Die größten Lichtgestalten in der Oper

  • Obwohl ich weit lieber über Lichtgestalten in der Oper diskutiert hätte [...]


    Dein Wunsch ist mir Befehl, lieber operus :hello: - auch wenn ich die Schurken und Bösewichter viel interessanter finde. 8-)


    Also, liebe Taminos, welches sind für Euch die herausragenden Lichtgestalten in der Oper? Also Figuren, die sich auf vorbildliche, bewunderungswürdige Weise verhalten? Aber vielleicht kommen ja für Euch auch solche Figuren als Lichtgestalt in Frage, die eine Wandlung vom Bösen zum Guten durchmachen. Oder solche, die sich opfern, um dem Guten zum Sieg zu verhelfen, um die Unschuldigen vor Leid und Tod zu bewahren.


    Eine Beschränkung auf fünf halte ich hier nicht für nötig, es wird schon nicht ausufern.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich lese, dass sich dieser Thread in seiner Themenstellung auf ein Zitat von operus gründet, - und denke:
    Es ist bezeichnend, dass sich sein ganzes Interesse auf die "Lichtgestalten" richtet.
    Und dabei ist es doch so, dass sich erst in den Bösewichtern" in Oper, Schauspiel, Roman und Epos der wahre Reichtum und die Vieldimensionalität menschlicher Existenz verkörpert. Goethes "Faust" bezieht seine literarische Größe aus der Gestalt des "Mephisto", Und ich wage die These, dass dies für die großen Opern der Musikgeschichte in sinngemäßer Weise gilt.
    Vielleicht, so meine Anregung und Bitte, möge man hier in diesem Thread die "Lichtgestalten" aus der Perspektive ihres Konflikts und ihrer Interaktion mit den "Bösewichtern" betrachten. Denn nur so dürfte das, was hier - dankenswerterweise! - thematisch angesprochen wird, wirklich spannend werden.

  • Vielleicht, so meine Anregung und Bitte, möge man hier in diesem Thread die "Lichtgestalten" aus der Perspektive ihres Konflikts mit den "Bösewichtern" betrachten. Denn nur so dürfte das, was hier - dankenswerterweise! - thematisch angesprochen wird, wirklich spannend werden.


    Ja, lieber Helmut, und das gilt umso mehr, als die "Lichtgestalten" in der Regel erst im Konflikt mit den Bösen ihre besonderen menschlichen Eigenschaften offenbaren oder selbst erst entdecken.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Sehr treffend, ja zwingend, lieber Helmut, ist Dein Hinweis auf "Faust". Und ich bin ganz bei Dir, lieber Bertraido, weil Du die "Bösewichter viel interessanter" findest. Lichtgestalten langweilen mich etwas. ;)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wie seid ihr denn drauf? Ich liebe die Lichtgestalten in der Oper.



    Bei den ladys:
    Marschallin
    Musette
    Gänsemagd


    Bei den Herren:
    Cavaradossi
    Andre Chenier
    Charles Gerard

  • Für mich sind die "unschuldig leidenden", die von meinem Avatar meisterhaft dargestellt wurden, die wahrhaften Lichtgestallten:
    Siegmund
    Götterdämmerungs-Siegfried
    Lohengrin,
    Sogar Othello, der allerdings ziemlich beschränkt ist ....
    Übrigens Licht zeigt sich nur, wo auch Schatten ist, von Jago bis Hagen, Ortrud, Alberich (?).

  • Und dabei ist es doch so, dass sich erst in den Bösewichtern" in Oper, Schauspiel, Roman und Epos der wahre Reichtum und die Vieldimensionalität menschlicher Existenz verkörpert. Goethes "Faust" bezieht seine literarische Größe aus der Gestalt des "Mephisto", Und ich wage die These, dass dies für die großen Opern der Musikgeschichte in sinngemäßer Weise gilt.

    Wohl wahr, lieber Helmut, erst durch die Polarisierung der Extreme Gut und Böse, Licht und Dunkel entsteht Spannung und Differenzierung. Meine Wahl fällt zunächst auf den Wassermann aus "Rusalka". Vordergründig durch Musik, Text und strömende Gesangspassagen als Lichtgestalt gedacht. In der "Rusalka" Inszenierung in München von Martin Kusej allerdings als Inkarnation des Bösen gedeutet. Also auch hier die Medaille mit zwei Seiten, die vom Betrachter sehr unterschiedlich gesehen und interpretiert werden kann.

    Es ist bezeichnend, dass sich sein ganzes Interesse auf die "Lichtgestalten" richtet.

    Nun muss ich hier im Forum aufpassen, dass mir der Heiligenschein, der mir verpasst wird, nicht zu eng wird. Meine Frau und einige, die mich näher kennen, bezeichnen mich als Quatschkopf, hoffnungslosen Romantiker , naiven Gutmenschen und überangepassten Kompromissler. Gut oder böse - das ist die Frage?


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Susanna (Figaro)
    Leonore/Fidelio
    Agathe


    Giulio Cesare (Händel)
    Tamino (with a little help of drei Knaben und der Zauberflöte ist er beinahe ein Held)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Da hier bereits andere sich an diesem Threead beteiligt haben, die Thematik aber in Frage gestellt haben, möchte ich mich dieser Gruppe anschließen und das auch begründen. Kaum woanders passte Napoleons Wort: "Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein kleiner Schritt", als im Bereich Oper.
    Das liegt teilweise an den Libretti, die sich oft sehr in der Nähe von Schundromanen oder zumindest solchen der "Gartenlaube" befinden, klischeehaft, vorhersehbar und theatralisch. Manche Figur, die einst Ehrfurcht gebot, wird heute anders gesehen - auch ohne explizites Regietheater.
    Männerbünde, wie jener der Priester in der Zauberflöte, der ja eine Parallele zu den Freimaurern darstellen soll, waren einst angesehen, und der "Oberste Priester" eine Respektsperson. Wir hätten also mit Sarastro eine Lichtgestalt - aber eine sehr patriarchalische. Zu Zeiten der Uraufführung dieser Oper - und lange danach, war das etwas völlig normales: Der Mann gebietet. die Frau folgt freudig. Zumindest war das die offizielle Lesart. Gewisse Theaterstücke und Opern dieser Zeit stellen sogar dies in Frage. Heute könnte man Saratro als einen "sanften Tyrannen" sehen, der sollange milde und gütig bleit, als seine Vorstellungen erfüllt werden. Im Falle von Widerspruch reagieren diese Typen aber oft echt heftig (zb. Die Sohlenstreiche für Monostatos) Ob bewusst oder unbewusst - in machen - durchaus konservstiven - Inszenierungen kommt auch ein Hauch von Pharisäertum bei der Verkörperung dieser Person auf, ein unterschwelliger Spott, auch oft durch die Kleidungunterstrichen, man hat den Eindruck der Ausstatter mache sich lustig über diese "Lichtgestalt"
    Eine weitere zweifelhafte Lichtgestalt finden wir in der gleichen Oper, den Prinzen Tamino, der die Standesunterschiede zwischen ihm und Papageno stets beton - die Rollenverteilung schein vorgegeben: Hier Prinz - da Untertan - und das, obwohl Papageno gar kein Untertan Taminos ist !!!
    ZUdem ist dieser Prinz von ziemlicher Einfalt gezeichnet - und Charakterfestigkeit ist ebensowenig eine Stärke von ihm, wie ein alalytischer prüfender Verstand. Man setzt ihm angebliche Tatsachen vor und er glaubt sie - wie ein kleines Kind. Auch keine wahre Lichtgestalt....


    Ich werde mich in anderen Opern umsehen müssen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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    Giulio Cesare (Händel)
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    Die Leonore gehört zu denen, die auch mir als erstes in den Sinn kamen. Tapfer und ohne Opfer zu scheuen macht sie sich auf die Suche nach ihrem Gatten und bietet dem Bösewicht Pizarro die Stirn. Was kann man von einer Lichtgestalt mehr erwarten?


    Was an Händels Julius Cäsar so besonders vorbildlich sein soll, sehe ich aber nicht. Er ist sicher kein Böser und wird als aufrecht kämpfender Krieger dargestellt, im Gegensatz zum heimtückischen Ptolemäus. Aber reicht das für eine Lichtgestalt? Überhaupt fallen mir auf Anhieb keine solchen in Händels Opern ein. Wenn man die Oratorien hinzunimmt, wäre Theodora sicher eine, die für ihren Glauben und ihre Liebe in den Tod geht.


    Weil ich gestern gerade Rimski-Korsakows "Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch" gesehen habe: die Fewronija aus diesem Stück ist für mich ganz eindeutig eine Lichtgestalt.


    Ich werde mich in anderen Opern umsehen müssen....


    Ja bitte - in der "Zauberflöte" sehe ich nun wirklich keine Lichtgestalten, am wenigsten den Sarastro. :thumbdown:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zitat

    Ja bitte - in der "Zauberflöte" sehe ich nun wirklich keine Lichtgestalten, am wenigsten den Sarastro.


    Ich habe ihn mir ganz bewusst herausgesucht, weil er ein gutes Beispiel dafür ist, wie sich die Werte ändern können. "Weisen Männern" sieht man heute mit einer gewissen Skepsis entgegen. Damals waren sie Leitfiguren...


    Wer will (ich will es nicht) kann auch im Marquis de Posa eine Lichtgestalt sehen. Das bietet sich an sich geradezu an, da es diese Person real nie gegeben hat und sie außerdem rechtzeitig in der Oper umkommt . vielleicht als "Stellvertreter" von Don Carlos, wo ja auch die historische Wahrheit und die idealisierte Opernfigur weit auseinanderklaffen....


    mfg aus Wien
    Alfred

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  • Susanna (Figaro)
    Leonore/Fidelio
    Agathe

    Einverstanden!

    Tamino (with a little help of drei Knaben und der Zauberflöte ist er beinahe ein Held)

    Bitte? Nicht wirklich! (Pamina treibt er durch sein hündisches Befolgen der Anweisungen beinahe in den Selbstmord.)


    Und Julius Cäsar war hoffentlich als Witz gemeint! (Ein ebenso übler Potentat wie Ptolemäus, nur halt der Sunny-Boy auf der Siegerstraße...)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Für mich zählt auch Gurnemanz in Wagners "Parsifal" zu den Lichtgestalten, obwohl er zu diesem rätselhaften Männerorden gehört. Er ist der gütige Mayor Domus, der altersweise steuert, Jugend erzieht, Neulinge auf Regeln hinweist und exaltierte gefallene Damen immer wieder rettet. Ausserdem ist es eine so herrliche Partie, dass der Interpret allein schon durch die Schönheit seiner Rolle für mich zur Lichtgestalt wird.


    Herzlichst
    Operus


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  • Ich meinte nur die Darstellung des Cäsar in Händels Oper, die m.E. sehr positiv ist, nicht den historischen Cäsar.

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    (Bob Dylan)

  • Ich meinte nur die Darstellung des Cäsar in Händels Oper, die m.E. sehr positiv ist, nicht den historischen Cäsar.

    Ach das kann ich nicht nachvollziehen. Er ist genau so ein launischer Despot wie sein Kontrahent. Erst nachdem Cornelia und Sextus am Beginn der Oper bei ihm um Gnade für den geschlagenen Pompeijus bitten, will er ihm verzeihen. Ansonsten hätte er ihn ausgelöscht.


    Er ist eine schillernde Gestalt, aber eine "Lichtgestalt" ist für mich etwas anderes!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Nach den Gesetzen der Dramaturgie ergibt sich hier beim Durchforsten der positiven Figuren für mich ein ähnliches Bild, nur seitenverkehrt, wie bei den Bösewichtern: Je heller sie strahlen, desto weniger halten sie einer psychologischen Überprüfung stand - und damit der Realität.
    Mir fallen hier vor allem Frauen ein. Natürlich auch Leonore/Fidelio, aber (Willi möge mir verzeihen!) ich bin im wirklichen Leben noch keiner begegnet (außer einer, die diesen Namen trug). Zu unwahrscheinlich ist ihr Verhalten. Bei den meisten Kandidatinnen stoße ich bei näherem Hinsehen auch auf eine erkleckliche Portion Naivität und Weltfremdheit (um es vornehm auszudrücken). Das gilt auch für meine Lieblingsfigur auf diesem Sektor: Brünnhilde, die sich allerdings, zu meiner Beruhigung, auch in der harten Realität bewähren muss, wie es die Dramaturgie erfordert, und sogar Siegfried an Hagen ausliefert.
    Auch die meisten Frauengestalten Verdis bewähren sich hier tapfer. Nur wenn die Eifersucht ins Spiel kommt, dann kommt ihre Schwache Seite zum Tragen. C´est la vie... Und vergessen wir nicht die arme Jenufa, die ich gern aus den Klauen von Dr.Pingel von den Bösen erlösen und den Liebenswerten zuführen möchte!
    Mit puren Lichtgestalten tut sich das Leben - und sogar die Oper - schwer. Zumindest müssen sie am Schluss untergehen. Das Theater würde in Langeweile ersticken, wenn es nur von Schwarz/Weiß bevölkert wäre.
    Am meisten Respekt flößen mir standhafte Figuren ein wie die Marschallin - oder Hans Sachs, wie er den Sixtus demontiert!

  • Er [Julius Cäsar] ist eine schillernde Gestalt, aber eine "Lichtgestalt" ist für mich etwas anderes!


    Das sehe ich genauso (ich beziehe mich hier auf die Oper).


    Bei den meisten Kandidatinnen stoße ich bei näherem Hinsehen auch auf eine erkleckliche Portion Naivität und Weltfremdheit (um es vornehm auszudrücken). Das gilt auch für meine Lieblingsfigur auf diesem Sektor: Brünnhilde, die sich allerdings, zu meiner Beruhigung, auch in der harten Realität bewähren muss, wie es die Dramaturgie erfordert, und sogar Siegfried an Hagen ausliefert.


    Brünnhilde verhält sich zumindest in der Götterdämmerung aber alles andere als vorbildlich. Durch ihre Liebesverblendung richtet sie einiges Unheil an, indem sie den Ring nicht abgeben will und die arme Waltraute ziemlich harsch abfertigt, die sie um Hilfe anfleht. Und dann nimmt sie auch noch an einer Verschwörung teil, die den Tod Siegfrieds zum Ziel hat. Das ist psychologisch alles nachvollziehbar, aber zu einer Lichtgestalt passt es nicht.


    Mit puren Lichtgestalten tut sich das Leben - und sogar die Oper - schwer.


    Ein paar gibt es schon, und es wurden auch schon welche genannt. Eine weitere ist der alles verzeihende Titus aus Mozarts Oper.


    Zumindest müssen sie am Schluss untergehen.


    Eine Idee für ein weiteres Thema: Die schönsten Opferrollen in der Oper.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ach das kann ich nicht nachvollziehen. Er ist genau so ein launischer Despot wie sein Kontrahent. Erst nachdem Cornelia und Sextus am Beginn der Oper bei ihm um Gnade für den geschlagenen Pompeijus bitten, will er ihm verzeihen. Ansonsten hätte er ihn ausgelöscht.


    Er ist eine schillernde Gestalt, aber eine "Lichtgestalt" ist für mich etwas anderes!


    Ich verstehe die Szene "Gran Alma" o.ä. mit der Urne des Pompeius schon so, dass Cäsar diesen Gegner respektiert hat und im Ggs. zu Ptolemäus eben kein launischer Tyrann ist, sondern den "guten Herrscher" repräsentiert.
    (Wie gesagt hat das natürlich mit der Wirklichkeit des äußerst skrupellosen Machtkampfes damals nichts zu tun; Octavius/Augustus hat ja noch mehr den Ruf eines "guten Herrschers" erhalten, vermutlich weil dann endlich Ruhe war, aber solange der Machtkampf ging, war er einer der brutalsten von allen Akteuren)
    Gerne räume ich aber ein, dass ich gestern abend nach den drei Frauengestalten noch männliche nennen wollte und mir keine wirklich guten Kandidaten (außer dei ex machina ohne Hintergrund und Entwicklung (Minister, Eremit etc.) eingefallen sind).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

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  • Hallo,
    die Kaiserin in der Frau ohne Schatten ist eindeutig eine Lichtgestalt, wenn sie am Ende zum Verzicht bereit ist.
    Bei den Frauen fallen mir noch Liu (Turandot), Elisabeth (Don Carlos), Leonore (Fidelio) und Fevronja (Kitesch) ein.


    Bei den Männern
    Palestrina (von Pfitzner)
    Barak (Frau ohne Schatten)
    Florestan (Fidelio)


    Der als Lichtgestalt gern genannte Lohengrin gehört für mich ausdrücklich nicht in diese Kategorie (was nicht heißen soll, dass ich diese Oper sehr schätze)
    Schöne Grüße
    wega

  • Ich verstehe die Szene "Gran Alma" o.ä. mit der Urne des Pompeius schon so, dass Cäsar diesen Gegner respektiert hat und im Ggs. zu Ptolemäus eben kein launischer Tyrann ist, sondern den "guten Herrscher" repräsentiert.

    Hinterher, als der Rivale tot ist. Am Anfang der Handlung würde Cäsar den Rivalen zu gerne fassen. Dann kommt das überraschende "Geschenk" des Ptolemäus und Cäsar erscheint es - nicht zuletzt wegen der Anwesenheit von dessen Witwe und Sohn - opportun, dieses zu verabscheuen. Er ist ein Taktiker, aber keine Lichtgestalt.


    Das philisophische Accompagnato-Recitativ, auf das su sich beziehst, hat natürlich eine gewisse unerwartete Fallhöhe, aber dass man über Tote nicht schlecht redet, noch dazu bei deren Beerdigung, ist auch Standard gewesen - das macht Cäsar aber noch zu keiner "Lichtgestalt".

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Barak (Frau ohne Schatten)
    Florestan (Fidelio)

    Barak will zwischenzeitlich sein Weib töten! Er ist genauso ein schwacher Mensch wie seine Frau, muss auch "Prüfungen" bestehen, ist allzumenschlich, um eine wirkliche "Lichtgestalt" zu sein.


    Florestan ist ein positiver Held, keine Frage, aber ist sein Elend im Kerker wirklich passend zu einer "Lichtgestalt"? Vielleicht definiere ich die ja falsch...



    die Kaiserin in der Frau ohne Schatten ist eindeutig eine Lichtgestalt, wenn sie am Ende zum Verzicht bereit ist.

    Die Kaiserin ist bereit, sich auf den Plan der Amme einzulassen, der Färberin ihren Schatten abzuluchsen. Sicher, auch sie besteht diese Prüfung schließlich, war aber auch schwach, ist für ein Geisterwesen erstaunlich menschlich - für mich auch keine wirkliche Lichtgestalt.

    Bei den Frauen fallen mir noch Liu (Turandot), Elisabeth (Don Carlos), Leonore (Fidelio) und Fevronja (Kitesch) ein.

    Liú ist sicherlich die idealisierteste und am reinsten liebende Gestalt in dieser Reihe, sie liebt Kalaf bis zur physischen Selbstaufgabe.


    Elisabeth tut hinter dem Rücken des Gatten auch Dinge, die sich nicht "ziemen", wie den Empfang des Carlos. Sie geigt ihrem Gatten auch ganz schön die Meinung in dessen Zimmer - für mich keine wirkliche Lichtgestalt.


    Leonore ist zweifellos eine positive Heldin, eine Heroine, eine Kämpferin. Sie hält Pizarro die Waffe vor. Macht sie das zu einer "Lichtgestalt"? Marzelline füht sie durch ihre Unerhlichkeit auch Schmerz zu, spielt (notgedrungen) mit ihren Gefühlen, auch wenn sie sich unwohl dabei fühlt. Sie muss Rocco und Marzelline anlügen, damit ihr Plan gelingen kann. Das ist mutig und couragiert, auch richtig, aber eine "Lichtgestalt" ist sie für mich nicht.


    Fewronia leidet, muss auf Erden durch die Hölle gehen - das Ende der wunderbaren Oper "Kitesch" ist tatsächlich dazu geeignet, sie als Lichtgestalt zu verklären. Das kommt zumindest meiner Definition dieses Begriffs am nächsten. Lichtgestalt ist für mich etwas idealisiertes, beinahe entmenschlichtes, überirdisches. Im realen Leben fällt es schwer, als "Lichtgestalt" unter Menschen zu wandeln...

    Palestrina (von Pfitzner)

    Auch ein schwacher Mensch, ein Zweifler und Haderer mit sich selbst. Er erhält vom Himmel die "Erleuchtung", aber macht ihn, den düsteren Grüble rund Zweifler, das wirklich zu einer "Lichtgestalt"?
    Lukrezia ist in ihrer Erscheinung eine "Lichtgestalt" - wie auch der aus dem Jenseits zu Fewronia spechende Prinz im "Kitesch"-Finale. Aber Mensch und "Lichtgestalt", das passt für mich nicht zusammen. Jeder Mansch hat seine Schattenseiten, eine "Lichtgestalt" hingegen nicht.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ach -und auch der alte Tommasso aus d' Alberts "Tiefland" hat es verdient, dass wir ihm unsere Weihen als Lichtgestalt zugestehen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ach -und auch der alte Tommasso aus d' Alberts "Tiefland" hat es verdient, dass wir ihm unsere Weihen als Lichtgestalt zugestehen.


    Herzlichst
    Operus

    Tommaso hat zumindest ein Personalmotiv, das ihn musikalisch sehr in die Nähe einer "Lichtgestalt" rückt. Dennoch dauert's lage bis er kapiert, wie naiv er war, er ist schnell mit Urteilen, sagt zu Marta an einer Stelle "Schlagen möcht' ich dich." und trägt seinen Teil zu Katastrophe bei, wenn auch unabsichtlich. Für mich keine Lichtgestalt, sondern eine zutiefst menschliche Figur.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Was meinen die Experten zu Bacchus? Ariadne will auf ihrer Insel Suizid begehen, für sie ist das Leben nicht mehr lebenswert. Und da kommt er. Strahlend, schön, betörend singend, in seinem halbstündigen Auftritt mehr Musik als in mancher 4-stündigen Oper.


    Und Ariadne will nicht mehr sterben. Sie schreitet mit Bacchus in eine strahlende Zukunft (hach, klingt das schööööön romantisch! Und das ist es tatsächlich! Die Ankunft des Bacchus ist eine der schönsten Szenen der gesamten Musikgeschichte. Dazu gehört auch die Aussage des Komponisten "Musik ist eine heilige Kunst.").


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Und vergessen wir nicht die arme Jenufa, die ich gern aus den Klauen von Dr.Pingel von den Bösen erlösen und den Liebenswerten zuführen möchte!
    Mit puren Lichtgestalten tut sich das Leben - und sogar die Oper - schwer. Zumindest müssen sie am Schluss untergehen. Das Theater würde in Langeweile ersticken, wenn es nur von Schwarz/Weiß bevölkert wäre.


    Wo soll ich das gesagt oder geschrieben haben? Was hier einige beschrieben haben, nämlich, dass Licht und Schatten sich abwechseln oder durchdringen, ist bei Janacek Programm. "Jenufa": Jenufa (ihre Eifersucht , ihr Begehren des Machos), Stewa, Laca, die Küsterin, alles zerrissene Figuren. "Katja Kabanowa": Katja und Boris. Hier gibt es eine abgrundtief Böse, die Kabanicha; und zwei Gute, Kudrjasch und Warwara.
    "Das schlaue Füchslein": fast alle Figuren, besonders die Menschen. "Die Sache Makropulos": praktisch alle Personen.
    "Totenhaus": alle Gefangenen, besonders Schischkow. Ausnahme Gorjantschikow.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • ......hat es verdient, dass wir ihm unsere Weihen als Lichtgestalt zugestehen.


    Ehrlich gesagt, lieber Operus, mir graut, wenn ich solche Formulierungen lese.


    Aber die ganze Suche nach sogenannten Lichtgestalten auf der Opernbühne finde ich abstrus.


    Figuren, denen ein solches Etiket angeklebt werden kann, sind doch nur in Opernlibretti wahrscheinlich, die eine schematische dramturgische Anlage und eine unterkomplexe Charakterisierung des Personals haben. Und dann sind sie eigentlich "Papiergestalten" oder "Kopfgeburten" - jedenfalls keine Gestalten, denen ich als Zuschauer/Zuhörer Sympathie entgegenbringen könnte!


    Natürlich findet man derartige Figuren in Barockopern, in denen - etwa wenn das Libretto von Metastasio stammt - eher Idealtypen als Charaktere vorgeführt werden. Und natürlich findet man sie in Spielopern, die eine Butzenscheiben-Idylle präsentieren.
    Zum Glück aber haben die meisten Figuren auf der Opernbühne doch ein Mindestmaß an differenzierter Charakterisierung!
    Es beruhigt mich, dass gegen die meisten Vorschläge auf der Suche nach "Lichtgestalten" gleich Einwände erhoben und problematische Charakterzüge an ihnen entdeckt wurden.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Es beruhigt mich, dass gegen die meisten Vorschläge auf der Suche nach "Lichtgestalten" gleich Einwände erhoben und problematische Charakterzüge an ihnen entdeckt wurden.


    Und darin liegt doch auch schon ein Erkenntnisgewinn ;)


    Ist nicht die Situation ganz spiegelbildlich zu den Bösewichtern? Im wirklichen Leben findet man selten Personen, die Inkarnationen des Bösen schlechthin sind, echte Menschen sind in der Regel komplexer. Und so ist es auch mit den Lichtgestalten. Wobei Figuren in der Oper dann eben doch gelegentlich einfacher gestrickt sind und man dort sowohl den rein Bösen wie auch den rein Guten begegnet. Einige Kandidaten hatten wir ja schon.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Nun habe ich sie gefunden eine wahre Lichtgestalt in der Oper:Den Evangelimann Mathias Freudhofer in der gleichnamigen Oper von Wilhelm Kienzl. Ein so gütiger, durch das Schicksal geläuterter Mensch, voll Großmut, dass er sogar seinem bösen Bruder Johannes vergibt, der ihn 20 Jahre unschuldig ins Gefängnis brachte und sein Leben zertörte. Ich meine, dass der Evangelimann in einem solchen Maße Lichtgestalt ist, dass selbst unsere "Tiefdenker" Caruso und Stimmenliebhaber diese Güte akzeptieren sollten.


    Herzlichst
    Operus


    Eine meiner ältesten Opernerinnerungen ist das Erlebnis des Evangelimanns. Lorenz Fehenberger sang damals "Selig sind, die Verfolgung leiden" so wunderbar und mit einer Innbrunst, dass ich heute noch Gänsehaut bekomme, wenn ich daran denke. Bitte lieber Stimmenliebhaber und lieber Caruso "raubt" mir diese Jugenerinnerung nicht, durch Eure meist so logische und überzeugende Argumentation. Wem Naivität und ein lebendiges Kindheits-Ich noch im fortgeschrittenen Alter geschenkt sind erlebt eine seltene Gnade. Laßt mich also bitte weiter von Lichtgestalten träumen. :hello: :hello:

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