Pultgötter der Vergangenheit und Gegenwart - eine Legende (?)

  • Immer wieder fühle ich mich unangenehm berührt, wenn ich von "Pultgöttern" lese und dem gehhässigen Unterton, der dabei mitschwingt, vielleicht noch gewürzt mit einer Prise Erleichterung, daß es sowas nicht mehr gibt. Boshafterweise habe ich den Thread so ausgelegt, daß er auch Optionen in die Zukunft ermöglicht, dazu kommt eine provokante Bemerkung von mir, daß es sowas wie "Pultgötter nie gegeben hat, wie es auch keine "Götter in Weiß gegeben hat - es ist alles Chimäre, aber mich unterhalt's (Nestroy)
    Aber nicht hält sich so hartnäckig wie das Trugbild. Wollen wir mal prüfen, was es mit den Pultgöttern so auf sich hat, was sie vom Normaldirigenten unterscheidet, wer als solcher gesehen wurde und wird, ob es sie nicht vielleicht doch gab (oder noch gibt ?) und ob etwas verloren ginge (oder bereits verloren gegangen ist ) wenn es sie nicht gäbe. Und wenn es sie gab - wer hat sie geschaffen - und wann ? (Götter werden einer unbestätigten Theorie aus Atheistenkreisen stets von Menschen geschaffen ) So - und jetzt gehe ich einkaufen - und in der Zeit bis zu meiner Rückkehr seid Ihr am Zug....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Der Begriff "Pultgott" beinhaltet per se bereits eine kräftige Prise Ironie - allerdings (wie stets bei solchen Bezeichnungen) auch viel Bewunderung und solche erwirbt man sicher nicht nur durch geschicktes Marketing (inkl. Selbstvermarktung), die Pflege von persönlichen Skurrilitäten aller Art und die stets vorhandene Bereitschaft der Menschen, Sekten zu bilden und ihre unerfüllten Hoffnungen und Wünsche an eine bestimmte Person zu binden, sondern vor allem durch eine überragende künstlerische Leistung. Durch eine solche zeichnen sich m.E. alle Dirigenten aus, die traditionell mit der Etikette "Pultgott" versehen werden.
    Andererseits gab es stets überragende Dirigenten, denen der Pultgottstatus bis heute verwehrt wird; mir fällt hier beispielsweise Carl Schuricht ein, der dieses Prädikat sicher verdient hätte.
    Daß Pultgötter eine aussterbende Art, bzw. schon ausgestorben sind, ist sicher der Götterdämmerung der allgemeinen Vermassung des Geschmacks geschuldet.
    Als nichtmusikalisches Beispiel nenne ich hier den Niedergang des Kabaretts, das heute in den unsäglichen und aus meiner Sicht völlig geistfreien Blödeleien diverser"Comedians" in einem großen Umfang zu bestehen scheint.


    By the way: erstaunlich, daß auf diesen interessanten Thread bisher noch niemand geantwortet hatte.


    Viele Grüße


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Mit dem Begriff Pultgötter verbinde ich den Begriff Vertrauen zum Einem vom Orchester zum Dirigenten und vom Publikum zum Dirigenten. Ich weiß die Geschichte hab schon erzählt, aber daran erinnere ich mich immer wieder. Zum Ende seiner Zeit als Dirigent hat Hans Wallet in Düsseldorf Don Giovanni dirigiert. Er muß sich wohl nicht besonders gut gefühlt haben, da er sich ständig mit einem Taschentuch über sein Gesicht gegangen ist. Während der 1. Arie des Don Ottavio verließ er aufeinmal das Dirigentenpult, um dann nach ein paar Minuten wieder zu kommen. Das Orchester hat währenddessen weitergespielt und die Sänger haben weitergesungen , als ob er noch dirigieren würde. Und er dirigierte sofort im richtigen Takt weiter. Natürlich hab ich dann einen der Musiker darauf angesprochen und der meinte , daß sie dieses nicht für jeden Dirigenten gemacht hätten.

  • Das Selbstbewusstsein der Menschen ist gestiegen. Jeder meint, sich überall zu äußern zu können (und tut das dann auch). Verbesserungen sind unerwünscht, man ist dann schnell ein Klugscheißer. Das Eiinzige, was immer geht, ist das Alter. Das führte zu erstaunlichen Alterskarrieren etwa von Günter Wand oder Sergiu Celibidache, auch bei Aldo Ciccolini hatte ich den Eindruck. In der Genaration darunter ist Lockerheit angesagt, das Sich-gemein-machen. Ich will das gar nicht schlecht reden, musikalische Visonen haben in den vergangenen Jahrzehnten akademischem Fleiß und Genauigkeit Platz gemacht, was zu vielen faszinierenden Aufnahmen geführt hat. Aber: ein Herbert von Karajan, ein Karl Böhm, ein Wilhelm Furtwängler, die wurden als musikalishce Experten vermarktet, desgleichen Instrumentalisten und Kammermusiker. Heute gleicht sich das Markleting der großen Plattenfirmen dem allgemeionen Konsumgütermarketing an, das einer absoluten Überflußgesellschaft keinen Mehrwert mehr verkauft, sondern Lebensstile. Überfluss, das gilt auch für die vielen Plattenaufnahmen. Respektabel sind da die kleinen Label, die mit ihren Aufnahmen, oft genug in Zusammenarbeit mit Rundfunkanstalten, enzyklopädische Basisarbeit lesiten. Fleiß und Integrität haben allerdings noch nie einen Helden ausgemacht, Experten sind keine Alltagshelden. Auch in der Musikszene nicht. Die Zeiten haben sich geändert und mit ihnen der Bedarf. Sollte es dereinst mal wieder Bedarf geben an Pultgöttern, Lichtgestalten am Flügel und am Geigenbogen, dann werden die auch schon wieder erzeugt werden. Wie dereinst beim "Wunder Karajan", eine Karte, die dehalb in die Presse gelangt ist, weil der eine Minister den Furtwängler und der andere den Karajan mochte. Und die beiden Minister sich untereinander gar nicht.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Mit dem Begriff Pultgötter verbinde ich den Begriff Vertrauen zum Einem vom Orchester zum Dirigenten und vom Publikum zum Dirigenten. Ich weiß die Geschichte hab schon erzählt, aber daran erinnere ich mich immer wieder. Zum Ende seiner Zeit als Dirigent hat Hans Wallet in Düsseldorf Don Giovanni dirigiert. Er muß sich wohl nicht besonders gut gefühlt haben, da er sich ständig mit einem Taschentuch über sein Gesicht gegangen ist. Während der 1. Arie des Don Ottavio verließ er aufeinmal das Dirigentenpult, um dann nach ein paar Minuten wieder zu kommen. Das Orchester hat währenddessen weitergespielt und die Sänger haben weitergesungen , als ob er noch dirigieren würde. Und er dirigierte sofort im richtigen Takt weiter. Natürlich hab ich dann einen der Musiker darauf angesprochen und der meinte , daß sie dieses nicht für jeden Dirigenten gemacht hätten.


    Du meinst sicher Hans Wallat! Er war GMD in Düsseldorf und starb 2014 in Hilden.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Ich behaupte mal. daß es "Pultgötter" gar nicht gab, sie waren ein Phantasiegebilde des Publikums und der Presse.
    Was unterscheidet eigentlich einen "guten Dirigenten" von einem "Pultgott" ?
    Ich würde sagen, der absolute Wille dessen musikalischen Vorstellungen zu verwirklichen. Diesen Willen gab es zur Zeit der "Pultgötter" eigentlich in allen Bereichen. Persönliche Befindlichkeiten waren da Nebensache - und um wieder bei der klassischen Musik zu landen, das galt sowohl für den Dirigenten als auch für das Orchester. Ohne jegliche Rücksicht wurde das Ziel angestrebt - und zumeist auch erreicht. Hätte man einen dieser "Pultgötter" gefragt, ob sie sich als "Gott" in ihrem Bereich fühlten, so hätten die meisten von ihnen vermutlich geantwortet,: "Nein - ich bin ein harter Arbeiter"
    Ich habe mal den Mitschnitt einer Probe unter Karajan gehört, wo er (aus der Erinnerung zitiert) etwas folgendes gesagt hat: Meine Herren, spielen sie so gut sie können, mit vollem Einsatz. Die Leute da unten haben eine Menge Geld dafür bezahlt, daher sollen sie auch das Beste bekommen."
    Dieser Gedankengang ist heute doch ein wenig aus der Mode gekommen.
    Dann sowohl die Orchestermusiker als auch das Publikum haben sich verändert.
    Perfektion ist derzeit kein anstrebenswertes Ziel mehr, die besondere Leistung einer Person zählt nicht mehr so viel wie einst, wo man bereit war die Launen und unangenehmen Eigenschaften eines "Aussergewöhlichen" zu akzeptieren, gesucht wird das Mittelmaß. Hauptsache der Mensch ist "nett" ud möglichst nicht "überragend" oder "außergewöhnlich", denn so verlangt er auch von einem selber nicht, daß man "besonderes leiste", man will "auf Augenhöhe" mit seinen "Vorgesetzten" agieren - und da ist es ganz nützlich, wenn die nicht allzu groß sind. Man sucht ja heute auch in Firmen "Team-Arbeiter" - die sind an sich eher unauffällig, versuchen nicht andere zu überragen, sind nicht unbequem - und sind somit leicht ersetzbar.


    Der klassische "Pultgott" war eigentlich lediglich ein harter Arbeiter mit Blick auf das Endergebnis, der von anderen denselben Einsatz verlangt, wie von sich selbst, was heute kaum ein Orchestermusiker bereit ist zu geben. Die einen fühlen sich ganz wohl im Orchester und meinen, ein "Platz and der Spitze" sei gar nicht anstrebenswert, er sei mit Mühen und Unannehmlichkeiten verbunden, die niemals abgegolten werden könnten, man mache seinen Job - aber das wars dann schon. Man lebt schließlich nur einmal. Die anderen strebten eigentlich eine Solistenkarriere an, zu der es aber dann letzlich nicht gereicht hat, und billigen dem Dirigenten eigentlich keinen Ausnahmerang zu. Wäre ich höhnisch, würde ich sagen, die Wahl der Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker nach Karajan sei ein treffliches Beispiel für meine Behauptungen.....
    Diese Tendenzen haben natürlich auch Konsequenzen. Diese bestehen vorzugsweise darin, daß es einerseits kaum je "Außergewöhnliches" gibt. Es gibt ein gutes Mittelmaß - und alle sind damit zufrieden.
    Nicht ganz - die Marketingabteilungen versuchen zumindest diese Mittelmäßigen als "aussergewöhnlich" zu verkaufen. Das ist schwierig, der die angepeilte Zielgruppe ist nur schwer zu täuschen und ist gegen "Pseudogenies" sensibilisiert.
    Daher werden wohl bis auf weiteres Karajan, Böhm Co den Tonträgermarkt beherrschen......(?)


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Wäre ich höhnisch, würde ich sagen, die Wahl der Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker nach Karajan sei ein treffliches Beispiel für meine Behauptungen.....



    mfg aus Wien
    Alfred


    Abbado auch ? :no:

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Zitat

    Abbado auch ?


    Das ist eine schwer zu beantwortenden Frage, weil sie so vielschichtig ist.


    Niemand wird nur Abbado als "schlechten" Dirigenten sehen (Rattle übrigens auch nicht) - er machte ja in meiner Jugend, damals war er 38 im Jahre 1971 die damals vieldiskutierte Aufnahme von Rossinis "Barbiere di Siviglia" ( kann im entsprechenden Thread auf Wunsch besprochen werden) in London und zeitnah die "La Cenerentola" Es gab dan einige Aufnahmen von Verdi-Opern für die Deutsche Grammophon. Ob eine Italiener für Wiener Klassik geeignet ist, das ist schon eine asnder Frage, ob ein Chefdirigent des nach eigenem Anspruchs führenden deutschen Orchesters sich mit Jugendorchestern abgeben, bzw sie gründen sollte, das wird immer eine Geschmacksfrage sein. Seine Neigung zur zeitgenössischen Musik ist auch ein hinterfragbarer Punkt in seiner Biographie, natürlich nicht grundsätzlich, sondern nur in seiner Eigenschaft als Lordsiegelbewahrer eines der traditionsreichsten Orchester Deutschlands.
    Ich zitieren gelegentlich aus Wikipedia, wenn ich etwas finde, das ich nicht erwartet hätte:


    Zitat

    Die Zeit in Berlin war nicht frei von Spannungen. Abbados offenes Musizierverständnis, das im Kontrast zum eher autoritären Auftreten Karajans stand, provozierte beim Orchester Widerspruch.


    Eigentlich nicht ganz verständlich, ich vermute, daß sich hier die konservativen, hierarchiebejahenden Musiker im Orchester gegen ihn formierten (?)


    Woran ich mich aber gut erinnere, war, daß man angeblich aufatmete, als er ging und man eine "Modernisierung des Orchesters" durch Generationswechsel erwartete.


    Simon Rattle hatte ja unbestreitbare Erfolge mir seinem City of Birmingham Symphony Orchestra, und die EMI (eine Vertragsfirma) erhoffte sich mit seinem Wechsel zu den Berliner Philharmonikern Verkaufszahlen wie unter der Karajan-Ära. Diese Erwartung wurde indes nicht annähernd erfüllt, das "Wunder Rattle" fand einfach nicht statt.


    Nun steht ein neier Wechsel bevor - die Berliner haben eine "mutige" um nicht zu sagen "tollkühne" Wahl getroffen - vielleicht war es dennoch die Richtige....(???)


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich behaupte mal. daß es "Pultgötter" gar nicht gab, sie waren ein Phantasiegebilde des Publikums und der Presse.


    Diesem Urteil schließe ich mich an. Götter sind eine Erfindung von Menschen. Auch so genannten Pultgötter. Sie existieren nicht real durch sich selbst. Der Begriff ist mir völlig fremd. Er ist allenfalls altmodisch und verstaubt, so, also würde man eine Hose ernsthaft noch als Beinkleid bezeichnen. Ich kenne niemanden, der ihn ernsthaft gebraucht. Wer nicht ausdrücken kann, was ein Dirigent zu leisten vermag und wie sein Interpretationsstil auf ihn wirkt, flüchtet sich womöglich in so eine nebulöse Bewertung, die keine Erweiterung und Differenzierung mehr zulässt und sich auch gegen Kritik wappnen will. Mir ist ein in schlichte Worte gefasstes allgemeines Urteil viel lieber als die Zuflucht in einen fundamentalistischen Gottesbegriff.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Diesem Urteil schließe ich mich an. Götter sind eine Erfindung von Menschen. Auch so genannten Pultgötter. Sie existieren nicht real durch sich selbst. Der Begriff ist mir völlig fremd.

    Mir ist der Begriff nicht fremd. Ich selbst gebrauche ihn nicht, aber bildlich gesehen ist ein Gott einer, der über allen anderen schwebt. Bei Dirigenten fällt mir da sofort Karajan ein, der sich ja auch szenisch wirklich als Pultgott darstellen ließ. Ein Gott bestimmt, was die anderen machen. Karajan ließ keine anderen Meinungen zu. Pultgötter sind aber auch Persönlichkeiten, die so auftreten, dass man selber meint, anders geht es nicht. Diese Spezies ist ausgestorben. Sicher gehören Furtwängler, Toscanini, Böhm, auch Klemperer dazu. Ihnen nahm man ab, was sie wollten. Sie waren die Götter am Pult, auch das Publikum war gleichermaßen happy. Diese Zeit ist vorbei. Keine Autokratie, sondern Demokratie auch im Verhältnis Dirigent- Orchester. Natürlich muss ein Dirigent sich durchsetzen. Aber das bedeutet nicht einfach bestimmen, sondern überzeugen. Das ist hier nicht der Thread über die Chefposition bei den Berliner Philharmonikern. Aber als Beispiel geeignet. Die Musikerinnen und Musiker von heute sind selbstbewusst und nicht pultgottgläubig. Sie wollen ernst genommen werden. Das muss der Dirigent beachten. Dann kann er den Erfolg haben, den er sich wünscht. Aber die Götterzeit ist am Pult Vergangenheit, so könnte jemand heute nicht mehr auftreten.
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Mir ist der Begriff nicht fremd. Ich selbst gebrauche ihn nicht, aber bildlich gesehen ist ein Gott einer, der über allen anderen schwebt. Bei Dirigenten fällt mir da sofort Karajan ein, der sich ja auch szenisch wirklich als Pultgott darstellen ließ. Ein Gott bestimmt, was die anderen machen. Karajan ließ keine anderen Meinungen zu. Pultgötter sind aber auch Persönlichkeiten, die so auftreten, dass man selber meint, anders geht es nicht. Diese Spezies ist ausgestorben. Sicher gehören Furtwängler, Toscanini, Böhm, auch Klemperer dazu. Ihnen nahm man ab, was sie wollten. Sie waren die Götter am Pult, auch das Publikum war gleichermaßen happy. Diese Zeit ist vorbei. Keine Autokratie, sondern Demokratie auch im Verhältnis Dirigent- Orchester. Natürlich muss ein Dirigent sich durchsetzen. Aber das bedeutet nicht einfach bestimmen, sondern überzeugen. Das ist hier nicht der Thread über die Chefposition bei den Berliner Philharmonikern. Aber als Beispiel geeignet. Die Musikerinnen und Musiker von heute sind selbstbewusst und nicht pultgottgläubig. Sie wollen ernst genommen werden. Das muss der Dirigent beachten. Dann kann er den Erfolg haben, den er sich wünscht. Aber die Götterzeit ist am Pult Vergangenheit, so könnte jemand heute nicht mehr auftreten.
    :hello:

    Ein sehr schöner Beitrag, dem ich mich inhaltlich voll anschließe! :jubel: :jubel: :jubel:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Pultgötter...Diese Spezies ist ausgestorben. ... die Götterzeit ist am Pult Vergangenheit,

    Ja und nein. Die Bezeichnung "Pultgötter" ist wohl ausgestorben und findet nur noch Verwendung mit Hinweis auf die Ära "Karajan, Böhm, Furtwängler" etc.
    Dafür wurde vor einigen Jahren von den Medien ein neues, scheußliches Wortspiel kreiert - der "Star". So gibt es eben als Hervorhebung der Bedeutsamkeit den
    "Star - Dirigenten, den Star - Trompeter, den Star - Pianisten, den Star - Tenor, die Star - Sopranistin" und, und, und...
    Das gipfelt dann inzwischen darin, daß es auch "Star - Architekten, Star - Maler bis hin zu Star - Trainern und sogar Star - Köchen" gibt.
    Zum Glück ist noch keiner drauf gekommen, daß wir auch eine "Star - Politikerin" haben.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zitat

    Mir ist der Begriff nicht fremd. Ich selbst gebrauche ihn nicht, aber bildlich gesehen ist ein Gott einer, der über allen anderen schwebt. Bei Dirigenten fällt mir da sofort Karajan ein, der sich ja auch szenisch wirklich als Pultgott darstellen ließ


    Das ist bestenfalls eine Teilwahrheit, aus meiner Sicht gar keine.
    Karajan selbst hat sich nie als Pultgott dargestell, das waren die Nutzniesser seines Ruhms, also seine Vermarkter.
    Karajan hasste eigentlich den Rummel. Zu Beginn seiner Weltkarriere verbot ersogar Fernsehaufnahmen bei den Proben, weil sie ihn bei seiner Konzetration störten. Erst als er erkannte, wie nützlich , ja notwendig "mediale Präsenz" zur Durchsetzung seiner künstlerischen Vorstellungen war, arrangierte er sich mit ihr, fand allmählich so etwas Gefallen an ihr und nützte sie für seine Zwecke aus. Das Ergebnis hat ihm recht gegeben.


    Zitat

    Ein Gott bestimmt, was die anderen machen


    Dazu bedarf es keines Gottes - dazu genügt in der Tat bereits ein Dirigent



    Zitat

    Karajan ließ keine anderen Meinungen zu.


    Das ist eine böswillige Legende. In der Tat war es so, daß Karajan sehr wohl andere Meinungen zuließ, wenn er auf einen Gesprächspartner traf, der ihm ebenbürtig war - was allerdings in der Praxis selten der Fall war.


    Zitat

    Pultgötter sind aber auch Persönlichkeiten, die so auftreten, dass man selber meint, anders geht es nicht


    Das ist in der Tat ein Idealfall. Mir erging es so bei Karl Böhm. Wobei er ja nicht immer im gleichen Tempo dirigierte. Aber es erschien mir immer richtig zu sein. Ich bin der Frage nachgegangen und kam zu dem Scxhluß, daß die Binnendynamik und die Tempoverschiebungen INNERHALB eines Gesamtdirigates eines Werkes sehr wichtig dafür sind, daß man den Eindruck der "absoluten" Richtigkeit hat.


    Zitat

    Diese Spezies ist ausgestorben


    Allenfalls vorübergehend. So wie heimische Wälder (unter Jubelrufen der Tierschützer !!!!) mit Bären, Füchsen und Wölfen besiedelt werden - so wird auch der "Pultgott" wieder auferstehen - wie Phönix aus der Asche. Und das Management der DGG wird anlässlich dessen vermutlich eine Messe lesen lassen.....

    Zitat


    Diese Zeit ist vorbei. Keine Autokratie, sondern Demokratie auch im Verhältnis Dirigent- Orchester.


    Wo haben wir denn eine Demokratrie ? Die EU-Komission in Brüssel verbraucht unsere Steuergelder und DIKTIERT !!


    Im übrigen halte ich Demokratie, bzw was sich die meisten darunter vorstellen für eine denkbar schlechte Lösung.
    Zum einen brauch man zu lange für Entscheidungen, und ausserdem bestimmt die Mehrheit. Die ist aber (auch wenn man das nicht laut sagen darf) bekanntlich strohdumm.......


    Die griechisch Demokratie war so eingerichtet, daß der Pöbel gar keine Rechte hatte. Die Herren bei Wikipedia müssen geradezu geweint haben als sie folgenden Zeilen über die Attische Demokratie in die Tasten klopften:


    Zitat

    Auch in der Epoche ihrer Vollendung bot die attische Demokratie allerdings nur einem Teil der Bevölkerung Attikas das Recht zur politischen Partizipation. Frauen, Sklaven und Metöken (Fremde, meist ebenfalls griechischer Herkunft) waren davon ausgeschlossen.


    Ich prognostiziere für die mittlere Zukunft - auch wenn ich sie vermutlich micht mehr erleben werde - die Rückkehr von prägenden Gestalten. Sie sind erforderlich um der Gesellschaft Halt zu geben. Und wenn es keine gibt - dann werden sie eben erfunden...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Alphatiere müssen nicht immer den Taktstock im Orchester schwingen, ich denke da z.B. an den Ersten Konzertmeister Rainer Küchl, den Bewahrer des Klanges bei den Wienern.


    Geschätzt und auch gefürchtet von Dirigenten und Orchestermitgliedern.

  • Die Alphatiere müssen nicht immer den Taktstock im Orchester schwingen, ich denke da z.B. an den Ersten Konzertmeister Rainer Küchl, den Bewahrer des Klanges bei den Wienern.


    Geschätzt und auch gefürchtet von Dirigenten und Orchestermitgliedern.


    Der wäre dann ein Konzertmeistergott.*


    * nachträglich von Pult- in Konzermeistergott geändert.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent