LORTZING, Albert: PRINZ CARAMO

  • Albert Lortzing (1801-1851):


    PRINZ CARAMO
    Komische Oper in drei Akten
    Libretto nach einer Vorlage von St. Hilaire und Duport vom Komponisten - Textliche und musikalische Neufassung von Georg Richard Kruse


    Uraufführung am 20. September 1839 in Leipzig, Stadttheater
    Erstaufführung der Neufassung am 27. Februar 1937 im Nationaltheater Mannheim



    DIE PERSONEN DER HANDLUNG


    Marquis von Farambolo (Bass)
    Enrico, Prinz von Forli (Bariton)
    Diana, Tochter des Marquis (Sopran)
    Graf Aroldo, Vertrauter Enricos (Tenor)
    Matteo, Haushofmeister des Marquis (Sprechrolle)
    Caramo, ein junger Fischer (Tenor)
    Angela, seine Freundin (Sopran)
    Chor, Statisterie: Herren und Damen, Bediente, Jäger, Pagen, Bauern, Bäuerinnen, Fischer


    Die Handlung geht im Schloss und Garten des Marquis in Italien zu Anfang des 18. Jahrhunderts vor sich.



    INHALTSANGABE


    ERSTER AKT
    Reich dekorierter Saal im Schloss des Marquis, Ahnenbilder an den Wänden.


    Der Marquis hat geruht anzuordnen, dass für den Besuch des Prinzen Enrico alle Räume geschmückt werden. Jener Prinz, der mitten in der Nacht angekommen ist und momentan noch schläft, ist Mitglied einer Fürstenfamilie, die der Marquis vor einiger Zeit beleidigt hat. Der hohe Besuch soll nun alle Missverständnisse aus der Welt schaffen. Gerade bringen übrigens Kammerdiener neu geschneiderte Kleider (als Geschenke) für den Prinzen, die sich der Marquis genau betrachtet und sie dann in das „cabinet de toilette“ bringen lässt.


    Die Aufregung im Haus hat Diana, Tochter des Marquis, neugierig gemacht und sie erfährt vom Vater, dass sie in seinem Plan eine wichtige Glücksrolle spielen soll. Diese Aussage macht sie stutzig, wie ihre Gegenfrage beweist:

    "Mein Glück? - Weißt du denn, was mein Glück?"

    Der Vater bleibt im ungefähren, sagt, er wolle den Prinzen an sein Haus fesseln, was Diana schon verstanden hat, doch will sie nicht Staffage für die Aussöhnung mit dem Fürstenhaus sein. Sie hat eigene Vorstellungen:

    "Den Mann will ich mir wählen/Nach eig‘nem Herzensdrang."

    Der Herr Papa überhört diese Aussage geflissentlich: Er ist schon gedanklich mit der Einheirat Dianas in das Fürstenhaus beschäftigt, und eine Ablehnung, wie sie soeben angedeutet wurde, ist für ihn unvorstellbar. Es kommt zu einem Gespräch zwischen Vater und Tochter, die zumindest etwas Licht in das Dunkel bringt: Zehn Jahre herrschte wegen der erwähnten beleidigenden Äußerungen des Marquis „Funkstille“ zwischen den Familien; doch nun könnte sich das Blatt wenden! Der Marquis ist sich sogar sicher, dass der Fürst eine Verbindung zwischen seinem Sohn und Diana wünscht und der Gedanke, durch die Heirat Dianas gesellschaftlich aufzusteigen, hat für den Herrn Papa etwas Bestechendes. Deshalb hat er auch keine Kosten und Mühen gescheut, um dem fürstlichen Gast einen angenehmen Aufenthalt zu bieten. Und Diana muss dabei natürlich mitspielen, beispielsweise mit Gesang und Tanz. Sie hat doch eine wundervolle Stimme und deshalb möchte er jetzt eine Gesangsprobe hören. Die fällt zu seiner Zufriedenheit aus, doch Diana beharrt auf ihrer Aussage, dass sie dem Prinzen Enrico weder gefallen noch „sein Eigen“ sein will!


    In diesem Moment ist Gesang von außen zu hören und der Marquis verwünscht im Abgehen mit Diana, die „pöbelhafte Kehle“. Der Sänger ist der Fischer Caramo, der mit seiner Gondel an der Terrasse des Palastes anlegt, dann ins Gebäude geht und sich an dem prachtvollen Saal nicht satt sehen kann. Hier hat seine geliebte, aber plötzlich verschwundene Angela gearbeitet und seine Hoffnung ist es, in diesem Palazzo etwas zu erfahren. In einer Solo-Arie denkt er über die Entführung nach: Sie hat vielleicht am Räuber Gefallen gefunden und umgarnt ihn jetzt mit Liebesworten, während ihm vor Liebesschmerz das Leben sauer wird. Die Frage ist aber auch: Hat sie das eigentlich verdient? Nein! Andere Mütter haben auch schöne Töchter und Angela soll sich nicht einbilden, dass er um sie weinen wird!


    Der Anblick einer aufgehängten feinen Herren-Kollektion erweckt sein Interesse: Ob ihm wohl jener Staatsrock dort stehen würde? Von der Überlegung zur Anprobe ist es nur ein kleiner Schritt: Caramo verschwindet hinter einem Paravent und zieht sich um. Währenddessen kommt Prinz Enrico aus seinem Zimmer und sinniert über seine augenblickliche Lage: Warum hat ihn sein Vater in dieses langweilige Kaff geschickt? Was hat er getan, dass ihm diese Strafe auferlegt wurde? Er gibt (beiseite gesprochen) zu, dass Leben genossen zu haben! Und jetzt soll er, sozusagen als Strafe, die Tochter des Marquis heiraten, die er überhaupt nicht kennt, die vielleicht so langweilig ist, wie dieser winzige Ort?


    Die nächste Szene zeigt, dass es in einer Oper nicht immer logisch zugeht: Zu dem Selbstgespräch Enricos kommt nun das des hinter dem Paravent nach vorne tretenden Caramo. Der hat Enricos Eintreten nicht mitbekommen, während der Prinz Caramos Murmeln gehört hat und schnell hinter die Spanische Wand huscht, während sich Caramo neugierig im Wandspiegel betrachtet und sich dabei wohlgefällig als „außerordentlichen Kavalier“ bezeichnet. Enrico tritt lachend hervor und bestätigt das Selbstlob. Caramo fällt vor lauter Schreck auf die Knie, bittet für die Maskerade um Vergebung und will sich sofort wieder umziehen, doch Enrico folgt einer plötzlichen Eingebung: Er wünscht aus Spaß den Fischer zu spielen und Caramo darf der Prinz sein. Der aber hat Bedenken, weil er sich mit höfischen Manieren nicht auskennt. Enricos Antwort bleibt vage und ist doch klar: Mach einfach, was du willst, rede oder schweige, und alle werden es als hochherrschaftlich goutieren!


    Der Prinz will gehen, findet aber plötzlich die Tür verschlossen; auch Caramo kann nicht helfen, denn seine Gondel wird soeben vom Marquis konfisziert, weil er glaubt, Enrico wolle damit fliehen. Caramo geht in des Prinzen Zimmer - und Enrico steht plötzlich vor Diana. Die glaubt, er sei mit dem Prinzen gekommen und fragt ihn, ob er etwas über etwaige Heiratspläne des Fürstensohnes gehört habe. Enrico verneint die Frage, gesteht sich aber (beiseite) ein, dass ihm die junge Dame gefällt. Darüber vergisst er fast, seine Rolle als Fischer zu spielen. Auch Diana ist von ihrem Gegenüber wegen seiner guten Manieren (für einen Fischer ungewöhnlich) angenehm berührt, bemüht sich aber, ihn das nicht merken zu lassen. Das Gespräch endet abrupt, als aus dem Hintergrund die Stimme des Marquis zu hören ist; Diana zieht sich zurück und Enrico verschwindet wieder hinter der Spanischen Wand.


    Mit dem Marquis tritt gleichzeitig Caramo, aus dem Prinzenzimmer kommend, auf die Szene und wird sofort mit Worten und Ehrenbezeugungen begrüßt. Als dann von Bediensteten ein opulentes Frühstück aufgetischt wird, langt er ordentlich zu. Das irritiert den Marquis und Caramo sagt unverblümt, dass er sich „aus Vergnügen gerne mal gemein“ mache. Das findet der Marquis (für sich) „ungemein gnädig“. In diesem Moment versucht Enrico, sich vom Paravent wegzuschleichen, wird jedoch vom Marquis gesehen, der auch sofort die Wache ruft, um den Eindringling festnehmen zu lassen. Caramo ist jedoch damit überhaupt nicht einverstanden und besteht auf „Bewegungsfreiheit“ für den Mann...


    ...worauf der Marquis diesem Wunsch nachgibt. Plötzlich öffnen sich die Türen und der Saal füllt sich, angeführt von der Dienerschaft, mit Gästen, die zum Prinzenempfang eingeladen sind. Caramo gefällt der Huldigungschor, den ihm die Besucher darbieten, er fühlt sich wohl unter den Grafen und Baronen und ihren reizenden Damen, wird aber vom Majordomo Matteo, der Comtesse Diana ankündigt, zur Aufmerksamkeit gezwungen. Deren Auftritt entlockt ihm ein „Alle Teufel“ und der Marquis meint daraufhin indigniert, dass die Schöne seine Tochter sei. Allerdings gefällt ihm die Begeisterung des „Prinzen“ für seine Tochter und er denkt wieder an „Glanz und Macht“, wobei nicht zu übersehen ist, dass Diana den „Prinzen“ ablehnt. Sie will auch zunächst nicht, wie ihr Vater es fordert, für ihn singen, lässt sich dann aber doch dazu überreden. Der Gesang ist allen Anwesenden großen Beifall wert, und man begibt sich auf Bitten des Marquis zum Schmause und Lustwandeln in den Garten. Diana nimmt sich vor, den Prinzen nicht an sich herankommen zu lassen, während sich Caramo von Dianas Schönheit angezogen fühlt und seine „Schlange Angela“ darüber zu vergessen bereit ist.



    ZWEITER AKT
    Der Schlossgarten.


    Nach dem Ende der Festivitäten ist Caramo alleine und äußert sich in einer großen Arie über seine Situation: Alle Pracht im Hause des Marquis, allen Huldigungen der Leute zum Trotz, selbst Dianas Schönheit lässt ihn seine Angela nicht vergessen. Der Marquis reißt ihn aus seinen Gedanken mit der Bemerkung, das Volk sei einfach dumm, was Caramo ärgert und er sich solch ein „ungewaschenes Zeugs“ verbittet! Den verärgerten Prinzen überzeugend spielend, geht er ab und der Marquis steht ratlos da. Er sieht seine Heiratspläne gegen Null sinken und die hinzukommende Diana verstärkt den Eindruck noch mit der unmissverständlichen Botschaft, dass der Prinz nicht ihre Kragenweite hat - jeder Fischer hier hat mehr Format! Der Marquis geht bedröppelt ab…


    ...während der echte Prinz - als Fischer verkleidet - singend um die Ecke kommt und Diana anspricht, sie ihn jedoch erst einmal abweist, dann aber doch mit ihm spricht. Seine Fische interessieren sie nicht, aber sein Gesang war wirklich schön! Er stimmt nochmals ein Lied an, das Diana gefällt und in das sie sogar einstimmt, und somit das Enricos Solo zu einem Liebesduett ausweitet. Was da auf eine traute Zweisamkeit hindeutet, endet im abrupten Abgang der beiden jungen Leute. Diana trifft dabei auf eine vornehm gekleidete, verschleierte Frau, die sich als Caramos Angela herausstellt. Sie erzählt Diana, dass sie von einem Mann mit Liebesschwüren bestürmt, und, weil sie sich abweisend verhielt, entführt wurde. Sie erwachte nach einer Ohnmacht bei einer alten Frau, wo wieder der seltsame „Herr Inkognito“ auftauchte und ihr wertvolle Geschenken im Namen eines unbekannten Dritten überbrachte. Heute habe sie endlich fliehen können und sei nun wieder hier - wo sie immer so glücklich war.


    Der Marquis und Caramo kommen und der „Prinz“ erkennt seine Angela sofort, sie ihn wegen seiner vornehmen Kleidung jedoch nicht. Caramo vermeidet eine direkte Ansprache, um nicht aufzufallen. Von Diana verlangt der Vater zu wissen, was sie plant, und was Angela hier zu suchen habe. Der drohende Unterton in seiner Stimme lässt Caramo etwas mehr „Contenance“ einfordern. Diana ist unentschlossen und druckst nur herum, doch als der Marquis Angela davonschickt, widerspricht Caramo energisch, was den Marquis auf den Gedanken bringt, dass sein Gast auch an Angela Interesse habe. Das muss er in Ruhe reflektieren und er geht mit Diana ab.


    Zwischen Caramo und Angela kommt es nun zu einer Art komischem Verhör, bei dem er zwar gekonnt den affektierten Prinzen mimt, Angela ihn jetzt aber erkennt, doch weiter die Unwissende spielt. Seine Fragen nach Einzelheiten der Entführung, den Täter und wie der sich benommen hat, beantwortet sie, dass „Herr Inkognito“ immer höflich gewesen sei, aber behauptete, im Auftrag eines Dritten gehandelt zu haben. Dieser dritte Mann, denkt Caramo, kann nur der echte Prinz gewesen sein und er beschließt, sich an ihm zu rächen.


    In diesem Moment tritt der Marquis mit örtlichen Fischern auf die Szene, die dem Prinzen ein jubelndes „Willkommen“ zurufen und dabei auch noch einen Tanz hinlegen. Das Ballett unterbricht Matteo mit der Nachricht, dass man im Hafen einen Fischer verhaftet habe, der ein Boot gekauft und mit Geld aus einer Börse, die das Wappen des Fürstenhauses trug, bezahlen wollte. Der Mann wurde als Dieb verhaftet und steht vor der Tür, um verhört zu werden. Auf ein Zeichen hin bringen Hellebardieren Enrico herein und der behauptet sofort, dass der „Prinz dort“ (er zeigt auf Caramo) seine wahre Identität kenne und bestätigen werde, dass er kein Dieb sei. Der aber denkt wegen Angelas Entführung nicht daran, Enrico aus der Patsche zu helfen. Er gibt, ganz in der Rolle des Prinzen, sogar den Befehl, den Dieb in den Arrest zu führen; obendrein nimmt er die angeblich gestohlene und prall gefüllte Geldbörse an sich und lässt den Inhalt zu deren Freude an die Fischer verteilen.



    DRITTER AKT
    Der Saal mit der Ahnengalerie des Marquis wie im ersten Akt.


    Der Marquis hat den Familienrat zu sich gerufen und man sieht (erstaunt und belustigt) weißhaarige Alte den Saal betreten und erwartungsvoll Platz nehmen. Als erstes erinnert sie das Familienoberhaupt an ihre Abkunft von „Justinian dem Weisen“ und reicht auf das zustimmende Nicken der Altenriege sofort die dämpfende Nachricht hinterher, dass die Weisheit zwar geblieben, das Geld aber perdu sei. Geschickt wartet der Marquis einen Augenblick, betrachtet dabei die betretenen Gesichter und kommt dann mit der Idee heraus, dass nur eine reiche Heirat Geld in die Familienkasse spülen kann. Die Idee findet allgemeinen Beifall, doch fragt man belustigt, ob er dafür nicht doch etwas zu alt sei und erfährt dann, dass es Diana sei, die vor den Traualtar treten soll. Das führt im „Plenum“ zu einem Ratespiel mit Namen der Heiratskandidaten, um dann bass erstaunt den Namen des Prinzen Enrico zu hören. Nach einer Schrecksekunde brandet erneuter Jubel auf und man ist sich einig, dass diese Verbindung Glanz auf die Familie Farambolo ausstrahlen wird!


    Allerdings zeigt sich sehr schnell, dass niemand in der Runde mit der in diesem Punkt störrischen Diana gerechnet hat, denn die lehnt, von Majordomo Matteo in die Ratssitzung geführt, die Verbindung mit dem Fürstensohn strikt ab und nennt mit dem Fischer Caramo sogleich ihre große Liebe. Es folgt lauter Protest der männlichen Ratsmitglieder, während die Frauen ob solcher Missachtung von allgemein gültigen Regeln in Ohnmacht fallen und Diener Riechfläschchen bringen müssen. Dem Vater Dianas fällt als Drohung nur ein, dass er seine Tochter in ein Kloster stecken wird, während die Alten schon die Urahnen in den Gräbern rotieren sehen. Empört verlassen alle den Saal, auch Diana.


    Verwandlung in den Schlossgarten.


    In dem folgenden Quartett hat Graf Aroldo, der Vertraute des Prinzen Enrico, einen kurzen Auftritt: Er muss einen Brief für den Fürstensohn abgeben, weiß aber nicht, wo er ihn suchen soll. Deshalb vertraut er dieses Schreiben dem Majordomo an, und der sagt eine Weiterleitung auch zu. Vielsagend fügt Graf Aroldo hinzu, dass dem Marquis „ein großes Glück“ ins Haus stehe. Das Verwirrspiel geht nun weiter: Matteo wird das Schreiben schnell los, denn der Prinz, es ist natürlich Caramo, kommt hinzu, gerät aber in die Bredouille, weil nicht lesen kann. Da trifft es sich gut, dass der Marquis auftaucht und Caramo ihm mit gelangweiltem Ton in der Stimme befiehlt, den Brief vorzulesen. Der Inhalt ist für den Herrn des Hauses aber alles andere als erfreulich, denn er konstruiert für sich daraus die Entführung Dianas, weil damit die Heirat mit dem Prinzen verhindert werden soll. Und es kommt noch schlimmer, denn Angela ist inzwischen dazu gekommen, erkennt in Aroldo ihren Entführer und verlangt von Prinz Caramo seine Bestrafung. Für Aroldo und den Marquis ist das Geschehen undurchschaubar geworden - sie gehen ratlos ab.


    Zurück bleiben Angela und Caramo. Angela reißt nun das Geschehen an sich, indem sie von einem Traum erzählt, die Hoheit sei ihr Fischer Caramo. Der reagiert in alter Manier und ruft sie zur Ordnung, doch Angela macht ihm klar, dass die Verwechslungskomödie für sie beide jetzt ausgespielt ist. Caramo zeigt sich nicht nur befriedigt, sondern auch erleichtert, nimmt sie in seine Arme und in einem Duett schmieden sie schon jetzt Zukunftspläne. Doch Caramo will die Komödie noch weiterspielen, weil er inzwischen weiß, dass Enrico nicht Angelas Entführer war, sondern ein bedeutungsloser Hofmann (er verschweigt oder kennt nicht den Grund für die Entführung); deshalb gedenkt er an der Klärung aller Missverständnisse auch mitzuwirken. Während Angela sich fragt, ob der Prinz ihrem Caramo wohl die „Absolution“ erteilen wird, ist der genau davon überzeugt - und wenn nicht, dann werden sie eben in die Ferne ziehen. Das Duett endet mit Caramos Wunsch nach vielen Kindern, während Angela, Luft holend, diesen Gedanken zunächst einmal als „unschicklich“ ablehnt, dann aber doch freudig zustimmt (eine Szene, die an Papageno und Papagena erinnert und Lortzings Affinität zu Mozart unterstreicht).


    Nach Angelas Abgang tritt der „echte“ Prinz auf, macht Caramo seine Honneurs und bittet untertänigst um eine Audienz. Caramo spielt mit, aber bedauernd, nichts mehr für ihn tun zu können, weil er gerade abgedankt habe. Enrico geht darauf ein und beklagt eine unwürdige Behandlung durch die „Hoheit“, die Caramo mit dem Hinweis auf die für ihn zunächst feststehende Entführung Angelas begründet. Das lässt Enrico sogar gelten und er verspricht, dass Caramo nicht umsonst sein Stellvertreter gewesen sein soll. In einer Solo-Arie dankt er dem Fischer für manche gute Lehre und erinnert sich auch an die vielen Mädchen, denen er nachgestellt hat. Jetzt aber hat er nur Gedanken für eine:

    "Weder Ninettchen, noch das Fanchettchen,/Nicht mehr Annina oder Rosina. […]
    Nein, nur die eine, die wird die meine,/Lieb ich noch!/Glaubt ihr’s nicht? Ich tu es doch!"


    Auftritt des Marquis mit Diana: Der Herr Papa besteht weiterhin auf der Heirat Dianas mit dem Prinzen, Diana aber bleibt störrisch und sagt "Nein"! Sie wiederholt, dass sie nur ihren Fischer heiraten wird. Basta! Alles Zureden ändert nichts an ihrer Haltung. Der Marquis möchte sich am liebsten alle Haare einzeln ausreißen. Er ahnt nicht im mindesten, was noch auf ihn zukommt - Angela und Caramo nämlich. Und der Fischer hat das Staatskleid abgelegt, hat sein Fischerwams angelegt und bittet, zusammen mit Angela, den nach Luft schnappenden Marquis um seine Heiratserlaubnis. Während der Marquis immer noch nicht klar sieht, hat Diana längst verstanden. Die Bestätigung, wer der echte und wer der falsche Prinz war, wird jetzt durch einen Festzug geklärt, den Majordomo Matteo und Prinz Enrico anführen. Der Fürstensohn bittet den Marquis um die Hand seiner liebenswürdigen Tochter und der wieder stolze Herr Papa wendet sich an Caramo

    "Aber Mensch! Wie konnte Er uns glauben zu machen suchen,
    dass Er der Prinz sei, während Wir doch auf den ersten Blick erkannten ---"


    Na ja, dem Herrn Marquis sei seine Behauptung, alles durchschaut zu haben (Justinianischer Weisheit geschuldet) nicht nachgetragen; die Anwesenden sind jedenfalls nachsichtig und man singt gemeinsam

    "In verhängnisvollen Lagen/Hilft uns Schlauheit und Genie.
    Wer nicht vor den Kopf geschlagen,/Der kommt durch, er weiß nicht wie."


    INFORMATIONEN ZUM WERK


    Für die hier vorgestellte Oper benutzte Lortzing das Libretto des französischen Zweiakters „Cosimo“ von Vilain de Saint-Hilaire und Paul Duport, mit der Musik von Eugène Prosper Prévost. Obwohl es damals eine deutsche Übersetzung gab, bearbeitete Lortzing das Original selbst. Die Uraufführung am 20. September 1839 in Leipzig war „freundlich, konnte aber den Erfolg des ‚Zaren‘ nicht wiederholen“ (Schirmag: Lortzing). Einiges aus dem Werk hat der Komponist in späteren Opern verwendet: Die Ouvertüre z. B. ist zum Teil notengetreu in „Regina“ übergegangen, zwei Stücke aus der Ballettmusik tauchen am Ende des zweiten Aktes von „Undine“ auf, andere Stücke finden sich im „Wildschütz“ und „Waffenschmied“. Einiges aus der Partitur weist bereits auf Offenbachs gesellschaftskritischen Parodien hin.


    Diese Inhaltsangabe beruht auf der textlichen und musikalischen Bearbeitung von Georg Richard Kruse (Textheft erschienen im Afa-Verlag Hans Dünnebeil, Berlin, ohne Jahresangabe). Die Verknüpfung mit dem Leipziger Fest des Fischerstechens (der Originaltitel der Komödie lautet „Prinz Caramo oder Das Fischerstechen“) bleibt dabei außen vor, weil das Fest zwar erwähnt wird, in der Handlung jedoch keine Rolle spielt. Eine weitere Neufassung kam 1963 im Kleinen Haus der Städtischen Theater in Leipzig heraus (Text Dietrich Wolf, Leo Nodomansky, Christoph Hamm, neue musikalische Einrichtung Walter Hessel). Die Produktion hatte beim Publikum Erfolg und damit die Lebensfähigkeit der Oper bewiesen (Heinz Schirmag, Lortzing).


    © Manfred Rückert für den Tamino-Opernführer 2017
    unter Hinzuziehung des Librettos von G. R. Kruse
    und der Lortzing-Biografie von Heinz Schirmag

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