Der Stoff aus dem die Opern sind (17) - Warum historische Stoffe ?

  • Der Titel ist viel zu kurz, muß also hier ergänzt werden:
    Der Stoff aus dem die Opern sind (17) -Warum historische Stoffe, wenn der Inhalt der Opern dann weit von der historischen Realität abweicht ?
    Nun es ist klar, daß ein historische Stoff, wenn er für die Bühne aufbereitet wird, vereifacht werden muß. damit er in Form und Zeit auf die Bühne passt. Politische, bzw geschichtliche Ereignisse sind in der Regel zu komplex, als daß man sie unadaptiert in ein 2 bis 3 Stunden langes Theatersück oder (noch schlimmer) in eine Oper glaubwürdig einbauen kann.
    So weit- so schlecht.
    Allerding verstehe ich nicht (insgeheim aber doch), warum man sich historischer Themen bedient. wenn sie sen Librettischen eigentlich gar nicht interessieren. Hier wäre vor allem ein gewisser Herr Schiller zu nennen. der aus Maria Stuart eine edle Gestalt macht und ebenso den mißratenen Don Carlos als Helden darstellt, der für die Freiheit kämpft. Ihm zur Seite die erfundene Person des Marquis de Posa.
    Aber natürlich ist das nur die Spitze des Eisberg. Weniger bekannte Autoren und Librettisten, haben ebenfalls geschichtliche Personen "mißbraucht" um ihre (meist) Liebesgeschichte interessanter zu gestalten.


    Auch nicht ohne ist Keisers "Croesus", dessen Oper - entgegen der historischen Wahrheit mit einem Happy-End endet..


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred, die Antwort ist ganz einfach: Weil Schiller oder Shakespeare mit seinen Königsdramen (um nur zwei prominente Beispiele zu nennen) nicht die Absicht hatten, ein Geschichtsbuch zu schreiben. Sie wollten Dramen schreiben, und in den historischen Begebenheiten sahen sie einen geeigneten Stoff, um ihre eigentlichen Geschichten zu erzählen. Schiller dafür zu kritisieren, dass sein Don Carlos wenig mit der historischen Person gemein hat, wäre einfach ein Missverständnis, man könnte auch sagen: ein Kategorienfehler.


    Deswegen ist auch die Forderung nach "historisch korrekten" Kostümen und Kulissen in einer Operninszenierung so verfehlt. Sie unterstellt dem Autor eine Intention, die er gar nicht hatte. :hello:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Markantes Beispiel ist hier Cavallis "La Didone". Statt der groß inszenierten Selbstverbrennung der Königin von Karthago, die den Verlust von Aeneas (der auf Göttergeheiß in Italien Rom gründen muss) nicht verwinden kann, gibt es eine Heirat mit einem anderen König und das obligatorische "lieto fine".

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Zitat

    Sie wollten Dramen schreiben, und in den historischen Begebenheiten sahen sie einen geeigneten Stoff, um ihre eigentlichen Geschichten zu erzählen.


    GENAU DAS ist es, was ich kritisiere, denn vielen sind die Dramen besser in Erinnerung als die wirkliche Geschichte. Das setzt sich ja dann fort bis ins 20. Jahrhundert. Der unsägliche Film über Mozart, wo alte Klichees bedient und alte Vorurteile wieder aufgeweckt werden, falschen Überlieferungen wieder Nahrung gegeben werden nur damit belanglose Geschichten erzählt werden können, sei als Beispiel genannt. Aber auch die Oper "Mozart und Salieri" von Rimsky-Korsakow nach einem Libretto von Puschkin ist Geschichtsfälschung pur, im Falle Salieris sogar Rufmord. Wer kein "Geschichtsbuch" schreiben will, der lasse die Finger von historischen Inhalten. Zulässig hingegen finde ich bei sogenannten "historischen Romanen" die Erwähnung geschichtlicher Figuren als "Randfiguren" des Romans, bzw Stückes. Man sollte aber davon abgehen diese Personen auftreten zu lassen und Worte in den Mund zu legen, die sie nie gesagt haben, den gerade sie sind es die in der Erinnerung des "kollektiven Bewusstseins" zurückbleiben.
    Gut daß William Shakespeare erwähnt wird, er ist beispielsweise dafür verantwortlich, daß Richard III als Monster dargestellt wird, was er nach den neuesten Erkenntnissen gar nicht war. Ludwig XIII von Frankreich wird in in den Musketier-Romanen von Alexandre Dumas als unfähiger Dummkopf dargestellt, ebenfalls geschichtlich nicht haltbar, aber durch die folgenden Filme noch suggestiver vermittelt, weil gern gesehen.
    Das alles ist eigentlich längst bekannt, hat sich aber dennoch nicht in der öffentlichen Wahrnehmung durchgesetzt.
    Aber darum geht es mir eigenlich nur am Rande.
    Meine Absicht war, darauf hinzuweisen, daß allgemeine "Urteile" Schillers - und auch anderer "berühmter Persönlichkeiten" immer mit einer Prise Vorsicht zu geniessen sind.
    Wenn Schiller, er unterrichtet Geschichte in Jena, obwohl das eigentlch nicht sein Fachgebiet war. Wikipedia bezeichnet ihn als Professor für Philosophie, obwohl er seinen Dokter im Fach Medizin gemacht hat und zuvor ein Jusstudium abgebrochen hat (??)
    Aber hier erwarte ich mir doch einen etwas subtileren Umgang mit der Geschichte.
    Worauf ich aber hinauswill: Wenn Schiller ABSICHTLICH Geschichte verfälscht, um SEINE Geschichten erzählen zu können (und damit politischen Einfluß zu nehmen) dann ist er meines Erachtens nicht unbedingt der geeignete Mann heutige Veränderungen alter Stücke zu verteidigen, bzw als "Zeuge" für deren Legitimität heranzuziehen.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !