Die Operettenaufnahmen bei cpo

  • Eigentlich habe ich diesen Thread schon vor einigen Tagen eröffnet. Ich habe mich gewundert, daß wirklich niemand darauf antwortete - das war aber gar nicht möglich - er ist ins Nirwana verschwunden. Das passiert, wenn man Beiträge oder Threads signifikant nach Mitternacht schreibt, bzw eröffnet - und dann vergisst sie abzuspeichern. Nun - dann gibt es eben einen zweiten Anlauf.
    Es sollen Aufnahmen von Operetten gennant, bzw kurz beschrieben werden,welche beim Label cpo in den letzten 30 Jahren erschienen sind. PRO BEITRAG bitte NUR EINE OPERETTE. Es soll ein kritikloser, schnell erstellter Katalog vermieden werden, wenigstens ein paar Zeilen (oder mehr) sollte uns eine jede Operette wert sein, die hier aufgenommen wurde.....
    Jeder Mitschreiber kann beliebig viele Aufnahmen vorstellen, aber pro Tag nur eine. Sollte sich eine Diskussion über eine Aufnahme ergeben, so gibt es hier selbstverständlich kein Limit.
    Es ist klar, daß man bei der Veröffentlichung einer unbekannten Operette aus CD nicht jene Ansprüche an das Werk, aber auch nicht an die Ausführenden, stellen kann, wie bei den weltbekannten "Rennern" Man kann auf bekannte Schlager hinweisen, bei bekannten Werken auch Vergleiche zu Alternativaufnahmen ziehen. Im Prinzip ist aber das Verdienst der cpo Veröffentlichungen doch das Ausgraben von Raritäten, zumeist in Cooperation mit Rundfunkanstalten. Ich glaube, dass hier doch zahlreiche Repertoirelücken geschlossen werden und dass auf diese Weise die Operette - zumindest virtuell - aufblüht.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Da möcht' ich doch gleich mal mit meiner ersten cpo-CD beginnen.



    Das Verdienst dieser CD ist, diese Operette, die bis 2006 fast völlig vergessen war, wieder aus der Versenkung geholt zu haben. Eigentlich gebührt der Verdienst ja dem Franz Lehár-Festival in Bad Ischl, welches die Operette erstmals (nach 1995 in Bremen) wieder aufgeführt hat, cpo hat es aber erstmals auf CD gebracht. Die Aufnahmen wurden nicht live mitgeschnitten sondern im Studio nachproduziert. Neben dieser CD gibt es meines Wissens von dieser Operette nur noch einen auszugsweisen Rundfunkmitschnitt einer DDR-Rundfunkproduktion aus dem Jahre 1958, und zwar als Bonus auf einer Boccaccio CD von HafG.


    Die cpo-CD ist bei Experten nicht unumstritten – einige urteilen lakonisch, „solange es nichts Besseres gibt muss man sich damit begnügen“ – andere bemäkeln die „tranigen Tempi ... des sonst sauber intonierende Franz Lehár-Orchesters.“ Einer Kritik zumindest möchte ich mich anschließen, das ist die offensichtliche Fehlbesetzung der Lydia durch Zora Antonic, die den schwierigeren Teil der Partie allein aufgrund der Sprachschwierigkeiten nicht meistert, am deutlichsten zu vernehmen ausgerechnet bei den Glanzstücken der Partitur, den beiden Arien. Mit der restlichen Besetzung bin ich mehr oder weniger zufrieden, insbesondere der Tenor Christian Bauer in der Rolle des Reporters gefällt mir ausgezeichnet. Und das Orchester gefällt, trotz der kritisierten "Klebrichkeit", da es durch seine transparente und präzise Spielweise die Feinheiten der Partitur aber auch die Wucht der Suppé'schen Introduktionen und Finales ausgezeichnet zur Geltung bringt - dass das Franz Lehár Orchester unter Vinzenz Praxmarer sauber intoniert, räumt sogar der oben zitierte Kritiker ein.


    Ein Manko allerdings ist die Textverständlichkeit. Dies ist mir aber bei allen neueren Aufnahmen, nicht nur von cpo, schon öfters aufgefallen. Beispielsweise sind die Gesangstexte bei der erwähnten DDR Produktion wesentlich verständlicher und das, obwohl die Tempi im krassen Gegensatz zu den dort kritisierten geradezu preußisch forsch sind, was mir auch nicht so gefällt.



    :) Uwe

  • Schade, dass auf diesen Thread so gar keine Resonanz erfolgt. Nicht mal der Thread-Eröffner hat bisher einen Beitrag gespostet.
    :( Uwe

  • Bei mit liegts daran, daß ich mir vorgenommen habe, nach dem Tod meiner Mutter keine heitere Musik mehr zu hören und mich generell weitgehendst aus dem Leben zurückzuziehen - Das Forum - keine Angst - ist hiervon nicht betroffen, denn wenngleich ein Amateur-Projekt, so versuche ich es weitgehend professionell zu führen.


    Nach dieser eher traurigen Einleitung (die ich vielleicht in absehbarer Zeit löschen werde) zum Thema


    Die Operette "Madame Pompadour" von Leo Fall (1873-1925) aus dem Jahre 1922 ist seine letzte Operette, und vielleicht auch seine beste. Hallo - ganz stimmt das nicht, denn posthum erschienen dann noch 2 weitere Operetten, teilweise von Korngold bearbeitet, und eine weitere dann NACH 1950 !! - Insgesamt dürften es über 25 gewesen sein, denn 24 sind bei WIKIPEDIA als "Auswahl" gelistet !!
    Die vorliegende Aufnahme würde ich durchwegs für sehr geglückt halten - kein Wunder, handelt es sich doch um einen Mitschnitt aus der Wiener Volksoper, die neben ihren Opernaufführungen auf eine lange Operettentradition zurückblicken kann. Der Chor und Orchester der Wiener Volksoper wurde hier sogar durch das Bühnenorchester der Wiener Staatsoper verstärkt. Das musikalische Ergebnis ist ausgezeichnet. Auch die Stimmen wurden gut gewählt, immerhin sind zwei Stars wie Annette Dasch und Herinz Zednik mit von der Partie. Weniger optimal ist die Sprachverständlichkeit ein Tribut an eine Liveaufnahme unter nicht optimal kontrollierbarer Akustik.
    Mich wundert, daß diese 3 aktige Operette nur 72 Minuten Spieldauer haben soll und somit auf einer CD Platz findet. Nirgendwo finde ich einen Hinweis auf eine Kürzung oder auf einen Querschnitt.
    Wenngleich die Operette vielen nicht bekannt sein dürfte, so sind es doch einige Musiknummern, die übrigens teilweise leitthemenhaft Verwendung finden und sich durch das ganze Werk ziehe,
    Das Spottlied auf die Maitresse ist eigentlich recht gewagt, oder deutet an, daß man schon 1922 sich manches getraute.
    Die Pom Pom Pompadur
    ist eine große Ha Ha Ha
    ist eine große Dame
    gepriesen sei Ihr Name


    Man wird eventuell durch die Dreifachen HA (die einen Lacher, aber auch den Buchstaben H bedeuten können)
    direkt aufmerksam auf den fehlenden Reim, der sich phonetisch auf PompaDUR reimen SOLLTE
    ABER, dann setzt man mit "ist eine große DAME" fort. Jetzt fehlt der Reim erneut
    und man ergänzt höhnisch: Gepriesen sei ihr Name


    Noch bekannter dürfte die Nummer sein "Heut könnt einer sein Glück bei mir machen"
    und die Krönung "Ach Joseph, ach Joseph, was bist du so keusch"


    Bekannt wurde die Nummer durch die unvergessliche Fritzi Massary, die dieses Duett mit ihrem Mann Max Pallenberg sang.
    Eine kaum zu erreichende Vorlage.


    Dennoch ist hier IMO das Unmögliche FAST gelungen. Annette Dasch und Boris Pfeifer schlagen sich nicht nur wacker, sondern kommen dem Original, auch wenn man es wie ich im Ohr hat und jede Phrase kennt, gelegentlich recht nahenahe - Daß sie sie alte Aufnahme genau studiert haben ist unüberhörbar.
    Da die Frauen ja heute noch schwerer abzuwimmeln sind als 1922, baut Joseph Calicot noch eine zusätzliche Sicherung ein. In dieser Inszenierung sagt er - kaum vernehmbar, aber dem geübten Ohr nicht entgehenden verstümmelten Satz: "Ich bin nicht erfahren - ich bin schwu" Das U ist nur ganz kurz zu hören, denn sofort setzt hier die Musiik ein.


    Auch in folgenden Couplet wimmelt es nur so von "eindeutigen Zweideutigkeiten"


    Treib das Ding nicht bis zum Gipfel
    fass mich bloß nicht so so beim Zipfel
    MEINES MANTELS....


    Aber auch die weniger bekannten Nummer stehen den bekannteren in nichts nach
    Hier die Musiknummern


    "Die Pom-, Pom-, Pompadour ist eine schöne Ha-Ha-Ha"
    "Heut' könnt einer sein Glück bei mir machen"
    "Mein Prinzesschen, ich weiss ein verschwiegenes Gässchen"
    "Ich bin dein Untertan, dein treuer; für dich geh ich durchs Höllenfeuer"
    "Ach Joseph, ach Joseph, was bist du so keusch"
    "Madame Pompadour, Kronjuwel der Natur"


    Die Aufnahmer füllt eine Lücke, denn es dürfte seit Einführung der Stereophonie die einzige Aufnahme am Markt sein.
    Warum die Operette verhältnismäßin selten gespielt wird, dürfte an ihrer Kürze leigen Knap fünf Viertelstunden sind nun mal nicht abendfüllen.
    In früheren Zeiten hat man sich in solchen Fällen damit beholfen Musik aus anderen Werken des Komonisten, oder aber auch solch innerhlb des Werkes zu einem oder zwei Balletten zu verarbeiten, die dan quasi "eingeschoben" wurden.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Giuditta spielt in Süditalien und Libyen. Aktueller können Orte von Handlungen nicht sein. Mit einen gewichtigen Unterschied zur Gegenwart. Damals – wir schreiben 1930 – ging die Reise mit dem Schiff von Europa über das Mittelmeer nach dem Norden Afrikas. Und nicht umgekehrt. "Lustig, ohne Sorge in die schöne weite Welt..." Afrika bedeutet noch Verheißung in der Operette von Franz Lehár. Hoffnung auf ein besseres Leben, wie es in der Inhaltangabe des cpo-Albums heißt. Zumindest bei der arbeitenden Bevölkerung, die im Stück als Obsthändler Pierrino und seine Geliebte, das Fischermädchen Anita in Erscheinung treten. Bei der etwas geheimnisumwitterten Titelheldin Giuditta und ihrem Hauptmann Octavio sind die Gründe der Sehnsucht nach dem anderen Kontinent weniger ökonomisch bedingt. Sie versprechen sich dort die Erfüllung ihrer Liebe, folgen also dem innern Triebe. Giuditta ist unglücklich verheiratet mit Manuele Biffi. Ihre Mutter stammt von dort, wo sie nun mit unheimlicher Kraft hinzieht. Viel mehr erfährt man nicht. Die Geschichte endet ohne Happyend. Octavio, der gleichnamigen Figur in Mozarts Don Giovanni an Unentschlossenheit nicht unähnlich, hat das letzte Wort: "Es war ein Märchen." Giuditta ist Lehárs letzte Operette gewesen. Mit ihr zog er in die Wiener Staatsoper ein, womit sein lebenslanger Traum in Erfüllung ging. Die Uraufführung fand 1934 statt. Im Booklet erzählt der Musikwissenschaftler Stefan Frey, ein ausgewiesener Lehér-Kenner, die Geschichte sehr anschaulich. Er spricht – wohl in einem doppelten Sinne von einem "Werk des Abschieds". Es sollte nur noch vier Jahre dauern, bis die deutschen Nationalsozialisten Österreich – als Anschluss getarnt - annektierten. Jarmila Novotna, die erste Giuditta und Richard Tauber, der erste Octavio gingen wie auch der Librettist Paul Knepler ins Exil. Sein Mitautor Fritz Löhner-Beda, Jude wie er und Tauber, fiel den Nazis in die Hände und wurde 1942 in Auschwitz ermordet. Gleich einer schwere Hypothek lastet dieser historische Hintergrund auf dem Werk. Sie lässt sich nicht abschütteln, zumal auch der Komponist selbst bei Hitler in hohen Gunsten stand. Er hat seine Musik mehr geliebt als die Musikdramen Wagners, die er vor allem ideologisch als Umrahmung seiner politischen Ziele verstand.


    Es kann nicht schaden, sich diese Hintergründe immer wieder ins Bewusstsein zu rufen. Versuche, Werke Lehárs auf der Bühne mit geschichtlichen Katastrophen ihrer Entstehungszeit auch szenisch zu verbinden, haben sich als problematisch erwiesen. Wer sich dem Werk zuwendet, ist gut beraten, es zu nehmen wie es ist. Ulf Schirmer, der Dirigent der Einspielung, gelingt es, in dem Werk die opernhaften Elemente aufzuspüren und deutlich zu machen. So, wie es Lehár vorgeschwebt haben mag, der seine "Giuditta" eine musikalische Komödie in fünf Bildern nannte. Eine Assoziation zu der in der selben Spielzeit – nämlich 1933/1934 - im Haus am Ring uraufgeführten Arabella von Richard Strauss, einer lyrischen Komödie, stellt sich ganz von selbst ein. Strauss kam an den Erfolg von Lehár nicht annährend heran. – ebenfalls nachzulesen im feinsinnigen Booklet-Text von Frey. Schirmer sollten Kränze geflochten werden für seine cpo-Aufnahmen von Operetten Lehárs.


    Der Charme und die Bedeutung dieser Produktionen bestehen darin, dass Schmalz und allerlei Nettigkeiten herausgespült wurden. Das tut Lehár gut. Dialoge, oft wie ein Melodram von Musik unterlegt, sind gnädig bearbeitet. Es genügt eben auf Dauer nicht, sich immer wieder auf Hilde Güden (Decca), Teresa Stratas (ZDF) oder Edda Moser (EMI) berufen zu müssen – nahrhafte Sängerinnen, die sich der Titelrolle angenommen haben in Gesamteinspielungen mit Partnern wie Waldemar Kmentt, Rudolf Schock und Nicolai Gedda. Eine Aufnahme in englischer Sprache mit Deborah Riedel und Jerry Hadley unter Richard Bonynge (Telarc) hat durch ihre Exotik überlebt. Selbst die Wiener Rundfunkproduktion von 1942 mit Franz Lehár am Pult, in der Jarmila Ksirova und Karl Friedrich eine Vorstellung davon vermitteln, wie es bei der ersten Aufführung geklungen haben mag, verharrt ästhetisch in ihrer Zeit, so als würde man sich den "Blauen Engel" mit der Dietrich wieder einmal anschauen. Mir kommt es immer so vor, als alterten Operettenaufnahmen in der Wahrnehmung viel schneller als Opern oder Lieder, weil Gefühle und Emotionen in einer Weise angesprochen werden, die wir so nicht mehr haben. Ich glaube, es sind die eingesperrten Gefühle meiner Großeltern, die keinen Dostojewski gelesen und keinen Freud studiert hatten. Wenn die sich ewig nach etwas sehnten, und das noch heimlich und unausgesprochen, hatten wir es uns längst viele Male erfüllt. Um die fünfzehn Jahre alt ist indessen die bislang jüngste Produktion von den Seefestspielen in Mörbisch mit Natalia Ushakova und Mehrzad Montazeri. Um die Highlightes – "Meine Lippen, die küssen so heiß" oder "Freunde, das Leben ist lebenswert" - muss man sich indessen nicht sorgen. Sind haben längst auch Eingang ins Repertoire von Anna Netrebko oder Jonas Kaufmann gefunden, ohne dass die Raffinesse, mit der einst die Schwarzkopf das Idiom dieser Musik zwischen Traum und Wirklichkeit genau erfasste, je übertroffen worden wäre. Aber das kann man den gegenwärtigen Sängern nicht vorwerfen.


    Jetzt ist Christiane Libor die Giuditta. Während ihre berühmten Kolleginnen in dieser Rolle vornehmlich im lyrischen Fach unterwegs waren, singt sie Sieglinde, Brünnhilde oder Isolde. Das hört man auch und soll es auch hören. Manche Töne schleudert sie tatsächlich mit der Kraft der irischen Königstocher heraus. Stimmlich gibt sie der Giuditta Schmackes. Ich höre viel Selbstbewusstsein und einen gewissen Hochmut. Der extrem hoch gelegene Auftritt ist perfekt. Die Libor überzeugt, weil sie ganz anders ist. Schirmer, der an der Leipziger Oper mit der Sängerin auch im "Ring des Nibelungen" zusammengearbeitet hat, ist mit seiner Wahl bestens bedient, wenngleich ich mir etwas mehr Deutlichkeit gewünscht hätte. Mit dieser Sängerin gibt es übrigens noch einen Bezug in die Vergangenheit hinein. Sie studierte an der Berliner Musikhochschule "Hanns Eisler", die 1950 von Georg Knepler, dem Sohn des Librettisten der Operette gegründet wurde. Nikolai Schukoff, der aus Graz stammt und den Octavio singt, hat ebenfalls Wagner-Erfahrung, von der er Gebrauch zu machen versteht. Mitunter fehlte es seiner Gestaltung etwas an Struktur. Dafür ist er sehr leidenschaftlich. Laura Scherwitzl gibt die Anita, Ralf Simon den Gemüsehändler Pierrino. Beide sind entzückend als das obligate Buffo-Paar. Es singt der Chor des Bayereischen Rundfunk, es spielt das Münchner Rundfunkorchester, dessen Chef der umtriebige Ulf Schirmer ebenfalls ist. Dass es sich im eine Live-Aufnahme handelt, stellt sich nicht so sehr beim Hören ein als beim Lesen der entsprechenden Information auf der Rückseite des Albums. Nur ganz selten ist so etwas wie ein Publikumsgeräusch zu vernehmen. Als Daten werden der 21. und der 22. Januar 2012 genannt. Ort der Aufführung ist das Prinzregentheater in München. Ein Mitschnitt ist gelungen, dem eine weite Verbreitung zu wünschen ist.


    P.S. Ich hatte die Aufnahme bereits in einem Thread über Christiane Libor schon einmal kurz herausgestellt. Allerdings, lieber Uwe, gab es auch darauf so gut wie keine Resonanz. Operette ist hier nicht das Ding! Es sei denn, die Komische Oper in Berlin, nimmt eine in den Spielplan. ;) Operette ist offenbar ein Minderheitenthema. Wer sich dazu äußert, tut das - wie ich finde - um der Sache willen und sollte nicht auf Resonanz aus sein. "Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann!" :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Die Operette "Madame Pompadour" von Leo Fall (1873-1925) aus dem Jahre 1922 ist seine letzte Operette, und vielleicht auch seine beste. Hallo - ganz stimmt das nicht, denn posthum erschienen dann noch 2 weitere Operetten, teilweise von Korngold bearbeitet, und eine weitere dann NACH 1950 !!

    Die letzte von Fall noch selbst fertiggestellte Operette ist "Der süße Kavalier", uraufgeführt 1923, ein Jahr nach der Pompadour.



    Mich wundert, daß diese 3 aktige Operette nur 72 Minuten Spieldauer haben soll und somit auf einer CD Platz findet. Nirgendwo finde ich einen Hinweis auf eine Kürzung oder auf einen Querschnitt.

    Sind die 72 Minuten einschl. Dialogen? Denn 72 Minuten reine Musik wären für eine Operette aus der sog. "Silbernen Ära" nicht ungewöhnlich. Die haben oft ca. 20-30 Minuten weniger Musik als sog. "klassische" Operetten. Es gibt da natürlich auch Ausnahmen, vor allem bei Lehárs "Opernversuchen".
    :) Uwe

  • Operette ist offenbar ein Minderheitenthema. Wer sich dazu äußert, tut das - wie ich finde - um der Sache willen und sollte nicht auf Resonanz aus sein.


    Dass ich auf einige Beiträg keine Resonanz erhalte, bin ich gewöhnt. Meine Kritik in diesem Fall bezog sich darauf, dass bis zu diesem Zeitpunkt außer meinem Beitrag zu diesem neu eröffneten Thread kein weiterer gefolgt war, nicht mal einer von Alfred, der den Thread zwar eröffnet aber noch nichts darüber gepostet hatte. Aber da ist ja inzwischen was gefolgt.


    Die von Dir angesprochene Aufnahme von Guiditta habe ich als Rundfunkmitschnitt vom BR. Jetzt kenne ich wenigstens die Interpreten; ich hatte seinerzeit vergessen, diese zu notieren.


    :) Uwe

  • Gleich ein paar Punkte zu beantworten, was dem Thread aber nicht schaden wird.
    Ich eröffne gelegentlich Threads an denen ich mich dann kaum oder gar nicht beteilige, sie sind lediglich Anstösse für die Spezialisten, das begonnene Thema auftzugreifen und fortzusetzen.


    Dass die Operette hier im Forum unterrepräsentiert sei, das habe ich auch geglaubt - bis vor kurzem, Dann habe ich mir die Beitragszahlen und die Seitenaufrufe angesehen und war schon erstaunt, wie man sich irren kann,


    Zur Spieldauer der CD: Es sind Dialoge vorhanden, aber ob die vielleicht gekürzt wurden, das weiß ich nicht, da ich das Original nicht kenne. Schliesslich handelte es sich ja um einen Livemitschnitt, wo sogar der Applaus mit drauf ist. Mit den Dialogen in Operetten ist es ja IMO noch schlimmer als bei Opern, Dialoge wurden oft radikal gekürzt, verändert oder sogar neu getextet. Das wäre dann ein interessantes neue Nebenthema im Operettenforum.


    Beste Grüße aus Wien
    Alfred


    clck 526

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Nach meiner ersten cpo CD will ich heute mit meiner derzeit letzten Neuerwerbung fortfahren. Wie bei der von Rheingold beschriebenen „Guiditta“ handelt es sich bei dieser Aufnahme um einen Teil des Lehár-Zykluses, welchen Ulf Schirmer mit dem Münchner Rundfunkorchester vor wenigen Jahren produziert hatte.


    Eine Besonderheit dieser Aufnahme ist, das man sich bei dieser ohnehin personalarmen Operette die Besetzung des Buffopaares eingespart hat. Elena Mosuc und Zoran Todorovich singen sowohl die beiden Hauptpersonen, Prinzessin Elisabeth und Kronprinz Georg als auch die beiden kaum mit der Handlung verknüpften Nebenfiguren, die Tangotänzerin Mercedes de la Rossa und Graf Sascha. Auf die Handlung möchte ich hier nicht weiter eingehen, diese ist im Operettenführer beschrieben, wenngleich ohne die Nebenhandlung, die ohnehin eigentlich überflüssig ist. Zu erwähnen sei noch, dass die Aufnahme auch keine Dialoge enthält.


    Das sehr informative Booklet gibt keine Autoren an und verschweigt somit, dass der Einführungstext wortwörtlich der Lehár-Biographie von Stefan Frey entnommen wurde.


    Die 1930 uraufgeführte Operette (mit Gitta Alpár und Richard Tauber in den Hauptrollen) ist eine Neubearbeitung der bereits 1914 uraufgeführten Lehár Operette „Endlich allein“. Während der erste und dritter Akt völlig neu bearbeitet wurde, blieb der 2. Akt fast unverändert. Bereits in der Erstfassung bezeichnete Lehár den 2. Akt als Rekord, „da er lediglich zwischen zwei Personen spielt, ein in der Operette einzig dastehendes Faktum, das allgemein als ein Wagnis ohnegleichen bezeichnet wurde“. Dieses Wagnis wurde jedoch vom Publikum nicht honoriert, und ich bin versucht zu sagen, um mit dem Hauptprotagonisten zu sprechen: „Und mit Recht, und mit Recht“. Zu groß ist der Unterschied zwischen schablonenhafter Salonoperette im 1. und 3. Akt und dem Streben nach höheren, opernhaften Ausdrucksformen im 2. Akt. Manche zeitgenössische Kritiker mochten es als gelungen betrachten, ich persönlich neige eher der anderen Seite zu, die von einer problematischen Ästhetik spricht.

    Am Gesang gibt es m.E. nichts auszusetzen, außer vielleicht die mangelnde Textverständlichkeit. Dadurch war es mir auch nicht möglich, die lt. Stefan Frey zum Freiraum erotischer Phantasie gewordene Natur zu erspüren. :(


  • Diese CD habe ich in diesem Thread (Beitrag 82) schon mal kurz vorgestellt. Hier noch einige weitere Informationen.


    Die CD basiert auf einer konzertanten Aufführung des WDR (2006), wurde aber nochmals im Studio nachproduziert. Der Original-Mittschnitt der Aufführung wirkt aber insgesamt etwas lebendiger.


    Der WDR hat sich in der Vergangenheit schon des öfteren um Einspielungen seltener Suppé Operetten verdient gemacht. Warum er sich ausgerechnet für die "Ausgrabung" dieser Operette entschieden hat, ist nicht ganz nachvollziehbar. Suppé selbst hatte das Werk nicht mehr für überlebensfähig gehalten und daher auch auch Teile eines Ensembles später in seinen Boccaccio übernommen. Sicher hätte es da noch interessantere Fundstücke gegeben wie etwa Donna Juanita, Die Afrikareise oder Bellmann. Dennoch sind es einige Titel dieser Operette wert, der Vergangenheit entrissen zu werden, allen voran ein Duett zwischen der Kartenlegerin und dem Gegenspieler Muker, in welchem die Pique Dame eine zentrale Rolle spielt. Aber auch ein Duett zwischen Mutter und Sohn, das einer romantischen Oper entsprungen sein könnte, ein Lied des Komponisten Emil, das an Schubert erinnert bzw. diesen parodiert und in einer späteren Szene nochmals operettenhaft "verschmelzt" wird, oder auch die Introduktion des zweiten Aktes, in welcher der aus der Ouvertüre bekannte CanCan vorkommt, sind hörenswert.


    Die Musik wird durch eine Kritik aus damaliger Zeit ganz gut charakterisiert, nach der "Suppé sich nicht innerhalb der Grenzen der eigenlichen Operette zu bescheiden weiß", was immer man sich in den Tagen der Kinderstube der Operette darunter vorstellte. So ist hier ein ganzes Sammelsurium an Musikstilen vertreten, oder wie Suppé Biograph H.D. Roser es in seinem Beitrag zum Boooklet dieser CD ausdrückt: "...diese neun Nummern zeigen genau, mit welchen musikalischen Mitteln diese 'junge' Wiener Operette gearbeitet hat, wie sie alles aufsog, was in dieser Stadt an Musik erklungen war".


    Während die meisten Kritiker insbesondere die Leistung von Moica Erdmann als "echte Diva" hervorheben, möchte ich aber auch Anjara Ingrid Bartz als Katenlegerin lobend erwähnen, die mit der interessanten Klangfärbung ihrer Stimme exzellent zu ihrer Rolle passt. Auch Thomas Dewald meistert seine Rolle als Gegenspieler Mukker hervorragend. Weitere Interpreten sind: Rena Pieper, Anneli Pfeffer, Swetlana Abramova, Juliane Schenk, Haliana Laniecka, Marie Sophie Caspar, Tom Erik Lie, Hein Heidbüchel, Gerhard Peters. Es spielt das Runfunkorchester Köln, es singt der WDR Rundfunkchor Köln (Einstudierung Jörg Ritter, die musikalische Leitung hat Miachail Jurowski.


    :) Uwe

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  • Die Musik wird durch eine Kritik aus damaliger Zeit ganz gut charakterisiert, nach der "Suppé sich nicht innerhalb der Grenzen der eigenlichen Operette zu bescheiden weiß", was immer man sich in den Tagen der Kinderstube der Operette darunter vorstellte.


    Ich glaube, das war sehr unterschiedlich. Denn aus meiner Sicht war die "ursprüngliche " Operette ja eine Art der Parodie auf Die Oper, am besten noch zu erahnen bei Jaques Offenbach. Da wurde dann natürlich auch parodiert, was das Zeug hält- Der "Czardas" aus der "Fledermaus" soll ja angeblich auch gegen alle Regeln vestoßen und sich dem "Kenner" solcherart als "Imitaton" offenbaren(?)


    Bei Suppe darf einen nicht wundern, daß er ein breitgefächertes Vokabular seiner Tonsprache benützt- Der Vater war Belgier, lebte aber in Dalmatien wo auch Suppe geboren wurde, die Mutter war Wienerin. Der bürgerliche Name war: Francesco Ezechiele Ermenegildo Cavaliere Suppé-Demelli........


    Er hinterließ an die 200 Werke zu Bühnenwerken, darunter zahlreiche Operetten und ca 5 Opern!!! Die Opern waren anscheinend weniger erfolgreich als die späteren Operetten. Aber Suppé hatte eine gediegene klassische Ausbildung. Einer seiner Lehrer war der berühmte Simon Sechter, bei dem auch Schubert Unterricht nehmen wollte....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Er hinterließ an die 200 Werke zu Bühnenwerken, darunter zahlreiche Operetten und ca 5 Opern !!!


    Das mit den 5 Opern muss ich leider ein wenig korrigieren. Es waren nur 4, eine davon wurde nie aufgeführt. Die nie aufgeführte war eine tragische Oper, die noch während der Ausbildung unter Anleitung eines seiner Lehrer entstand und auf die gleichen antiken Quellen zurückgriff wie Lessings "Emilia Galotti". Zwei Opern waren komische Opern, die schon in Richtung Operette tendierten und die letzte Oper "Des Matrosen Heimkehr" war eine romantische Oper. Diese gibt's übrigen komplett bei youtube





    :) Uwe

  • Einige meiner cpo CD's habe ich schon anderweitig beschrieben. Zum Beispiel diese hier:



    Bewertung des Werkes, der CD und Vergleich mit älteren Aufnahmen finden sich hier.


    :) Uwe