Tosca (Puccini), Hamburgische Staatsoper, 21.03.2017

  • Im Vergleich mit der wunderbaren Musik Verdis beim zuletzt gesehenen Macbeth und der psychologischen Tiefe des Verdigesangs fällt Puccinis Tosca doch recht ab, in den Bereich der oberflächlichen Schauergeschichte. Geadelt wird Puccini, andere sehen das ja anders, vor allem durch den schmelzigen Gesang, besonders der Tenöre. Die heutige Tosca Tatiana Serjan sang überzeugend und gab der Rolle auch genügend Profil. Von Ambrogio Maestri (Scarpia) hätte ich mir mehr erwartet, er sang gut, aber eigentlich ohne die für die Rolle notwendige Brutalität in der Stimme. Vor allem sein Auftritt im ersten Akt verpuffte auch von der Schallstärke her, über die er ja durchaus verfügt und seinen Bariton im zweiten Akt auch kraftvoll zu Gehör brachte. Am wichtigsten ist wohl in diesem Stück für mich der Tenorpart, denn eine schlechte Tosca wagt sich wohl keine Operndirektion einzusetzen. Wo sind aber die Tenöre, die wirklich als Cavaradossi überzeugen können (zuletzt vor 5 Jahren war das für mich Jonas Kaufmann in der Bayerischen Staatsoper, damals auch mit Tatiana Serjan und einem minder guten Scarpia). Massimo Giordano sang als Cavaradossi eher verhalten, im Liebesduett im ersten Akt ging er neben der über enorme Schallkraft verfügenden Tatiana Serjan völlig unter. Auch gelang die erste Arie nicht wirklich, zumindest missfiel mir die Intonation des Tenors. Damit war der Abend schon etwas eingetrübt und wurde im Laufe der folgenden Akte auch nicht wirklich nach oben gerissen. Es war insgesamt aber auch keine schlechte Aufführung, vielleicht singt sich Giordano im Verlaufe der Serie (heute war die erste Vorstellung, die Leitung hatte Renato Palumbo) ja noch frei. Auf die anderen Rollen einzugehen, lohnt sich nicht wirklich, im Grunde sind es nur Stichwortgeber.


    Schön ist auch das Bühnenbild (Anthony Ward) dieser aus dem Jahre 2000 stammenden Produktion. Vor allem der erste Akt beeindruckt. Das Stück spielt in einer offenbar zur Bühne umgestalteten Kirche. An der linken Wand malt Cavaradossi seine Heilige in realistischer Manier, dahinter ziehen zwei mächtige Säulen nach oben, zwischen denen Scarpia seinen Auftritt hat. Im Hintergrund befindet sich ein Vorhang, der am Ende des Aktes geöffnet wird und den Blick auf eine pompös geschmückte Maria und dahinter stehende Priester freigibt. Die Bühne selbst ist mit Stühlen bestückt, auf denen der Chor (im Sinne von Zuschauern) zum Sitzen kommt. Letztlich ist auch immer wieder beeindruckend, wenn Tosca von der Plattform der Engelsburg springt. Der Beifall im voll besetzten Haus war bravourös, aber nicht sehr lang.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Im Vergleich mit der wunderbaren Musik Verdis beim zuletzt gesehenen Macbeth und der psychologischen Tiefe des Verdigesangs fällt Puccinis Tosca doch recht ab, in den Bereich der oberflächlichen Schauergeschichte. Geadelt wird Puccini, andere sehen das ja anders, vor allem durch den schmelzigen Gesang, besonders der Tenöre.

    Hallo, Ralf
    Deinen Vergleich der "psychologischen Tiefe" zwischen Verdi und Puccini sehe, bzw. empfinde ich etwas anders.
    Ich meine, jeder für sich hat gerade da seine Stärken, auch in der Tosca. Hier kommt es natürlich auf eine gefühlvolle Interpretation der Solisten an.
    Ansonsten vielen Dank für Deinen prägnanten, gut geschilderten Bericht. Auch wenn man nicht dabei war, bekommt man einen nachvollziehbaren Eindruck.
    Ich lese solche Rezensionen immer gern und mit großem Interesse. Dabei werden dankbare Erinnerungen wach an glanzvolle Aufführungen,
    die ich früher selbst viele Male an der Deutschen Staatsoper Berlin erlebt habe.
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Ralf, allmählich glaube ich ja fast, Du hast Dich heuer durch meinen Saisonplan ein wenig inspirieren lassen!? - Immerhin hast Du schon einiges besucht, was ich kurz davor, danach besucht habe oder noch kommend besuchen werde und die Tosca gehört natürlich dazu (zuerst ist jedoch am Samstag der Tell an der Reihe, den ich in der letzten Saison auslassen musste). Jedenfalls lese ich Deine Berichte, mit denen ich mich z.B. bzgl. des Macbeth häufig genug im Einklang befinde, immer wieder gerne. Da mir leider aktuell die Zeit fehlt, eigene Ergänzungen beizutragen, wollte ich wenigstens auf diesem Wege mitteilen, wie sehr es mich freut, dass Du immoment die Fahne der Hamburgischen Staatsoper hochhälst :hello:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich für die Kommentare von Sixtus (Macbeth), Chrissy und Michael bedanken. Sie bestärken mich darin, hier weiter meine Eindrücke niederzuschreiben, trotz der Streitereien, die manchmal doch die sachliche Ebene verlassen. Im Mai werde ich auch aus der Elbphilharmonie berichten, dort wird Ariodant (Händel) mit Joyce DiDonato aufgeführt. Nur eine kleine Randanmerkung über eine Enttäuschung. Vor wenigen Tagen hörten wir dort Beethoven (7./8. Sinfonie, Gustavo Dudamel, Simon Bolivar Sinfonieorchester), es war handwerklich in Ordnung, aber ohne Inspiration. Es zeigte sich wieder eine alte Erfahrung, ein großes Haus, eine großartiger Saal und eine (bisher noch nicht erlebte) gute Akustik helfen nicht, wenn sich die musikalische Leistung nicht über den Durchschnitt erhebt. Viele Grüße, Ralf

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv