrenios verfällt ins andere Extrem.


    Daher als Ergänzung zur Bonynge-Aufnahme:



    ORF-Symphonieorchester, Ernst Märzendorfer


    Diese Live-Aufnahme von 1971 (Stereo, allerdings mit erheblichen Strichen) hat den wunderbarsten Raoul aller Gesamtaufnahmen, Nicolai Gedda, einen Sänger, der sowohl technisch als auch stilistisch keine Wünsche offen läßt. Neben Gedda agiert ein hervorragendes bis befriedigendes Ensemble unter einem kompetenten Dirigenten.


    Bei "Le Prophète" (der Oper um die Münsteraner Wiedertäufer und ihren Anführer Jan van Leyden) gibt es keine große Auswahl. Zunächst wäre da die einzige Studio-Aufnahme, die aber momentan nicht erhältlich ist:



    Royal Philharmonic Orchestra, Henry Lewis


    Star dieser Aufnahme ist eindeutig Marilyn Horne, die in ihrer Rolle als Fides wahrlich eine kaum glaubliche "Tour de force" hinlegt. McCracken singt den Jean zwar engagiert, aber stilistisch falsch. Die Aufnahme ist gekürzt.


    Daher als Ergänzung unter demselben Dirigenten:



    Orchester der RAI Turin, Henry Lewis


    Man muß Gedda in dieser Rolle gehört haben, um zu wissen, wie die Partie des Jean gesungen werden sollte. Eine notwendige Ergänzung der Studioaufnahme.


    Schließlich "L´Africaine":


    Meyerbeer erlebte die Uraufführung seiner Oper nicht mehr und hinterließ Aufführungsmaterial, aus dem dann die (gekürzte) Uraufführungsversion von 1863 wurde. Auch wenn die Oper heute kaum mehr gespielt wird, gehört die Arie des Vasco da Gama "O paradis" bzw. "Oh, paradiso" seit jeher zum Repertoire bekannter Tenöre.


    Die vollständigste aller Aufnahmen ist dieser Münchner Mitschnitt von 1977:



    Orchester der Bayerischen Staatsoper, Gerd Albrecht



    Wer noch mehr "Star Power" (Domingo, Verrett) braucht, dem sei dieser (gekürzte) Mitschnitt empfohlen:



    San Francisco Opera, John Perrison




    Wer sich genauer über Meyerbeer belesen will, dem sei diese Biographie empfohlen (gibt´s allerdings wieder nur antiquarisch):



    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo Giselher


    Zitat

    (Les Huguenots)


    ORF-Symphonieorchester, Ernst Märzendorfer


    Diese Live-Aufnahme von 1971 (Stereo, allerdings mit erheblichen Strichen) hat den vielleicht wunderbarsten Raoul aller Gesamtaufnahmen, Nicolai Gedda, einen Sänger, der sowohl technisch als auch stilistisch keine Wünsche offen läßt.


    Was heißt da vielleicht?


    Als Ergänzung für sparsame, die nicht gleich alle Meyerbeer-Opern in doppelter Ausfertigung kaufen wollen, sei hinzugefügt, dass sich einige Gedda-Arien aus den genannten Opern auch auf einem Gedda-Recital bei Myto finden (bei den Hugenotten hat Myto übrigens eine ORF-Übertragung aus dem Großen Saal des Wiener Konzerthauses vom 12.2.1971 mitgeschnitten).





    Zur am Ende angeführten Star-Power aus San Francisco fällt mir noch ein, dass Meyerbeer nicht nur gehört sondern auch gesehen werden will. Also wenn schon, denn schon und gleich die DVD annektiert:





    Im Übrigen ein toller Arktikel! :jubel:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus,


    die Relativierung bei Gedda habe ich rausgenommen. Er ist in der Tat der wunderbarste Raoul aller Gesamtaufnahmen!


    Beim Thema "Meyerbeer und DVD" fällt mir da noch etwas ein:



    John Dew verlegte die "Hugenotten" 1987 ins damals noch geteilte Berlin. Die Inszenierung war ein großer Erfolg, gesungen wird die von Meyerbeer selbst genehmigte deutsche Fassung. Die gesangliche Qualität ist, abgesehen von Richard Leech als Raoul, leider eher mittelmäßig.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo Giselher,


    die Hugenotten-DVD getraute ich mich gar nicht zu erwähnen, da ich von ihr musikalisch nur schlechte bis vernichtende Kritiken gelesen habe. Da steht der hohe Preis fürs Büldl-Schaun wohl nicht dafür. Anders die Aufzeichnung aus San Francisco, die insgesamt sehr ordentlich ist und auch optisch etwas zu bieten hat.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von GiselherHH


    New Philharmonia Orchestra, Bonynge


    Sehr gute Aufnahme. Einziger, allerdings fataler Schwachpunkt ist das "Tenörchen" Vrenios, der sich undramatisch durch die Partie säuselt. Zwar sollte der Raoul kein strimmprotzender Kraftlackel sein, wie ihn etwa Corelli auf italienisch an der Scala gegeben hat, aber Vrenios verfällt ins andere Extrem.


    Aber singt nicht Vrenios mit seinem "säuselnden" Ton genau so wie zur Zeit der UA weithin üblich? Zumindest ist ja Duprez' hohes C gerade mal erst ein Jahr vorher dokumentiert und scheint für die Hörer eher ein irritierender Klang gewesen zu sein denn ästhetischer Standard. Insofern wäre Vrenios im Gegensatz zu Corelli & Co. histrisch korrekt in der Rollengestaltung...


    Gruß,


    Cherubino

  • Hallo Cherubino,


    natürlich ist es grundsätzlich stilistisch korrekt, wenn der Sänger des Raoul die Spitzentöne nicht mit der Brust- sondern mit der Kopfstimme bildet. Die Partie erfordert grundsätzlich einen lyrischen Tenor, der auch mit den "heldischeren" Teilen gut zurechtkommt, aber keinen "Tenorino" à la Vrenios (Gedda erfüllt diese Anforderungen perfekt - vom Stimmtypus her, aber auch stilistisch mit geschmackvollem Einsatz der Kopfstimme und der voix mixte). Vrenios kommt mit den fordernden Momenten wie etwa der Arie "Plus blanche" einfach nicht zurecht, weil ihm das nötige Quentchen Metall in der Stimme fehlt und gegenüber Vollblut-Stimmen wie Sutherland und den anderen wirkt er einfach wie ein vokaler Zwerg, zumal er noch ziemlich temperamentlos agiert. Mit so einer Stimme kann man vielleicht Bachevangelist werden. In dieser Umgebung aber war Vrenios einfach eine Fehlbesetzung.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    In dieser Umgebung aber war Vrenios einfach eine Fehlbesetzung.


    ..., die möglicherweise aus der Not geboren ward. Damals waren Plattenverträge oft noch sehr restriktiv und die Decca konnte oder wollte sich die eigentlich selbstverständliche Besetzung mit dem EMI-Sänger Nicolai Gedda nicht leisten.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Im Prinzip gebe ich Dir ja recht, auch mir gefällt Gedda viel besser als Vrenios. Aber ich zweifle nur immer etwas, ob man da nicht möglicherweise moderne Hörgewohnheiten zurückprojiziert......Die Frage wäre, ob ein Gesangsstil wie der Geddas mit einem "geschmackvollen Einsatz der Kopfstimme" dem der Zeit um 1836 entspricht? Oder anders: Welcher moderne Tenor käme der vor-Duprez-Ära am nächsten? Es ist eine wirkliche Frage, ich kenne mich da nicht so gut aus.


    Gibt es denn Berichte über die UA?


    Gruß,


    Cherubino.

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  • Ich bin begeistert !!!


    Von Euch, vom Forum und von Meyerbeer.


    Als ich (auf Wunsch des Lullisten) diesen Thread begonnen habe, erwartete ich mir nicht allzuviel Resonanz. Trotzdem habe ich mir vorher Die Hugenotten gekauft, um Meyerbeers Tonsprache greifbar zu haben, wenn ich diesen Thread schreibe - und ich habe mir auch eine Herzensangelegenheit aus diesem Einführungsbeitrag gemacht.
    4 Opernführer und ein Musiklexikon waren notwendig um all jene Opern zu finden, die von mir angeführt wurden, auch die restlichen Fakten waren in der Fachliteratur generell lieblos recherchiert, so habe ich letztlich aus diesem Flickwerk meinen Beitrag gebastelt.


    Schon vor etwa 3 oder 4 Jahren hörte ich durch Zufall in eine Radioübertragung einer Oper in französischer Sprache hinein (Radio Stephansdom ??), die mich faszinierte, die ich aber nicht kannte. Er war, wie sich anschließend herausstellte "Robert le diable" von Meyerbeer. Am nächsten Tag begab ich mich auf die Suche nach einer Aufnahme. Leider war so gut wie nichts zu bekommen, außer einer Aufnahmen (Livemitschnitt??) für das Label "Dynamics", dessen Aufnahmetechnik sehr unterschiedlich ausfällt. Zudem lag der Peis damals über 70 Euro - uns so nahm ich Abstand davon....


    Als ich nun bei erneuter Recherche eine Aufnahme der Hugenotten mit Joan Sutherland (eine meiner Lieblingsstimmen) sah - gab es kein Halten.
    Ich kauft sie blind - und hab es nicht bereut. Wie immer wenn man ein Werk neu kennenlernt, und ein Lieblingssänger mit im Spiel ist - ist man nicht überkritisch. Das kommt dann spätestens bei der dritten Einspielung ein und desselben Werkes.....
    Geplant war, abzuiwarten , "Robert der Teufel" dazuzukaufen oder "der Prophet" und DANN diesen Thread zu machen.
    Einerseits wartet aber jemand darauf. andererseits war ich gerade voll Begeisterung - so machte ich das gleich.


    Was mich aber so begeistert ist das Echo - Das hatte ich in dieser Form nicht erwartet. !!! :yes:


    An Meyerbeers Werken (ich kenne noch ein Bissel was, das ich nicht auf CD habe) begeistert mich vieles, was ihm eigentlich angekeidet wurde:
    Der Pomp und die große Geste, die Kunst großartige Effekte zu gestalten, seine von ihm verwendeten Libretti (er war in dieser Hinsicht sehr wählerisch und griff wo er es für angebracht hielt auch persönlich ein - oder zog im geheimen einen zweiten Librettisten hinzu...) und der Oper das zu geben was große Oper ausmacht: Eine interessante Geschichte, möglichst mit historischem Hintergrund, wirkungsvolle Arien, bombastische Massenszenen, Balletteinlagen und gelegentlich sehr eigenwillige Instrumentationen, je eine Prise von Verdi, Bellini, Rossini und Donizetti - und dennoch uverkennbar französisches Flair - alldas ist Meyerbeer.
    Möge dieser Thread zu einer Meyerbeer-Renaissance führen - sie wäre längst fällig !!


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred!


    Ich stimme Dir zu, eine Meyerbeer-Renaissance wäre in Wien längst fällig, leider wurde in der Staatsoper die Chance dazu völlig verspielt mit der abartigen Neuenfels-Inszenierung von "Le Prophet", sie mußte mangels Publikumszuspruch abgesetzt werden, und war das Absonderlichste einer Inszenierung, das ich je gesehen hatte, teilweise waren Szenen eingebaut, die mit der Oper und dem Sujet aber schon garnichts zu tun hatten.

  • Hallo Cherubino,


    ich habe nochmal ein bißchen hinsichtlich der Entwicklung des Tenorgesangs nachgesehen. Gilbert Duprez war zwar 1837 der erste Tenor der das hohe C "in petto", also mit voller Bruststimme sang, aber die Entwicklung vom eher "weiblichen", falsettartigen Klang in Nachahmung der Kastraten zum "männlichen" Klang des modernen Tenors war schon im Gange. Spitzentöne wurden zwar weiterhin mit der Kopfstimme gebildet (und nicht "rausgehauen"), allerdings nicht in reinem Falsett, sondern immer mit "Beimischung" wie man es eben auch bei Gedda oder Simoneau hören kann (oder, wenn man frühe Schallplattenaufnahmen berücksichtigt bei Fernando de Lucia oder sogar beim jungen Lauritz Melchior). Meyerbeer war ebenso wie Rossini und die meisten Stimmbildner der damaligen Zeit geschockt vom hohen C von Duprez, er reagierte darauf aber in seinem Kompositionen. Der Jean aus "Le Prophète" oder der Vasco de Gama ("L´Africaine") sind schon eher vom modernen Tenortypus geprägt als beispielsweise der "Hugenotten"-Raoul.


    Ich habe in "Opera on Record" gelesen, daß Vrenios zur Zeit der Aufnahme ernsthaft erkrankt war und so nur einen Schatten der Leistung abliefern konnte, die er zwei Jahre zuvor in einer konzertanten Aufführung in London geboten hatte. Insofern kann diese Leistung ohnehin nicht als repräsentativ angesehen werden. Unter den heutigen Tenören hielte ich Villazon, Calleja und vielleicht einmal auch Florez für physiologisch und stilistisch geeignet, Meyerbeer zu singen (in der jüngeren Vergangenheit waren es etwa Chris Merritt oder Rockwell Blake).


    Noch eine Ergänzung zur Diskographie. Mike Richter, ein amerikanischer Opernenthusiast, hat im Rahmen seiner "Audio-Encyclopedia" auch eine CD-ROM mit Gesamtaufnahmen von Meyerbeer herausgegeben (als mp3-Dateien in gutem Mono). Ergänzt werden die Einspielungen durch wichtige historische Aufnahmen einzelner Szenen und Arien von ca. 1900 bis 1950 und eine Diskographie kommerzieller und nichtkommerzieller CDs. Wer sich dafür interessiert, sollte nach "Mike Richter" googeln und auf seiner Homepage die "Audio Encyclopedia" anklicken. Bezugsquellen werden auf der Seite genannt, die CD-ROM dürfte so 10 bis 12 US-Dollar kosten.


    Hier ein Überblick über die auf der CD-ROM enthaltenen Aufführungen:


    L'Africaine : Riccardo Muti/Jessye Norman; Veriano Lucchetti, Giangiacomo Guelfi


    L'Africaine : Gerd Albrecht/Martina Arroyo; Giorgio Lamberti, Sherrill Milnes


    Il Crociato in Egitto: Gianfranco Masini/Justino Diaz; Yvonne Kenny, Felicity Palmer


    Dinorah: Mats Liljefors/Eva Mei; Fabio Previato, Jörg Schneider


    Dinorah: Axel Kobe/Eun-Joo Park, Thomas de Vries, Frederic Hellgren


    Ein Feldlager in Schlesien:Fritz Weisse/Norma Sharp, Ruthild Engert; Jörn W. Wilsing


    Les Huguenots: Robert Heger/Karl Terkal, Gottlob Frick; Maud Cunitz, Valerie Bak


    Les Huguenots: Gianandrea Gavazzeni/Franco Corelli, Nicolai Ghiaurov; Giulietta Simionato, Joan Sutherland


    Les Huguenots Ernst Märzendorfer Nicolai Gedda, Justino Diaz; Enriqueta Tarres, Rita Shane


    L'Étoile du Nord: Roderick Brydon/Malcolm King; Janet Price


    Le Prophète: Henry Lewis/Nicolai Gedda; Margeritha Rinaldi, Marilyn Horne


    Le Prophète: Marcello Viotti/Placido Domingo; Viktoria Loukianetz, Agnes Baltsa


    Robert le Diable: Nino Sanzogno/Giorgio Merighi, Boris Christoff; Renata Scotto


    Robert le Diable: Marc Minkowski/Jianyi Zhang, Kwangchoul Youn; Nelly Miricioiu




    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo Gisselher,


    es wäre interessant zu wissen, wie Vrenios andere Partien singt. So soll eine "Lakmé" mit Dame Joan existieren, die ich aber leider nicht besitze.


    Ich glaube wie Du, daß man schon weit zurückgehen muß, um eine adäquate Meyerbeer-Interpretation zu hören, beispielweise von Léon Escallais. Andere Namen, die mir spontan einfallen wären Ernestine Schumann-Heink oder Sigrid Onègin als Fides, Barbara Kemp als Valentine u.a.m. Gehört aber wahrscheinlich eher ins SChelack-Forum.


    Rockwell Blake hat vor einiger Zeit in Metz den Raoul gesungen. Hat irgendjemand die Vorstellung gehört?


    Die Meyerbeer-Renaissance in Wien ging nach einem Versuch leider nicht nur wegen der Neuenfels-Regie daneben, sondern auch zu einem Großteil wegen der Sängerleistungen. Baltsa und DOmingo haben damals nur Rudimente von Meyerbeers Original-Komposition gesungen und dem Werk letztlich keinen großen Dienst erwiesen.


    Gruß
    Amneris

    Amneris

  • Hallo Amneris,


    im Aufnahmen-Verzeichnis von Karsten Steiger wird noch ein "Semiramide"-Live-Mitschnitt von 1969 erwähnt, in dem Vrenios an der Seite von Sutherland und Horne unter Bonynge singt. Und laut der von mir erwähnten CD-ROM soll es auch eine Londoner "Hugenotten"-Aufnahme mit Vrenios 2 Jahre vor der Studioaufnahme geben, bei der er sich in "Normalform" präsentiert (die Besetzung ist fast mit der Studioaufnahme identisch). Von einer "Lakmé" war dort nichts zu lesen, aber im "Steiger" stehen ja auch nicht alle Mitschnitte drin...


    Die von Dir erwähnten Sänger aus der Schellack-Zeit kenne ich auch und im Grundsatz stimme ich Dir zu, daß das dortige Niveau heute nicht mehr erreicht wird, insbesondere bei den Tenören. Der typisch französische Klang, den man etwa noch bei Simoneau oder Gedda hören kann, ist heute fast ganz verschwunden und ich habe wenig Hoffnung, daß dieser Typus noch einmal auferstehen wird, von einzelnen Ausnahmefällen abgesehen. Domingo war zwar ein sehr guter Tenor, aber 1998 im "Propheten" nicht mehr im Vollbseitz seiner Mittel (daher auch die nur skizzenhafte Realisierung des in der Partitur Geforderten), zumal die Tessitura der Partie für ihn einfach zu hoch lag.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo,


    zu Domingo als Prophet an der WSO sollte man noch hinzufügen, dass er eigentlich sehr überzeugende Vorstellungen gesungen hat (zumindest die, die ich gesehen habe), seine Partie aber stark transponiert war! Seine Zweitbesetzung jedoch - Janez Lotric - hat in der Originallage gesungen!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Nun ist die große Begeisterung der Forianer für Meyerbeer doch schon wieder vorbei??


    Es ist noch immer sehr bedauerlich, dass es so wenige Aufnahmen seiner Opern gibt.


    Es ist sträflich, dass Meyerbeers Opern fast völlig von den Bühnen der Opernwelt verschwunden sind.


    Jahrzehnte meinte man, Meyerbeers Opern seien nur ekletzistisch. Als das nicht mehr haltbar war, meinte man, die Partien seien zu schwer zu besetzen.


    Auch für andere Opernwerke bedarf es enorme Anstrengungen bei der Besetzung von Partien. Gerade die großen leistungsfähigen Opernhäuser stehen hier in der Pflicht!!!


    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo zusammen,
    daß ist ja eine Freude, daß hier eine (wenn auch kleine) Meyerbeer-Gemeinde gibt!! Einer meiner absoluten Stars in der nach-barocken Zeit!!!!
    Nachdem hier im Thread ja schon seine wichtigsten Werke angesprochen worden sind, möchte ich allen auch seine für die Opera Comique geschriebene Dinorah, manchmal unter dem Titel Le Pardon de Ploermel bekannt, ans Herz legen. Es handelt sich, um die letzte Oper, die Meyerbeer vollständig abgeschlossen hat. Die Uraufführung der »Dinorah« fand am 4. April 1859 in der Opera Comique in Paris statt, eine zweite, italienisch-sprachige Fassung wurde bereits am 26. Juli desselben Jahres in London gespielt. Es handelt sich um ein weniger groß-dimensioniertes, weniger dramatisches und natürlich auch weniger tragisches Werk als die vier Grand Operas. Meyerbeer hat für »Dinorah« eine hochinspirierte, sehr zarte und zugleich melancholische Musik geschrieben. Allein die Overtüre gehört IMO zu den absoluten Highlights seiner Musik.
    Aktuell ist, glaube ich, nur eine (zudem recht teure) Einspielung auf dem Markt (Label: Opera rara), die aber sehr empfehlenswert ist:



    mit: Deborah Cook (eine bezaubernde Dinorah), Christian Du Plessis (Hoel), Alexander Oliver (Corentin), Della Jones (ein Ziegenhirte), Marily Hill Smith (eine Ziegenhirtin), Roderick Earle (ein Jäger), Geoffrey Mitchell Choir, Philharmonia Orchestra, Leitung: James Judd


    Begeistert und Herzlichst,
    Medard

  • Hallo Mayerbeer-Fans, ;)


    Im Gelsenkirchenr MIR steht nächste Spielzeit "Die Afrikanerin" auf dem Spielplan...da ich dann wohl schon in Berlin studieren werde, hoffe ich, dass ich Gelegenheit finde mir das ganze anzusehen!


    Viele Grüße,


    Raphael

  • Ich empfinde Meyerbeer als einen großen Komponisten,


    der vielen anderen den Weg bereitet hat, auch Wagner.




    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner

  • Das ist richtig. Er hat Wagner in Paris durchaus gefördert und immer wieder finanziell unterstützt - Herr Wagner hat es dem guten Meyerbeer aber ziemlich schlecht gedankt - und leider zudem recht nachhaltig. Bleibt zu hoffen, daß man nach und nach die wirkliche Grüße Meyerbeers erkennen und wertschätzen lernt.
    :hello:
    Medard

  • Mir tut es leid, dass ich von Meyerbeer praktisch gar nichts kenne. Nur einen kleinen Auschnitt aus "Dinorah" - den allerdings auswendig. :D
    Undzwar singt den Katarzyna Dondalska (gebt ihren Namen ein und "hört" selbst)... besonders reizend ist das hohe a3 von ihr! 8o
    Sind seine Opern so schwer, dass sie selten gespielt werden??

  • Hallo c.m.d


    Ich denke, dass es neben den musikalischen und szenischen Schwierigkeiten vor allem an dem Geist dieser Open liegt - er wird (oder besser wurde) als extrem schwülstig, kitschig und übertrieben empfunden.
    ...Heute verlangt uns aufgeklärten Menschen aber hin und wieder nach Entdeckungen... :D
    Eine sehr witzige Parodie auf die Französische Grand opera der Jahre 1840-50 findet sich in dem Musical "das Phanotm der Oper" ( :stumm: )...ganz zu anfang...(Das ist aber neben den anderen beiden karikierenden Opernszenen "Il Muto" und "Don Juan" die einzige sehens und hörenswerte Stelle!!! )


    LG
    RL

  • Zitat

    Original von c.m.d
    Sind seine Opern so schwer, dass sie selten gespielt werden??


    Hm, sehr anspruchsvoll sind die (Haupt-)Partien seiner Opern schon, und lang sind zumindest seine vier Grand Operas (Robert der Teufel, Die Hugenotten, Der Prophet und Die Afrikanerin). Abwer das eigentliche Problem besteht wohl darin, daß es nicht ganz einfach ist die Opern wirklich gut zu besetzten, da es ein Charakteristikum der Meyerbeerschen Grand Operas ist, daß sie jeweils zwei gleichwertige Protagonisten-Paare aufweisen. Man braucht also immer vier Top-SängerInnen. Abgesehen davon, sind auch einige der Nebenpartien in Meyerbeers Opern sehr anspruchsvoll.
    Ich denke, das ist für ein durchschnittliches Opernhaus schon ein Problem...


    Zitat


    Ich denke, dass es neben den musikalischen und szenischen Schwierigkeiten vor allem an dem Geist dieser Open liegt - er wird (oder besser wurde) als extrem schwülstig, kitschig und übertrieben empfunden.


    Hallo Raphael,
    das mit der Schwülstigkeit, dem Kitsch und der Übertreibung ist auch so ein Wagner-Erbe in der Meyerbeer-Rezeption. Ja sicher, manches ist schon auf den großen Affekt angelegt (aber ist das bei Wagner nicht auch so ? Ich sag nur »Heil Dir, Sonne / heil Dir Licht« oder Walkürenritt).
    Ich finde übrigens, daß die Libretti zu Meyerbeers Opern alles andere als schwülstig und kitschig sind. Es handelt sich um hochpolitische Texte, in denen gesellschaftliche Probleme in private Konstellationen hineinreichen bzw. in diesen gespiegelt werden. Ich meine, Scribe hatte schon einen Riecher für Dramatik und Theater. Die Themen der Libretti, die er für Meyerbeer geschrieben hat, drehen sich - und das finde ich überaus Interessant - um die Probleme und die Verfolgung religiöser Minderheiten (Hugenotten, Wiedertäufer) oder um Probleme interkulturellen Kontakts (Die Afrikanerin [die übrigens gar keine ist]. Hat vielleicht auch was mit Meyerbeers Biographie zu tun.
    Schwulst kann ich da keinen finden und Kitsch auch nicht. Das gilt für Meyerbeers Musik gleichermaßen. Schon allein die Overtüre zu den Hugenotten, mit dem Zitat des Chorals »Ein feste Burg ist unser Gott« ist eine Offenbarung - und weist zudem auf den politischen Charakter des Ganzen hin.


    :hello:


    Medard

  • Die ORF-Reduktions-"Hugenotten" unter Märzendorfer (Moderator war damals Marcel Prawy in Hochform) habe ich in schönster Erinnerung, nicht nur wegen dem wirklich unübertrefflichen Gedda, sondern auch weil das übrige Ensemble mit Feuer bei der Sache war. Das sachverständige Publikum murrte auch nicht, weil sowohl die Königin wie der Page die höchsten Töne verfehlten. Die beiden lieferten aber nicht bloß ein Kunststück ab, sondern versuchten, ihre Rollen wirklich lebendig zu gestalten. So sehr ich Joan Sutherland in der viel bekannteren Bonynge-Version schätze, im Vergleich wirkt ihre geläufige Gurgel ein bisserl nüchtern. Ich lobe mir, gerade bei Meyerbeer, die Emotion, auch wenn es dann mit technischen Korrektheit nicht hundertprozentig klappt. Und die Sutherland kann es; bei dieser mörderischen Partie verstehe ich aber irgendwie, daß man vorsichtiger zu Werk geht. Märzendorfer scheint mir übrigens international ein wenig unterschätzt; er verkörpert für mich so etwas wie den idealen Opernkapellmeister ohne Allüren, ganz Dienst am Werk - wie sehen das bessere Kenner?


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    Die ORF-Reduktions-"Hugenotten" unter Märzendorfer (Moderator war damals Marcel Prawy in Hochform) habe ich in schönster Erinnerung, nicht nur wegen dem wirklich unübertrefflichen Gedda, sondern auch weil das übrige Ensemble mit Feuer bei der Sache war. [...] So sehr ich Joan Sutherland in der viel bekannteren Bonynge-Version schätze, im Vergleich wirkt ihre geläufige Gurgel ein bisserl nüchtern. Ich lobe mir, gerade bei Meyerbeer, die Emotion, auch wenn es dann mit technischen Korrektheit nicht hundertprozentig klappt. Und die Sutherland kann es; bei dieser mörderischen Partie verstehe ich aber irgendwie, daß man vorsichtiger zu Werk geht. Märzendorfer scheint mir übrigens international ein wenig unterschätzt; er verkörpert für mich so etwas wie den idealen Opernkapellmeister ohne Allüren, ganz Dienst am Werk - wie sehen das bessere Kenner?


    LG


    Waldi


    Lieber Walter,
    ich kann Dir da eigentlich nur beipflichten. Die Märzendorfer Interpretation ist große Klasse. Gibt's übrigens als Mitschnitt auf Tonkonserve:



    Märzendorfers »Fassung« hat aber leider den Nachteil, daß da ganz erheblich im Stück rumgestrichen worden ist. Dennoch: musikalisch ist's ein Sahnestück. Frau Shane gefällt mir in der Rolle der »Marguérite« (trotz der von Dir angesprochenen Aussetzer) erheblich besser als die Eiseskälte vermittelnde, virtuos trällernde Mrs. Sutherland (abgesehen davon ist die Decca-Produktion aber auch schon ein Meilenstein gewesen!). Die gelungenste Einspielung ist IMO die bei Erato gelabelte unter der Leitung Cyril Diederich mit Ghylaine Raphanel als »Marguérite«, Francoise Pollet als »Valentine« und Richard Leech als »Raoul« (hier ist übrigens nichts aus der Partitur gestrichen - dafür ist die Einspielung gegenwärtig aus den Katalogen gestrichen. Ohne Striche scheint bei Les Huguenots nichts zu gehen).
    Was Märzendorfers Qualitäten allgemeiner Art angeht, vermag ich so recht nichts beizutragen, weil mir eigentlich nur der besagte Radiomitschnitt der Hugenotten-Auffühtung sehr gut vertraut ist...
    Herzlichst,
    Medard

  • Meine Lieben,


    Die "Hugenotten" von 1955 unter Robert Heger sind in punkto Vorzüge und Schwächen schon von Joschi - vor allem im Zusammenhang mit der Frage, ob deutsch oder übersetzt besser ist, kurz charakterisiert worden. Ein paar zusätzliche Bemerkungen können aber wohl nicht schaden.


    Die Tonqualität ist für die Zeit fabelhaft gut, allerdings entgeht man deswegen und infolge der nicht laut genug zu lobenden Wortdeutlichkeit aller Mitwirkenden den Schwachstellen der Übersetzung auf keinen Fall. Das Große Wiener Rundfunkorchester tut sein Möglichstes, Philharmoniker sind das natürlich nicht. Manches klingt doch etwas bieder, aber ich habe das Gefühl, daß sich das im Laufe der Oper verbessert, und Heger dann die Dramatik besser gelingt als zu Beginn. Ganz ausgezeichnet der Staatsopernchor, der keine Wünsche offen läßt. Karl Terkal als etwas heldischer Raoul tut sich am Anfang auch noch etwas schwerer, läuft aber im zweiten Akt im Duett mit der Königin zu großer Form auf und überzeugt dann durchaus. So wie er gehören die Damen hier zu den sehr zu Unrecht Vergessenen. Valerie Bak liefert eine sehr menschliche, attraktive Marguerite (von dieser Sängerin würde ich gerne mehr hören!). Direkt ein Glück für Raoul, daß die hauptsächlich sonst in München tätige Maud Cunitz als Valentine nicht weniger warm und liebenswert singt. Eta Köhrer als Page verfügt über eine sehr jugendliche Stimmfärbung, gibt dementsprechend nicht so sehr einen eleganten als ernsthaft-beflissenen Boten der Königin. Typisch für die fünfziger Jahre: Keine von den dreien singt so, daß man an Kunststücke denkt, alle erfüllen ihre Rolle mit Persönlichkeit und Leben, man empfindet die Stimmen als individuell. Ein Erlebnis für sich ist Gottlob Frick als Marcel: Seine Ausdrucksstärke und schwärzliche Färbung passen ideal. Da vergißt man, daß sich seine Partie sonst auf französisch besser anhört. Walter Berry als Saint-Bris war noch nicht auf dem Zenit seines Könnens, ist aber tadellos, und auch die Nebenpartien sind hochkarätig besetzt (Equiluz, Mayer-Welfing, Heppe, Balatsch etc.).
    Insgesamt vermittelt diese Version nicht unbedingt das Feuer, das Märzendorfer und - etwas weniger - Bonynge entfachen, aber vielleicht wurde ganz bewußt im Hinblick auf die Sprache auch der Charakter der Musik etwas ins Deutsche "gebrochen". Für alle, die nicht bedingungslose Originalsprachfetischisten sind, trotz einiger Einschränkungen eine wirklich empfehlenswerte (und schließlich äußerst preiswerte) Fassung.


    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi,


    vielen Dank dafür, dass Du diesen Thread aus der Versenkung geholt hast. Vielleicht hilft mir das, endlich mal an die Aufnahme der HUGENOTTEN unter Cyril Diederichs zu kommen, der ich schon seit Jahrzehnten hinterher jage, als mir jemand das letzte Exemplar, das wegen der Streichung der Aufnahme durch Erato reduziert zu haben war, vor der Nase wegkaufte. Womöglich mein negativstes Erlebnis mit der klassischen Musik überhaupt. :angry: Seither fahnde ich danach zwischen Los Angeles, Montreal London und Tel Aviv, aber die Glücklichen, die sie haben, hüten sie entweder wie ein Schatz, oder sie haben Preisvorstellungen, die nman mit einem richtigen Schatz aufwiegen müsste. Was mich erinnert: die Wiederbelebung zahlreicher alter Erato-Aufnahmen wäre eine der dankbarsten und verdienstvollsten Aufgaben, denen sich ein Label wie Brillant widmen könnte.


    Zum Thema: ich schätze nämlich Meyerbeer ungemein und habe so intensiv wie mir möglich versucht, sein Werk kennen zu lernen, seit ich die Hymnen auf seinen ROBERT LE DIABLE in Berlioz' Memoiren verschlungen hatte. Leider erwiesen sich meine finanziellen Verhältnisse und meine Abneigung gegen die damals (LP-Zeitalter) kursierenden Piratenmitschnitte zu Preisen, die ihrer Tonqualität diametral entgegen standen, als sehr hinderlich. Inzwischen habe ich die meisten sener eingespielten Werke (außer den HUGENOTTEN von Diedrich), und meine anhaltende Begeisterung wird allenfalls durch die Länge der Werke gebremst, die es oft verhindern, sie oft ganz anzuhören (und natürlich die Existenz so viel guter anderer Opern).


    Deshalb habe ich den immens kundigen Beiträgen in diesem wirklich vorbildlichen Thread so gut wie gar nichts hinzuzufügen ( BRAVISSOMO GiselherHH) außer dem dringenden Rat, ihn sehr sorgfältig zu lesen - und dann anfangen zu sparen, denn leider ist Meyerbeer einer der wenigen herausragenden Komponisten, die bislang von der Welle der Preisreduktionen so gut wie überhaupt nicht erfasst wurden. Eine einsame Ausnahme wie die von Dir erwähnte Walhall-Aufnahme, die ich bisher gemieden habe, weil ich Meyerbeer nur in einer klanglich adäquaten Fassung hören will und kann (exit Palumbos ROBERT LE DIABLE sobald er nicht mehr mein einziger ist), und das möglichst im Original, ist da die kümmerliche Schwalbe, die noch keinen Sommer macht. Trotzdem: es lohnt sich. Bestimmt mehr als die dritte AIDA oder noch'n RING.


    :hello: Rideamus


    PS: ich glaube, David Parrys CROCIATO IN EGITTO wurde bislang nur im Opera rara - Thread gebührend gewürdigt. Leider noch so ein teures Stück. Dagegen harrt L'ÉTOILE DU NORD, die ich nur in einem Mitschnitt des Wexfod Festivals habe, leider noch immer einer adäquaten Einspielung.

  • Walter Krause


    Lieber Waldi,


    ich habe Frau Bak gekannt, die hier in Düsseldorf lebte und im letzten Jahr 87jährig verstorben ist. Ich besitze eine ganze Reihe - sicher nicht alle - Aufnahmen von ihr. Bei der Trauerfeier habe ich von ihrer besten Freunding Janka Steflic, ebenfalls Sopranistin, eine CD bekommen mit Ausschnitten aus ihrem Repertiore. Bei Interesse gerne nähere Einzelheiten über die alte Dame.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Harald Kral


    Lieber Waldi,


    ich habe Frau Bak gekannt, die hier in Düsseldorf lebte und im letzten Jahr 87jährig verstorben ist. Ich besitze eine ganze Reihe - sicher nicht alle - Aufnahmen von ihr. Bei der Trauerfeier habe ich von ihrer besten Freunding Janka Steflic, ebenfalls Sopranistin, eine CD bekommen mit Ausschnitten aus ihrem Repertiore. Bei Interesse gerne nähere Einzelheiten über die alte Dame.


    Lieber Harald,


    Oh ja, bitte. Wenn's nicht für einen eigenen Thread reicht, dann findet sich schon noch bei den Nostalgie-Threads ein Plätzchen (es gibt sowieso einen für die "Vergessenen"). Man kann nicht oft genug betonen, daß es neben den Plattengrößen auch sehr beachtliche Stimmen gab, die von den Firmen aus verschiedenen Gründen nicht bevorzugt wurden, die aber doch die Erinnerung an die "goldenen" Zeiten mitgeprägt haben. Danke im voraus.


    LG


    Waldi

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