AUBER, Daniel Francois Esprit: LÉOCADIE

  • Daniel Francois Esprit Auber
    Léocadie


    Lyrisches Drama in 3 Akten nach Cervantes
    Libretto: Eugène Scribe und Mélesville (Anne-Honoré-Joseph Duveyrier)
    Originalsprache: Französisch


    Uraufführung: Paris 1824


    PERSONEN DER HANDLUNG
    Don Carlos, Obrist eines Infantrieregimentes, Tenor
    Don Fernand D'Aveyro, Hauptmann im selben Regiment; Bariton
    Philippe de Leiras, Sergeant, Tenor
    Crespo, Alkade, Bass
    Léocadie, Schwester von Philippe, Sopran
    Sanchette, Nichte von Crespo, Sopran
    Offiziere, Soldaten, Bauern und Bäuerinnen


    Ort und Zeit der Handlung: Portugal, 16 Jahrhundert


    INHALTSANGABE


    ERSTER AKT
    Heitere Landschaft mit Haus des Crespo und des Philippe
    Ein Mädchenchor singt Sanchette ein Ständchen, die sich auf ihre Hochzeit mit Philippe freut. Crespo kommt und erklärt, sie hätte etwas Besseres verdient als diesen einfachen Sergeanten. Doch sie lässt sich nicht beirren. Er werde sicher bald Offizier. Die Mädchen bestärken sie in ihrer Haltung.
    Nachdem die Mädchen abgegangen sind fragt Crespo Sanchette, warum Léocadie so traurig sei und nicht an dem Glück ihres Bruders teilnehme. Auch Sanchette kennt nicht den Grund.
    Da tritt Léocadie selbst auf. Sie singt eine Romanze, in der sie ihre Traurigkeit ausdrückt. Als sie Sanchette sieht wünscht sie ihr jedoch Glück. Sanchette wundert sich, dass Philippe noch nicht da ist und Crespo erläutert ihr, dass er noch die nötigen Papiere besorgen und die Erlaubnis seines Obristen einholen müsse.
    Doch da kommt Philippe selbst. Er hat die nötigen Papiere und die Erlaubnis des Obristen.
    Crespo stellt erstaunt fest, dass Philippe und und seine Schwester Léocadie aus adeligem Geschlecht sind. Philippe erzählt, dass sein Vater einer Partei angehört habe, die in einen unglücklichen Aufruhr verwickelt war, in der Verbannung gestorben sei und seinen Kindern nichts als seinen Degen hinterlassen habe. Deshalb sei er Soldat geworden. Er sei mit seinem Los zufrieden, weil er Sanchette heiraten dürfe und wäre noch zufriedener, wenn auch seine Schwester einst so glücklich würde. Was zählt schon Reichtum und Adel, wichtig sei ihm die Ehre. Auch der Obrist gäbe wenig auf Reichtum und Adel und verhalte sich im Regiment wie ein guter Kamerad. Dieser habe heute erst erfahren, dass Philippe und seine Schwester von Adel seien, was ihn aber sehr gefreut habe. Crespo entfernt sich, um den Ehekontrakt vorzubereiten.
    Philippe berichtet nun von Neuigkeiten aus dem Schloss: Carlos wolle sich verheiraten, worüber Léocadie zunächst erschrickt. Als sie aber hört, dass Fernand das erzählt hat, beruhigt sie sich wieder. Was von dem kommt, ist doch recht ungewiss.
    Nun tritt Fernand auf, der als Verschwender bekannt ist, dem der Obrist, mit dem er früher ein wildes Leben geführt hat, schon häufiger ausgeholfen hat. Er bestellt ein Orchester, Tänze, Spiele und möglichst auch einen Stierkampf, was alles auf seine Kosten gehen soll. Er klärt auf, dass nicht Carlos heiraten will, sondern seine Schwester, und stellt sich selbst in einer Cavatine als deren Bräutigam vor. Er erzählt, wie er zu seinem Glück gekommen ist.
    Plötzlich stellt er die Frage, wer der kleine Junge sei, der in der Nähe von einer älteren Dame erzogen wird und Leocadie erschrickt erneut. Fernand will den Jungen, dessen Eltern unbekannt sind, zu sich nehmen und die Erzieherin habe bereits zugestimmt. Da zieht sich Léocadie unter einem Vorwand zurück.
    Fernand findet das Verhalten Léocadies seltsam, aber ihr Bruder führt das auf ihre Erziehung zurück. Dann kommt die Rede wieder auf den Knaben. Sanchette erzählt in einer Arie, dass das Kind vor drei Jahren geheimnisvoll in das Dorf gekommen sei und auch die Erzieherin die Eltern nicht kenne. Ab und zu käme – wohl von seiner Mutter – aus einer unbekannten Gegend eine reiche Gabe. Der Knabe sei der Liebling Léocadies.
    Das macht Fernand noch neugieriger, er überreicht Sanchette eine goldene Kette für den Fall, dass sie die Mutter ausfindig mache, und entfernt sich.
    Philippe ist nun mit Sanchette allein. Er ist eifersüchtig und droht ihr, dass es mit ihnen aus sei, wenn sie versuchen sollte, die Kette zu gewinnen. Sie will daraufhin die Kette sofort zurückgeben. Aber er hält sie zurück. Er werde später mit ihr darüber sprechen.
    Fernand kommt aufgeregt zurück. Die Erzieherin des Kindes dürfe ihm den Knaben nicht geben. Er bringt von ihr einen Brief mit, den er Crespo aushändigen soll. Crespo stellt an der Schrift fest, dass sie mit einem Dokument, das er heute von Philippe erhielt übereinstimmt und ihm kommt ein schrecklicher Verdacht. Fernand bittet ihn, auf der Spur zu bleiben, er müsse sich jetzt erst einmal auf seine Hochzeit konzentrieren.
    Crespo hält Philippe, der ihm folgen will, zurück und eröffnet ihm, dass seine Hochzeit nicht stattfinden könne. Er zeigt ihm den Brief und Philippe erkennt, dass es die Schrift seiner Schwester ist und er seine Ehre verloren ist. Da schwört er Rache.
    Als Sanchette und Leocadie mit Bauern und Bäuerinnen zur Hochzeit kommen, sagt Philippe die Hochzeit ab. In einem großen Finale ist alles über die Wendung der Dinge erschrocken, während Philippe seinen Racheschwur erneuert und Crespo ihn mahnt, seinen Schmerz möglichst zu verbergen.


    ZWEITER AKT
    Ein Zimmer in Hause Philippes
    Léocadie sitzt sinnend am Tisch. Da kommt Carlos und will ihren Bruder sprechen, der aber nicht anwesend ist. Er hat vernommen, dass die Hochzeit mit Sanchette nicht stattfinden soll. Darüber kann ihm Léocadie aber keine Auskunft geben. Ebenso wenig kann sie sich einen Reim darauf machen, warum ihr Bruder auf sie so wütend ist. Carlos will die Sache in Ordnung bringen. Dann äußert er die Hoffnung, dass er sie heute Abend auf dem Hochzeitsball bei Fernando sehen könne, aber sie lehnt ab. Sie wolle lieber in ihrer stillen Hütte bleiben. Er begreift ihre Betrübnis nicht und macht ihr schließlich einen Heiratsantrag. Er werde bald wiederkommen.
    Allein geblieben weist sie solche Träume zurück. Da tritt Philippe ein. Léocadie erzählt dass Carlos sich bei Crespo für ihn verwenden wolle, aber Philippe sagt, dass Crespo ihm seine Nichte mit Recht verweigere. Als sie den Grund wissen will, wird er wütend und wirft ihr vor, ihm Schande gebracht zu haben. Er will sich nicht an ihr rächen, sondern nur den Namen des Schuldigen wissen, den aber auch sie nicht kennt.
    Nun erzählt sie ihm die Geschichte: Als er vor vier Jahren zum Militär ging, und die Tante, bei der sie gelebt hätten, starb, sei sie aus Verzweiflung eines Abends nach der Stadt gegangen. Es war schon nahezu dunkel, als ihr ein Trupp junger Adliger, die wohl auch betrunken waren, auf Pferden entgegenkam. Sie suchten eine flüchtige Dame, ergriffen sie und schleppten sie fort, worüber sie ohnmächtig wurde. Als sie erwachte war sie in einem dunklen Zimmer. Plötzlich hörte sie einen Schrei, dass es nicht die Gesuchte sei und jemand stürzte aus dem Zimmer. Sie habe dann ein Fenster gesehen, es geöffnet und bei dem schwachen Schein ein kostbares Gemach mit Teppichen und Gemälden erkannt. Eine goldene Kette mit Medaillon, die an der Wand hing, habe sie mitgenommen und aufbewahrt. Dann habe sie durch das Fenster die Flucht ergriffen und sei umhergeirrt. Am Morgen habe sie sich am Ebro, nahe der Stadt, befunden.
    Nun erkennt Philippe die Unschuld seiner Schwester. Er bittet sie um die Kette und erkennt in dem Medaillon, dass es dasselbe Bild ist, das auch das Medaillon an der Kette enthält, die Fernand heute Sanchette gegeben hat. Er hat einen schrecklichen Verdacht.
    Carlos kommt zurück. Er hat bei Crespo keine Auskunft erhalten, warum dieser die Hochzeit mit Sanchette verweigert. In der Annahme, dass Crespo der Rang Philippes nicht passe, habe er ihn sofort zum Unterleutnant ernannt und heute Abend würden sie getraut. Danach gibt er kund, dass auch er sich verheiraten wolle und bittet Philippe um die Hand Léocadies. Doch sowohl Philippe als Léocadie entgegnen ihm, dass das nicht sein könne.
    Als er den Grund wissen möchte, stürzt Sanchette herein. Ein Unglück sei geschehen. Fernand habe im Boot gesessen und dem kleinen Jungen zugewinkt. Der sei auf ihn zugelaufen und ins Wasser gefallen. Da läuft Léocadie schreiend hinaus: „Mein Sohn! Ich muss ihn sehen und mit ihm sterben.“ So erfährt Carlos ihr Geheimnis.
    Fernand kommt. Er hat den Knaben gerettet, aber nun hat er es eilig, denkt nur noch an seine Hochzeit. Als er Carlos auffordert, schnell mit ihm zu seiner Schwester zu eilen, bemerkt er, dass diesen etwas bedrückt. Doch Carlos sagt nur, er brauche jetzt fröhliche Gesellschaft. Crespo erhält den Auftrag, alles für die Hochzeit zu richten. Dann entfernen sich die beiden.
    Philippe kommt und hat die Kette noch in der Hand, die er Léocadie abgenommen und vor den Leuten verborgen hat. Crespo bestätigt, dass die Kette Fernand gehöre und das Bild das der Schwester Carlos' sei, da die beiden sich schon seit Jahren lieben. Das bestätigt Philippes Verdacht, dass der Schuldige am Los Léocadies Fernand sei.
    Philippe will davon eilen, um die Hochzeit zu verhindern, damit Fernand durch die Ehe mit Léocadie ihre Ehre wieder herstelle. Aber da tritt Sanchette ein und berichtet, dass die Hochzeit bereits vollzogen sei. Nun bleibt Philippe nur noch eins: Einer muss sterben, Fernand oder ich. Sanchette versteht seine Wut nicht. Schon naht der Brautzug und Fernand lädt auf das Schloss in der Stadt ein. Der Akt endet mit dem Jubelchor aller – außer Philippe.


    DRITTER AKT
    Ein Salon im Schloss
    Sanchette singt ein Lied über die schöne Hochzeitsfeier, die leider nicht die ihrige ist. Sie bedauert, dass sie von Philippe, der das Land verlassen will, keinen Abschied nehmen konnte, sieht aber ein, dass dies notwendig ist.
    Da taucht dieser plötzlich auf. Bevor er von ihr Abschied nehmen will, habe er noch eine Rechnung mit seinem Hauptmann (Fernand) zu begleichen. Nach dem Inhaber des Schlosses befragt, sagt Sanchette, dass Carlos dies seiner Schwester geschenkt habe, weil er irgendeinen Abscheu davor hege, was sie bei der Schönheit des Hauses nicht verstehen könne. Als er Fernand sprechen will, bedeutet sie ihm, dass das zur Zeit unmöglich sei, erklärt sich aber bereit, ihm ein Billett zu überbringen. Da sie aber in dem Augenblick von ihrem Onkel gerufen wird, verabreden sie sich, sich im Garten zu treffen.
    Philippe wird ihm nun eine anonyme Forderung für eine Beleidigung schicken, auf die dieser sicher eingehen wird. Dann besingt er in einer Arie noch einmal seine Rache. Als er Schritte hört, entfernt er sich.
    Fernand, der Carlos zwischen den Gästen schon länger gesucht hat, tritt mit diesem ein.
    Er übergibt ihm die vielen Glückwunschschreiben. Er habe keine Zeit dafür, Carlos möge sie für ihn lesen. Dann fragt er Carlos, warum dieser so gar nicht an der Freude des Festes teilnehme, und es schimmert durch, dass es an wohl an dem Schloss liegt, das Carlos nunmehr seit vier Jahren meidet. Die Sprache kommt auf die Flucht von Carlos damaliger Geliebten, und Fernand rühmt sich, sie in der Dunkelheit für ihn ergriffen zu haben. Carlos bittet ihn, davon nie wieder zu sprechen und in den Saal zurück zu kehren.
    Doch bevor er gehen kann, bringt Sanchette ihm noch weitere Briefe, darunter die Forderung Philippes, die er ebenfalls Carlos zum Lesen gibt.
    Allein gelassen findet Carlos die Forderung. Da entschließt er sich, in dem Duell die Stelle von Fernand anzunehmen und als Strafe für eine begangene Sünde den Tod auf sich zu nehmen.
    Sanchette kündigt ein Mädchen aus dem Dorfe an. Doch Carlos, der sonst für seine Güte bekannt ist, will davon nichts wissen, und entfernt sich, was Sanchette nicht begreift.
    Léocadie, die von Philippes Vorhaben gehört hat, kommt um diesen zu suchen. Sie möchte Hilfe von Carlos erbitten. Da dieser nicht zur Verfügung steht, eilt Sanchette, ihren Onkel zu holen.
    Als Léocadie sich in dem Zimmer umsieht, erkennt sie den Ort wieder, an dem der Frevler die Tat an ihr beging. Carlos kommt und sie eilt ihm, um Hilfe flehend, entgegen. Als sie ihm dann von ihrer Schmach berichtet und ihm die Kette zeigt, die sie damals mitnahm, erkennt er, dass sie es war, der er damals – im Glauben, dass es seine Geliebte sei – die Schande angetan hat. Reuig wirft er sich ihr zu Füßen, bekennt sich als den Frevler und erklärt sie zu seiner Gattin.
    Sie lehnt zunächst ab, ihm zu verzeihen. In diesem Augenblick tritt Philippe ein. Carlos tritt ihm entgegen, enthüllt sich auch ihm als Frevler und fordert diesen auf, ihn zu töten. Doch Léocadie wirft sich dazwischen und bittet den Bruder, ihren Gatten zu verschonen. In einem Terzett bekennen sich Carlos und Léocadie zu ihrer Liebe und Philippe sieht seine Ehre wiederhergestellt.
    Als Sanchette mit Crespo und Fernand dazukommen, gibt Carlos freudig zu, dass nunmehr Ruhe bei ihm eingekehrt und Léocadie seine Gattin sei. Und auch Philippe und Sanchette können nun heiraten. Den Abschluss bildet ein Jubelchor.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

    2 Mal editiert, zuletzt von Gerhard Wischniewski ()

  • Gerhard Wischniewski

    Hat den Titel des Themas von „AUBER, Daniel Francois Esprit: LEOCADIE“ zu „AUBER, Daniel Francois Esprit: LÉOCADIE“ geändert.