Ein bisschen schwer, zu erkären was hier gemeint ist, aber ich wil es zumindest versuchen.
Wie so oft ist auch diesmal ein reales Ereignis Anstoß für diesen Thread. Die Idee kam mir, als Agon heute meinte, die Sinfonie Nr 1 von Projofieff sei von den meisten Dirigenten nicht ernst genommen und werde deshalb eher belanglos dirigiert, gespielt etc. BigBerlinBear (ich hoffe er ist gesund) meinte indes, das Werk sei zu gefällig, zu sehr auf den Publikumsgeschmack ausgerichtet, und ihm daher suspekt. Andere Kritiker und Verfasser von Konzertführern oder ähnlicher Literatur, wollen hier einen zur Karikatur veränderten Haydn, zumindest aber ein spöttisches Zitat hören.
Bei Mahler verhält es sich ähnlich: Von vielen als radikaler Neuerer gesehen, passen manche Stellen einiger Sinfonien nicht in dieses Bild, die offensichtlich "sentimentalen Kitsch" beinhalten, flugs wird der dann zur "Ironie" umgedeutet. Bei Schostakowitsch, dem oftmaligen Empfänger des "Stalin-Preises", ist es diesem erfolgeich gelungen "Lobeshymnen auf die UdSSR" der Musikwelt des Westens diese als versteckte, subversive Angriffe gegen das damalige Regime zu verkaufen.
Das hört man jetzt auch eindeutig, was die teilweise selbst aus Komponisten bestehenen Zensoren nicht gehört haben sollen (!!) Bei Haydns Sinfonien, schon von Schumann ziemlich unverhüllt als "altbacken" bezeichnete. Das Image vom "verzopften" "Papa Haydn" hielt sich bis in meine früheste Jugend in der Klassikszene, ebenso jenes vom "Liederfürsten" Franz Schubert, dessen restliche Kompositionen - von einigen Ausnahmen abgesehen - nicht so von besonderer Bedeutung waren.
Zahlreiche "genialen" Komponsten zugeschriebene Werke verschwanden von den Spielplänen, nachden sich herausgestellt hatte, daß sie gar nicht von diesen Genies stammten. Fazit: in vielen Fällen hört man eben das, was man hören will. Bei Interpreten verhält es sich ebenso. Einst unangreifbare Klassikikonen werden vom Sockel gestoßen, mit der Begründung, ihre Interpretationen wären "veraltet", weil sie nicht "historisch informiert" wären.....
Auch mit alten Musikinstrumenten verhält es sich so: Während die einen durch einen historischen Hammerflügel das Erlebnis des Originalklangs preisen - wie ihn der Komponist einst auch gehört haben könnte, hören die anderen ein (oft) verstimmtes altes Klavier, dessen Mechanik klappert und ächzt.....
mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred