Henriette Gottlieb - gefeiert und geschändet


  • Henriette Gottlieb war eine deutsche Opernsängerin, die am 1. Juni 1884 in Berlin auf die Welt gekommen ist. Als Jüdin wurde sie von der SS ins Ghetto Litzmannstadt verschleppt, wo sie am 2. Januar 1942 den Tod fand. Sie begann ihre Laufbahn am Stadttheater Plauen im Vogtland. Von 1913 an war sie bis zu ihrer Entlassung nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 an die Städtischen Oper Berlin, die heutigen Deutschen Oper an der Bismarckstraße verpflichtet. Ihr Repertoire war äußerst vielseitig. Obwohl sie ausgesprochen klein war, behauptete sie sich erfolgreich im hochdramatischen Wagner-Fach. Sie sang Brünnhilde, Venus, Ortrud und Kundry. Auch also "Fidelio"-Leonore hinterließ sie starken Eindruck. Bei den Bayreuther Festspielen war sie 1927 und 1930 als dritte Norn und als Ortlinde eingesetzt. Internationalen Schallplattenruhm bescherte Henriette Gottlieb ein Zufall. Gelegentlich eines Berliner Gastspiels 1930 im Théâtre des Champs-Élysées in Paris unter der Leitung von Franz von Hoesslin sang sie die Gerhilde in der "Walküre". Bei den sich anschließenden Aufnahmen großer Teile des "Ring des Nibelungen" durch die Firma Pathé übernahme sie kurzfristig die Rolle der Brünnhilde. Die ursprünglich vorgesehenen Solistinnen Frida Leider und Nanny Larsén-Todsen standen nicht zur Verfügung, weil sie vertraglich an andere Firmen gebunden gewesen waren. Dieser so genannte Pathé-"Ring", der auf Schalllackplatten in den Handel kam, wurde erstmals von der Firma Gebhardt auf drei CD's veröffentlicht – und seither nie wieder.



    Auf Youtube sind diverse Aufschnitte zu finden, die einen Eiundruck vom Format der Sängerin vermitteln:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Hans, ich habe schon mehrfach an diesem Gedenkstein im Park des Festspielhauses gestanden, auf dem auch an die ermordete Ottilie Metzger erinnert wird. Ihr ist bereits ein eigener Thread gewidmet. Wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, hat es ziemlich lange gedauert, bis man sich in Bayreuth auf das entsetzliche Schicksal seiner einstigen Ensemblemitglieder besann.


    Auf der MUGI-Seite der Hamburger Hochschule für Musik und Theater findet sich ein Gruppenfoto, auf dem Henriette Gottlieb 1928 links neben dem damaligen Festspielleiter Siegfried Wagner zu sehen ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Schicksal dieser Sängerin am Bayreuth der Hitlerzeit vorbei gegangen ist. Leider ist zu wenig bekannt über Henriette Gottlieb. Meinen Eröffnungsbeitrag muss ich dahingehend korrigieren, dass sie zwischen 1927 und 1930 bei den Festspielen mitwirkte.


    Danke für Deine Antwort, die mich freut.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent