Tschechische Dirigenten der Gegenwart - eine Suche

  • Neulich wurde im Thread
    Semyon Bychkov wird Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie
    behauptet und beklagt, es gäbe keine tschechischen Dirigenten mehr, die geeignet wären, die Tradition der nationalen Orchester würdig fortzusetzen.
    Genau hier möchte ich ansetzen, und die Taminos aufrufen, sich auf die Suche zu begeben: Die von der Schallplattenindurstier und anderen Vermarktungs-Interessenten streben ja immer mehr einen"internationalen" Klang, ebensolche Programme und natürlich auch Dirigenten an. Gewissermaßen das Orchester als "Promenadenmischung" - um Gottes willen nur nichts nationales.
    Diese Tendenz ist ja - naturgemäß eine internationale - aber nicht in jedem Land stößt sie gleichermaßen auf Akzeptanz.
    Im Falle der Tschechen stellt sich die Frage, welch "nationalen " Dirigenten überhaupt noch zur Verfügung stünden, Das Alter ist dabei nicht relevant, ein 80jähriger ist hier genauso willkommen, wie ein 30 Jähriger.
    Der Kandidat sollte hier kurz vorgestellt werden, mit mindestens einer CD-Aufnahme oder aber wenigstens einem youtube-Clip in ansprechender Qualität....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zdeněk Mácal und Libor Pešek werden auf ihre alten Tage wohl kaum noch für größere Senationen sorgen oder Chefpositionen übernehmen, trotzdem würde ich sie gerne einmal noch als Gastdirigenten erleben.

    Er hat Jehova gesagt!

  • Zdeněk Mácal (*1936) wird sich den Schleudersitz des Chefpostens der Tschechischen Philharmonie nicht nocheinmal antun, eher bleibt er bei seinen zweit- und drittklassigen US-Orchestern, wo er sich wohlzufühlen scheint, es sei ihm herzlich gegönnt. er scheint mir ein sympathischer Mensch zu sein (kann man sich natürlich leicht täuschen), ich würde ihn gerne einmal im Konzert erleben, ist jetzt aberauch kein besonderer Lebenswunschtraum. Obwohl er viele Aufnahmen aufgenommen hat, wüsste ich jetzt nicht, was ich mir unbedingt noch anschaffen müsste. Vieles ist bestimmt nicht schlecht, aber braucht man Aufnahmen mit ihm? Nach oberflächlicher Sicht der Bestände konnte ich nur eine CD von ihm in meinem Besitz finden, in der er bezeichnenderweise nicht die "Hauptrolle" spielt:


    Er hat Jehova gesagt!

  • Eine kurze Recherche ergab folgende zumindest theoretisch denkbare Namen als künftige Chefdirigenten der Tschechischen Philharmonie:



    Jakub Hrůša (geb. 1981), Chefdirigent der Philharmonia Prag (2008-2015) und der Bamberger Symphoniker (seit 2016)



    Tomáš Netopil (geb. 1975), Generalmusikdirektor der Essener Philharmoniker (seit 2013)



    Petr Altrichter (geb. 1951), Chefdirigent der Prager Symphoniker (1990-1992), des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra (1997-2002) und der Brünner Philharmoniker (2002-2009)


    Eher aus Gründen der Vollständigkeit, da aus Altersgründen wohl ausscheidend:



    Zdeněk Mácal (geb. 1936), Chefdirigent des Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchesters (1970-1974), des Milwaukee Symphony Orchestra (1986-1995), des New Jersey Symphony Orchestra (1993-2002) und der Tschechischen Philharmonie (2003-2007)



    Libor Pešek (geb. 1933), Chefdirigent der Slowakischen Philharmonie (1981-1982), des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra (1987-1998) und des Tschechischen Nationalen Symphonieorchesters (seit 2007)



    Martin Turnovský (geb. 1928), Chefdirigent der Staatskapelle Dresden (1966-1968) und der Prager Symphoniker (1992-1995)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Und hier noch die geforderten CD-Aufnahmen pro Kandidat:



    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich freue mich über diesen von Alfred eröffneten Thread, nämlich, daß hier auch mal aus unserem Nachbarland berichtet wird und möchte meinerseits
    einen tschech. Dirigenten vorstellen, auch wenn er bisher wohl noch nicht das ganz große intern. Parkett, bzw. das Dirigentenpult, betreten hat:



    Martin Doubravský, geb. 1968


    Er ist Chefdirigent und musikalischer Leiter am Theater /Opernhaus Liberec /Reichenberg (Divadlo F X Saldy Liberec).
    Nachstehender Beitrag ist der einzige, den ich in deutsch gefunden habe, alles andere ist in tschechischer Sprache:


    Bereits die Familie von Martin Doubravský hatte einen bekannten Namen in der Musikwelt. Doubravskýs Großvater zum Beispiel, der berühmte tschechische Geigenvirtuose
    Vaša Příhoda (1900-960), wurde als der „zweite Paganini“ gefeiert. Schon während seiner Studienzeit gastierte Martin Doubravský als Dirigent.
    Heute ist er Chefdirigent und musikalischer Leiter der Oper Liberec.
    Unter seiner Leitung hat das Ensemble viele Preise bei internationalen Opernfestivals gewonnen. Der angesehene und begabte junge Kapellmeister gastiert in ganz Europa am
    Dirigentenpult des Tschechischen Nationalen Sinfonieorchesters und der Prager Philharmoniker. In Deutschland wurde er mit Aufführungen und Tourneen,
    zum Beispiel „Die schöne Helena“ von Jacques Offenbach der „La Sonnambula“ von Vincenzo Bellini, bekannt.


    Ich habe Martin Doubravsky in vielen verschiedenen Vorstellungen in Liberec /Reichenberg erlebt, u. a. auch mit "La Traviata, Nabucco, Aida, Rigoletto".
    Ich würde von mir nie behaupten, über die objektive Kompetenz zu verfügen, um einen Dirigenten fachlich zu beurteilen.
    Mein Urteil begründet sich also nur auf subjektives Empfinden und musikalisches Gefühl und Gespür.
    Und da kann ich sagen und möchte behaupten, daß er ein großartiger Dirigent ist, der sein Orchester immer im Griff hat und klangschön alles aus diesem rausholt.
    Insbesondere halte ich ihn für einen ausgezeichneten Kenner und Interpreten der Opern Verdis mit dem nötigen Gefühl und Einfühlungsvermögen in diese Musik.
    Auch unser erfahrenes Tamino - Mitglied Sixtus, der ihn im Rigoletto erlebt hat, äußerte sich sehr lobend über ihn.


    CHRISSY


    Hier ein kurzer Ausschnitt aus der aktuellen "Jenufa" in Liberec


    Und hier der "Gefangenenchor aus Nabucco" von einer Open - Air - Veranstaltung

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ferner gäbe es noch Petr Vronski (*1946)Er war von 1982-1991 Chefdirigent der Philharmonie Brünn . Derzeit ist er Chefdirigent der Mährischen Philharmonie in Olmütz.
    Und ich habe den Eindruck, daß man dort gut aufgehoben ist. Die Website ist irgendwie sympathisch.
    http://www.mfo.cz/
    Wikipedia hat undes kein besonders Interesse an diesem Orchester, eine deutsach Seite existiert nicht, die englische ist denkbar kanpp gehalten. Ein Link zur Seite des Orchesters existiert nicht. Die Zeiten sind lange vorbei, wo ich die für einen Hinweis auf die Qualität eines Klangkörpers gehalten habe.....
    Hier nun eine Livaufnahme mit Vronsky und seinem Orchester aus dem Jahre 2009
    Vielleich für manche noch interessanter eine Aufnahme aus den Jahren 1999/2000 mit den Prager Symphonikern
    Auf dem Programm steht zeigenössisches Repertoire
    Das Violin. und Violakonzert von Antonin Tucapsky (1928-2014)



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Hörproben der Sechsten klingen doch sehr vielversprechend. :thumbsup:


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vielleicht täte es ja auch ein slowakischer Dirigent?


    Leos SVÁROVSKÝ



    Leoš Svárovský, geboren 1961, studierte Flöte am Prager Konservatorium und Dirigieren an der Hochschule für Musik in Prag bei Professor Václav Neumann. Svárovský begann seine Karriere am Nationaltheater Prag als Assistent von Zdenìk Košler. 1991 wurde er von der Herbert-von-Karajan-Stiftung eingeladen, mit Georg Solti, Claudio Abbado und den Wiener Philharmonikern im Rahmen der Salzburger Sommerspiele zusammenzuarbeiten. Seit 2000 unterrichtet Svárovský Dirigieren an der Akademie der musischen Künste in Prag.


    Seit dem Beginn seiner Karriere war er Chefdirigent hervorragender tschechischer und slowakischer Orchester: 1985-1987 Kammeroper Prag, 1991-93 Janáèek Philharmonie Ostrava, 1991-95 Staatliche Philharmonie Brünn, 1995-2000 Slovak Sinfonietta Žilina. Infolge einer großen Amerika-Tournee mit diesem Orchester 1997 wurde Svárovský in San Bernardino Ehrenbürger. 1997-2009 war er Chefdirigent der Tschechischen Kammerphilharmonie Pardubice, 2001-6/2002 war er auch Chefdirigent des Prager Nationaltheater Ballet Orchestra sowie ständiger Gastdirigent der Slowakischen Philharmonie (2001-6/2002).


    Mit der Tschechischen Philharmonie arbeitet er bereits seit 2001 zusammen. Im Februar 2006 dirigierte er ein anspruchsvolles Programm der Tschechischen Philharmonie im Rudolfinum mit großem Erfolg. Quelle: http://www.stuttgarter-philharmoniker.de/849.html

  • Jakub Hrusa ist wirklich hochinteressant und kein Schaumschläger. Er ist Schüler von Jiri Belohlavek und hat auch die von diesem gegründete Prag Philharmonia geleitet. Dieses Orchester hatte Belohlavek einst als Gegenmodell zur Tschechischen Philharmonie gegründet, weil er die ultrakonservativen Strukturen dort nicht mehr ausgehalten hat.


    Jakub Hrusa hat hier an der Frankfurter Oper vor zwei Jahren eine phänomenal einstudierte Wiederaufnahme von Puccinis Trittico geleitet. Diese Aufführungen werde ich wohl nie vergessen. Dieser junge Dirigent hat enormes Potential und ist sowohl in der Oper wie im Konzert hochkompetent. Eine Ausnahmeerscheinung.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Jakub Hrusa [...] Eine Ausnahmeerscheinung.


    Das dürfte erklären, wieso die renommierten Bamberger Symphoniker nicht lange fackelten und ihn zu ihrem neuen Chef erkoren. Ich könnte mir schon auch vorstellen, dass Hrusa langfristig betrachtet noch Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie wird. Und wenn es erst in zehn, fünfzehn Jahren der Fall ist. Er ist ja noch sehr jung.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das ist ja wirklich ermutigend und ein wirklich begrüßenswerter Thread! Eine sehr gute Idee, lieber Alfred! :) Ermutigend, was es da doch an ganz jungen Dirigenten aus Tschechien heranreift. Vielleicht tritt dann einer später tatsächlich in die Fußstapfen von Neumann!


    Libor Pesek ist ein sehr guter Dirigent - er hat sehr schöne Orchestertranskriptionen von Janacek-Opern gemacht. Die Supraphon-CD, die ich habe, findet sich aber nicht mehr im Netz.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Leoš Svárovsky


    Geboren 1961 in Gablonz n der Neisse , letzter Schüler von Vaclav Neumann
    Er verfügt über eine eigne Website mit ausführlicher Biographie, die ich nicht gekürzt wiedergeben kann, da sie zu komplex ist.


    http://www.leossvarovsky.com/de/biografie


    Er hat auch Tonaufnahmen gemacht, die teilweise noch im im Handel erhältlich sind.




    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !