Wie schon seit ein paar Jahren stand auch heuer der Besuch der Opernfestspiele St. Margarethen auf unserem Sommerprogramm. Während die Vorstellungen der letzten Jahre einen durchweg positiven Eindruck hinterließen, war die diesjährige Aufführung leider aus meiner Sicht ein kompletter Reinfall:
Es ist klar, dass an eine Freiluftaufführung bezüglich der musikalischen und akustischen Qualität andere Maßstäbe anzulegen sind als an eine Aufführung in einem Theater. Dass es aber um Klassen besser geht als dieses Jahr, beweisen anderen Open-Air-Festivals (z.B. das benachbarte Mörbisch) und auch die eigene jüngere Geschichte von St. Margarethen. In der besuchten Vorstellung klappte akustisch fast nichts, so dass es schwer fällt einzuschätzen, welchen Anteil die Stimme und welchen die schlechte Wiedergabe an dem akustischen Eindruck hatte. Insofern die nachfolgenden Eindrücke mit Vorbehalt:
Die räumliche Ortbarkeit der Stimmen war schlichtweg nicht vorhanden, einzelne Stimmen waren von argen Verzerrungen und unschönen Flatterechos verzerrt. Besonders gelitten hat dabei der Darsteller des Rigoletto (Davide Damiani). Seine Stimme hatte jeglichen Kern verloren und und klang ausgefranst. Zudem machten ihm einige der exponierten hohen Töne spür- und hörbar zu schaffen. Anteilnahme vermochte er mit seinem Gesang bei mir nicht zu erregen. Etwas besser kamen die Stimmen der Gilda (Tatiana Larina) und der Herzogs (Arthur Espiritu) über die akustische Rampe. Larina‘s Stimme ist eher dunkel timbriert; sie meisterte ihre Partie sehr achtbar und bewegend. Der Herzog verfügt über eine höhensichere und durchaus ansprechende Stimme. Die Stimme der Maddalena/Giovanna (Annely Peebo) litt unter ähnlichen akustischen Ausfällen wie Rigoletto. Positiv hervorzuheben noch der Sparafucile des Luke Stoker, ein junger australischer Sänger mit einer schönen und volltönenden Bassstimme. Das Sinfonie-Orchester des Slowakischen Rundfunks wurde von Daniel Hoyem-Cavazza eher routiniert als inspiriert geleitet. Zusätzlich störend war, dass alle Stimmen generell im Dauerforte erklangen (entweder so gesungen oder aber so verstärkt).
Auch bei der Inszenierung wollte man anscheinend mit den letzten Jahren (Robert Dornhelm mit La boheme, Aida, Tosca) brechen und neue Wege gehen. Philippe Arlaud zeichnet für Regie, Bühne und Licht verantwortlich. Die Kostüme entwarf Andrea Uhmann. Dabei herausgekommen ist eine unansehnliche, langweilige und beliebige Inszenierung, die mit der Größe der Freilichtbühne und den damit verbundenen Möglichkeiten hoffnungslos überfordert war. Das linke Drittel der Bühne wird von einem riesigen Gestell aus drei übereinander gestapelten Pentagondodekaedern dominiert, an dem im 1. Akt ein großer Findling hochgezogen wird, der dann bis zur Schlussszene dort hängt. Dieser Stein symbolisiert den Fluch Monterones… aha. Ansonsten gibt es nur ein Einheitsbühnenbild aus zwei hohen Betontürmen, zwischen denen eine endlose, natürlich rote Treppe hinunter auf die Bühne führt, und ein paar Tische und Stühle als Requisiten. Dazu die unvermeidlichen Video-Installationen: einige durchaus eindrucksvoll (wenn z.B. bei Rigoletto‘s Racheschwur ein Flammenmeer die Felswände im Hintergrund überzieht), andere eher nervig wie z.B. die Pseudosternbilder oder die Pentagondodekaeder, die über weite Strecken den Hintergrund dominieren oder die permanenten Verfremdungen von Gilda‘s Gesicht während ihres Duettes mit dem Vater. Alle „Bösen“ des Stücks (Herzog und sein gesamter Hofstaat) waren einheitlich in rote Kostüme gekleidet. Gilda trägt weiß, Rigoletto eine Art schwarzer Livree, mit einer zusätzlichen roten Halskrause, wenn er im Dienst ist.
Dies ist natürlich mein subjektiver Eindruck; die meisten Pressekritiken überschlagen sich in Lobpreisungen und sprechen von einem fesselnden Psychodrama, dass Arlaud dort auf die Bühne gewuchtet habe…
Wer sich selbst einen kleinen Eindruck verschaffen möchte:
Die Festspiele für 2018 (Il trovatore) sind wegen finanzieller Querelen zwischen Veranstalter und Landesregierung des Burgenlandes abgesagt. Auf Grund des diesjährigen Erlebnisses hält sich mein Bedauern dafür in Grenzen… leider.