"Fachzeitschriften", oder: Was erwartet ihr von einer Rezension?

  • Es ist immer wieder die Rede von "Fachzeitschriften" für alles mögliche, auch für den klassischen Bereich - aber was macht für euch eine Fachzeitschrift aus?


    Und ganz generell als Zusatzfrage: wie sieht für euch eine brauchbare Rezension aus, egal wo sie steht oder ob es um eine CD-Besprechung oder einen Aufführungsbericht geht? Die Meinungen darüber sind - je nach Anspruch - natürlich subjektiv, trotzdem kann man m.E. darüber diskutieren.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Für mich muß sich eine Rezension einer Opernaufführung zu gleichen Teilen mit der Inszenierung und mit der musikalischen Seite befassen. Häufig werden die Sänger nur in einem Nebensatz besprochen. Was ich auch unnötig finde ist, wenn Kritiker Sänger von heute mit den Sängern der Vergangenheit wie zum Beispiel der Callas vergleichen. Das mögen Opernsänger, mit denen ich gesprochen habe, überhaupt nicht.

  • Hallo,


    für mich stellt eine Fachzeitschrift erstmal eine gute Übersicht von Neuerscheinungen verschiedenster Label dar.
    Sie ist somit für mich eine gute - größere - Quelle wie z.B. Klassikakzente oder die Homepages der Labels.


    Gruß
    Michael

  • Ich möchte noch ergänzen, natürlich "muss" man nicht beide Fragen beantworten, sondern kann sich auf auf eine davon konzentrieren!



    LG,
    Hosenrolle1

  • Thesen, Behauptungen und Fragen zum Thema

    • Heutzutage liegt der Schwerpunkt einer Opern-Rezension zumeist auf dem Gesehenen und weniger auf dem Gehörten.
    • Binsenweisheiten.

      • Gesehenes läßt sich leichter beschreiben, als Gehörtes.
      • Die Beschreibung des Gesehenen ist leichter zu verstehen, als die des Gehörten.
      • Wir sind eine zunehmend visuell orientierte Gesellschaft.
    • Wer hört heute noch konzentriert Radio? Wer kann mit der Beschreibung einer Stimme, mit adjektiven, wie "metallisch" noch etwas anfangen?
    • Interessanterweise scheinen sich auch "echte" Fachzeitschriften (z.B. Opernwelt, Opernglas) zunehmend mit dem Gesehenen und weniger mit dem Gehörten zu befassen.
    • Für Zeitungen und Hörfunk ist eine größere Feuilleton- bzw. Kulturredaktion vermutlich unwirtschaftlich. Ein Theaterkritiker wird mit einiger Übung auch eine Oper "besprechen" können (womit ich nicht die Theaterkritik, sondern das "System" kritisiere!) und im Zweifel auch ein Konzert.
    • Inzwischen wird die Arbeit der "Fachzeitschriften", Kulturredaktionen etc. vielfach durch (z.T. außerordentlich qualifizierte) "Laien" übernommen, wobei das Medium der Wahl natürlich das Internet ist!
    • Marcel Prawy ist tot, Joachim Kaiser ist tot und Jürgen Kesting fühlt sich hoffentlich gut, ist aber auch schon 77 Jahre alt ...

    Erweiterung des Themas: Wie verhält es sich mit Konzert-Rezensionen?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Hallo,


    eine Rezension lese ich erst dann, wenn ich mir unbeeinflusst bereits eine eigene Meinung gebildet habe.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Ich übernehme das Konzept von MSchenk und passe es an mich an



    Thesen, Behauptungen und Fragen zum Thema


    [list][*]Das Urproblem ist zunächst eine weitgehend desinteressierte Gesellschaft


    [*]Warum soll ein Redakteur eine fundierte Analyse bringen, wenn das sowieso niemand versteht - oder besser ausgedrückt - ein Kreis , der so klein ist, daß er eigentlich als Leser uninteressant ist weil er keine relevanten Stückzahlen verkaufter Exempare garamtiert.


    [*]Die meisten Rezensenten kennen nur das Heutige und können, wollen oder dürfen gar nicht mit Aufführungen, Konzerten Tonaufnahmen aus der Vergangenheit vergleichen
    a) weil sie die Vergangenheit nicht interesseiert
    b)bzw sie sie nicht kennen
    c) weil die Redaktion, bzw die Werbeabteilung für den Anzeigenverkauf POSITIVE Besprechungen wünscht


    [*]Von den WIRKLICHEN Kennern sind viele in andere Bereich geflüchtet, entweder sie verfassen ein Buch, oder sie sitzen auf einem Lehrstuhl, oder aber sie schreiben Booklettexte etc. Manche aber schreiben algemein Artikel über Kultur, oft vom Tourismus-Segment gefördert.


    [*]Dann gibt es Rezensenten die schreiben Gefälligleitskritiken, bejubeln mittelmäßige Tonträgerveröffentlichungen, scheiben positives über dilettantisch organisierte Festivals und ihre unterdurchschnittlichen Kräfte.


    [*]Es gibt kaum wirklich ehrliche Kritiken, was ich durchais verstehe, denn die Zeitschrift will ja überleben


    [*]Zu recht wurde darauf hingewiesen, daß heutzutage Internetforen - allen voran das Tamino Klassikforum - die beliebtere Alternative zu sogenannten Fachzeitschriften darstellen. Bei allen Einschränkungen haben sie dennoch viele Vorteile...


    Die EIGENTLICHE Frage beantworte ich in meinem nächsten oder übernächsten Beitrag


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Meine Meinung dazu: was Rezensionen betrifft, so lese ich ausschließlich solche, in denen es um HIP/OPI-Aufführungen geht. Alles andere ist für mich irrelevant, früher habe ich das gelesen, heute nicht mehr.


    Von einer solchen Rezension erwarte ich mir mehrere Dinge.


    1) Der Kritiker soll das Werk, das er bespricht, wirklich SEHR gut kennen, und damit meine ich nicht, dass er es schon zig mal gehört hat, sondern er soll die Partitur kennen. Nicht bis ins kleinste Detail, aber doch. Ich habe noch nie(!) eine Kritik gelesen, in der die Echoszene in HuG überhaupt erwähnt, geschweige denn auf ihre richtige Umsetzung eingegangen wird.


    2) Die Kritik sollte nicht unnötig kompliziert sein, dieses pseudo-professionelle Kritikerdeutsch, das mit vielen Worten gar nichts sagt, interessiert mich nicht. Ich möchte durch eine Rezension über eine Aufführung informiert werden, und nicht darüber, wie verschwurbelt er schreiben kann. Und: die Kritik sollte so verfasst sein, dass sie sowohl Laien als auch Nicht-Laien (was immer man darunter verstehen mag) anspricht und für beide verständlich und gewinnbringend ist.


    3) Der Kritiker sollte sich auch dafür interessieren, welche Instrumente verwendet werden, und - sofern das eruierbar ist - auch mitteilen, welches Instrument verwendet wurde. Beispielsweise bei einem Klavierkonzert, da wäre es schön, wenn er sagt, welches Hammerklavier verwendet wurde, ob es sich um einen Nachbau handelt, und idealerweise hat er die Fachkenntnis zu wissen, ob ein solches Instrument aus historischer Sicht korrekt ist, oder ob es sich z.B. durch eine bestimmte Bauart zu sehr von den Instrumenten unterscheidet, die der Komponist kannte.
    Wenn Mozarts "Entführung" gegeben wird, dann möchte ich wissen, ob das HIP-Orchester tatsächlich eine Klarinette in C verwendet, die der Komponist verlangt. HIP bedeutet auch immer Forschung und Streben nach mehr Wissen, und da möchte ich ebenfalls dazulernen. Wenn ich eine Kritik zu einem Werk lese, das ich gar nicht kenne oder das mich nicht besonders interessiert, dann finde ich es schön, wenn ich dennoch etwas daraus mitnehmen kann, und hinterher ein bisschen mehr darüber weiß.


    Von "Das gut disponierte Orchester folgte dem engagierten Dirigenten, der ein wahres Klangfeuerwerk entfachte, das das Publikum mit frenetischem Applaus quittierte" halte ich rein gar nichts, das sind Floskeln, Textbausteine, die man überall einbauen kann, wenn man sonst nichts zu sagen hat.


    4) Die Musik soll der wichtigste Punkt sein, danach der Gesang. Die Beschreibung ist jedoch sehr subjektiv, und was der eine für "strahlend" hält, hält der andere für "ausgeleiert". Am Schluss kann noch die Inszenierung besprochen werden (fällt bei CD-Besprechungen natürlich weg), auch da habe ich keine besonderen Wünsche, weil mir das Thema nicht so wichtig ist. Wichtig wäre mir hier vielleicht, dass es keine Lobhudeleien auf irgendetwas gibt, und ob der Regisseur an der Musik vorbeiinszeniert hat.




    Da es solche Kritiken bzw. Kritiker aber nicht gibt, lese ich Rezensionen relativ selten, weil ich kaum glaube, dass sich dieser Umstand in nächster Zeit ändern wird.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Die Musikkritik in Deutschland ist ziemlich am Boden. Die sog. Rezensionen in Fono Forum, Stereoplay, Audio etc. sind eigentlich gar keine, sondern nur noch mühsam verschleierte Konsumanheizungstextchen. Außerdem habe ich oft das Gefühl, daß die Aufnahmen gar nicht mehr richtig und intensiv gehört werden und keine Auseinandersetzung mit dem Gehörten stattfindet. So etwas brauche ich nicht.


    Im Internet findet man Classicstoday, Musicweb International, Fanfare usw. Da kann man noch ausführliche, ernsthafte und seriöse Texte lesen, die von engagierten Musikkritikern verfasst wurden. So etwas ist dann auch mal hilfreich und regt zum Nachdenken an.

  • Es gab einmal einenZensus für Theaterkritiken, in den 50er Jahren zumindest in der DDR. Er umfaßte 5 Hauptpunkte, damals die 5 großen "W":


    Wer
    Was
    Wo
    Wann
    Wie


    Das gilt heute nicht mehr, es ist dazugekommen
    Warum
    Woher


    Eine Theaterrezension mußte beinhalten, welches Haus welches Werk wo spielte und wann der Rezensent es sah. Danach wurde hauptsächlich auf den Werkinhalt abgezielt, die musikalischen (Orchester, Dirigent, Chor, Solisten evtl. Ballett) oder schauspielerischen Leistungen gewürdigt. Die Namen des Regisseurs und der Ausstatter wurden genannt, die Reaktion des Publikums erwähnt.


    Das hat sich geändert. Es werden 80-90% des Textes zur Erklärung des Regiekonzeptes verwendet, mitunter finden selbst die Sänger kaum Erwähnung. Diese Entwicklung hat mich veranlaßt, mein langjähriges Abo des "Opernglases" zu kündigen. Ich bin glücklich darüber, diese "Kritiken" nicht mehr lesen zu müssen.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Es ist immer wieder die Rede von "Fachzeitschriften" für alles mögliche, auch für den klassischen Bereich

    Ich kaufe oder besorge mir nicht extra Fachzeitschriften. Dagegen, wenn in den Tageszeitungen eine Kritik /Rezension steht, lese ich die schon.
    Wichtig sind mir, und hier gebe ich ein ganz großes dankbares Kompliment an die Mitglieder unseres Forums, ihre Erlebnisberichte, Kritiken /Rezensionen zu lesen.
    Zumal ich aus eigener Erfahrung weiß, wie zeitaufwendig und schwierig es ist Außenstehenden, die nicht dabei waren, so etwas einigermaßen verständlich und
    nachvollziehbar rüberzubringen und zu vermitteln.
    Ebenso wichtig ist mir der Meinungsaustausch und die Meinungsvielfalt hier im Forum über gemeinsam gesehene Aufführungen, wie unlängst die AIDA,
    was auch einer Kritik /Rezension gleichkommt. Positiver Aspekt dabei ist, "man kennt sich gewissermaßen untereinander und weiß sich meist gegenseitig einzuschätzen".
    Und vielleicht noch hinweisend meine Feststellung, auch aus eigener Erfahrung - neben einer möglichst angestrebten Neutralität, fließt auch immer eine gehörige Portion
    subjektives Empfinden und eigener Geschmack in Berichte und Rezensionen mit ein. Und das wird wohl jedem so gehen...


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zitat

    Zitat von Hosenrolle: Die Kritik sollte nicht unnötig kompliziert sein, dieses pseudo-professionelle Kritikerdeutsch, das mit vielen Worten gar nichts sagt, interessiert mich nicht. Ich möchte durch eine Rezension über eine Aufführung informiert werden, und nicht darüber, wie verschwurbelt er schreiben kann. Und: die Kritik sollte so verfasst sein, dass sie sowohl Laien als auch Nicht-Laien (was immer man darunter verstehen mag) anspricht und für beide verständlich und gewinnbringend ist.

    Lieber Hosenrolle,


    ich stimme allen Punkten im Beitrag 8 zu.
    Dennoch möchte ich auf den im Zitat genannten Punkt besonders eingehen. Es ist gemeinhin bekannt (und leider gibt es das auch hier im Forum), dass es viel leichter ist, sich im Fachkauderwelsch auszudrücken als für alle verständlich zu schreiben. Und die Kunst, sich verständlich auszudrücken, erfordert Gewandtheit und Reife. Daher interessieren mich auch hier solche - wie du es ausdrückst - "verschwurbelten" Betrachtungen nicht.
    Ich habe erlebt, dass "höhere" Leute mit wortreicher Rhetorik lange Vorträge hielten. Alles sperrte den Mund auf über diese "Kunst" und fragte im anschließenden privaten Gespräch: "Was hat er denn eigentlich gesagt?"
    Ich habe einmal gelernt: Schreibe so, wie du im Alltag sprichst. In so fern halte ich es mit Martin Luther:

    Zitat

    »man mus nicht die buchstaben inn der lateinischen sprachen fragen, wie man sol Deutsch reden, wie diese esel thun, sondern, man mus die mutter jhm hause, die kinder auff der gassen, den gemeinen man auff dem marckt drumb fragen, und den selbigen auff das maul sehen, wie sie reden, und darnach dolmetzschen, so verstehen sie es den und mercken, das man Deutsch mit jn redet.«

    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Rezensionen in Fachzeitschriften sind für mich nur eine Übersicht über die Tendenz der besprochenen Aufnahme (und die INFO, dass es diese Aufnahme gibt).
    :!: Diese Rezension wurde nur von einem Rezensenten geschrieben und bedeutet nicht mehr, als wenn ein Tamino seine Eindrücke zu einer Aufnahme abgibt ... nicht mehr und nicht weniger !!!


    Auch der Rezensent in einer Fachzeitschriften kocht nur mit Wasser ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Schon in meiner Jugend, als es noch die Zeitschrift "HIFI STereoPhonie" gab und ich "Fono-Forum " regelmäßig las machte ich es mir zur Gewohnheir, Kritiken esrt mit goßer Verspätung zu lesen - wenn ich die betreffenden Aufnahmen bereits besaß und mich für deren Nichterwerb entschieden hatte. Auf diese Weise kam ich zu zahlreichen heißgeliebten Aufnahmen, die ich mir nach Lesen der Kritik gar nicht erst gekauft hätte. Ich ließ mir also - masochistisch verasnlagt wie ich nun mal bin - meinen schlechten Geschmack durch die deutschen Rezensenten bestätigen.
    Irgendwann fand ich dann heraus, warum das so war. Die Kritiker hatte einen gewissen Hang zur hässlichkeit. Das klang dann etwa so:
    "Grandios wie XY das Gerippe der Komposition freilegt, wie er die Strukturen freilegt, Brüche und schräge Stellen erbarmunglos herausarbeitet und uns in die Abgründe der Seele des Komponisten blicken lässt" Jegliche Süßlichkeit, jeder Schönklang, jegliches gefällige Gesäusel, das der behagliche Spießbürger so liebt wird ausgemerzt in dieser gradlinigen, mutigen und geradezu revolutionären Lesart, die sich von jeglicher Tradition löst. Ein Erlebnis - absolute Kaufempfehlung - 10 Punkte und Platte des Monats" - Man braucht hier nicht nach der Rezension im Original zu suchen - diese hier ist eine (realitätsnahe) Parodie und stammt aus meiner Feder.
    Bei Bedarf liebe Produzenten kann ich hunderte und mehr in dieser Machart schreiben - ich muß dazu die CD nicht mal hören (auch bestens als Booklettext verwendbar) :hahahaha:
    Also im Ernst - ich habe Kritiken immer gern gelesen - auch heute noch - oft mit stillem Grimm - meist aber ein zynisches Lächeln auf den Lippen.
    Es macht schon Spaß wie Mittelmäßiges als Geniestreich vermittelt wird und heutzutage kaum negativ kritisiert wird, es sei denn wenn es um konservative Opernszenierungen geht. Das liest sich dann so:
    "Schon nach Heben des Vorhangs war man auf das Schlimmste gefasst. Brav-Betulich das überladene Bühnenbild mit museumsverdächtigem Prunk, der vergangenen Kitsch wieder in Erinnerung rief. Die Kostüme, aus dem Fundus ausgemottet - zumindest sehen sie so aus - keine Personenregie - keine politischen Anspielungen, keine Provokation, kein einziger Gag, Die Gesangsleistungen waren dem Gesamtkonzept angemessen."


    Kritiken haben heute ja nicht jene Bedeutung wie vor 150 und mehr Jahren, Damals wurden vorzugsweise neue Kompositionen rezensiert - nicht immer neutral, wie wir heute wissen. Es ist oft heute noch ein Vergnügen zu lesen mit welch spitzer Zunge über so manches Werk hergezogen wurde....


    Gerne lasen Musikhörer auch Kritiken über Tonaufnahmen. Man konnte zwar im Schallplattengeschäft in Platten hineinhören, allerdings war dies ein Privileg für Stammkunden oder Leute, bei denen man Kaufwillen vermutete, "Dauerhörer" ohne Kaufabsicht wurden schnell aussortiert.
    Ob die dann Plattenkritiken lasen, das weiß ich nicht.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • die Frage war eigentlich, was du von einer guten Rezension konkret erwartest :)

    Was ich erwarte? ... die möglichst genaue Schilderung des erlebten "Ist - Zustandes". Nehmen wir die Premiere einer Oper, da möchte ich lesen:
    Wie setzt der Regisseur das jeweilige Werk um, wie ist seine Herangehens - und Sichtweise, seine Ideen, fühlt er sich dem Werk, dem Komponisten, dem Libretto verpflichtet,
    d. h., setzt er das Werk in Szene oder nur sich selbst mit irgendwelchen eigenen hirnrissigen Neudeutungen und polit. Modetrends, wie ist das Bühnenbild, wie die Kostüme,
    gibt es eine stimmige nachvollziehbare Personenregie, wie ist die Leistung der Solisten, des Chors und des Orchesters? Und nicht zuletzt die Reaktion des Publikums.
    Gab es Szenenbeifall, wurde die Leistung bejubelt und gefeiert oder war es nur Höflichkeitsbeifall und wichtig natürlich auch, ob es Mißfallensbekundungen, z. B. für die Regie, gab.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Also die Inszenierung sollte im Vordergrund stehen, wenn ich das richtig interpretiere.

    Ja, eigentlich schon. Ist doch eine gelungene, zufriedenstellende Inszenierung die unbedingte Voraussetzung für ein persönlich beglückendes Erlebnis,
    wenn dann als Draufgabe noch ein spielfreudiges, hochkarätiges Ensemble dazukommt.
    Ich habe vorgestern einen rundum gelungenen hervorragenden Rigoletto gesehen. Wenn ich da an solche hirnrissigen Entgleisungen denke, wo, vor einiger Zeit gesehen,
    ein Regisseur (???) auf die "geniale Idee" kam, die Handlung in ein Zirkuszelt und einen Camping - Wohnwagen zu verlegen, da fällt einem doch nix mehr zu ein,
    da kann man sich doch nur noch an den A... fassen, der Kopf ist zu schade dafür!!!
    Weitere solcher genialen Beispiele könnte man beliebig anführen.


    Herzlichst
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ja, eigentlich schon. Ist doch eine gelungene, zufriedenstellende Inszenierung die unbedingte Voraussetzung für ein persönlich beglückendes Erlebnis,
    wenn dann als Draufgabe noch ein spielfreudiges, hochkarätiges Ensemble dazukommt.

    Das sehe ich ja bekanntermaßen anders, aber ich würde das nicht so verallgemeinernd formulieren :)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Das sehe ich ja bekanntermaßen anders, aber ich würde das nicht so verallgemeinernd formulieren :)

    Das macht doch rein gar nichts. Ist doch zum Glück für jeden was dabei und das ist auch völlig normal und auch richtig.
    Wäre doch schlimm und langweilig, wenn wir alle den gleichen Geschmack, dieselben Ansprüche hätten. Und deshalb, nichts dagegen - wer´s halt anders braucht und will...
    Aber wir driften hier vom eigentlichen Thema ab!


    Herzlichst
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Auch das muß man relativieren:


    Fürs erste sollte man feststellen, daß es ja nicht nur Rezensionen über Opernaufführungen (bzw Videoaufzeichnungen davon) gibt, sondern auch über Konzerte oder Klavierabende, Liederabende, Kammermusikabende etc etc....


    Fürs zweite:
    Inszenierungen waren früher bei Opernrezensionen eher im Hintergrund, wenn nicht grade ein Zeffirelli, Schenk oder Hampe inszeniert hat.
    Ich weiß nicht mal ob früher auf den Programmzetteln der Regisseur überhaupt namentlich genannt wurde... Und wenn das der Fall war, ob das überhaupt gelesen wurde.
    Heute wo sich die Regie unverschämt in den Vordergrund drängt ist es klar, daß es unvermeidlich ist, daß sich die Kritik mit ihr mehr befasst als in der Vergangenheit.
    Früher hat sich der Opernfreund mit der Besetzungsliste befasst. Heute liest er Regie: Plumbo oder: "Wischiwaschi" - Nein danke.....der Rest ist dann gegessen und interessiert nicht mehr.......


    mit freundlichen Großen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch das muß man relativieren:
    Fürs erste sollte man feststellen, daß es ja nicht nur Rezensionen über Opernaufführungen (bzw Videoaufzeichnungen davon) gibt, sondern auch über Konzerte oder Klavierabende, Liederabende, Kammermusikabende etc etc....

    Selbstverständlich, das ist völlig richtig. Ich habe mich in meinem Btr. lediglich auf das Beispiel einer Opernpremiere beschränkt.

    Und diese Meinung und Feststellung trifft es wieder mal punktgenau und findet meine absolute Zustimmung. So sehe ich das auch! :yes: :thumbsup:


    Herzlichst
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zitat

    Zitat von Alfred Schmidt: Inszenierungen waren früher bei Opernrezensionen eher im Hintergrund, wenn nicht grade ein Zeffirelli, Schenk oder Hampe inszeniert hat. Ich weiß nicht mal ob früher auf den Programmzetteln der Regisseur überhaupt namentlich genannt wurde... Und wenn das der Fall war, ob das überhaupt gelesen wurde.

    Für mich ist auch die Inszenierung einer der wesentlichen Punkte. Die Inszenierungen musste man aber damals nicht unbedingt rezensieren, denn sie waren in der regel werkgerecht. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass die Regie jemals in den Ankündigungen und Aushängen genannt wurde, ich habe sie - weil ich früher nie enttäuscht wurde, auch überhaupt nicht beachtet. Rezensionen habe ich selten gelesen, es sei denn zu den Vorstellungen des Amateurtheaters, in dem ich mitwirkte. Wie solche Rezensionen manchmal zustande kamen, habe ich erlebt. Der Rezensent war oft nur für kurze Zeit anwesend und die Rezensionen enthielten daher oft nur etwas über das Stück. Dazu wurde dann noch ein Photo, dass sich der Pressefotograf vorher stellen ließ, abgedruckt.
    Heute ist es wichtig, soviel über die Inszenierung zu erfahren, dass man erkennen kann, was da wohl wieder Irres zu erwarten ist. Ebenso wichtig ist es, den Namen des Regisseurs zu erfahren, was früher nicht notwendig war. Erst dann kann man entscheiden, ob man die Oper besucht. Früher kannte ich so gut wie keine Regisseure und keine Intendanten, man musste sich nicht dafür interessieren. Heute weiß ich eine Menge Namen, von deren Inszenierungen ich besser die Finger lasse.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Jetzt gab es erfreulicherweise schon so viele Beiträge, wo gesagt wurde, was eine Rezension nicht soll, aber mich würde v.a. interessieren, was sie soll, wie sie sein soll, eurer Meinung nach.



    LG,
    Hosenrolle1

  • Jetzt gab es erfreulicherweise schon so viele Beiträge, wo gesagt wurde, was eine Rezension nicht soll,
    aber mich würde v.a. interessieren, was sie soll, wie sie sein soll, eurer Meinung nach.

    Das habe ich u. a. in meinem Btr. 16 anhand des Beispiels einer Opernpremiere doch beschrieben. Ich dachte, Du hättest das gelesen?


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Mein Posting war ja nicht an dich alleine gerichtet, sondern an alle Teilnehmer. Wenn du dich persönlich angesprochen gefühlt hast tut mir das leid :)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Eine Rezension soll erreichen, daß ich als Leser Lust bekommen, daß Konzert, die Opernaufführungen zu besuchen., oder mir die CD zu kaufen. Und wie sie sein soll,hab ich bereits im zweiten Beitrag geschrieben.

  • Eine Rezension soll erreichen, daß ich als Leser Lust bekommen, daß Konzert, die Opernaufführungen zu besuchen.

    ... oder durch die Rezension, die dann auch hilfreich ist, rechtzeitig gewarnt werde, pers. eingeschätzte mißratene Aufführungen /Inszenierungen, mir lieber nicht anzutun!
    Das erspart einem neben Enttäuschungen dann auch noch Zeit und Geld und vor allem Ärger! Durch das Lesen solcher Rezensionen habe ich z. B. auf den Besuch zweier
    Aufführungen in meinem heimatlichen Theater verzichtet. Und das war bestimmt keine falsche Entscheidung!


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Eine Fachzeitschrift informiert mich und bietet mir durch gut geschriebene Artikel natürlich auch ein bisschen Unterhaltung.


    Und bei den Rezensionen ist mir erst einmal besonders wichtig, dass ich über die ganzen Neuerscheinungen informiert werde. Dann freue ich mich, wenn eine dabei ist, die mir Lust macht die CD zu kaufen. Aber da Rezensionen natürlich doch immer subjektiv und an meinem Geschmack vorbei sein kann, ist die Information erst einmal wichtiger als die Rezension an sich.


    LG, Friese

  • Was bisher noch kaum zur Sprache kam. Neben dem beschreibenden Teil soll eine Rezension auch werten, das heißt positive Erkenntnisse benennen, begründen und verstärken. Ebenso Teile des Geschehens, die aus der subjektiven Sicht des hoffentlich kenntnisreichen und erfahrenen Kritikers weniger gelungen und daher verbesserungsfähig sind, herausarbeiten. Gerade diese beurteilenden Teile sollten von Achtung für das Geleistete und Anerkennung des Wirkens der Ausführenden getragen sein und den erreichten Grad der Vollendung gemessen an den Idealvorstellungen des Verfassers aufzeigen Eine gelungene Kritik sollte ein Kompass für aufbauende Weiterarbeit sein. Wenn das Geschriebene durch verständliche Schönheit der Sprache, Originalität, Bildhaftigkeit, Lebendigkeit und eine gewisse kraftvolle Leidenschaft für das Kunstwerk geprägt ist, dann könnte eine solche Rezension sogar selbst zum kleinen Kunstwerk werden. Nur wer bezahlt dem armen, freiberuflichen Schreiber diese Mühe? Dann droht auch noch der Mausklick des jungen Volontärs, der das Ganze noch passgenau und fast zur Unkenntlichkeit kürzt und damit verändert. Das nächste Mal schreibt unser Kritiker, besonders wenn er unter Zeitdruck steht, die erwartete Kritik mit den üblichen, gängigen Floskeln. Das Zeilenhonorar bleilbt in gleicher Höhe und eine so geglättete Beschreibung bietet auch kaum Angriffspunkte. Besonders der Schmalzkübel wird beliebt und darf weiter Kunst beurteilen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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