Stefan Temmingh - Blockflötenvirtuose aus Südafrika

  • Stefan Temmingh wurde 1978 in Kapstadt, Südafrika geboren und lebt heute in München. Er entstammt einer südafrikanisch-holländische Musikerfamilie. Temmingh studierte von 1998 bis 203 in München bei Markus Zahnhausen und am Richard-Strauss-Konservatorium. Ein Aufbaustudium folgte bei Prof. Michael Schneider an der Musikhochschule in Frankfurt/Main. 2008 erhielt er das Stipendium der Stadt München für Neue Musik. 2010 folgte ein Lehrauftrag an der Hochschule für Musik und Theater und München. Im Jahre 2016 wurde Stefan Temmingh mit einem ECHO KLASSIK als Instrumentalist des Jahres (Flöte) ausgezeichnet (für die CD „Birds“ mit Dorothee Mields).


    Der Corriere della Sera in Mailand schrieb zu seiner Debüt-CD „Corelli à la mode“:
    „Noch nie hat man von einer Blockflöte Töne gehört, die so mühelos und so differenziert auf der gesamten Bandbreite von Klangfarbe und Dynamik gespielt wurden.“


    Sein Repertoire umfasst nahezu die gesamte Originalliteratur für Blockflöte aus der Barockzeit, reicht aber auch bis zu Neuer Musik. Regelmäßig führt er zeitgenössische Werke auf, beauftragt aber auch selbst Werke, die er uraufgeführt hat. Ein großes Augenmerk richtet Stefan Temmingh darauf, die Grenzen des Blockflötenrepertoires zu erweitern. Dies widerspiegelt sich auch in seinen CD-Aufnahmen.


    Neben seinen internationalen Auftritten als Kammermusiker, musiziert Stefan Temmingh mit seinem Barockensemble "The Gentleman’s Band" und u.a. mit dem Ensemble Phoenix München, der Berliner Lautten Compagney, dem Stuttgarter Kammerorchester, dem Folkwang Kammerorchester oder der Hofkapelle München; er trat auf beim Bachfest Leipzig, bei den Bachwochen Thüringen, bei den Mosel-Musikwochen, bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen, den Varazdin Baroque Evenings in Kroatien und bei weiteren Alte-Musik-Festivals. Konzertreisen führten ihn nach Südafrika, Russland, Kroatien, in die Niederlande, die Schweiz, die Slowakei und den Libanon. Zahlreiche Rundfunkaufnahmen sowie mehrere CDs dokumentieren sein Können und seine künstlerische Bandbreite.


    Hier ein kleiner Überblick über die CD-Aufnahmen von Stefan Temmingh


    Als erste CD veröffentlichte S. Temmingh 2009 das Album „Corelli a la mode“ zusammen mit der Cembalistin Olga Watts. Die Einspielung enthält die Violin-Sonaten op. 5 Nr. 7 bis 12 von Arcangelo Corelli in Bearbeitung für Flöte und mit Originalverzierungen des 18. Jahrhunderts. Die Bearbeitungen stammen von William Babell (Cembalist in Händels Haymarket Theatre), Michel Blavet (ein französischer Flötist), Pietro Castrucci, Matthew Dubourg (ein Schüler Geminianis), Francesco Saverio Geminiani (ein Schüler Corellis), Giuseppe Tartini, Francesco Maria Veracini und dem Manchester Manuscript (anonyme Fassungen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts). Teilweise weichen diese Bearbeitungen, die den Übergang vom Hoch- zum Spätbarock repräsentieren, erheblich von der Corelli‘schen Originalversion ab, ermöglichen es dem Solisten aber, seine Virtuosität exemplarisch zu demonstrieren.


    Insgesamt eine wunderbare CD mit sehr kurzweiliger Musik und stupender Virtuosität, die einen staunend zweifeln lässt, dass sich all das wirklich auf einer Blockflöte spielen lässt (die viele vielleicht noch aus dem eigenen Musikunterricht in schlechter Erinnerung haben). Kongenial dazu die Cembalobegleitung - auch klanglich ein Genuss.




    Aus den Kritiken:
    "… kann man das ganze Füllhorn an Verzierungen genießen wie funkelnden barocken Schmuck. Sein lebendiges Spiel begeistert mit enormer Geläufigkeit und einer Klarheit der Artikulation, die jedem Geiger zur Ehre gereichen würde.“ FONO FORUM
    "Temmingh betätigt seine Blockflöten mit der Freiheit und Spontaneität wie ein Jazzer sein Saxophon.“ KLASSIKINFO.DE
    "Temmingh zeigt eine Beherrschung seines Instruments und ein Gespür für die (..) Musik, die ihn (..) bald an die Spitze seines Faches tragen wird.“ KLASSIK.COM


    Zur Zeit gibt es eine preiswerte 3 CD-Box, in der auch diese CD enthalten ist.




    mehr demnächst…

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Bevor ich weitere CDs von S. Temmingh vorstellen möchte, hier schon mal drei kurze Eindrücke in Bild und Ton:


    Das erste Video entstand während der 40. Varasdiner Barock-Abende im September 2010. Begleitet von der Hofkapelle München spielt S. Temmingh hier das Flötenkonzert C-Dur RV 443 von Antonio Vivaldi.



    Die beiden anderen Clips sind Musikbeispiele aus der CD „Corelli a la mode“, die mit Standbildern der beiden Interpreten (Temmingh/Watts) unterlegt sind.



    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


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    Curt Goetz

  • Lieber Orsini,
    vielen Dank, dass Du auf Stefan Temmingh aufmerksam gemacht hast.
    Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb er für RV 443 die Sopran-Blockflöte statt des Sopraninos gewählt hat (bitte entschuldige diese vielleicht etwas kleinlich wirkende Frage; ich mag den Klang des Sopraninos sehr und es hat ja eher wenige Werke, die explizit für Sopranino geschrieben worden sind) ?
    Mit freundlichen Grüßen, quodlibet

  • liebe quodlibet,


    da muss ich leider passen... Ich habe lediglich in einem Programmheft des Bayerischen Rundfunks zu einem Konzert mit Il Giardino Armonico den folgenden Satz gefunden:

    Zitat

    Welchem Soloblasinstrument Antonio Vivaldi seine insgesamt vier »Flautino«-Konzerte zugedacht hat, ist bis heute nicht vollkommen geklärt, so wird das Konzert C-Dur, RV 443 gleichermaßen auf der Piccoloquerflöte wie der Sopraninoblockflöte musiziert.


    Da scheint es wohl einen gewissen "Ermessensspielraum" des Flötisten zu geben. Welche Gründe für S. Temmingh ausschlaggebend waren (Klang oder Lautstärke oder Lieblingsinstrument oder bessere Verblendung des Flötenklangs mit den anderen Instrumenten oder...), entzieht sich meiner Kenntnis. Leider gibt es das Konzert von ihm nicht auf CD; die Booklets liefern ja manchmal weitere Hintergründe...


    liebe Grüße
    orsini

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    Curt Goetz

  • Auf dem Album "The Gentleman's Flute" aus dem Jahre 2010 widmet sich Stefan Temmingh Händelarien in Bearbeitungen des 18. Jahrhunderts für Blockflöte und Basso Continuo. Das ihn begleitende Ensemble besteht aus Salterium (einer Urform der Zither), Cembalo, Viola da Gamba, Barockfagott, Laute, Theorbe und Barockharfe.


    Im opernbegeisterten London des frühen 18. Jahrhunderts gab es nur eine Möglichkeit, sich die angesagtesten Hits aus den neuesten Opern von Händel & Co. ins eigene Heim zu holen: man erwarb Bearbeitungen für kleine Besetzungen und musizierte im eigenen Heim. Das Instrument des Gentleman war dabei die Blöckflöte, die Dame von Welt spielte die Begleitstimme auf dem Cembalo. Bearbeitungen entstanden z.T. innerhalb weniger Tage nach einer Premiere und verkauften sich wie warme Semmeln - und das, obwohl die Opernbearbeitungen im Flötenpart technisch anspruchsvoller sind als z.B. Händels Blockflötensonaten...


    Diese CD enthält Arien, Tänze und Ouvertüren aus den Händelopern Rinaldo, Alcina, Giulio Cesare, Saul, Amadigi di Gaula und Alexander Balus. Auch dieses Mal überzeugen die ungestüme Spielfreude, der schier endlose Atem und eine verblüffende Fingerfertigkeit des Solisten. Koloraturarien wie "Tornami a vagheggiar" oder das berühmte "Lascia ch'io pianga", aber auch die Bearbeitungen rein instrumentaler Stücke verbreiten einfach gute Laune beim Hören. Dazu z.Zt. einmalig günstig im Preis...


    Ein weiteres Album, enstanden ein Jahr später, enthält Französische und Englische Suiten von Johann Sebastian Bach, wiederum in Transkriptionen für Blockflöte, Gambe und Laute. Den Puristen, die jetzt die Nase rümpfen, sei in Erinnerung gebracht, dass Bach selbst sehr häufig Transkriptionen seiner Werke anfertigte, z.B. sind seine Cembalokonzerte Bearbeitungen anderer Solo-Konzerte.
    Obwohl ebenso virtuos und vollendet von Temmingh und seinen Partnern Axel Wolf, Laute, und Domen Marincic, Gambe, musiziert, ist diese CD nicht so meins - wie bei einigem anderen von Bach, fehlt mir schlicht der Zugang zur Musik. Wer aber die Suiten von Bach schätzt, wird seine Freude an dieser außergewöhnlichen Interpretation haben.


    Hier zwei kurze Beispiele von der "Gentlman's Flute" ("Tornami a vagheggiar") sowie von der Bach-CD (Courante aus der Franz. Suite Nr. 5):


    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

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  • Johann Sebastian Bach kannte die Musik Antonio Vivaldis. Er hat Bearbeitungen von Werken des Kollegen geschrieben.

    Deshalb passt es, wenn zwischen die Konzerte des Venezianers Sätze aus Bachkantaten Bach gesetzt werden. Überraschend ist der Klang des Hackbrettes im Präludium F-Dur BWV 854.


    Die tiefe Bewertung beim Werbepartner wird von einer fehlenden Erwähnung im Booklet des Erstellers der Rekonstruktion von RV 312 R herrühren. (Beim Werbepartner ist ein Verfasser im Titel erwähnt.)


    Stefan Temmingh spielt mit dem Capricornus Consort Basel.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928